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DOI: 10.1055/a-2174-7711
Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsinkongruenz oder Geschlechtsdysphorie in der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung
Discrimination against Children and Adolescents with Gender Incongruence or Gender Dysphoria in Medical and Mental Health Care- Zusammenfassung
- Abstract
- Methode
- Ergebnisse: Probleme der Versorgung Minderjähriger mit GI/GD aus der Perspektive von Behandler*innen
- Diskussion der Ergebnisse und Schlussfolgerungen
- Literatur
Zusammenfassung
Einleitung Schutz vor Diskriminierung ist ein Menschenrecht. Dennoch belegen empirische Studien, dass bestimmte soziale Gruppen, etwa trans Personen, Diskriminierung im Gesundheitswesen erfahren. Wie kann es dazu kommen?
Forschungsziele Wir haben am Beispiel der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie (GI/GD) untersucht, vor welchen spezifischen Herausforderungen Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen stehen, was sie unter Diskriminierung verstehen und wie sie mit den Minderjährigen umgehen.
Methoden Das Projekt folgt methodologisch einem empirisch-ethischen Ansatz. Es wurden 17 leitfadengestützte, qualitative Expert*inneninterviews mit Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen in Deutschland geführt, die professionellen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen mit GI/GD haben oder hatten. Die Interviews wurden mithilfe der thematischen Inhaltsanalyse ausgewertet. Es wurde eine Begriffsmatrix zu „Diskriminierung“ genutzt, um spezifische Diskriminierungsrisiken zu identifizieren. Interessenverbände waren an der Studie beratend beteiligt.
Ergebnisse Die Interviewten sehen sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, wenn sie Minderjährige mit GI/GD psychotherapeutisch oder medizinisch begleiten. Dazu zählen etwa das ethische Spannungsfeld zwischen Fürsorgeverantwortung für Kinder/Jugendliche und Respekt für ihre Behandlungswünsche, das Ringen mit professionellen Organisations-, Behandlungs- und Sprachroutinen sowie technischen Hindernissen. Während einige der Befragten mit hohem Engagement nach Wegen suchen, um diese Herausforderungen zu bewältigen, greifen andere auf destruktive Bewältigungsstrategien wie Victim Blaming zurück.
Schlussfolgerung Die Ergebnisse lassen neue Rückschlüsse auf spezifische Gefahren der Diskriminierung für Kinder und Jugendliche mit GI/GD im Gesundheitswesen zu. Professionell Tätige sind dafür zu sensibilisieren, dass insbesondere professionelle Routinen eigene Diskriminierungsrisiken für ihre minderjährigen Patient*innen mit GI/GD erzeugen. Fortbildungs- und institutionelle Unterstützungsangebote sollten das berücksichtigen. Es ist allerdings auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sozialen und institutionellen Handlungsbedingungen von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen so zu gestalten, dass sie einer diskriminierungssensiblen Gesundheitsversorgung dienlich sind.
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Abstract
Introduction Non-discrimination is a human right. Yet empirical studies suggest that certain social groups, such as trans people, experience discrimination in the health care system. Why is that?
Objectives We address this question by focusing on the health care of children and adolescents with gender incongruence / gender dysphoria (GI/GD). We investigate the specific challenges medical and mental health professionals face, how they understand discrimination, and how they interact with the particular client group.
Methods Methodologically, the study follows an empirical-ethical approach. 17 guided, qualitative expert interviews were conducted with medical and mental health professionals who have or have had professional contact with children and adolescents with GI/GD in Germany. They were analyzed according to the rules of thematic content analysis. With the help of a conceptual matrix on discrimination, specific discrimination risks were identified. Advocacy groups were involved in the study in an advisory capacity.
Results The interviewees face numerous challenges when providing therapeutic or medical care to minors with GI/GD. These include the ethical tension between protecting minors and respecting their wishes, having to cope with professional work and language routines, and technical challenges. While some professionals are deeply committed to overcoming these challenges, others resort to inappropriate coping strategies such as victim blaming.
Conclusion Our results provide new insights into the risks of discrimination which children and adolescents with GI/GD face in health care. Professionals must be sensitized to the fact that professional routines in particular pose specific discrimination risks. Educational programs and institutional support services should be tailored to these needs. However, it remains a task for society as a whole to provide a social and institutional context for health care professionals that promotes non-discriminatory health care.
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Demokratische Gesellschaften haben sich dem Gleichheitsgrundsatz verschrieben. Dies gilt auch für die psychologisch-psychotherapeutische und medizinische Profession. So verweist die Berufsordnung des Bundesverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen auf die allgemeine berufliche Pflicht, die Würde von Patient*innen zu achten „unabhängig insbesondere von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, sozialer Stellung, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder politischer Überzeugung“ ([BDP und DGP 2016]: 6). Auch das Genfer Gelöbnis des Weltärztebundes verurteilt Diskriminierung ([WMA 2017]).
Doch die Umsetzung dieser moralischen Pflicht in der psychotherapeutischen und medizinischen Praxis erweist sich nicht immer als einfach. Während es eindeutige Beispiele für Diskriminierung gibt, wie etwa die Verweigerung der Behandlung von Patient*innen aufgrund deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Glaubensgemeinschaft, werden andere Szenarien kontrovers debattiert. Kinder als eine besonders schutzbedürftige Gruppe werfen z. B. eigene Fragen auf. Aktuell wird etwa intensiv über das richtige Vorgehen bei Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsinkongruenz bzw. Geschlechtsdysphorie (GI/GD)[1] diskutiert. Ist es Diskriminierung, wenn Minderjährigen der Zugang zu Pubertätsblockern und transitionsunterstützenden Behandlungen vorenthalten wird, oder ist im Gegenteil eine restriktive Haltung aus fürsorglichen Erwägungen zu ihrem Schutz gefordert? Welchen Respekt schulden Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen ihren minderjährigen Patient*innen im Hinblick auf ihre Behandlungswünsche? Zwei basale Rechte des Kindes scheinen miteinander zu konfligieren: das Recht auf Schutz und Fürsorge und das Recht auf Berücksichtigung der eigenen Meinung auch dann, wenn noch keine vollumfängliche Selbstbestimmungsfähigkeit im rechtlichen Sinne gegeben ist (Kinderrechtskonvention Art. 3 und 12; [Vereinte Nationen 1989]). Dieser Konflikt wird durch den Umstand verschärft, dass es bisher keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz für die Behandlung von GI und GD im Jugendalter gibt.
In der interdisziplinären und partizipativen Studie TRANS*KIDS[2] sind wir den Fragen nachgegangen, was Diskriminierung konzeptuell ausmacht[3] und welche Diskriminierungsrisiken für Kinder und Jugendliche mit GI/GD im Gesundheitswesen bestehen. Das Forschungsprojekt (Leitung: G. Romer, M. Föcker) wurde gemeinsam von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie des Universitätsklinikums Münster, dem Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universitätsmedizin Göttingen und dem Department für Gesundheitswissenschaften der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg durchgeführt. Vertreter*innen des Bundesverbands Trans* e. V. und des Trans-Kinder-Netzes e. V. waren beratend am Forschungsprozess beteiligt. In einer Interviewstudie haben wir Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, die professionellen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen mit GI/GD haben, dazu befragt, welche Erfahrungen sie mit ihnen machen und wie sie über Diskriminierung denken. In diesem Beitrag stellen wir Ergebnisse dieser empirisch-ethischen Teilstudie vor und diskutieren anschließend, wann Psychotherapeut*innen oder Ärzt*innen Gefahr laufen können, trans Kinder und Jugendliche zu diskriminieren. Der Beitrag endet mit einer Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die psychotherapeutisch-ärztliche Praxis.
Methode
Die TRANS*KIDS-Studie untersucht die Diskriminierungsrisiken in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit GI/GD und verzahnt dabei psychologische, medizinische und ethische Perspektiven miteinander. Zudem sind partizipative Elemente ([Wright 2010]) in das Forschungsdesign integriert: Mitglieder des Bundesverbands Trans* e. V. sowie des Trans-Kinder-Netzes e. V. waren an der Konzeption der Erhebungsinstrumente sowie der Interpretation der Ergebnisse beteiligt. Sie wurden fortlaufend über Arbeitsschritte informiert, ihre Sichtweisen wurden über Feedbackschleifen erfasst und in die weitere Projektumsetzung einbezogen. Die Ethikkommissionen für Forschung am Menschen der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie der Universitätsmedizin Göttingen befürworteten die Studie (Aktenzeichen 2020–162-f-S und 20/8/20 Ü). Das ethische Teilprojekt verfolgt das Ziel, den Diskriminierungsbegriff in Hinblick auf die Situation von Kindern und Jugendlichen mit GI/GD im Gesundheitswesen theoretisch-empirisch zu schärfen. Wir haben vor diesem Hintergrund explorative leitfadengestützte Expert*inneninterviews ([Gläser und Laudel 2009]) mit Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, die professionellen Kontakt zu Minderjährigen mit GI/GD haben oder hatten, geführt. Ziel war es, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche professionellen Erfahrungen diese Personengruppen mit Kindern und Jugendlichen mit GI/GD machen, vor welchen Herausforderungen sie stehen und wie sie über Diskriminierung denken.
Die Interviewten wurden nach dem Verfahren des theoretischen Samplings ausgewählt. Dieses Verfahren folgt einer Logik der „maximalen strukturellen Variation“ ([Kruse 2014]: 246). Es wurden gezielt Personen mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund, unterschiedlichem Grad der fachlichen Vertrautheit mit GI/GD im Kindes- und Jugendalter und unterschiedlich langer Berufserfahrung rekrutiert.
Insgesamt haben wir 17 Personen (sechs Psychotherapeut*innen, elf Ärzt*innen) aus den folgenden Fachbereichen interviewt: Allgemeinmedizin, Pädiatrie, Pädiatrische Endokrinologie, Urologie (Chirurgie), Gynäkologie, Sexualmedizin, Psychosomatische Medizin und Kinder- und Jugendpsychiatrie. 16 der Interviewten haben oder hatten professionellen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen mit GI/GD, ein Interviewter begleitet junge Erwachsene. Studieninformationen wurden deutschlandweit über verschiedene medizinische Fachgesellschaften und Netzwerke im Bereich Trans-Gesundheit verbreitet sowie auf der Projektwebseite veröffentlicht. Darüber hinaus wurde der Zugang zum Feld über das Schneeballprinzip ([Przyborski und Wohlrab-Sahr 2021]) und die beruflichen Netzwerke der Studienleiter*innen erschlossen. Die Interviews dauerten zwischen 38 und 121 Minuten. Zwei Interviews wurden persönlich, alle weiteren aufgrund der Covid-19-Pandemie telefonisch geführt (Zeitraum: 09/2020–06/2021). Sie wurden aufgezeichnet und transkribiert; persönliche Informationen wurden pseudonymisiert.[4] Die Transkripte wurden computergestützt mithilfe der Software MAXQDA ausgewertet.
Die Auswertung erfolgte nach den Regeln der themenzentrierten Inhaltsanalyse ([Kuckartz 2018]). Das Interviewmaterial wurde mittels deduktiver und induktiver thematischer Kategorien systematisiert. Thematische Kategorien haben die „Funktion von Zeigern“ ([Kuckartz 2018]: 34), d. h. sie zeigen auf eine bestimmte Stelle im Text, in denen das zuvor definierte Thema vom Interviewten angesprochen wird. Als deduktive thematische Kategorie verwendeten wir „Handlungsabsichten und -kontexte“. Wenn die Interviewten über dieses Thema sprachen, adressierten sie die Phänomene „Paternalismus gegenüber Kindern“, „Unwissenheit und Unsicherheit“, „Inneres Befremden“, „Irritation von Routinen“, „Institutionelle Grenzen“ und „Ambivalenzen der Fachkultur“. Diese Themen nutzten wir wiederum als induktive Unterkategorien zur tiefergehenden Analyse. Zudem interessierte uns die Sichtweise der professionell Tätigen darauf, wie Diskriminierung von trans Kindern und Jugendlichen im Gesundheitswesen entgegengewirkt werden kann. Die Antworten wurden unter dem deduktiven Code „Was tun?“ systematisiert. Induktive Unterkategorien hierzu waren: „individuell“, „institutionell“ und „gesellschaftlich“.
Die Befragten adressierten alle genannten Ober- und Unterthemen teils explizit, häufig jedoch implizit. Wir interpretierten die Daten unter Rückgriff auf aktuelle philosophische und sozialwissenschaftliche Literatur zum Konzept der Diskriminierung ([Hädicke und Wiesemann 2021]). Die Qualität der Auswertung wurde durch konsensuelles Peer-Coding und iterative Teaminterpretationen sichergestellt. Das Projekt folgt methodologisch einem empirisch-ethischen Ansatz ([Kon 2009]; [Molewijk et al. 2004]). Mit Hinblick auf die Fragestellung dieses Beitrags identifizierten wir vier Problemkomplexe in der Versorgung. Diese strukturieren als Unterüberschriften die Ergebnispräsentation des Beitrags im nächsten Abschnitt.
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Ergebnisse: Probleme der Versorgung Minderjähriger mit GI/GD aus der Perspektive von Behandler*innen
Fachliche Unerfahrenheit
Wie sollen Fachpersonen professionell mit Kindern und Jugendlichen mit GI/GD umgehen und welche Diskriminierungsrisiken stellen sich dabei? Diese Fragen werden bis heute kontrovers diskutiert. Es gab 2020/21, zum Zeitpunkt der Interviewführung, keine AWMF-Leitlinie für das Kindes- und Jugendalter. Auch die aktualisierten Behandlungsstandards der World Professional Association For Transgender Health (WPATH) wurden erst 2022 veröffentlicht ([Coleman et al. 2022]).
Orla, eine Endokrinologin, beobachtet eine allgemeine Orientierungslosigkeit:
„Ein großes Problem ist natürlich auch, dass viele kinderpsychiatrische Kliniken und auch viele Psychologen sich mit dem Thema nicht beschäftigen wollen und auch nicht mit dem Thema beschäftigen und wir dadurch also ja erhebliche Versorgungsprobleme haben, weil Psychiater lehnen das ab, mit diesen Kindern zu sprechen oder mit den Jugendlichen oder die überhaupt zu betreuen, manche, die verstehen, die wissen auch gar nicht, was die mit denen machen sollen, die sind einfach hilflos, die können mit denen da gar nicht drüber reden über diese Sache“ (Orla)[5].
Ein Psychotherapeut beklagt, dass eine weitverbreitete fachliche Unerfahrenheit den Zugang zu medizinischer Versorgung für minderjährige Personen mit GI/GD erschwere:
„Ich habe sehr, sehr oft hier Leute, die also, sei es die Eltern oder auch die Jugendlichen selbst, die eine Odyssee an Anfragen und Arztbesuchen hinter sich haben und immer wieder zu hören bekommen: ‚Ja, wissen wir auch nicht.‘ Oder: ‚Da kenn’ ich mich nicht mit aus.‘ Oder: ‚Da bin ich nicht firm drin‘“ (Gerrit).
Das Versorgungsproblem spitze sich aufgrund der wachsenden Zahl Minderjähriger, die sich in Spezialambulanzen und Schwerpunktpraxen vorstellen, zu. Der medizinisch-psychotherapeutische Unterstützungsbedarf könne aktuell nicht adäquat gedeckt werden.
In die medizinisch-psychologische Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit GI/GD sind zudem mehrere Fachbereiche involviert, üblicherweise sind dies die Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Endokrinologie sowie Psychologie und Psychotherapie.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert Kooperation und Koordination, das erschwert die Versorgung zusätzlich. Eine Kinderärztin führt aus:
„Wenn ich als Kinderärztin in einer Praxis sitze, damit noch nie was zu tun hatte und es kommt jemand zu mir, und ich weiß noch nicht mal, in welches Zentrum, zu welchen psychiatrischen Kollegen, zu welchen Therapeuten ich den Patienten verweisen kann, dann ist schon, kann ich schon gleich im ersten Moment dem Patienten gar nicht helfen und gar nicht das in die Hand geben, was er eigentlich braucht“ (Nina).
Sie macht deutlich, dass einem*einer Patient*in manches Mal nicht weitergeholfen werden könne, weil das Wissen über fachliche Ansprechpartner*innen fehle.
Eine Gynäkologin kommt darauf zu sprechen, dass sie es als ihre Verantwortung erachte, Versorgungsprobleme nicht zu ignorieren, sondern Initiative zu ergreifen. Sie schildert, was ihr ein junger trans Patient berichtete, und nimmt Stellung dazu:
„[…] der junge Mann sagte: ‚Ja woanders, da wird man eher dann so abgewiegelt oder einfach gesagt: Das machen wir nicht.‘ Ja, das find’ ich aber nicht in Ordnung, weil wir können nicht einfach sagen: ‚Bestimmte Bereiche klammern wir völlig aus‘“ (Birte).
Sie rahmt es als die Verantwortung der medizinisch-psychotherapeutischen Professionen sicherzustellen, dass alle sozialen Gruppen Zugang zu gesundheitlicher Versorgung haben. Das fällt ihr als Person mit langer Berufserfahrung leichter:
„Aber, bin natürlich schon ein alter Hase in meinem Fachgebiet, da ist das dann eben auch nochmal anders“ (Birte).
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Spannungsfeld Fürsorgeverantwortung und Respekt für Behandlungswünsche von Kindern
Einige Interviewte äußern, dass die professionelle Aufgabe, vor welcher Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen stehen, außergewöhnlich verantwortungsvoll sei, da die Patient*innen minderjährig sind und die fachlichen Eingriffe mit weitreichenden Konsequenzen einhergehen.
Ein Psychotherapeut geht davon aus, dass es einige Kolleg*innen in seiner Region überfordere, Verantwortung für die weit in die Zukunft reichenden Folgen ihres Handelns zu tragen: „Keiner traut sich das zu, alle verlassen sich auf mich“ (Peter). Andere Interviewte ringen damit, wie sie die fachliche Begleitung so gestalten können, dass sie sich am Wohl der Kinder und Jugendlichen orientiert und ihnen sowohl gegenwärtig als auch zukünftig nicht schadet. Sie suchen einen Umgang mit der Frage, welchen Schutz und welchen Respekt sie den Patient*innen schuldig sind. So artikulieren manche der Befragten die Sorge, dass minderjährige Personen sich vorschnell für einen medizinischen Eingriff, wie etwa eine pubertätshemmende Hormontherapie, entscheiden und dies zu einem späteren Zeitpunkt womöglich bereuen könnten. Eine Psychotherapeutin spricht Kinder und Jugendliche mit GI/GD deswegen nicht mit dem selbstgewählten Vornamen, sondern mit dem Namen an, den sie bei Geburt erhalten haben:
„Ich weiß, dass das oft eher als diskriminierend gedeutet wird ((atmet hörbar ein)), aber auch gemäß das, was ich ja am Anfang auch den Jugendlichen sage: ‚Ich bin hier, um mit dir das nochmal ganz gründlich durchzureflektieren und nicht jetzt schon zu sagen: Ja okay, du bist Transgender.‘ Nutze ich den Geburtsnamen, ja“ (Camille).
Sie unterstreicht, dass sie dies aufgrund eines fürsorglichen Schutzes des Kindes vor den Folgen seiner eigenen Entscheidungen tut. Die meisten Interviewten erachten es hingegen als moralisch geboten, den selbstgewählten Namen zu nutzen. Es sei „eine wichtige Eintrittskarte, Verständnis zu signalisieren“ (Felix), so ein interviewter Psychiater. Es sei der erste Schritt, um eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen.
Auch eine Chirurgin spricht über fürsorgliche Verantwortung, allerdings im Hinblick darauf, wie sie Behandlungsentscheidungen mit Jugendlichen mit GI/GD treffe:
„Vielleicht erwarte ich auch mehr Reife. Weil bei den anderen Kindern und Jugendlichen, wenn wir da über Eingriffe reden oder über Therapiemaßnahmen, dann ist das nichts, wo sie ’ne Wahl haben. Dann geht das meistens darum, dass irgendwas gemacht werden muss“ (Hanne).
Sie lehnt also die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Behandlungsentscheidungen im Allgemeinen eher ab, gesteht dies Minderjährigen mit GI/GD allerdings nach sorgfältiger Reifeprüfung ggf. zu. Ein Endokrinologe nimmt demgegenüber in den Blick, wie es den Jugendlichen aufgrund ihrer Erfahrungen im Gesundheitswesen psychisch ergehe, und sorgt sich, dass manche „richtig Angst haben, zu irgendwelchen Behandlern zu gehen, weil sie eben in ihrer, ja in ihren Gefühlen nicht ernst genommen werden“ (Robert).
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Unsicherheit im Umgang mit geschlechtlicher Diversität
Oft verweisen die Interviewten auf eine Unsicherheit im Umgang mit geschlechtlicher Diversität. Es gebe im Gesundheitswesen eine „vordergründige ‚Das-ist-schon-gesellschaftlich-okay-Haltung‘, aber i- im Hintergrund doch ’n großes Befremden“ (Isabell).
