Schlüsselwörter
bakterielle Infektion - Infektionen - Frühgeburt - Schwangerschaft - normale Geburt
Abkürzungen
AIS:
Amnioninfektionssyndrom
CRP:
C-reaktives Protein
EOS:
Early-Onset-Sepsis
GBS:
Gruppe-B-Streptokokken
KNS:
koagulasenegative Staphylokokken
LOS:
Late-Onset-Sepsis
PCT:
Procalcitonin
SIRS:
Systemic Inflammatory Response Syndrome
SSW:
Schwangerschaftswoche
vBS:
vorzeitiger Blasensprung
Einleitung
Die neonatale Sepsis ist nach wie vor ein schwerwiegendes neonatologisches Krankheitsbild.
Die Definition der (neonatalen) Sepsis änderte sich in der Vergangenheit und unterscheidet
sich insbesondere bei Neugeborenen von der bei Erwachsenen [1]. Es gibt nach wie vor kein Screening und
keine Marker, die eine neonatale Sepsis zuverlässig vorhersagen bzw. ausschließen können [2].
Im Falle der neonatalen Sepsis gilt es, im Gegensatz zu Erwachsenen, zwischen
Early-Onset-Sepsis (EOS) und Late-Onset-Sepsis (LOS) zu differenzieren – Early-Onset betrifft
die Fälle, die innerhalb der ersten 72 Stunden nach Geburt klinisch auffällig werden, meist
innerhalb der ersten 24 Stunden, Late-Onset bezeichnet den Beginn nach den ersten 72
Lebensstunden [2]
[3]. Mittlerweile ist der
Erregernachweis mittels Blutkultur nicht mehr obligat für die Diagnose einer Sepsis, auch von
dem unbedingten Vorliegen eines „Systemic Inflammatory Response Syndrome“ als obligatem
Bestandteil der Diagnosekriterien ist man mittlerweile abgekommen, da dieses auch anderweitig
entstehen kann, zum Beispiel durch schwere Traumata und andere Erkrankungen. Schwerwiegende
Folgen einer neonatalen Sepsis sind unter anderem der septische Schock mit einer hohen
Letalitätsrate, Organversagen sowie als langfristig schwerwiegende Folge eine kompromittierte
neurologische Entwicklung des Neugeborenen [4].
Als prominentester Vertreter der pränatalen Risikofaktoren für eine EOS, die ca. 1–5 pro
1000 Lebendgeburten betrifft [5], gerade auch im Zusammenhang mit dem nicht ausgereiften Immunsystem bei
einer potenziellen Frühgeburtlichkeit, ist der vorzeitige Blasensprung (vBS) zu nennen [6]. Hierdurch ist die
physikalische Barriere zwischen dem Ungeborenen und der Umwelt eingeschränkt, sodass eine
Keimaszension leichter erfolgen kann. Aber auch eine transplazentare oder transuterine
Infektion ist möglich, wenn auch seltener [7]. Somit sind auch das
Amnioninfektionssyndrom, mittlerweile als Triple I bezeichnet, sowie generelle mütterliche
Infektionen als Gefahr für den Fetus zu werten. Jedoch liegen in der meisten Anzahl der Fälle
von Neugeborenen, die einem Amnioninfektionssyndrom ausgesetzt waren, keine per Blutkultur
bestätigten Fälle von EOS vor [8], allerdings treten auch vollkommen asymptomatische Fälle mit in der
Blutkultur bestätigter Keimbesiedlung auf [9]. Als Ursprungsort der Erreger ist im
überwiegenden Anteil der Fälle der mütterliche Anogenitaltrakt zu bewerten, daher erklärt sich
auch das vermehrte Vorkommen von Gruppe-B-Streptokokken und Escherichia coli als ursächlicher
Erreger der neonatalen Sepsis [10]
[11], wobei besonders Escherichia coli bei EOS mit einer höheren Mortalität
assoziiert ist [12]
[13]. Speziell im Falle einer EOS ist von einer vertikalen Übertragung von
der Mutter auf das Kind auszugehen [14], im Falle einer LOS ist neben der vertikalen Übertragung auch eine
horizontale Übertragung durch die Umgebung, zum Beispiel durch (zentrale) Venenzugänge oder
durch das Personal möglich [2].
Es existieren bereits etablierte Präventionsmaßnahmen wie das GBS-Screening zwischen der
35. – 37. SSW zur Verhinderung neonataler Infektionen, welches auch in anderen Ländern wie
bspw. den USA universell empfohlen wird [11]. Die konsequente Ausführung dieses
Screenings ist im Hinblick auf die Dominanz dieses Erregers im Rahmen der neonatalen Sepsis
auch weiterhin zu befürworten. Während das Screening durchaus eine Reduktion der GBS-positiven
neonatalen Sepsis bewirkt, so blieb die Lage hinsichtlich Escherichia coli als Erreger
konstant, eine absolute Vermehrung von Escherichia coli als Erreger der neonatalen Sepsis,
bedingt durch die GBS-Prävention, konnte jedoch widerlegt werden [15]. Bei Müttern mit Verdacht auf Triple I
wird bereits eine empirische antibiotische Therapie empfohlen. Deren vermehrter Gebrauch
vermindert zwar die GBS-positiven EOS-Fälle [16], allerdings lag bei Neugeborenen, die
dieser antibiotischen Therapie ausgesetzt waren, die Rate an postpartalen Komplikationen wie
zum Beispiel der nekrotisierenden Enterokolitis höher als bei den nicht behandelten Kindern
[7]
[17]. Auch alternative
Wege werden mitunter beschritten – hierbei sollen klinisch unauffällige sowie nahe der 37. SSW
geborenen Kinder, deren Mutter an einem Triple I litt, nicht automatisch antibiotisch
behandelt werden, sondern engmaschig klinisch beobachtet werden, um eine unnötige
antibiotische Therapie zu vermeiden [17]
[18]. Das Spektrum der Erreger der neonatalen Sepsis, sowohl für EOS als
auch LOS, ist heutzutage weitgehend bekannt und kann postpartal somit auch effektiv
antibiotisch behandelt werden.
