Neuroradiologie Scan 2024; 14(01): 28-29
DOI: 10.1055/a-2154-4627
Aktuell
Entzündung

MS: Algorithmus-basierte Detektion neuer Läsionen in der weißen Substanz

Homssi M, Sweeney EM, Demmon E. et al.
Evaluation of the Statistical Detection of Change Algorithm for Screening Patients with MS with New Lesion Activity on Longitudinal Brain MRI.

AJNR 2024;
44: 649-655
 

    Bei Multipler Sklerose geben Läsionen der weißen Substanz Aufschluss über den Verlauf, das Therapieansprechen und damit die Prognose der Erkrankung. Die manuelle Beurteilung der Läsionen in der Bildgebung ist allerdings zeitaufwändig, fehleranfällig und abhängig von der Expertise der Auswerter. Hornssi et al. wollten wissen, ob ein Algorithmus die manuelle Auswertung verbessern kann.


    #

    Dafür haben sie die MRT-Aufnahmen von 200 MS-Patienten mit zumeist schubförmig-remittierendem Verlauf (181/200) ausgewertet; manuell, automatisch durch den Algorithmus oder mit einer Kombination aus beiden Methoden. Von allen Patienten standen zwei MRT-Aufnahmen zur Verfügung zwischen denen im Schnitt 13,2 Monate lagen.

    Der Algorithmus (Statistical Detection of Change/SDC) allein detektierte bei insgesamt 86 Patienten (43 %) mindestens eine neue bzw. wachsende Läsion in Form von Signalveränderungen in den FLAIR-Sequenzaufnahmen. Die beiden Auswerter konnten beim subjektiven Vergleich der MRT-Aufnahmen (FLAIR, T1, T2, Gadolinium-verstärkte Sequenzen) hingegen nur bei 20 Patienten (10 %) bzw. unter Zuhilfenahme des Algorithmus bei 41 Patienten (20,5 %) eine neue Läsion erkennen. Nach Ausschluss kleiner Läsionen (< 15 mm³) waren es noch 30 Patienten (15 %). Ohne den Algorithmus übersahen die Auswerter bei 14 dieser 30 Patienten die neuen Läsionen (Sensitivität 53 %, Spezifität 98 %, positiv prädiktiver Wert 80 %), die meist periventrikulär zu finden waren (60 %). Die SDC-Methode hingegen erreichte eine perfekte Sensitivität von 100 %, d. h. damit konnten die neuen Läsionen in allen 30 Fällen detektiert werden, allerdings waren Spezifität und positiv prädiktiver Wert mit 67 % und 35 % vergleichsweise gering.

    Die Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Methoden lag bei 64 % (Auswerter vs. SDC) und 91 % (Auswerter + SDC vs. Auswerter). Sensitivität und Spezifität der subjektiven Bildbeurteilung war besser, wenn die zu vergleichenden FLAIR-Aufnahmen des jeweiligen Patienten mit demselben MRT-Gerät generiert worden waren (67 vs. 40 % bei unterschiedlichen MRT-Geräten, bzw. 100 vs. 96 %). Der Algorithmus hingegen detektierte alle Patienten mit neuen Läsionen, unabhängig davon, ob die Aufnahmen von einem oder verschiedenen Scannern stammten. Bei der Spezifität gab es allerdings Unterschiede (75 vs. 62 %).

    Fazit

    Der SDC-Algorithmus ermöglicht eine hochsensitive und zumindest mäßig spezifische Beurteilung neuer Läsionen bei MS-Patienten und könnte sich damit für die klinische Praxis als wertvolle und schnelle Screeningmethode erweisen. Eine spezielle Hardware, wie z. B. ein leistungsstarker Grafikprozessor, ist dafür nicht erforderlich. Und da der Algorithmus pro Fall nur 2,5 Sekunden braucht und dabei 2 von 3 Patienten ohne neue Läsionen korrekt einordnet, können die Radiologen den Aufnahmen der übrigen Patienten mit neuen Läsionen mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen.

    Stephanie Gräwert, Leipzig


    #

    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    05. Januar 2024

    © 2024. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany