Einleitung
Nachhaltigkeit und Klimaschutz – kann das mit der Radiologie vereinbar sein? Die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Radiologie wurde im Rahmen des 103. Deutschen Röntgenkongresses mit dem Titelthema „Vielfalt leben – Zukunft gestalten“ hervorgehoben. Trotz des Bewusstseins der Notwendigkeit von Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind diese Begrifflichkeiten unter dem Aspekt zahlreicher Marketing-Kampagnen, wirtschaftlichem „Greenwashing“ sowie Demonstrationen durch „die letzte Generation“ aktuell mit ambivalenten Emotionen behaftet. Um jedoch eine thematische Differenzierung zu den zum Teil negativ assoziierten Kognitionen mit diesen Begrifflichkeiten zu ermöglichen, ist eine dezidierte, systematische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Radiologie notwendig.
Insbesondere bezüglich des Klimaschutzes ist die Radiologie als technologiebasiertes Fach und dadurch assoziiert mit einem hohen Energiebedarf, in bedeutender Verantwortung. Maximalversorgung und Hochleistungsmedizin beanspruchen signifikante Mengen von Ressourcen. Der hohe Energieverbrauch unserer Großgeräte ist aber nicht nur ökologisch, sondern mittlerweile auch ökonomisch durch die massiv gestiegenen Energiepreise von existentieller Bedeutung.
Aktuelle Studien und Initiativen wie etwa „Health for future“ zeigten, dass das Gesundheitswesen einen signifikanten Anteil zu den weltweiten CO2-äquivalenten Emissionen beiträgt und somit für den Klimawandel mitverantwortlich ist. Jährlich nehmen die Untersuchungszahlen in der Radiologie zu. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland ca. 24 Mio. Schnittbilduntersuchungen durchgeführt, etwa hälftig auf CT und MRT verteilt [1]
[2]. In Bezug auf die Anzahl der MRT-Untersuchungen je 1000 Einwohner befindet sich Deutschland unter den führenden Ländern weltweit. Im Jahr 2019 belegte die Bundesrepublik mit 145 Untersuchungen je 1000 Einwohner hinter den USA Platz 2 und liegt somit fast doppelt so hoch wie der Durchschnitt der 30 OECD-Länder (OECD = Organisation for Economic Cooperation and Development) mit 79 je 1000 Einwohner [2].
Um den Begriff der „Nachhaltigkeit“ im Weiteren korrekt zu benutzen, sollte zunächst dessen Entstehung und Bedeutung erläutert werden. Aus der ursprünglichen, primären Verwendung als forstwirtschaftliches Prinzip, nach dem nicht mehr Holz gefällt werden darf als nachwachsen kann [3], wird die Nachhaltigkeit heute generalisiert als Maxime betrachtet, welche auf lang anhaltende(n) und zukunftsorientierte(n) Beständigkeit und Handlungsweisen basiert. Es existieren verschiedene Definitionen der Nachhaltigkeit – eine häufig verwendete ist das „Drei-Säulen-Modell“, in dem 3 wesentliche Elemente unterschieden werden ([Abb. 1]): Ökologie, Ökonomie und soziale Komponente [4]. Diese Kerngebiete umfassen neben energetischen Aspekten unter anderem auch „value-based Radiology“, zukunftsorientierte Weiterbildung und Forschung sowie eine nachhaltige Beziehung zu Patientinnen und Patienten, Zuweisenden und Mitarbeitenden in der Radiologie.
Abb. 1 Die Kernaspekte der Nachhaltigkeit.
Im Folgenden möchten wir eine Übersicht der aktuellen Literatur dieser 3 sich häufig überschneidenden Kernaspekte der Nachhaltigkeit in der Radiologie geben und erörtern welches Optimierungspotenzial sich ergibt.