Infektionen gehören zu den häufigsten Ursachen für Frühgeburtlichkeit [19] und insbesondere
Frühgeborene sind durch die Unreife des Immunsystems durch neonatale Infektionen besonders
gefährdet [7]
[20]. Unklar ist die
Wertigkeit der mikrobiologischen Diagnostik bei der Mutter bei drohender Frühgeburt. Einige
Autoren empfehlen eine generelle mikrobiologische Diagnostik in Risikosituationen wie zum
Beispiel dem frühen vorzeitigen Blasensprung und bei vorzeitiger Wehentätigkeit [14]. In den deutschen
Leitlinien „Vaginale Geburt am Termin – S3-Leitlinie“ und „Prävention und Therapie der
Frühgeburt – S2k-Leitlinie“ ist diese Diagnostik nicht grundsätzlich empfohlen [21]
[22]
[23]
[24]
[25], jedoch ist dies
weitgehend klinische Praxis in Deutschland. In anderen Leitlinien wird eine mikrobiologische
Diagnostik bei der Mutter nicht erwähnt bzw. spielt überhaupt keine Rolle und es wird
ausschließlich die präventive maternale Antibiotikagabe empfohlen [23]
[26]. Studien mit Daten zur Übereinstimmung
von Abstrichergebnissen bei Müttern und deren Kindern im Falle einer Sepsis sind rar.
Das Ziel dieser Studie war daher festzustellen, wie hoch die mögliche Detektionsrate für
Erreger der neonatalen Sepsis durch mikrobiologische Vaginalabstrichentnahme bei der Mutter
ist im Rahmen der Routineversorgung im klinischen Alltag an einem Perinatalzentrum Level 1.
Dazu wurde nach Keimübereinstimmungen bei Neonaten und deren Müttern gesucht, die im Rahmen
der Routineversorgung vor der Geburt entnommen wurden.
Material und Methoden
Im Zeitraum 2014–2019 wurden alle Neugeborenen und Frühgeborenen mit einer neonatalen
Infektion identifiziert, die in der Kinderklinik des Städtischen Klinikums Karlsruhe (SKK)
behandelt wurden und die in der Frauenklinik des SKK geboren wurden. Von extern zuverlegte
Neonaten wurden nicht eingeschlossen. Im Falle von Mehrlingen wurde jeder Mehrling einzeln
betrachtet.
Anhand des Studiums der Krankenakten wurden die Neonaten identifiziert, welche die
nachfolgende Definition einer neonatalen Sepsis erfüllten. Als Grundlage für die Definition
der neonatalen Sepsis wurden die „IQTIG Ausfüllhinweise für Neonatologie“ (QS-Spezifikation
2021 Version 07) herangezogen, in denen 3 Gruppen von Sepsis unterschieden werden – 1.)
klinische Sepsis (ohne Erregernachweis), 2.) mikrobiologisch bestätigte Sepsis mit
Erregernachweis ohne koagulasenegative Staphylokokken (KNS), 3.) mikrobiologisch bestätigte
Sepsis mit KNS im Erregerspektrum. Ebenso wurden die AWMF-Leitlinien für bakterielle
Infektionen bei Neugeborenen (Register Nr. 024/008, Version 4.2) hierzu genutzt, deren
Diagnosekriterien sich mit dem bereits Genannten kongruent zeigen [27]
[28]. Die Kinder, welche die Diagnosekriterien
für die neonatale Sepsis nicht erfüllten, wurden von der weiteren Analyse
ausgeschlossen.
Eine weitere Unterteilung erfolgte anhand des Schwangerschaftsalters ab 37 + 0 SSW in
Reifgeborene und < 37 + 0 SSW in Frühgeborene. Anschließend wurde anhand der Krankenakte
der zugehören Mutter die klinischen Parameter und mikrobiologischen Abstrichergebnisse
ausgewertet.
Es wurden die Mütter identifiziert, bei denen Abstrichergebnisse vorlagen, anschließend
wurden Mutter-Kind-Paare gebildet, bei denen eine Keimübereinstimmung bestand. Anhand des
Zeitpunktes des Auftretens der Sepsis erfolgte die Einteilung in LOS > 72 Lebensstunden;
trat die Sepsis davor auf, erfolgte die Einteilung als EOS.
Neben den bakteriologischen Ergebnissen wurden weitere klinische und laborchemische
Parameter bei den Neonaten und den Müttern erhoben. Das Studienprotokoll ist in [Abb. 1] dargestellt. Das
Studienprotokoll wurde von der Ethikkommission der Landesärztekammer Baden-Württemberg
genehmigt (Aktenzeichen F-2020–058).
Abb. 1 Studiendesign mit Nennung der Fälle die ausgeschlossen wurden.
Klinisches Management
Diagnostische Routine war im Untersuchungszeitraum, dass bei allen Müttern mit frühem
vorzeitigen Blasensprung oder vorzeitiger Wehentätigkeit (< 37 + 0 SSW) eine
mikrobiologische Diagnostik mittels Vaginalabstrich und Zervixabstrich durchgeführt wurde.
Ab der 37 + 0 SSW wurde in der Regel keine mikrobiologische Diagnostik bei den Schwangeren
durchgeführt, außer es bestand der Verdacht auf eine Infektion bei der Mutter, dann erfolgte
ein Abstrich, in gleicher Weise wie zuvor geschildert.
Therapeutische Routine im Untersuchungszeitraum war, bei frühem vorzeitigen Blasensprung
vor der 37. SSW eine prophylaktische Antibiotikatherapie mit Piperacillin/Tazobactam i. v.
für 8 Tage durchzuführen, während ab der 37. SSW die prophylaktische Therapie mit Ampicillin
oder Cefuroxim i. v. erfolgte. Bei vorzeitiger Wehentätigkeit erfolgte nur eine
Antibiotikatherapie bei klinischem Verdacht auf eine Infektion oder bei Erhalt eines
pathologischen Abstrichergebnisses. Wenn nötig wurde nach Erhalt des Antibiogramms die
Antibiotikatherapie angepasst. Kontrollabstriche erfolgten nicht.
Entsprechend dem PROMPT Trial wurde den Müttern ab 34 + 0 SSW und frühem vorzeitigem
Blasensprung entweder die Geburtseinleitung oder ein abwartendes Vorgehen bei Fehlen von
Infektionszeichen mit entsprechender Überwachung analog dem Vorgehen im PROMPT Trial
angeboten [29].
Statistik
Zum Zwecke der statistischen Auswertung der vorliegenden Daten wurde das
Statistikprogramm „R“ verwendet. Als Konfidenzintervalle wurde in sämtlichen Berechnungen
95% gewählt. Da kein statistischer Test durchgeführt wurde, ist ein Signifikanzniveau formal
nicht vorhanden – das Signifikanzniveau α = 5% steckt jedoch indirekt im genutzten
95%-Konfidenzintervall [(100 − α)% = 95%].
Ergebnisse
948 Infektionen bei Neu- und Frühgeborenen wurden im Untersuchungszeitraum identifiziert.
In 209 Fällen waren die Diagnosekriterien einer neonatalen Sepsis erfüllt. Davon ließen sich
52 Fälle (24,9%) der Gruppe der Reifgeborenen zuteilen und 157 Fälle (75,1%) entfielen auf die
Gruppe der Frühgeborenen. In der Gruppe der Reifgeborenen konnte bei 31 Mütter (59,6%) kein
Keim nachgewiesen werden, bei den Frühgeborenen konnte bei 27 Müttern (17,2%) kein Keim
nachgewiesen werden. Diese Mutter-Kind-Paare wurden wegen Fehlen der mütterlichen Daten von
der weiteren Analyse ausgeschlossen. Bei den Reifgeborenen gab es 21 Schwangere, bei denen
mikrobiologische Ergebnisse vorlagen, davon gab es bei 4 Mutter-Kind-Paaren eine
Keimübereinstimmung. Alle 4 Fälle waren EOS-Fälle (95%-KI = 39,8–100%). Bei den Frühgeborenen
gab es 130 Schwangere, bei denen mikrobiologische Ergebnisse vorlagen, davon gab es bei 30
Mutter-Kind-Paaren eine Keimübereinstimmung, wobei 11 EOS-Fälle vorlagen (36,7%) (95%-KI
= 19,9–56,1%) und 19 LOS-Fälle (63,3%) (siehe Flussdiagramm [Abb. 1]).
Detektionsraten der neonatalen Sepsiserreger durch mütterliches
Abstrichergebnis
Die Detektionsrate für Sepsiserreger bei Reifgeborenen lag bei 4 von insgesamt 52 Fällen
(7,7%) und bei Frühgeborenen bei 30 von insgesamt 157 Fällen (19,1%) ([Tab. 1]).
Tab. 1 Detektionsrate neonataler Sepsiserreger in mütterlichen vaginalen
Abstrichen.
gesamtes Kollektiv
|
Detektionsrate
|
Reifgeborene
|
4 von 52 (7,7%)
|
Frühgeborene
|
30 von 157 (19,1%)
|
nur Fälle mit Erregernachweis bei der Mutter
|
Reifgeborene
|
4 von 21 (19,0%)
|
Frühgeborene
|
30 von 130 (23,1%)
|
Frühgeborene und Ausschluss LOS-Fälle
|
gesamtes Kollektiv
|
11 von 157 (7,0%)
|
Erregernachweis bei der Mutter
|
11 von 130 (8,5%)
|
Die Detektionsraten werden besser, wenn man in die Berechnung der Detektionsrate nur die
Fälle aufnimmt, bei denen ein Erreger bei der Mutter nachgewiesen wurde. Dann ergibt sich
eine Detektionsrate bei den Reifgeborenen von 4 bei 21 Fällen (19,0%) und eine
Detektionsrate bei den Frühgeborenen von 30 bei 130 Fällen (23,1%) ([Tab. 1]).
