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DOI: 10.1055/a-2143-7564
Die Chronische Nicht Bakterielle Osteomyelitis (CNO) im Kindes- und Jugendalter – eine Erkrankung mit vielen Gesichtern
Article in several languages: English | deutsch- Einleitung
- Grundlagen
- Bildgebende Diagnostik
- Differentialdiagnosen
- Zusammenfassung und Ausblick
- References
Zusammenfassung
Hintergrund Die Chronische Nicht Bakterielle Osteomyelitis (CNO) ist eine chronisch-entzündliche Skeletterkrankung insbesondere des Kindes- und Jugendalters, die häufig erst verzögert diagnostiziert wird. Mit Hilfe der Ganzkörper-MRT ist eine frühzeitige Diagnose dieser Erkrankung in vielen Fällen möglich. Da die Kinder und Jugendlichen initial häufig mit unspezifischen Beschwerden im ambulanten Bereich zur radiologischen Diagnostik kommen, sollte jede/r Radiolog/in grundlegende Kenntnisse zu diesem komplexen Krankheitsbild besitzen.
Methode In dieser Übersichtsarbeit werden die Grundlagen und aktuellen Erkenntnisse zur Erkrankung diskutiert. Auch ungewöhnliche Verläufe werden vorgestellt.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen Unter Kenntnis der röntgenologischen und MR-tomographischen Charakteristika der meist multifokalen Knochenherde ist die Diagnose einer CNO in vielen Fällen zuverlässig möglich. Dabei spielt insbesondere der frühzeitige Einsatz der Ganzkörper-MRT eine wichtige Rolle. Dadurch können Therapieverzögerungen und sich daraus ergebende Komplikationen vermindert und die Anzahl unnötiger Biopsien zur Diagnosefindung reduziert werden.
Kernaussagen:
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Die CNO ist eine chronisch entzündliche Skeletterkrankung vor allem von Kindern und Jugendlichen, deren Häufigkeit lange Zeit unterschätzt wurde.
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Für die Diagnostik sind die Lokalisation der Herde v. a. in Metaphysen und metaphysen-äquivalenten Regionen sowie das Verteilungsmuster der klinisch oft okkulten Läsionen ausschlaggebend.
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Die Ganzkörper-MRT spielt eine wichtige Rolle im diagnostischen Ablauf, da sie das charakteristische Verteilungsmuster der Läsionen aufzeigt und zur Diagnosesicherung beiträgt.
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Durch eine differenzierte radiologische Diagnostik kann die Anzahl an Biopsien verringert werden und können Langzeitfolgen der Erkrankung durch eine frühzeitige Diagnose und Therapieeinleitung reduziert werden.
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Einleitung
Die Chronische Nicht Bakterielle Osteomyelitis (CNO) bezeichnet eine aseptische Knochenentzündung, die bevorzugt bei Kindern und Jugendlichen auftritt und durch autoinflammatorische Mechanismen ausgelöst wird [1]. Die Beschwerden sind häufig unspezifisch und die Latenz zwischen Beschwerdebeginn und Diagnosestellung wird in größeren Studien mit bis zu 12 Monaten und länger angegeben [2] [3] [4]. Die Radiologie ist eine der ersten Anlaufstellen, wenn es um die Abklärung unklarer muskuloskelettaler Beschwerden geht. In der Diagnostik der CNO fällt der Bildgebung eine Schlüsselrolle zu, da bei charakteristischen Befunden frühzeitig an das Vorliegen einer CNO gedacht werden sollte und damit eine wichtige Weichenstellung für die weitere Diagnostik und Therapie der Patientinnen und Patienten erfolgen kann. Da die betroffenen Kinder und Jugendlichen primär häufig in ambulanten und nicht kinderradiologisch spezialisierten Bereichen gesehen werden, sind Kenntnisse über diese Erkrankung für jede Radiologin/jeden Radiologen von großer Bedeutung. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die CNO weitaus häufiger vorkommt als ursprünglich angenommen, teilweise werden Häufigkeiten beschrieben, die im Bereich der infektiösen hämatogenen Osteomyelitis liegen [5]. Dies ist nicht zuletzt auch ein Verdienst der Radiologie, da durch den zunehmenden Einsatz der Ganzkörper-MRT spezifische Verteilungsmuster der CNO aufgezeigt werden können, die eine eindeutige und frühzeitige Diagnose zulassen [6] [7].
In der folgenden Übersichtsarbeit werden die bildmorphologischen Merkmale der CNO näher erläutert und die aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik dargelegt. Dabei werden auch ungewöhnliche Verläufe und wichtige Differenzialdiagnosen gezeigt, sowie der Stellenwert der histologischen Diagnosesicherung diskutiert. Das Ziel ist es, dem Leser/der Leserin zu verdeutlichen, dass diese Erkrankung in der differenzialdiagnostischen Abklärung unklarer Knochenveränderungen bei Kindern und Jugendlichen regelhaft mit in Betracht gezogen werden muss, um unnötige Therapieverzögerungen oder invasive diagnostische Eingriffe und sich daraus ableitende Komplikationen zu vermeiden.
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Grundlagen
Definition
Die CNO ist keine neue Erkrankung, es gibt sie wahrscheinlich schon genauso lange wie es infektiöse Knochenerkrankungen gibt. Zumindest lassen radiologische, klinische und auch histopathologische Beschreibungen der Plasmazellenosteomyelitis oder der chronisch sklerosierenden Osteomyelitis Garré an Verlaufsformen einer nicht bakteriellen Osteomyelitis denken [8]. Auch der Begriff der diffusen sklerosierenden Osteomyelitis der Mandibula bezeichnet eine nicht bakterielle Osteomyelitis in einer charakteristischen Lokalisation der CNO. Große klinisch-radiologische Überschneidungen gibt es mit der infantilen kortikalen Hyperostose, der sogenannten Caffey-Silverman-Erkrankung [9] [10].
Die Erstbeschreibung einer CNO wird dem schweizer Pädiater und Radiologen Andres Giedion zugeschrieben, der 1972 über eine subakute chronische symmetrische Osteomyelitis bei vier Kindern berichtete [11]. Der bei Diagnosestellung meist bereits chronische Verlauf, die Multifokalität und die Rezidivneigung der Erkrankung führten 1978 zur Krankheitsbezeichnung der Chronisch Rekurrierenden Multifokalen Osteomyeltis (CRMO) durch Probst, eine Bezeichnung, die auch heute noch gängig verwendet wird [12].
Da die Erkrankung auch unifokal und einseitig auftreten kann, wurde der Begriff der CRMO in den letzten Jahren durch die allgemeinere Bezeichnung CNO abgelöst [13]. Ebenfalls Verwendung findet aktuell der Begriff NBO (Nicht Bakterielle Osteitis) [14]. Aufgrund der sehr variablen klinischen und bildmorphologischen Befunde ist die Diagnose einer CNO hinsichtlich der Abgrenzung zu anderen entzündlichen und tumorösen Skeletterkrankungen eine Ausschlussdiagnose.
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Ätiologie und Pathogenese
Die CNO ist eine sterile Knochenentzündung, die durch autoinflammatorische Mechanismen ausgelöst wird. Pathophysiologisch geht man von einer Imbalance zwischen pro- und anti-inflammatorischen Zytokinen aus. Die erhöhten Spiegel an pro-inflammatorischen Zytokinen wie IL1, IL6 und TNF α führen zu einer Osteoklastenaktivierung und einer dadurch induzierten Knochenresorption [15] [16]. Ähnliche Knochenveränderungen werden auch bei seltenen monogenetischen autoinflammatorischen Erkrankungen wie dem Majeed-Syndrom oder einem angeborenen IL1-Rezeptor Antagonisten Defizit (DIRA) gefunden [17] [18]. Dies und die Beobachtung, dass bei vielen Patientinnen und Patienten chronisch entzündliche Erkrankungen verschiedener Organsysteme in bis zu 50 % bei Verwandten ersten oder zweiten Grades vorliegen, legt eine genetische Ursache der CNO nahe [13].
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Epidemiologie und Klinik
Die CNO ist eine vorwiegende Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. Das mittlere Erkrankungsalter wird mit 10 Jahren angegeben und Mädchen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Jungen [2] [19]. Die für Deutschland 2011 erhobene Inzidenz von 0,4 pro 100000 Kinder pro Jahr ist aktuell sicherlich deutlich höher [20]. Dies liegt unter anderem auch an den Fortschritten der bildgebenden Diagnostik und dem zunehmenden Einsatz der Ganzkörper-MRT.
Klinisch präsentieren sich die Patientinnen und Patienten meist mit Knochen- oder Gelenkschmerzen, die häufig auch nachts auftreten. Der Allgemeinzustand ist in der Regel gut, Fieber oder B-Symptome sind selten [21].
Auch die Laborveränderungen sind unspezifisch. Leichte Entzündungszeichen wie eine erhöhte BSG, leichte Leukozytose oder geringe CRP-Erhöhung können als einzige Veränderung vorliegen, korrelieren jedoch nicht mit der Krankheitsaktivität und dem Krankheitsausmaß. In bis zu 20 % der Fälle werden assoziierte chronisch-entzündliche Erkrankungen des Darms, der Haut oder Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis beobachtet [2] [4].
In seltenen Fällen kann die CNO auch im Erwachsenenalter auftreten. Verglichen mit Jugendlichen und Kindern werden bei Erwachsenen häufiger mukokutane Begleiterkrankungen beschrieben [2]. Auch das SAPHO-Syndrom (Synovitis, Akne, Pustulosis, Hyperostosis, Osteitis) gehört im weitesten Sinne in diese Erkrankungsgruppe und wird von einigen Autoren auch als adulte Form der CNO angesehen [22].
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Therapie und Verlauf
Die Therapie der CNO beruht im Wesentlichen auf einer anti-inflammatorischen Medikation, um die Entzündungsreaktion zu hemmen, die klinischen Beschwerden der Patienten zu lindern und Komplikationen vorzubeugen. Mittel der ersten Wahl stellen nicht steroidale Antiphlogistika dar, wobei Naproxen die am häufigsten verschriebene Substanz bei Kindern ist, die in über 50 % der Fälle zu einer klinischen und auch bildmorphologischen Verbesserung führt [23] [24]. In schweren Fällen können zusätzlich Glucocorticoide kurzzeitig eingesetzt werden. Bei Persistieren der klinischen Beschwerden oder Befundverschlechterung werden verschiedene second-line-Therapeutika wie Sulfasalazin, Methotrexat, TNF α Blocker oder Bisphosphonate eingesetzt [4] [21]. Letzteren wird vor allem eine hohe therapeutische Wirksamkeit bei der Behandlung von Wirbelkörperläsionen zugeschrieben [25].
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Bildgebende Diagnostik
Bei chronischen oder rezidivierenden Knochenschmerzen wird nach sorgfältiger Anamnese und einer laborchemischen Basisdiagnostik im nächsten Schritt häufig eine lokalisierte/auf den Beschwerdefokus zentrierte Bildgebung durchgeführt. Die bildgebende Diagnose einer CNO basiert auf der Kombination typischer Knochenveränderungen in charakteristischen Lokalisationen, die an mehreren Stellen des Skelettsystems gefunden werden können. Viele dieser zusätzlich zur Hauptläsion gefundenen Herde sind klinisch asymptomatisch, sodass eine Ganzkörper-Diagnostik aufgrund der unifokalen klinischen Beschwerden zunächst häufig nicht in Betracht gezogen wird und es dadurch zu Diagnose- und Therapieverzögerungen kommt [3] [19]. Für den diagnostischen Ablauf entscheidend ist also zum einen bei charakteristischen Lokalveränderungen an die mögliche Diagnose einer CNO zu denken und im nächsten Schritt eine Ganzkörper-MRT einzuleiten, um die Diagnose bildgebend zu sichern ([Abb. 1]).


Technik der Ganzkörper-MRT [26]
Die Ganzkörper-MRT stellt einen wesentlichen diagnostischen Baustein bei der Diagnosestellung einer CNO dar [27]. Zur Erfassung der knöchernen Läsionen sind vor allem koronare STIR-Sequenzen erforderlich. Aufgrund der prognostischen Bedeutung von Wirbelkörperläsionen sollte das Untersuchungsprotokoll in jedem Fall auch eine STIR-Sequenz der gesamten Wirbelsäule in sagittaler Schichtführung beinhalten [28] [29]. Zusätzliche T1-gewichtete Sequenzen können bei der Beurteilung von Knochenmarkveränderungen hilfreich sein, etwa wenn es um die Differenzierung zwischen hämatopoetischem Knochenmark und einer echten CNO-Läsion geht [30]. Allerdings wird dadurch die Untersuchungszeit deutlich verlängert. Eine Kontrastmittelgabe ist in der Regel nicht erforderlich [31]. Zum Stellenwert der Diffusionsbildgebung bei CNO gibt es bisher keine aussagekräftigen Daten, die eine Überlegenheit oder einen diagnostischen Zugewinn der Diffusionsbildgebung bei dieser Fragestellung bestätigen können [32].
Kritisch ist die Darstellung und Beurteilbarkeit der kleinen knöchernen Strukturen von Händen und Füßen. Die Hände können alternativ zur Lagerung neben dem Körper auch auf dem Bauch oder unter dem Gesäß gelagert werden [32]. Wesentlich häufiger als im Handskelett finden sich CNO-Läsionen in den Fußknochen, vor allem in Calcaneus und Talus [33]. Hier ist eine Abgrenzung zu den physiologisch im jugendlichen Fußskelett auftretenden Knochenmarkveränderungen häufig schwierig [34].
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Charakteristische Lokalisationen der CNO-Herde
Für die differenzialdiagnostische Einordnung von benignen und malignen Knochenveränderungen im Kindesalter spielt die Lokalisation der Veränderung im Skelettsystem eine wichtige Rolle. Die meisten entzündlichen und tumorösen Erkrankungen sind in der stoffwechselaktivsten Zone des Knochens, der Metaphyse, lokalisiert. Hier findet das primäre Knochenwachstum statt und dieser Bereich des Knochens ist durch ein reiches arterielles und venöses Gefäßnetz gekennzeichnet. Auch die sogenannten metaphysen-äquivalenten Lokalisationen gehören zu den stoffwechselaktiven Arealen des Knochens, in denen gehäuft Entzündungen auftreten. Zu den metaphysen-äquivalenten Regionen werden Areale gezählt, die in Nachbarschaft zu Knorpelgewebe wie Apophysenfugen oder Synchondrosen liegen [35]. Auch die CNO-Herde treten bevorzugt in Metaphysen und metaphysen-äquivalenten Regionen auf. Damit entspricht das Verteilungsmuster dem der bakteriellen Osteomyelitis, die dadurch in vielen Fällen zur Hauptdifferenzialdiagnose wird.
Betrachtet man das Verteilungsmuster von CNO-Herden noch etwas genauer, ergibt sich folgendes Bild [6] [7] [28]:
Die häufigsten Lokalisationen sind:
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Metaphysen und metaphysen-äquivalente Regionen langer Röhrenknochen mit Bevorzugung der unteren Extremitäten,
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metaphysen-äquivalente Regionen des Beckenskeletts (in Angrenzung an ISG-Fuge, Y-Fuge, Symphyse),
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Wirbelsäule mit Bevorzugung der BWS.
Weitere typische Lokalisationen mit je nach Studie unterschiedlicher Häufigkeit sind
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mediale Clavikula,
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Mandibula,
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Sternum, Rippen,
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Fuß- und Handskelett.
Die unterschiedlichen Häufigkeiten einzelner Lokalisationen sind eventuell auch Ausdruck unterschiedlicher Verlaufsformen der Erkrankung. Es gibt hierzu Unterscheidungen zwischen bilateral-symmetrischen Befallsmustern, Erkrankungen mit multiplen, vorwiegend peripher lokalisierten Herden und solche mit wenigen Herden und Beteiligung von Clavikula- und/oder Wirbelsäule [36]. Für die Routinediagnostik spielen diese Unterscheidungen unserer Erfahrung nach jedoch keine wesentliche Rolle.
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CNO-Herde in Röntgenbild und MRT
Die Röntgenuntersuchung einer klinisch auffälligen Region ist in vielen Fällen der erste diagnostische Schritt. Sie dient der ersten Orientierung über eine mögliche zugrundeliegende Erkrankung. Benigne und maligne Tumore können anhand der Röntgenmorphologie (Wachstums-/Destruktionsmuster, Periostreaktion) und der Lokalisation in vielen Fällen bereits relativ zuverlässig eingeordnet werden. Je nach Körperregion und Beschwerdedauer besitzt die Röntgendiagnostik unterschiedliche Sensitivitäten in der Detektion von knöchernen Veränderungen. Wir beobachten immer wieder Fälle, bei denen initial eine MRT durchgeführt wird und keine Röntgenuntersuchung vorliegt. Bei einem unauffälligen MRT-Befund kann eine knöcherne Pathologie mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, im Falle eines auffälligen Befundes hat die ergänzende Röntgenaufnahme jedoch weiterhin einen hohen Stellenwert in der differenzialdiagnostischen Beurteilung.
CNO im peripheren Skelett
Im Rahmen der inflammatorisch induzierten Osteoklastenaktivierung kommt es zu fugennahen osteolytischen Veränderungen, die länglich oder säulenartig angeordnet sind. Zum Diagnosezeitpunkt werden die Osteolysen meist bereits von einem sklerotischen Randsaum umgeben ([Abb. 2]). Die fugennahe Knochenresorption führt zum Bild der „Pseudoerweiterung“ der Epiphysenfuge [7] ([Abb. 3]). Im chronischen Stadium überwiegen die sklerotischen und hyperostotischen Veränderungen, der Knochen wird zunehmend aufgetrieben und die Veränderungen dehnen sich in die Diaphyse aus [37] ([Abb. 4]).






Je nach Krankheitsaktivität und Ausdehnung sind auch Periost- und Weichteilreaktionen möglich. Dies tritt vor allem beim Befall von Knochen mit geringem Durchmesser auf [38] ([Abb. 5]). Bezüglich der Diagnosestellung kann man festhalten, dass die Indikation zur Biopsie vom Ausmaß der knöchernen Veränderungen abhängig ist. Je ausgeprägter die knöchernen Veränderungen sind, desto eher wird man eine Biopsie durchführen.


Die MRT ist vor allem zur Detektion klinisch oder radiologisch inapparenter Läsionen hilfreich. Man findet in den typischen fugennahen Lokalisationen Knochenmarködem-äquivalente Veränderungen, die bei fortgeschritteneren Krankheitsverläufen auch in osteolytische Läsionen übergehen. Neben den typischen Lokalisationen in den Metaphysen rund um das Knie- oder Sprunggelenk sind Läsionen um Apophysen und Synchondrosen ein sehr spezifischer Hinweis auf das Vorliegen einer CNO ([Abb. 1b]). Bei Herdbefunden in der Metaphyse kann das Knochenmarködem auch auf die Epiphyse übergreifen [6] [36] ([Abb. 6]). Rein epiphysäre Läsionen sind selten und nicht typisch für die CNO [32].


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CNO im Beckenskelett
Das Beckenskelett ist neben der unteren Extremität und der Wirbelsäule die am häufigsten betroffene Region bei einer CNO [28] [29] [33]. Die Röntgendiagnostik spielt bei Beckenläsionen eher eine untergeordnete Rolle, da die meisten Beckenläsionen klinisch häufig wenig symptomatisch sind und erst im Rahmen der Ausbreitungsdiagnostik mittels Ganzkörper-MRT diagnostiziert werden [7]. Die typische Konstellation MRT-positiver Beckenbefunde in charakteristischer Lokalisation bei fehlender Klinik ist somit vor allem für die Bestätigung der Verdachtsdiagnose CNO entscheidend. Zu den typischen Lokalisationen zählen die metaphysen-äquivalenten Regionen um Knorpelstrukturen wie ISG-Fuge, Y-Fuge oder Symphyse [7] ([Abb. 7]).


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CNO der Wirbelsäule
Entzündliche Veränderungen an den Wirbelkörpern werden bei der CNO ebenfalls häufig beobachtet. In der Literatur wird von einer Mitbeteiligung in bis zu 30 % der Fälle berichtet, am häufigsten betroffen ist die BWS gefolgt von der LWS [7] [33] [36]. Nicht selten ist die Wirbelsäule die primär symptomatische Region und es kann bei der initialen Diagnostik bereits eine pathologische Wirbelkörperfraktur vorliegen [39]. Wirbelkörperfrakturen stellen neben Wachstumsstörungen und Achsfehlstellungen an den Röhrenknochen die Hauptkomplikation der CNO dar. Daher ist die frühzeitige Diagnose eines Wirbelkörperbefalls im Rahmen der Erstdiagnostik wichtig, um einer Fraktur durch frühzeitige Therapie vorzubeugen [7] [33] [40]. In der MRT sind Frühzeichen grund- und deckplattennahe Ödem-äquivalente Veränderungen im Wirbelkörper, in fortgeschrittenen Stadien kann das Ödem auch in den Wirbelbogen reichen ([Abb. 8]). Aus der Bedeutung der Wirbelkörperveränderungen für Diagnose und Therapie leitet sich auch die Notwendigkeit ab, die gesamte Wirbelsäule in der Ganzkörper-MRT in sagittaler Schichtführung darzustellen [7].


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CNO der Clavikula
Das mediale Clavikulaende ist ebenfalls eine klassische Lokalisation der CNO und nicht selten die Erstmanifestation der Erkrankung. Die Patienten stellen sich meist mit einer mehr oder weniger schmerzhaften, in der Regel einseitigen Schwellung über der medialen Clavikula vor. Im Röntgenbild sieht man eine Auftreibung des Knochens mit Sklerosierungen und umschriebenen Osteolysen. Besser sieht man die knöchernen Veränderungen im CT, auch eine Periostreaktion ist im fortgeschrittenen Stadium möglich [33] ([Abb. 9]). Die MRT zeigt neben der Formveränderung des Knochens ein vermehrtes Knochenmarködem und eine ödematöse Weichteil-Reaktion [7].


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Differentialdiagnosen
Die CNO ist eine Ausschlussdiagnose. Dies bedeutet insbesondere in den Fällen, in denen auf eine Biopsie verzichtet und die Diagnose allein anhand der Bildgebung gestellt wird, dass die potenziellen Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden müssen. Zu den häufigsten Differenzialdiagnosen zählen die infektiöse Osteomyelitis inklusive der Tuberkulose, die Langerhans-Zell-Histiozytose sowie benigne und maligne Knochentumore inklusive Leukämie und Lymphom [37]. Allgemein kann man festhalten, dass infektiöse Osteomyelitiden und Knochentumore häufiger unifokal auftreten [41]. Die Lokalisation im Knochen ist kein zuverlässiges Unterscheidungskriterium, da sowohl bakterielle Entzündungen als auch viele Tumorerkrankungen bevorzugt in den Metaphysen zu finden sind. Während subperiostale Abszesse, Weichteilabszesse und Fistelbildungen stark für eine infektiöse Osteomyelitis sprechen, kann eine intraossäre Abszedierung auch bei einer CNO auftreten, wobei die typische Mehrschichtung eines Brodie-Abszesses fehlt [42] ([Abb. 10]). Aggressive Periostreaktionen und Weichteiltumore sind klare Hinweise auf maligne Tumorerkrankungen, andererseits können Lymphome oder leukämische Knocheninfiltrate auch primär auf den Markraum begrenzt bleiben und einen entzündlichen Prozess vortäuschen [43].


Die wichtigste und bildmorphologisch schwierigste Differenzialdiagnose der CNO ist die LCH. Bei dieser Erkrankung kommt es in verschiedenen Organsystemen zu einer atypischen Proliferation dendritischer Zellen. Bei isoliertem Knochenbefall kann eine differenzialdiagnostische Abgrenzung zur CNO schwierig werden. So ist etwa der Vertebra plana bei Wirbelkörperbefall eine typische ossäre Manifestation der LCH, die rein bildmorphologisch nicht von der CNO zu unterscheiden ist [33] ([Abb. 11]). Unterscheidungsmerkmale sind hingegen die bevorzugte diaphysäre Lokalisation der LCH-Herde an den langen Röhrenknochen und der häufige Befall der Schädelkalotte, der für die CNO sehr ungewöhnlich ist. Für die CNO sprechen metaphysäre Lokalisation und Multifokalität [44].


Verlaufskontrollen
Nach Diagnosestellung und Therapieeinleitung sind Kontrolluntersuchungen notwendig, um das Ansprechen der Therapie zu bestätigen. Dies ist insbesondere bei nicht bioptisch gesicherten Fällen wichtig, um bei fehlendem Ansprechen die Diagnose nochmals zu überdenken. Neben der Bildgebung spricht die Besserung der Symptomatik unter Therapie für die Korrektheit der Diagnose, sodass das Intervall zur Kontrollbildgebung von der klinischen Symptomatik mitbestimmt werden sollte. Im Allgemeinen führen wir die erste MRT-Kontrolle 6 Wochen nach Therapiebeginn durch. Im weiteren Verlauf sind dann meist Kontrollintervalle von 3–6 Monaten ausreichend. Auch nach Absetzen der medikamentösen Therapie sind radiologische Verlaufskontrollen wichtig, um ein Wiederaufflammen der Erkrankung frühzeitig zu erfassen [45]. Gerade bei radiologisch ausgeprägten Knochenveränderungen mit Hyperostose und Deformierung kann die Rückbildung der knöchernen Veränderungen unter Therapie Monate bis Jahre dauern ([Abb. 12]) [31]. Eine Wirbelkörperfraktur ist, wie bereits erwähnt, irreversibel.


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Zusammenfassung und Ausblick
Die CNO ist eine häufige, chronisch entzündliche Skeletterkrankung im Kindes- und Jugendalter, die durch eine überschießende inflammatorische Reaktion verursacht wird. Die Kenntnis der bildmorphologischen Merkmale hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Diagnose in vielen Fällen anhand bildmorphologischer Besonderheiten gestellt wird und die Anzahl der Biopsien dadurch deutlich verringert werden kann. Entscheidend dazu beigetragen hat der zunehmende Einsatz der Ganzkörper-MRT, da hier die Multifokalität in charakteristischen und klinisch häufig asymptomatischen Lokalisationen aufgezeigt werden kann. Verschiedentlich wurde daher auch versucht, Scores zu etablieren, um die Diagnosestellung zu standardisieren. Dabei gibt es bisher vor allem klinische Scores, in die radiologische Kriterien einfließen. In einer Arbeit von Jansson und Mitarb. gehen die radiologischen Kriterien > 1 Läsion, Vorhandensein symmetrischer Knochenherde, Vorliegen von Läsionen mit randständiger Sklerose und Lokalisation in Sternum, Clavikula oder Wirbelsäule in einen Diagnosescore ein [14]. In einer Arbeit von Roderick und Mitarb. werden die sogenannten „Bristol diagnostic Criteria“ zur Diagnosestellung einer CNO vorgeschlagen. Auch hier spielen die radiologischen Kriterien Multifokalität und osteolytische Läsionen mit Sklerosierung und Knochenneubildung eine große Rolle [46]. Rein radiologische Klassifikationen wurden bisher nur zur Beurteilung des Krankheitsausmaßes und der Krankheitsaktivität beschrieben. Der von Arnoldi und Mitarb. beschriebene RINBO-Score (Radiological Index for NBO) basiert auf Ganzkörper-MRT-Untersuchungen und berücksichtigt die Kriterien Anzahl und Größe der Läsionen, extramedulläre Veränderungen wie Periost- oder Weichteilreaktion und Wirbelsäulenbeteiligung [29]. Da die Diagnose auf der Kombination klinischer, laborchemischer und radiologischer Parameter beruht, ist ein rein radiologischer Score zur Diagnosestellung bisher nicht beschrieben. Dennoch gibt es klare bildgebende Hinweise auf das Vorliegen einer CNO. Der entscheidende Schritt zur radiologischen Diagnosestellung ist die frühzeitige Durchführung einer Ganzkörper-MRT, um klinisch inapparente aber für die Erkrankung charakteristische Läsionen zu diagnostizieren. Prinzipiell sollte man bei jeder unklaren knöchernen Läsion, die aufgrund der Klinik und der Röntgenmorphologie nicht eindeutig für eine bakterielle Osteomyelitis oder eine Tumorerkrankung spricht, großzügig eine Ganzkörper-MRT indizieren ([Abb. 13]). Dadurch kann eine unnötige Verzögerung der Diagnosestellung vermieden werden, die insbesondere bei Befall der Wirbelsäule zu irreversiblen Folgeschäden führen kann. Eine Biopsie sollte insbesondere bei unifokalen Läsionen, Herden mit fortgeschrittenem Knochenumbau, Läsionen in atypischen Lokalisationen (z. B. diaphysäre Lage) und bei fehlendem Therapieansprechen erfolgen [46].


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Correspondence
Publication History
Received: 19 March 2023
Accepted: 01 July 2023
Article published online:
12 September 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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