Die Drei Elemente der Nachhaltigkeit
Ökologie
Die EU gehört mit den USA, China und Indien zu den führenden Erzeugern von Treibhausgasen, welche für den Klimawandel maßgeblich entscheidend sind [5]
[6]. Trotz der Bemühungen der Umsetzung der Klimaziele bis 2045 eine Nettonullemission zu erreichen, wurde 2021 ein weltweiter Anstieg der Emissionen um 6 % und somit um 2 Milliarden Tonnen auf ca. 36,3 Mrd. verzeichnet, die bisher größte, jährliche Wachstumszunahme [7]. Laut Hochrechnungen für 2022 ist die jährliche Gesamtemission gegenüber dem Vorjahr weltweit um zusätzliche 1 % angestiegen. Mitverantwortlich dafür ist der nun erneut stark zunehmende, internationale Flugverkehr. Im Jahr 2019 lag der Gesundheitssektor gemäß dem Klimabericht der „Health Care Without Harm“ jedoch noch vor dem Einfluss der Luftfahrindustrie (3 %) und der Schifffahrtindustrie (2 %) [8]. Das Gesundheitssystem ist weltweit für 4,4 % und deutschlandweit für 5,2 % der jährlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich [9]. Absolut sind die gesundheitssystembasierten Emissionen der EU weltweit am dritthöchsten, hinter USA und China. Bezogen auf die Emissionen pro Einwohner gehört das deutsche Gesundheitssystems zu der zweitführenden Ländergruppe, den „Major Emitters“, mit 1–0,5 t/Person [9]
[10].
Der Energieverbrauch der radiologischen Großgeräte trägt maßgeblich zum Gesamtenergieverbrauch der Krankenhäuser bei. Exakte Angaben des Energieverbrauchs der Radiologie anteilig des Verbrauches der Krankenhäuser sind schwierig, da dieses von der Gesamtgröße der Radiologie sowie dem Verhältnis dessen zum Krankenhaus abhängig ist. T. Heye et Al. zeigten für 4 MRTs und 3 CTs einen jährlichen Gesamtverbrauch von 1107 450 kWh mit im Jahr 2015 korrespondierenden Energiekosten von $199 341 [11]. Bei einem Gesamtverbrauch des Krankenhauses von 27 905 332 kWh waren diese Geräte für 4 % dessen verantwortlich [11]. Der prozentuale Anteil der gesamten Radiologie am Energieverbrauch des Klinikums ist, mit weiteren in diese Studie nicht eingeschlossenen Geräten, somit als deutlich höher einzuschätzen.
Obgleich die Durchführung von Untersuchungen den höchsten Energiespitzenverbrauch aufweist, trägt das Zeitintervall zwischen den Untersuchungen bei der CT im System-on-Zustand zu 2/3 des Gesamtverbrauchs bei [11]. Der kontinuierliche Grundstromverbrauch der meisten Großgeräte im System-on-Zustand ohne Aktivität in der Bildakquisition ist ursächlich für den hohen Anteil der nicht produktiven Phasen am Gesamtverbrauch. Ferner trägt bei der MRT der System-off-Zustand aufgrund der kontinuierlichen Heliumkühlung zu ungefähr 1/3 des Gesamtstromverbrauchs bei [11].
Daraus ergibt sich ein signifikantes Potenzial für Energieeinsparungen radiologischer Großgeräte, insbesondere für CT, MRT, PET-CT, Angiografieanlagen oder Hybrid-Anlagen wie CT/Angio oder PET-MRT. Diese sollten während nicht produktiver Phasen in der Nacht oder am Wochenende ausgeschaltet werden. Abgesehen von den Geräten für den Notfallbetrieb, ergibt sich eine mögliche Einsparung von 20–60 % des Geräteverbrauchs je nach Betriebszeiten und System-off-Stromverbrauch. Geräte mit geringer Auslastung oder längeren, inaktiven Zeitintervallen während der produktiven Betriebszeit, wie z. B. Angiografie- und Durchleuchtungsanlagen, können auch tagsüber ausgeschaltet werden, da die Einschaltzeit bis zur Betriebsbereitschaft häufig weniger als 5 Minuten beträgt. Sonografiegeräte verfügen meist über einen Standby-Modus, dieser sollte mit einem niedrigen Zeitwert für die automatische Aktivierung eingestellt werden.
Heye et al. konnten ebenfalls zeigen, dass die Wärmeabgabe des MRTs signifikant unterhalb der Menge der zugeführten Kälte lag, sodass ein Großteil der Kühlung ungenutzt bleibt. Hierbei bietet eine individuelle Abstimmung des Herstellers mit der Energie- und Gebäudetechnik eines Instituts oder Krankenhauses zur Ausgestaltung der Kühlanlagen, des notwendigen Stromangebots und der Befeuchtungs- und Belüftungssteuerung der Betriebsräume weitere Möglichkeiten zur Energieeinsparung. Letztendlich werden weiterführende Studien und der Diskurs von Klinik, Wissenschaft und Industrie zeigen, wie der ungenutzte Ruhezustand und die berechnete MRT-Kühlung optimiert werden können, um den Energieverbrauch der Großgeräte zu reduzieren.
Überdies ist auch ein positiver Effekt auf den Energieverbrauch durch eine verbesserte Ökonomie mit kritischer Indikationsstellung sowie spezifischer Anpassung des Untersuchungsprotokolls zu erwarten. Insbesondere bei der MRT führt jede Verkürzung der Untersuchungszeit, durch Protokolloptimierung oder Einsatz von Deep-learning-Sequenzen, zu einer Reduktion des Energieverbrauchs pro Untersuchung und somit zu einer Steigerung der Energieeffizienz.
Ökonomie
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden jedes Jahr schätzungsweise 3,6 Mrd. diagnostische Untersuchungen weltweit durchgeführt [12]. Laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) wurden für das Jahr 2018 etwa 130 Millionen Röntgenanwendungen und etwa 18 Millionen CT-Untersuchungen registriert, die Tendenz steigend [13]. Eine kritische Indikationsprüfung der Notwendigkeit der radiologischen Bildgebung nach dem Leitsatz „How does it change management?“ ist nicht nur im Rahmen des Strahlenschutzes, der individuellen Indikationsstellung für Kontrastmittel und für die diagnostische Aussagekraft, sondern auch im Sinne der Ökonomie, Nachhaltigkeit und „value-based radiology“ von großer Bedeutung [14]
[15]
[16]. „Value-based radiology“ basiert auf dem Konzept, durch die Radiologie einen Mehrwert für Patienten, das Gesundheitssystem und die Gesellschaft zu schaffen, anhand wissenschaftlich basierter Handlungsempfehlungen. Einer der Schlüsselaspekte ist hierbei die volumenbasierte Praxis zu reduzieren und den Fokus primär auf die Aspekte der medizinischen Bedeutung und den nachhaltigen Nutzen der radiologischen Untersuchung zu legen.
In diesem Kontext haben medizinische Fachgesellschaften in den USA seit 2012 ihre Mitglieder aufgefordert, diagnostische Tests oder medizinische Verfahren zu benennen, deren Notwendigkeit in ihrem Fachgebiet hinterfragt und diskutiert werden sollte [17]
[18]. Inzwischen haben 80 medizinischen Fachgesellschaften aus 20 Ländern insgesamt 600 „Choosing Wisely“-Handlungsempfehlungen zur Vermeidung überbeanspruchter Tests und Behandlungen veröffentlicht.
Das American College of Radiology hat unter anderem den Verzicht der folgenden Untersuchungen postuliert:
-
Verzicht auf die native Phase der Abdomen-CT, mit Ausnahme der Abklärung von Leber-/Nierenläsionen, Hämaturie, Nebennierenläsionen (nativ > 10 HE), postinterventionell bei V. a. Endoleak und Blutungssuche [19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]
[25].
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Verzicht der spätvenösen Kontrastmittelphase in der Abdomen-CT, ausgenommen bei unklaren/r Neben-/Nierenläsionen und Hämaturie, CT-Urogramm sowie V. a. Hepatozelluläres Karzinom und Cholangiozelluläres Karzinom [20]
[22]
[26]
[27]
[28]
[29]
[30]
[31]
[32]
[33].
-
Verzicht von Follow-up-Untersuchungen bei asymptomatischer, nicht obstruktiver Kurzsegment-Dünndarmintussuszeption (≤ 3.5 cm) [34]
[35]
[36]
[37].
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Verzicht auf die diagnostische Sonografie bei inzidentellen Schilddrüsenknoten in der CT/MRT, ausgenommen dem Vorliegen von Malignitätskriterien der Läsionen sowie dem Überschreiten altersadaptierter Größengrenzwerten oder Lymphknotenvergrößerungen [38]
[39]
[40]
[41]
[42]
[43]
[44]
[45]
[46].
-
Verzicht auf die Verlaufskontrolle bei unkomplizierten Ovarialzysten in prämenopausalen Frauen < 5 cm oder postmenopausal < 3 cm [47]
[48]
[49]
[50]
[51].
-
Verzicht auf eine präoperative Röntgen-Thorax-Aufnahme bei jungen Patienten (< 70Lj.) ohne den klinischen Verdacht auf kardiopulmonale Vorerkrankungen [52]
[53]
[54]
[55]
[56]
[57]
[58].
-
Verzicht auf die CT-Angiografie bei V. a. Lungenarterienembolie sofern eine niedrige Prätestwahrscheinlichkeit (Wells-Score < 2) oder negative D-Dimere vorliegen [59]
[60]
[61]
[62]
[63].
-
Verzicht auf die radiologische Diagnostik bei Kopfschmerzen ohne entsprechende Risikofaktoren oder neurologischen Verdacht auf eine strukturelle Störung [64]
[65]
[66]
[67].
Zudem legt der radiologische Befund den Grundstein für die weitere diagnostisch-therapeutische Kaskade. Eine zusätzliche, zum Teil unnötige, Diagnostik fordert nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit personelle und energetische Ressourcen, sondern führt auch zu einer vermeidbaren, finanziellen Belastung der Krankenkassen und individuellen Belastung der Patienten. Aus diesem Grund sind bei der Beschreibung von Pathologien die Darlegung der exakten Charakterisierung nach etablierten Klassifikationen mit den daraus resultierenden, wissenschaftlich belegten Handlungsempfehlungen (gem. Bi-RADS, Ti-RADS, Bosniak-Kriterien, Fleischner-Kriterien, etc.) in radiologischen Befunden bedeutend. Hierdurch kann ein signifikanter Beitrag dazu geleistet werden, ob und in welchem Intervall Verlaufsbildgebung oder weitere, klinische Diagnostik erfolgen sollte bzw. vermieden werden kann.
Eine somit nachhaltigere Medizin, von der Patienten langfristig profitieren, trägt nicht nur durch Optimierung der Ressourcen insgesamt zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung bei, sondern beeinflusst zugleich die soziale Komponente der Nachhaltigkeit positiv.
Soziale Komponente
Unter der sozialen Komponente von Nachhaltigkeit wird neben der nachhaltigen Beziehung zu Patientinnen und Patienten sowie Zuweisenden auch die Gewinnung, Bindung, Motivation und das Erhalten des Wohlbefindens sowie der Arbeitszufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verstanden. Dies ist umso relevanter, als dass bereits seit über 20 Jahren eine zunehmende Personalknappheit in der Radiologie deutlich steigenden Untersuchungszahlen gegenübersteht [68]
[69]
[70]. Auch ist die Radiologie einer der Fachbereiche mit erhöhtem Risiko für Burn-out [71]
[72]. So zeigt sich bereits unter radiologischen Assistenzärztinnen und Assistenzärzten eine hohe Prävalenz von Burn-out-Prädiktoren [73]
[74]. Neben der Gewinnung und Bindung ärztlichen Personals stellt insbesondere auch die nachhaltige Steigerung der Attraktivität des Berufsbildes der Medizinischen Technologin bzw. des Technologen für Radiologie (MT-R) eine aktuelle Herausforderung dar. So wird im Abschlussbericht des Deutschen Krankenhausinstituts zum „Fachkräftemangel und Fachkräftebedarf in MTA-Berufen“ von 2019 angegeben, dass in 46 % der Krankenhäuser Probleme bestünden, offene Stellen für MT-R zu besetzen (versus 23 % 2011) [75]. Für 2030 sei, basierend auf sofortigem Bedarf, Renteneintritten und zunehmenden Fallzahlen, von einem Mehrbedarf an 12 740 MT-Vollzeitstellen, davon 52 % MT-R, auszugehen.
Entsprechend ist die nachhaltige Sicherstellung der Arbeitszufriedenheit und Gesundheit sowohl des ärztlichen Personals und als auch der MT-Rs von existenzieller Bedeutung für die Radiologie ([Abb. 2]).
Abb. 2 Circulus Vitiosus von Fachkräftemangel und hoher Arbeitslast gefolgt von Burn-out sowie zusätzlichem Arbeitnehmerverlust.
Ferner beinhalten die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit die Beziehung zu den Patientinnen und Patienten bzw. zu den zuweisenden ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, wie in einem aktuellen narrativem Review unserer Arbeitsgruppe dargelegt [4]. Gegenwärtig wird die Arbeit der Radiologie von Zuweiserinnen und Zuweisern mehrheitlich geschätzt. Verbesserungspotential liegt vor allem in der Optimierung radiologischer Befunde durch (teil-)strukturierte Befundung. Für die Mehrheit der Patientinnen und Patienten steht darüber hinaus der Wunsch einer Befundbesprechung mit den Radiologinnen und Radiologen im Fokus. Vorhandene Studien zum Thema der Patientenzentriertheit beschränken sich jedoch zum großen Teil auf Erhebungen des Ist-Zustandes ohne konkret umsetzbare Lösungsvorschläge für das Problem einer einerseits bereits bestehenden, hohen Arbeitsbelastung und andererseits dem Patientenwunsch nach intensiviertem Arztkontakt. Diesem Wunsch zu entsprechen und als primärer Ansprechpartner von den Patientinnen und Patienten wahrgenommen zu werden, ist jedoch aufgrund der zu erwartenden Integration künstlicher und artifizieller Intelligenz in den radiologischen Alltag, von größter Bedeutung.
Darüber hinaus betreffen soziale Komponenten von Nachhaltigkeit auch die radiologische Lehre in Studium und Weiterbildung. Nachhaltig muss diese hinsichtlich der Gewinnung von Nachwuchs, Steigerung der Arbeitszufriedenheit von Assistenzärztinnen und -ärzten und effizienter Nutzung von Lehrressourcen sein. So gaben Weiterzubildende an, neben persönlicher Befundsupervision insbesondere von strukturierter Lehre und festen Rotationen zu profitieren [76]
[77]. Dies ist jedoch, solange die Lehre in der Weiterbildung in Deutschland keine Abbildung in der leistungsorientierten Mittelvergabe findet, von standortabhängigen Strukturen und dem persönlichen Engagement der Weiterbildenden abhängig. Für eine langfristige und nachhaltige Weiterbildungsstruktur für Lernende und Lehrende, hat das Forum Junge Radiologie (FJR) gemeinsam mit den AGs der DRG, der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimalinvasive Therapie (DeGIR), Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) und Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie (GPR) 2021 das Weiterbildungscurriculum Radiologie erstellt [78]. Um die Vorteile der durch die COVID-19-Pandemie katalysierten Anzahl digitaler Lehrformate zu nutzen, welche nachhaltig, zeiteffizient und standortunabhängig verwendet werden können, wurde 2022 zudem RADUCATION entwickelt [79]
[80]. Auf RADUCATION stehen digitale, durch die Taskforce Weiterbildung des FJR synergistisch gesammelte und aktualisierte Weiterbildungsformate für die Lernziele des Weiterbildungscurriculums Radiologie zur Verfügung [81].
Abschließend sind auch in der Forschung und Wissenschaft zukunftsorientierte Konzepte als Teil der dritten Säule der Nachhaltigkeit von zunehmender Relevanz. So forderte das International Committee of Medical Journal Editors (ICMJE) bereits 2017, dass aus ethischer Verpflichtung gegenüber Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern bei Registrierung von Studien zu definieren sei, wie generierte Daten der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt würden [82]. Dies ermögliche neben Transparenz und Kontrollfunktion die nachhaltige Nutzung generierter Daten für sekundäre Analysen. Auch die Verpflichtung der ICMJE zur Studienregistrierung vor Einschluss von Probanden zwecks Vermeidung eines Selektionsbias der Ergebnisse dient der nachhaltigen Ressourcennutzung und dem Probandenschutz, in dem mehrfache Studien identischer Fragestellungen und Methodik vermieden werden.
Ausblick
94 % der Patienten wünschen sich ein nachhaltigeres Krankenhaus [83]. Nachhaltigkeit in der Medizin und in der Radiologie hat somit eine zunehmende Bedeutung unter Einbindung der Ökonomie, Ökologie und der sozialen Komponente. Aufgrund einer signifikanten Vereinnahmung der Ressourcen dieser verschiedenen Qualitäten profitiert somit nicht nur der Klimaschutz, sondern auch das Gesundheitswesen, die Patienten & Mitarbeiter sowie die Wissenschaft von zukunftsorientierten, nachhaltigen Konzepten in der Radiologie.
Neben potenziellen, finanziellen Einsparmöglichkeiten durch Prozessoptimierung und Reduktion des Energieverbrauchs, sind zum Teil für eine größere Umstrukturierung auch entsprechende Kosten einzukalkulieren. Mit Fokus auf den Klimaschutz hat KLIK-Green im Rahmen der Ausbildung von Klimamanagern ermittelt, dass allerdings bereits eine 40 %ige Emissionsreduktion mit nicht oder gering investiven Maßnahmen erreicht werden kann. Neben den bereits genannten Aspekten gibt es viele weitere, alltägliche Möglichkeiten für eine nachhaltigere Radiologie [84]. Der 10-Punkteplan der DRG gibt hierfür einen Einblick in nichtinvestive, nachhaltige Handlungsempfehlungen [85].
Da jedoch viele Aspekte der Nachhaltigkeit in der Radiologie bisher unzureichend untersucht wurden, steht das Netzwerk Nachhaltigkeit der DRG in einem dynamischen Diskurs von Medizin, Politik und Industrie, um diese Prozesse voranzutreiben. Die Sensibilisierung, der Austausch mit Wissenschaft und Wirtschaft sowie die Wissensvermittlung und Veröffentlichung dieser Erkenntnisse sind ebenfalls zentraler Bestandteil des Netzwerks und können online eingesehen werden [86].
Das Ziel ist es somit gemeinsam, unter Einbindung der verschiedenen Instanzen, zukunftsorientierte, nachhaltige Konzepte für die Radiologie zu entwickeln, wovon gleichermaßen Patienten, Mitarbeiter, die Radiologie sowie das Gesundheitswesen und die Umwelt profitieren.
„Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen.“
Antoine de Saint-Exupèry
(Aus „Die Stadt in der Wüste“, 2009)