Dagegen wird die Detektionsrate bei den Frühgeborenen schlechter, wenn die Fälle mit LOS
ausgeschlossen werden unter der Annahme, die Infektion kann auch auf horizontalem Weg
entstanden sein; 11 von 157 Fällen (7%) bezogen auf alle untersuchten Neonaten und 11 von
130 Fällen (8,5%), wenn nur diejenigen Neonaten eingeschlossen werden, bei deren Mütter ein
Erreger nachgewiesen wurde ([Tab. 1]).
Anhand der Ergebnisse von [Tab. 1] wurde analog zur „Number Needed to Treat“ eine „Number Needed to
Test“ (NNT) errechnet. Hierdurch soll die Anzahl an Frauen ermittelt werden, die untersucht
werden müssten, um im Anschluss den wahrscheinlichen Erreger der neonatalen Sepsis zu
finden. Die NNT wird in [Tab. 2]
anhand von wahrscheinlichen Erfolgsraten von 50%, 80% und 90% dargestellt ([Tab. 2]).
Tab. 2 „Number Needed to Test“ (NNT) aufgrund der Ergebnisse in [Tab. 1].
|
Detektionsrate in der Studie
|
notwendige Anzahl an Patientinnen für (mind.) einen Treffer
|
50% Erfolg
|
80% Erfolg
|
90% Erfolg
|
gesamtes Kollektiv
|
Reifgeborene
|
7,7% (4 von 52)
|
9
|
21
|
29
|
Frühgeborene
|
19,1% (30 von 157)
|
4
|
8
|
11
|
Mütter mit Erregernachweis
|
Reifgeborene
|
19,0% (4 von 21)
|
4
|
8
|
11
|
Frühgeborene
|
23,1% (30 von 130)
|
3
|
7
|
9
|
Frühgeborene und Ausschluss LOS-Fälle
|
gesamtes Kollektiv
|
7,0% (11 von 157)
|
10
|
23
|
32
|
Erregernachweis bei der Mutter
|
8,5% (11 von 130)
|
8
|
19
|
26
|
Allgemeine Häufigkeit der Sepsiserreger bei Neonaten
Bei den Reifgeborenen wurde bei 22 Neonaten (42,3%) eine Sepsis ohne Keimnachweis (Gruppe 1 in Material und Methoden) und bei 30 Neonaten (57,7%)
eine Sepsis mit Keimnachweis (Gruppe 2 + 3 in Material und
Methoden) diagnostiziert. Bei den Frühgeborenen wurde bei 72 Neonaten (45,9%) eine Sepsis
ohne Keimnachweis (Gruppe 1 in Material und Methoden) und bei
85 Neonaten (54,1%) eine Sepsis mit Keimnachweis (Gruppe 2 + 3 in
Material und Methoden) diagnostiziert. Daneben sind in [Tab. 3] die Häufigkeiten der identifizierbaren
Sepsiserreger unabhängig von den mütterlichen Ergebnissen dargestellt, aufgeteilt nach Früh-
und Reifgeburten. Die Keime wurden entweder in Blutkulturen nachgewiesen, oder, wenn die
Blutkulturen ohne Keimnachweis waren, dann handelt es sich um Abstrichergebnisse von
Körperoberflächen. Der Übersichtlichkeit halber wurden hier maximal die 10 häufigsten
Erreger pro Gruppe aufgelistet ([Tab. 3]).
Tab. 3 Häufigkeit der Erregernachweise (10 häufigste Erreger [Blutkultur, bei negativer
Blutkultur Ergebnis von Abstrichen auf Körperoberflächen]).
|
Frühgeborene
Häufigkeit (n)
|
klinische Sepsis (ohne Erregernachweis)
|
72
|
Sepsis mit Erregernachweis
|
85
|
|
Reifgeborene
|
klinische Sepsis (ohne Erregernachweis)
|
22
|
Sepsis mit Erregernachweis
|
30
|
|
Frühgeborene
Häufigkeit (n)
|
Staphylococcus epidermidis
|
31
|
Staphylococcus haemolyticus
|
28
|
Escherichia coli
|
27
|
Klebsiella oxytoca
|
22
|
Enterococcus faecalis
|
21
|
Klebsiella pneumoniae
|
20
|
Enterobacter cloacae
|
19
|
KNS
|
19
|
Bacillus cereus
|
15
|
Staphylococcus capitis
|
13
|
|
Reifgeborene
Häufigkeit (n)
|
Escherichia coli
|
11
|
KNS
|
4
|
Staphylococcus epidermidis
|
4
|
GBS
|
3
|
Bacillus cereus
|
2
|
Enterokokken
|
2
|
Enterococcus faecalis
|
2
|
2MRGN Escherichia coli
|
2
|
diverse Erreger
|
jeweils 1
|
Häufigkeit der Erreger bei Keimübereinstimmung zwischen Mütter und Neonaten
Bei den Reifgeborenen kam es zu 4 EOS-Fällen. In 3 von 4 Fällen zeigten sich
übereinstimmende Ergebnisse mit Gruppe-B-Streptokokken und in 1 von 4 Fällen mit Escherichia
coli, die sowohl bei der Mutter als auch beim Neonaten nachgewiesen wurden. LOS-Fälle traten
bei Reifgeborenen nicht auf ([Tab. 4]).
