RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/a-2082-3224
Online-Pressekonferenz der DEGUM zum therapeutischen Ultraschall – Mit therapeutischem Ultraschall behandeln: Von Krebs über Kalkschulter bis hin zum Grauen Star
- Fokussierter Ultraschall gegen das Prostatakarzinom
- HIFU zur Schmerzlinderung bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
- Mit der Stoßwellentherapie effektiv gegen die Kalkschulter
- Therapeutischer Ultraschall im Kampf gegen den Grauen Star
In den meisten Fällen kommt der Ultraschall als bildgebendes Verfahren in der Diagnostik zur Anwendung. Allerdings etablieren sich immer mehr Methoden, die die Sonografie zur Behandlung von Erkrankungen einsetzen. So kann zum Beispiel der hochintensive fokussierte Ultraschall (HIFU) in vielen Fällen helfen, Krebsgewebe zu zerstören. Auch bei der Kalkschulter oder beim Grauen Star gehört der therapeutische Ultraschall zum modernen Behandlungsprozedere. Wie das genau funktioniert, haben die DEGUM-Experten Privatdozent Dr. med. Ulrich Fries, Professor Dr. Sascha Kaufmann, Professor Dr. med. Stephan Kruck und die Privatdozentin Dr. med. Dr. rer. nat. Milka Marinova bei einer Online-Pressekonferenz der DEGUM am 3. Mai 2023 erläutert. Eine Aufzeichnung gibt es unter https://www.degum.de/presse/pressekonferenzen/pressekonferenzen-der-degum-2023.html.
#
Fokussierter Ultraschall gegen das Prostatakarzinom
Das Prostatakarzinom ist bei Männern in Deutschland die häufigste Krebserkrankung. Jährlich erhalten rund 65 200 Männer hierzulande diese Diagnose. Mittels Ultraschall und begleitendem MRT kann die Erkrankung oft so frühzeitig diagnostiziert werden, dass sie sich noch nicht auf andere Organe ausgebreitet hat. In solch einem frühen Stadium der Erkrankung ist eine Behandlung mit hochintensivem fokussiertem Ultraschall (HIFU) eine schonende Therapieoption. Stark gebündelte Ultraschallwellen werden dabei auf krebsbefallene Bereiche der Prostata gelenkt – und können das Gewebe so präzise zerstören. Doch für welche Patienten eignet sich das Verfahren? Wie funktioniert es und welche Nebenwirkungen können auftreten? Und wie kann das Verfahren durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) verbessert werden? Antworten auf diese und weitere Fragen gaben Professor Dr. Sascha Kaufmann, Leiter des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Siloah-St.-Trudpert-Klinikum Pforzheim und Professor Dr. med. Stephan Kruck, Chefarzt an der Klinik für Urologie am Siloah-St.-Trudpert-Klinikum Pforzheim bei der Online-Pressekonferenz der DEGUM, die dieses Mal unter dem Oberthema „therapeutischer Ultraschall“ stand.
#
HIFU zur Schmerzlinderung bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Mit HIFU lassen sich auch weitere Krebsarten behandeln. Dazu gehört der Bauchspeicheldrüsenkrebs, eine der aggressivsten Krebserkrankungen, die häufig mit einer schlechten Prognose einhergeht. Zum Zeitpunkt der Diagnose sind diese Tumoren in 80 % der Fälle bereits inoperabel. Durch die starken Schmerzen kann die Lebensqualität der betroffenen Patienten stark eingeschränkt sein. Im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium sind bisherige Behandlungsansätze oft unbefriedigend, doch der hochintensive fokussierte Ultraschall kann in vielen Fällen helfen. Die Ärztinnen und Ärzte von der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Bonn können mit der innovativen Ultraschalltherapie die vom Tumor verursachten Schmerzen schnell und deutlich lindern und das Tumorvolumen verringern. Die DEGUM-Expertin PD Dr. med. Dr. rer. nat. Milka Marinova berichtet: „Dieses Verfahren funktioniert nicht invasiv – also ohne Skalpell oder Einbringen von Nadeln, Elektroden oder Sonden in den Tumor – sozusagen berührungsfrei. Wir nutzen dafür gebündelte Ultraschallwellen, in deren Brennpunkt (Fokus) Temperaturen von über 80 Grad Celcius entstehen und die so das Tumorgewebe gezielt schädigen.“ Dadurch können die Behandelnden den Tumor lokal zerstören und außerdem die Tumorschmerzen deutlich reduzieren. „Aus unserer klinischen Erfahrung am Universitätsklinikum Bonn kommt es durch die HIFU-Therapie bei mehr als 85 % der Patientinnen und Patienten zu einer schnellen und anhaltenden Linderung der Tumorschmerzen“, kann die DEGUM-Ausbilderin berichten. „Außerdem können wir mit dem modernen Verfahren bei mehr als 80 % der Behandelten das Tumorvolumen verringern und das Tumorwachstum effektiv kontrollieren.“
Das HIFU-Verfahren ist nebenwirkungsarm und birgt – verglichen mit anderen Behandlungen – nur ein geringes Risiko für Komplikationen; es ist damit eine wirksame Zusatztherapie zu der leitliniengerechten Therapie für Patienten mit einem inoperablen Pankreaskarzinom. Die DEGUM fordert von der Gesundheitspolitik die finanzielle Unterstützung zur Durchführung weiterer randomisierter Studien zur Untersuchung der Wirkungskraft und des Stellenwertes des HIFU beim Pankreaskarzinom. „Wir möchten herausfinden, ob dieses Verfahren vielleicht sogar dazu beitragen könnte, dass die Betroffenen länger überleben als nur mit den Standardtherapien, denn die Überlebensdaten sind ermutigend“, so die DEGUM-Expertin Marinova.
#
Mit der Stoßwellentherapie effektiv gegen die Kalkschulter
Als Behandlungsmethode werden fokussierte Ultraschallwellen auch bei der extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) eingesetzt. Vor allem bei der Behandlung der Kalkschulter kommt die Stoßwellentherapie häufig zum Einsatz. Der positive Effekt der ESWT ist in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen worden. Die DEGUM fordert daher seit längerem, diese Behandlungsmethode in den Leistungskatalog der Kassenleistungen aufzunehmen. Anders als viele andere Gelenkerkrankungen betrifft die Kalkschulter nicht hauptsächlich Senioren, sondern gilt als typische Erkrankung des mittleren Lebensalters. Die Betroffenen sind meistens zwischen 30 und 50 Jahren alt, zwei Drittel von ihnen sind Frauen. Verursacht werden die belastenden Schmerzen von Kalkansammlungen, die sich in einer der Schultersehnen, meist im Bereich des Schulterdaches, bilden. „Als Ursache hierfür werden zum einen lokale Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen diskutiert, zum anderen aber auch mechanische Faktoren wie eine Überbelastung und Mikrotraumata“, sagt Dr. Peter Keysser, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chefarzt bei den Waldburg-Zeil-Kliniken, Klinik Oberammergau, und stellvertretender Leiter des DEGUM-Arbeitskreises Bewegungsorgane. Bei ausgeprägten Beschwerden könne der Arm nicht mehr über den Kopf gehoben werden, und auch Bewegungen zur Seite oder nach hinten seien äußerst schmerzhaft.
Vor allem bei sehr ausgeprägten oder hartnäckigen Beschwerden, die sich über lange Zeit nicht verbessern, komme dann die ESWT zum Einsatz. Bei dieser Behandlung werden außerhalb des Körpers Druckimpulse erzeugt, die innerhalb des Körpers wirksam werden – ein Verfahren, das etwa auch bei der Behandlung des Fersensporns, bei schlecht heilenden Knochenbrüchen, Sehnen- und Tractusreizungen oder Tennis-Ellenbogen eingesetzt wird. „Man unterscheidet dabei die fokussierte Stoßwellentherapie, bei der die Stoßwellen gebündelt werden und daher mit einer höheren Energie in den Körper gelangen, von der radialen Stoßwellentherapie, die mit geringeren Impulsintensitäten arbeitet“, erläutert Keysser. Ziel der Behandlung seien jeweils die Kalkablagerungen in der Schultersehne, die vor oder während der Behandlung per Ultraschall oder Bildwandler lokalisiert werden. Anders als vielfach angenommen werden die Kalkdepots durch die Stoßwellen jedoch nicht zertrümmert. Vielmehr fördert die ESWT die Durchblutung des Gewebes und hat einen schmerzlindernden, entzündungshemmenden Effekt. Außerdem wird vermutet, dass die Schallwellen dazu beitragen, Wachstumsfaktoren freizusetzen und so die Selbstheilung zu fördern. Ziel ist es, den Übergang ins Resorptionsstadium zu beschleunigen und damit den Krankheitsverlauf zu verkürzen. Dies kann mit einer vorübergehenden Schmerzzunahme einhergehen, die dann entsprechend medikamentös behandelt werden kann. Der Effekt der Behandlung stellt sich meist einige Wochen nach der letzten Anwendung ein. „Bei der fokussierten Stoßwellentherapie reichen in der Regel 1–3 Sitzungen aus, um eine deutliche Schmerzlinderung zu erreichen“, sagt Keysser.
#
Therapeutischer Ultraschall im Kampf gegen den Grauen Star
Auch in der Ophthalmologie wird Ultraschall therapeutisch eingesetzt, in erster Linie zur Behandlung des Grauen Stars (Katarakt). In Deutschland werden über 800 000 Katarakt-Operationen durchgeführt – diese ist in den Industrieländern die häufigste und sicherste Operation überhaupt. Mit fortschreitendem Alter bleibt fast niemand von der Linsentrübung verschont, die die Sicht immer weiter beeinträchtigt und unbehandelt bis zur Blindheit führen kann. „Ab einem Alter von 65–75 Jahren sind deutlich über 90 % der Menschen von einem Grauen Star betroffen“, sagt PD Dr. Ulrich Fries, Chefarzt der Augenklinik an den Johanniter-Kliniken Bonn und Stellvertretender Leiter der DEGUM-Sektion Ophthalmologie. Die getrübte Linse wird bei dieser Operation dabei entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt. Klassischerweise wird die Linse dabei im Auge mithilfe eines Ultraschallhandstücks zertrümmert, das durch einen kleinen seitlichen Schnitt zunächst in das Auge und dann die Linsenkapsel eingeführt wird. Die Trümmerstücke werden abgesaugt, anschließend wird eine individuell angepasste Kunststofflinse in das im Auge verbleibende Kapselhäutchen eingebracht. Der klassische Ultraschall-Eingriff sei ein bewährtes Standardverfahren in der Augenchirurgie, so Fries. „Die moderne Kataraktchirurgie ist hervorragendes Beispiel für den Zusammenklang von therapeutischem und diagnostischem Ultraschall zum Wohle der Patientinnen und Patienten.“
Ausführliche Pressemitteilungen der DEGUM finden Sie online unter https://www.degum.de/presse/pressemitteilungen
#
#
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
06. Juni 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany