Ultraschall Med 2023; 44(03): 333-335
DOI: 10.1055/a-2082-3184
DEGUM-Mitteilungen

Dreiländertreffen der DEGUM, ÖGUM und SGUM vom 11. bis 14. Oktober 2023 in Mainz – „In Zukunft könnte man KI auch zur Doppelbefundung verwenden, um so ärztliche Ressourcen zu schonen“

 

    Ultraschall gewinnt in Diagnostik und Therapie an Bedeutung und löst zunehmend andere, weniger schonende Bildgebungsverfahren ab. Ein Grund dafür ist die technische Verbesserung der Geräte, aber auch neue Möglichkeiten durch Künstliche Intelligenz. Auf dem 46. Dreiländertreffen (DLT) 2023 in Mainz widmen sich die Kongresspräsidenten Professor Dr. med. Dirk-André Clevert (München) und Privatdozent Dr. med. André Farrokh (Kiel) unter dem Motto „Ultraschall im Wandel der Zeit: Digitale Transformation 4.0“ diesen neuen Möglichkeiten und den damit einhergehenden Herausforderungen – besonders in der Ultraschall-Ausbildung.


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    Herr Professor Clevert, Herr Dr. Farrokh, das letzte Dreiländertreffen in Deutschland fand noch vor der Corona-Pandemie in Leipzig statt. In der Zwischenzeit ist das DLT mal ausgefallen, mal fand es hybrid statt. Warum haben Sie sich dieses Jahr gegen die hybride Ausrichtung entschieden?

    Farrokh: Durch die Coronazeit haben wir umso deutlicher gemerkt, dass der persönliche Austausch auf Kongressen wichtig ist. Wir leben vom Austausch und den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen – ganz besonders in unserem Fach, das von praktischen Übungen lebt. Das geht online verloren und daher haben wir uns dazu entschlossen, dass, wenn der Kongress stattfinden kann, dann nur vor Ort.

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    Professor Dr. med. Dirk-André Clevert. Foto: privat

    Clevert: Ich schätze den persönlichen Kontakt während und nach den Sitzungen. Online sehen und hören wir die Kongressteilnehmenden nicht – sie sind in einer schwarzen Wolke. Falls Fragen auftauchen, kann man diese nicht im Anschluss klären. An der Mimik und Gestik der Teilnehmenden kann man als Vortragender auch einschätzen, wie das Thema verstanden, angenommen oder hinterfragt wird. Das fehlt bei Online- oder hybriden Kongressen.

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    Privatdozent Dr. med. André Farrokh. Foto: Frauenklinik USKH Kiel

    Die DEGUM ist mit mehr als 11 000 Mitgliedern die größte interdisziplinäre medizinische Fachgesellschaft in Deutschland. Welche Rolle spielt da der gemeinsame Kongress für die länder- und fachübergreifende Kommunikation und wie schlägt sich das im diesjährigen Kongressprogramm nieder?

    Clevert: Das DLT spielt eine sehr herausragende Rolle – es ist ein Blick für Europa. Wir blicken über unseren Tellerrand hinaus auf andere Fachgesellschaften und Länder und können uns neue Ideen und Inspirationen aus Gesprächen und Vorträgen einholen.

    Farrokh: Es bereichert die Kongressplanung. Um diese ausgewogen zu gestalten, trifft sich die Fortbildungskommission bestehend aus vertretenden Personen aller drei Länder gemeinsam, um das Fortbildungsprogramm zu erstellen. Dadurch wird die internationale Zusammenarbeit gefördert und der Kongress vielfältiger und abwechslungsreicher.

    Das DLT 2023 steht unter dem Motto „Ultraschall im Wandel der Zeit: Digitale Transformation 4.0“. Was ist damit genau gemeint?

    Clevert: Wir befinden uns mehr denn je in einer digitalen Zeitenwende. Neue Medien, Künstliche Intelligenz, Digitalisierung – ohne sie ist Aus-, Weiter- und Fortbildung nicht mehr zu denken. Die nächste Generation wird sich wohl kaum noch ein verstaubtes Buch aus der Bibliothek nehmen, sondern eher digitale Medien und das Smartphone nutzen. Deswegen möchten wir uns bewusst und intensiv diesen Themen auf dem Kongress widmen.

    Farrokh: Das Wissen heute entwickelt und verbreitet sich schneller. Die Digitalisierung ermöglicht dies, fordert aber auch eine schnelle Denkweise und Flexibilität – insbesondere in der Ausbildung zum Ultraschall-Anwender. Denn unser Fach lebt von der Aktualität und hängt natürlich sehr von neuesten Technologien in der Geräteentwicklungen ab. Da ist es absolut notwendig, am Puls der Zeit zu sein, um Trends nicht zu verschlafen und vor allem mit den neuen Geräten auch sinnvoll umgehen zu können. Wie auch bei anderen Themen im Ultraschall erhoffen wir uns auch hier vom DLT neue Inspirationen aus den anderen Ländern.

    Sie sprachen die Künstliche Intelligenz (KI) an. Liegt hier das größte Potenzial für die Ultraschalldiagnostik und -therapie?

    Clevert: Die KI ermöglicht es, dem Ultraschall-Anwender eine Vordiagnostik anzubieten. Je mehr Daten ihr zur Verfügung stehen, desto präziser kann eine KI-Diagnostik funktionieren. Wir sind auf einem guten Weg, dass dadurch die Diagnostik und Therapie im Ultraschall verbessert und auch das medizinische Personal deutlich entlastet wird.

    Kann und soll KI künftig die ärztliche Expertise ersetzen?

    Clevert: Auf keinen Fall soll damit die ärztliche Erfahrung und auch das Arzt-Patienten-Verhältnis ersetzt werden. KI hat meines Erachtens den Auftrag, mit Ärztinnen und Ärzten zu kooperieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, wieder mehr Zeit für Patientinnen und Patienten aufzubringen.

    Wie wird die KI schon verwendet?

    Farrokh: KI kann bereits hervorragend bei der Bildauswertung eingesetzt werden. In der Mammasonografie haben wir schon sehr gute Erfolge damit erzielt. Die KI kann dem Untersuchenden relevante Veränderungen auf dem Ultraschallbild markieren, und so das Augenmerk auf eine potentielle Auffälligkeit richten. Das kann in Zukunft die Sicherheit erhöhen, aber auch die Effizienz durch Zeitersparnis. Außerdem findet sie allmählich Einzug in die Ausbildung und unterstützt dort die Lernprozesse. KI zeigt an: „Achtung hier ist was, schau mal genauer hin.“ In Zukunft könnte man KI auch zur Doppelbefundung einsetzten, um so ärztliche Ressourcen zu schonen.

    Clevert: Keine andere medizinische Methode ist so benutzerabhängig wie die Sonografie. Das birgt ein großes Risiko, da die Auswertung stark von der Expertise des Anwenders abhängt. Schon mit unseren jetzigen Möglichkeiten würde ich als Patient bei bestimmten Therapien der KI den Vorzug geben, da ich hier mit einer größeren Wahrscheinlichkeit eine höhere Präzision erwarten kann. Auch in der Notfallversorgung hilft KI durch Vordiagnostik schon jetzt, Patientinnen und Patienten sinnvoll für die Behandlung zeitlich zu priorisieren.

    Wo sehen Sie noch Hindernisse für die Implementierung von KI im ärztlichen Alltag?

    Clevert: Es sind noch deutlich zu wenige Daten vorhanden, als dass man KI uneingeschränkt arbeiten lassen könnte. Natürlich ist es immer das Ziel, diese Datensammlung zu erweitern. An der Stelle wird unser strikter Datenschutz oft auch als Hindernis aufgeführt. Allerdings sehe ich das anders: Diese Hürden führen auch dazu, dass die Qualität der Daten besser ist, die Datenverwendung in der Bevölkerung mehr Akzeptanz findet und an mehr Nachhaltigkeit gewinnt.

    Farrokh: Die KI ist nur so gut wie die Daten, mit der sie gefüttert wird. Durch den bewussten und geschützten Umgang mit diesen so sensiblen Daten hierzulande gewinnen wir mehr Qualität und minimieren gleichzeitig das Risiko des Missbrauchs dieser Daten. Datenschutz ist in unterschiedlichen Ländern aber unterschiedlich geregelt. Hier bedarf es internationaler Absprachen mit welchen Daten eine KI trainiert werden darf.

    Clevert: Ein weiterer Punkt ist die Finanzierbarkeit. Neueste, moderne KI-fähige Ultraschallgeräte sind teuer. Das können sich eventuell Unikliniken gerade noch so leisten, aber das Budget einer herkömmlichen Arztpraxis gibt das nicht her. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man mit Ultraschall schon nicht kostendeckend arbeiten. Flächendeckend werden solche Geräte also im ambulanten Sektor kaum verfügbar sein, es sei denn, die Budgetierung ändert sich zum Positiven.

    Welche fachlichen Schwerpunkte möchten Sie für Ihren Kongress im Oktober setzen?

    Clevert: Digitalisierung ist DIE Voraussetzung für Künstliche Intelligenz, daher werden wir dieses Thema ganz besonders fokussieren. Wollen wir in Zukunft mit KI arbeiten und die Medizin dadurch verbessern, müssen wir Digitalisierung flächendeckend zulassen und fördern. Daher setzen wir die Kongress-Schwerpunkte ganz besonders auf diese Themen. Damit einhergehend müssen wir in der Ausbildung neue Wege beschreiten und auch Soziale Medien vermehrt nutzen. Wir setzen an unserer Klinik Instagram bereits als Fortbildungskanal ein, um Kolleginnen und Kollegen anderer Kliniken – auch aus anderen Ländern – mit weniger Ultraschall-Anwendungen oder den Ultraschall-Nachwuchs zu unterstützen.

    Farrokh: Wir werden zudem natürlich auch auf die neuen Möglichkeiten und das Potenzial des Ultraschalls abheben. Besonders am Herzen liegt uns darüber hinaus die Nachwuchsförderung und Verbesserung der Ausbildung im Ultraschall, um diesen auch attraktiver für junge Medizinerinnen und Mediziner zu machen.

    Wo sehen Sie das größte Potenzial im Ultraschall und was glauben Sie, was sich bis zum nächsten DLT 2026 in Deutschland vielleicht getan haben wird?

    Farrokh: Ultraschall ist schon sehr gut und hat immer mehr das Potenzial, andere, weniger schonende Bildgebungsverfahren in Teilen als primäre Untersuchungsmethode zu ersetzen. Aber wo setze ich die Sonografie künftig noch besser ein, wie können Bilder noch präziser werden und damit Untersuchungsergebnisse deutlich besser machen? Das sind meines Erachtens große Fragen, an denen sich die Ultraschallexpertinnen und -experten in den nächsten Jahren abarbeiten müssen.

    Clevert: Ich denke, dass wir in den kommenden Jahren weiterhin viel Neues zur Ultraschall-Technik und zu neuen targetspezifischen Ultraschallkontrastmitteln (USKM) hören werden.

    Vielen Dank für das Gespräch.

    Anmeldung mit Frühbucherrabatt noch bis Ende August möglich

    Nach 4-jähriger Pause findet vom 11. bis 14. Oktober 2023 das 46. Dreiländertreffen wieder in Deutschland statt. Der Ultraschallkongress ist das wichtigste interdisziplinäre Expertentreffen für Ultraschall in der Medizin der 3 deutschsprachigen Ultraschallgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. In der Mainzer Rheingoldhalle werden modernste und zukunftsweisende Techniken vorgestellt und diskutiert. Im Fokus stehen die Weiterentwicklung des Ultraschalls sowie stetige Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in Diagnostik, Intervention und Therapie.

    Namhafte nationale sowie internationale Vortragende aus den 3 Gesellschaften der DEGUM, ÖGUM und SGUM werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den aktuellen Stand der Entwicklungen bringen und Technologien des medizinischen Ultraschalls der nahen Zukunft vorstellen.

    Noch bis Ende August 2023 ist die Anmeldung zum vergünstigten Frühbuchertarif möglich. Unter www.ultraschall2023.de finden Interessierte alle nötigen Informationen rund um die Anmeldung und das Programm.


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    06. Juni 2023

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    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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    Professor Dr. med. Dirk-André Clevert. Foto: privat
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    Privatdozent Dr. med. André Farrokh. Foto: Frauenklinik USKH Kiel