Tab. 4 Häufigkeit der Keimübereinstimmung bei Mutter und Kind (Reifgeborene).
|
EOS
Häufigkeit (n)
|
GBS
|
3
|
Escherichia coli
|
1
|
|
LOS
Häufigkeit (n)
|
nicht vorhanden
|
nicht vorhanden
|
Bei den Frühgeborenen kam es zu 11 EOS-Fällen mit insgesamt 16 übereinstimmenden
Ergebnissen (Mehrfachnennungen möglich). Es zeigten sich folgenden Häufigkeiten: 3 ×
Gruppe-B-Streptokokken, 3 × Escherichia coli, 2 × 3MRGN Escherichia coli, 1 × Enterococcus
faecalis, 1 × Enterobacter aerogenes, 1 × Streptococcus mitis, 1 × Gruppe-A-Streptokokken,
1 × Morganella morganii, 1 × Ureaplasma urealyticum, 1 × Staphylococcus haemolyticus, 1 ×
koagulasenegative Staphylokokken ([Tab. 5]).
Tab. 5 Häufigkeit der Keimübereinstimmung bei Mutter und Kind (Frühgeborene).
|
EOS
Häufigkeit (n)
|
GBS
|
3
|
Escherichia coli
|
3
|
2MRGN Escherichia coli
|
2
|
Enterococcus faecalis
|
1
|
Enterobacter aerogenes
|
1
|
Streptococcus mitis
|
1
|
Gruppe-A-Streptokokken
|
1
|
Morganella morganii
|
1
|
Ureaplasma urealyticum
|
1
|
Staphylococcus haemolyticus
|
1
|
KNS
|
1
|
|
LOS
Häufigkeit (n)
|
Staphylococcus haemolyticus
|
6
|
Enterococcus faecalis
|
6
|
KNS
|
4
|
Escherichia coli
|
4
|
Staphylococcus epidermidis
|
3
|
GBS
|
3
|
Klebsiella pneumoniae
|
2
|
Staphylococcus capitis
|
2
|
Ureaplasma urealyticum
|
1
|
Bei den Frühgeborenen kam es zu 19 LOS-Fällen mit insgesamt 31 übereinstimmenden
Ergebnissen (Mehrfachnennungen möglich). Es zeigten sich folgende Häufigkeiten: 6 ×
Staphylococcus haemolyticus, 6 × Enterococcus faecalis, 4 × koagulasenegative
Staphylokokken, 4 × Escherichia coli, 3 × Staphylococcus epidermidis, 3 ×
Gruppe-B-Streptokokken, 2 × Klebsiella pneumoniae, 2 × Staphylococcus capitis, 1 ×
Ureaplasma urealyticum ([Tab. 5]).
Klinische Parameter der Mütter und Früh- bzw. Neugeborenen mit
Keimübereinstimmung
In [Tab. 6] und [Tab. 7] sind die klinischen Parameter
der Mütter und der Früh- bzw. Neugeborenen dargestellt. Bei den Müttern der Frühgeborenen
mit Sepsis (n = 157) traten insgesamt 26 Fälle mit AIS (16,6%) auf, während bei den Müttern
der Reifgeborenen mit Sepsis (n = 52) nur 1 Fall mit postpartalem Fieber (1,9%) auftrat. Die
Frühgeborenen mit EOS wurden durchschnittlich in 31 + 0 SSW geboren, die Frühgeborenen mit
LOS wurden durchschnittlich in 30 + 2 SSW geboren. Beim Entbindungsmodus zeigte sich bei den
Reifgeborenen kein Unterschied, bei den Frühgeborenen kann keine Aussage getätigt werden, da
nur 2 Kinder aus der Gruppe der Frühgeborenen mit LOS spontan zur Welt kamen, alle anderen
Frühgeborenen wurden per Sectio geboren. Auch bei den mütterlichen CRP und Leukozytenwerten
zeigte sich keine Häufung besonders hoher Werte, die Werte erscheinen eher gleichmäßig
verteilt ([Tab. 6]).
Tab. 6 Klinische Parameter der Mütter bei Keimübereinstimmung der
Mutter-Kind-Paare.
|
vorzeitiger Blasensprung
Häufigkeit (n)
|
Reifgeborene
|
2/4
|
Frühgeborene (EOS)
|
7/11
|
Frühgeborene (LOS)
|
8/19
|
|
Entbindungsmodus
Häufigkeit (n)
|
Reifgeborene
|
2/4 per Vakuumextraktion
2/4 per Spontanpartus
|
Frühgeborene (EOS)
|
6/11 per Sectio
4/11 per Notsectio
1/11 per Forceps
|
Frühgeborene (LOS)
|
15/19 per Sectio
2/19 per Notsectio
2/19 per Spontanpartus
|
|
durchschnittlicher Entbindungszeitpunkt
|
Frühgeborene (EOS)
|
31 + 0 SSW
|
Frühgeborene (LOS)
|
30 + 2 SSW
|
|
CRP
peripartales Maximum (mg/dl)
|
Reifgeborene
|
2/4 < 10
1/4 10–20
1/4 > 20
|
Frühgeborene (EOS)
|
7/11 < 10
1/11 10–20
3/11 > 20
|
Frühgeborene (LOS)
|
17/19 < 10
2/19 10–20
0/19 > 20
|
|
Leukozyten
peripartales Maximum (pro nl)
|
Reifgeborene
|
0/4 < 20
3/4 20–30
1/4 > 30
|
Frühgeborene (EOS)
|
4/11 < 20
5/11 20–30
2/11 > 30
|
Frühgeborene (LOS)
|
12/19 < 20
7/19 20–30
0/19 > 30
|
|
mütterliche Infektionen
|
Mütter von Frühgeborenen
|
26 AIS (16,6%)
|
Mütter von Reifgeborenen
|
1-mal postpartal Fieber (1,9%)
|
Bei den Reifgeborenen zeigte sich überwiegend ein guter klinischer Verlauf. Bei den
Frühgeborenen mit EOS kam es zu 4 Todesfällen, bei den Frühgeborenen mit LOS kam es zu 1
Todesfall. Bei den Reifgeborenen und bei den Frühgeborenen mit EOS und LOS zeigte sich keine
Häufung besonders hoher CRP-, Leukozyten- oder Interleukin-6-Werte ([Tab. 7]).
Tab. 7 Klinische Parameter der Neugeborenen bei Keimübereinstimmung der
Mutter-Kind-Paare.
* Aufgrund der Nähe zum Wohnort der Eltern wurden die Neonaten in stabilem
Zustand in eine andere Kinderklinik zur weiteren Therapie verlegt.
|
|
Entlassungszustand
Häufigkeit (n)
|
Reifgeborene
|
4/4 klinisch unauffällig
|
Frühgeborene (EOS)
|
4/11 Exitus letalis
6/11 klinisch unauffällig
1/11 Verlegung externe Klinik, stabil,
heimatnah*
|
Frühgeborene (LOS)
|
1/19 Exitus letalis
14/19 klinisch unauffällig
1/19 Verlegung externe Klinik, stabil,
heimatnah*
|
|
CRP
Maximum (mg/dl)
|
Reifgeborene
|
3/4 < 10
1/4 10–20
|
Frühgeborene (EOS)
|
11/11 < 10
|
Frühgeborene (LOS)
|
16/19 < 10
3/19 10–20
|
|
Leukozyten
Maximum (pro nl)
|
Reifgeborene
|
2/4 < 20
1/4 20–30
1/4 > 30
|
Frühgeborene (EOS)
|
5/11 < 20
2/11 20–30
3/11 > 30
|
Frühgeborene (LOS)
|
8/19 < 20
7/19 20–30
4/19 > 30
|
|
Interleukin-6
Maximum (pg/ml)
|
Reifgeborene
|
1/4 < 1000
1/4 1000–2000
2/4 > 2000
|
Frühgeborene (EOS)
|
6/11 < 1000
4/11 1000–2000
1/11 > 2000
|
Frühgeborene (LOS)
|
14/19 < 1000
4/19 1000–2000
1/19 > 2000
|
Diskussion
Die neonatale Sepsis ist ein sehr ernstes und schwer verlaufendes Krankheitsbild, das zu
bleibenden Einschränkungen führen kann [1]
[4]
[22]
[23]. Daher werden eine möglichst frühzeitige Diagnostik und Therapie
angestrebt [27]. Aus
diesem Grund ist auch die Suche nach einer möglichst frühzeitigen Identifikation möglicher
Erreger nachvollziehbar, um letztendlich eine gezielte Therapie zu ermöglichen [14].
Zur Frage, inwieweit das Erregerspektrum im Falle einer neonatalen Sepsis mit dem Spektrum
der Mutter übereinstimmt, gibt es kaum Daten. Es existiert zwar eine breite und gute Datenlage
zum allgemeinen Erregerspektrum der neonatalen Sepsis, was auch mit unseren Ergebnissen
übereinstimmt, sowie auch zu den theoretischen Transmissionswegen [11]
[30]
[31]
[32]. Aber Daten, wie häufig eine
Übereinstimmung zwischen dem Erregerspektrum von Mutter und Kind vorliegt, fehlen bisher und
wurden hier erstmalig dargestellt.
Nach unserem Kenntnisstand ist dies die erste Studie, in der Übereinstimmungsraten im
Keimspektrum bei neonataler Sepsis und in mütterlichen Abstrichergebnissen gezeigt werden
konnten. Insgesamt sind die Übereinstimmungsraten niedrig, sodass die Wahrscheinlichkeit, den
neonatalen Sepsiserreger schon im mütterlichen Abstrich nachzuweisen, sehr gering ist,
entsprechend hoch ist die NNT. Bei den Reifgeborene lag bei 59% der Mütter kein
Abstrichergebnis vor, bei den Frühgeborenen lag bei 17% der Mütter kein Abstrichergebnis vor.
Einschränkend kommt noch hinzu, dass das Abstrichergebnis nicht immer zeitgerecht vorliegt,
wenn mit der Behandlung des Neonaten begonnen werden muss, mit anderen Worten das Ergebnis
kommt zu spät. Dieser Aspekt wurde in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt, würde aber
noch einmal die klinische Wertigkeit des mütterlichen Abstriches vermindern.
Insbesondere bei einer EOS wird eine Keimübertragung von der Mutter auf das Kind
angenommen, unklar ist dabei, wie der Infektionsweg verläuft. Während beim vorzeitigen
Blasensprung eine aszendierende Infektion wahrscheinlich erscheint, gibt es aber immer wieder
auch Infektionen des Kindes bei intakten Membranen oder fehlenden anderen Risikofaktoren
aufseiten der Mutter. Dagegen muss bei LOS auch an Interventionen wie Beatmung und zentrale
Venenzugänge als mögliche Infektionswege gedacht werden.
Das gefundene Keimspektrum in den Fällen mit neonataler Sepsis ohne Übereinstimmung mit
den bei der Mutter gefundenen Erregern setzte sich weitgehend aus Hautkeimen wie
Staphylococcus epidermidis und Staphylococcus haemolyticus zusammen. Hier sind aber die
LOS-Fälle enthalten, somit ist auch eine horizontale Besiedlung nicht auszuschließen. Eine
Verschiebung des Keimspektrums hin zu Gruppe-B-Streptokokken und Escherichia coli und anderen
Keimen des anogenitalen Bereiches zeigt sich, wenn nur die EOS-Fälle betrachtet werden und
wenn auch zwischen Mutter und Kind übereinstimmende Erregernachweise vorlagen, so dass bei
diesen Fällen eine vertikale Übertragung von der Mutter auf den Neonaten am wahrscheinlichsten
erscheint.
Insgesamt lässt sich unter Routinebedingungen im Rahmen der normalen Versorgungsstrukturen
eine Detektionsrate der neonatalen Sepsiserreger durch Abstrichentnahme bei der Mutter von ca.
7% bei Reifgeborenen und 19% bei Frühgeborenen erreichen; wenn bei der Mutter ein Erreger
nachgewiesen werden kann, dann sind die Raten etwas höher. Da aber nicht immer ein Erreger bei
der Mutter identifizierbar ist, sinkt die Detektionsrate im Gesamtkollektiv auf 7,7% und 19,1%
für Reif- und für Frühgeborene, und schließt man die Fälle mit LOS aus, so sinkt die
Detektionsrate auf 8,5% bzw. 7%. Auch dies scheint eher gegen die klinische Bedeutung eines
mütterlichen Abstrichergebnisses zu sprechen.
Die Ergebnisse sind nicht unter Studienbedingungen gewonnen worden, sondern spiegeln die
Versorgungssituation in der Geburtshilfe in einem Perinatalzentrum Level 1 wider. Die
Detektionsraten hinsichtlich neonataler Sepsiserreger in mütterlichen Abstrichen sind
insgesamt niedrig, insbesondere dann, wenn man die LOS-Fälle ausschließt, in denen eine
horizontale Erregerübertragung ebenfalls vorliegen kann. Daher erscheint die Bedeutung der
mütterlichen Abstrichdiagnostik in der Schwangerschaft hinsichtlich frühzeitiger
Identifikation neonataler Sepsiserreger fraglich, zumal auf der anderen Seite durch unnötige
Antibiotikatherapien in der Schwangerschaft die Förderung von Resistenzen zu beachten ist
[33] und auch eine
Beeinflussung des Fetus durch transplazentare Antibiotikatherapie nicht ausgeschlossen werden
kann [7]. Des Weiteren
wird in aktuellen Studien der Erregernachweis nicht als zwingendes Diagnosekriterium für die
neonatale Sepsis betrachtet und zwischen „klinischer Sepsis“ und zwischen bakteriologisch
„bestätigter Sepsis“ unterschieden; somit ist die Suche nach dem auslösenden Erreger schon im
Rahmen der Schwangerschaft fraglich [5]
[26]. Auch ist fraglich, ob aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes die
breite und empirische Antibiotikatherapie des Neonaten aufgrund eines fraglichen Befundes der
Mutter in der Schwangerschaft verlassen werden sollte. Hier spielt auch die Vor-Therapie der
Mutter mit den gewählten Antibiotikaregimen eine nicht zu unterschätzende Rolle, da dadurch
auch eine Keimselektion im Fall einer Infektion des Neonaten nicht ausgeschlossen werden kann;
so zeigten Schilling et al., dass immerhin 65% aller Schwangeren während der Schwangerschaft
oder Geburt eine Antibiotikatherapie erhielten [17].
Der Vorteil dieser Studie ist nach unserem Wissen, dass erstmalig Übereinstimmungen
zwischen neonatalen Erregernachweisen bei neonataler Sepsis und vaginalen Abstrichbefunden der
Mütter aufgezeigt werden konnten und daraus mögliche Detektionsraten hinsichtlich der
Identifikation neonataler Sepsiserreger durch mütterliche Abstrichentnahme errechnet werden
konnten. Derartige Ergebnisse fehlen bisher in der Literatur. Auch die Fallzahl von 200
eingeschlossenen Neugeborenen ist groß und die Unterscheidung nach EOS und LOS bei der
Datenanalyse ist sonst nicht immer üblich.
Der Nachteil dieser Studie ist das retrospektive Studiendesign und damit fehlende Daten in
einigen Fällen, es lagen nicht von allen Müttern ein Keimnachweis vor, auch wurde die
Abstrichentnahme nicht zu genau definierten Zeitpunkten durchgeführt und die Keimbestimmung
erfolgte nach allgemein-bakteriologischen Diagnosekriterien und nicht durch genetische
Untersuchungen; somit ist selbst bei Keimübereinstimmung nicht immer bewiesen, dass der
mütterliche Keim auch der Sepsiserreger beim Neonaten ist.
Ein Instrument der Sepsisprophylaxe beim Neugeborenen ist das GBS-Screening in der 35.–37.
Schwangerschaftswoche, in dem per vaginalem und rektalem Abstrich eine Besiedlung mit
Gruppe-B-Streptokokken festgestellt werden kann. Das Risiko einer Sepsis bei mütterlicher
Besiedlung wird mit ca. 1–2/100 Geburten angegeben, wobei ein erhöhtes Risiko vorliegt, falls
frühzeitige Wehen (< 37. SSW) eintreten, ein vorzeitiger Blasensprung vorliegt oder die
Mutter unter Geburt erhöhte Temperatur bzw. Fieber entwickelt [11]
[33]; die Infektionsrate GBS-positiver Fälle
unabhängig von der mütterlichen Besiedlung wird jedoch auf 2–5/1000 Geburten geschätzt [34]. Bei positivem Befund
wird eine antibiotische Prophylaxe durchgeführt, dadurch konnte die Inzidenz der EOS reduziert
werden, so zumindest in Studien [35]. Hierbei gilt es jedoch auch zu bedenken, dass die antibiotische
Prophylaxe als Auslöser einer Störung des enteralen Mikrobioms infrage kommt und so zum
Verursacher von schwerwiegenden neonatalen Erkrankungen wie der nekrotisierenden Enterokolitis
werden kann [7]
[17]
[36]. Inwieweit dieses
Screening, das nicht Teil der durch die Mutterschutzrichtlinie vorgeschriebenen Betreuung ist,
und die Therapie bei positivem Befund in der realen Versorgungssituation wirklich zu einer
Reduktion von Sepsisfällen führen, ist unklar; auch in der durch uns untersuchten Kohorte
stellten Gruppe-B-Streptokokken die häufigsten Erreger der EOS sowohl bei Frühgeborenen als
auch bei Reifgeborenen dar [37]
[38].
Andere Risiko-Assessment-Instrumente, wie der in den USA verwendete „EOS Calculator“, der
nicht nur das Risiko für Infektionen durch Gruppe-B-Streptokokken einbezieht, sondern auch
durch andere Erreger, sollen eine generelle Risikoberechnung für EOS ab 34 + 0 SSW und somit
eine Reduktion von unnötigen Antibiotikatherapien ermöglichen [39]
[40]
[41]
[42].
Trotz aller Limitationen durch das retrospektive Studiendesign und die ausschließliche
Einbeziehung von Ergebnissen, die im Rahmen der Routinebehandlung erhoben worden sind bzw.
vorlagen, konnten wir zum ersten Mal Übereinstimmungen von Erregernachweisen bei Kindern mit
neonataler Sepsis und deren Müttern in der Schwangerschaft aufzeigen und daraus mögliche
Detektionsraten der Sepsiserreger durch mütterliche Abstriche errechnen.
In Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes „neonatale Sepsis“ mag eine Detektionsrate
von ca. 20% bei Frühgeborenen die weitere Durchführung von Routineabstrichen befürworten. Wenn
aber LOS-Fälle ausgeschlossen werden, sinkt die Detektionsrate unter 10%, und das
Nutzen-Risiko-Verhältnis und die Gefahr durch unnötige Antibiotikatherapien müssen kritisch
diskutiert werden.
Schlussfolgerung
Die Ursachen der neonatalen Sepsis scheinen nicht immer eindeutig fassbar zu sein.
Aufgrund der Schwere des Erkrankungsbildes werden eine frühzeitige Diagnostik und Therapie
angestrebt. Der Beginn der Diagnostik schon bei der Mutter durch vaginale Abstrichentnahme
erscheint aber sehr fraglich, da die Detektionsrate neonataler Sepsiserreger durch vorherige
Abstrichuntersuchung der Mutter sehr gering ist. Die Wertigkeit des mütterlichen Abstriches
zur Identifikation neonataler Sepsiserreger muss kritisch hinterfragt werden. Wahrscheinlich
ist es sinnvoller, die Diagnostik beim Neonaten zu beginnen und sich auf diese
Untersuchungsergebnisse zu konzentrieren.
Anerkennungen
Diese Arbeit wurde durchgeführt zur Erfüllung der Anforderungen zum Erhalt des Titels „Dr.
med.“ durch Herrn Rafael Kuld an der Medizinischen Fakultät der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.