Eine Allgemeinmedizinerin spricht zudem über die Namensänderung eines Patienten und reflektiert darüber, dass diese bei ihr innere Widerstände ausgelöst habe: „[…] und dann finde ich eigentlich, muss ich mich danach auch richten, aber ich verplapper’ mich tatsächlich unabsichtlicherweise oder unbewusst boykottierenderweise“ (Isabell). Ein Psychiater beobachtet in der Mimik der professionell tätigen Personen nicht selten „ein Erstaunen über Namensänderung oder vielleicht eben auch Kleidungsstil“ (Felix). Alex erlebt im klinischen Alltag der Endokrinologie, „dass es dann Leute sehr spannend finden, also spannend in Anführungsstrichen, wenn ein trans Jugendlicher da ist und dann da ganz viel drüber gesprochen wird oder so auf einmal ganz, das ganz doll thematisiert wird.“ Auch die nach binären Geschlechtern getrennten Toiletten sind ein Thema: „Also, wenn man sich als nicht-binär verortet und dann aber trotzdem immer noch irgendwie so Männlich-Weiblich-Schemata existieren, wenn’s auch im Klinikum keine geschlechtsneutralen Toiletten gibt“ (Alex). Dies vermittle den nicht-binären Patient*innen: „Für mich gibt’s eigentlich keinen Platz“ (Alex). Einem Sexualmediziner begegnen wiederum „relativ viele Mythen und relativ viele Vorstellungen, die vielleicht gar nicht dem entsprechen, was trans Menschen guttäte oder wovon sie profitieren könnten“ (Kai). Auch Alex hat den Eindruck, dass „viele Dinge auf das Trans-Thema geschoben werden, die gar nichts damit zu tun haben.“
Eine Endokrinologin erlebt – entgegen der verbreiteten Stereotype –, dass alle trans Personen umfangreiche körperliche Angleichungen anstreben:
„Manche stehen da und sagen mit zwölf: ‚Jetzt will ich meine männlichen Hormone.‘ Und dann hab’ ich auch also jetzt mehrfach erlebt, dass die so mit 17½ sagen: ‚Ich bin jetzt erst mal froh, wenn ich weiß, dass das so ist, und Hormone brauch’ ich jetzt eigentlich noch nicht‘“ (Orla).
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Routinen, Zeitpläne und technische Barrieren
Über Routinen muss im Alltag kaum nachgedacht werden. Einmal eingeübt, werden sie zu einer Selbstverständlichkeit wie das Fahrradfahren. Eine gewisse Gleichförmigkeit der Abläufe stabilisiert zudem eine komplexe Institution, doch Probleme treten dann zutage, wenn Unvorhergesehenes eintritt. Durch Routinen und Zeitpläne erzeugte Hindernisse werden häufig und über alle Interviews hinweg von den Befragten beschrieben.
So ist etwa insbesondere in Fachbereichen wie der Gynäkologie oder der Urologie, in denen in der Regel der Genitalbereich untersucht wird, Zeit zum Aufbau einer Vertrauensbasis vor körperlichen Untersuchungen von großer Bedeutung. Manche Interviewte erleben es deshalb als herausfordernd, unter Zeitdruck eine vertrauensvolle Beziehung zu den Patient*innen aufzubauen. Birte, einer interviewten Gynäkologin, ist es bewusst, dass es für Patient*innen, deren Geschlechtskörper von gesellschaftlichen Normen abweicht „häufig ’n großer Schritt [ist], in so ’ne Praxis zu gehen“. Sie behalte sich daher vor, mit einer minderjährigen Person mit GI/GD längere Vorgespräche als üblich zu führen. Demgegenüber führt die Abweichung von der Routine bei einer Allgemeinmedizinerin zu Gereiztheit und Vorwürfen:
„Ist dann häufig so, denn dann, die haben ja so ’n ganz engen BH dann an, damit alles weggepresst ist, dann wollen sie sich nicht abhorchen lassen, wenn sie Husten haben, weil dann geht das nicht, diesen BH dann mal hochzuziehen, weil der so wahnsinnig eng ist. Dann passt denen dauernd irgendetwas nicht, was man routinemäßig macht, und da fehlt mir tatsächlich häufiger bei diesen dann ja doch aggressiv-männlich, will ich mal sagen, auftretenden ehemaligen jungen Damen die Ruhe und Gelassenheit, mich da ganz drauf einzulassen“ (Isabell).
Die Interviewte beschreibt, dass die Irritation ihrer Untersuchungsroutine ihre Selbstbeherrschung herausfordere. Mit ihrer Wortwahl gibt sie den Patient*innen die Schuld dafür.
Eine eigene Problematik ist der Umgang mit gendersensibler Sprache. Während etwa die pathologisierende Konnotation des Wortes „Geschlechtsidentitätsstörung“ für einige Menschen offenkundig ist, können andere potenziell kränkende Bedeutungen versteckter übermittelt und im alltäglichen, routinierten Sprachgebrauch übersehen werden. Beispielsweise transportiert die Bezeichnung „weibliches Genital“ die Zuweisung einer Geschlechtsidentität. So beklagt eine endokrinologische Fachperson den unkritischen Gebrauch solcher medizinischen Ausdrücke:
„Vielleicht sind das Genitalien, die von der Mehrheit der Gesellschaft dem einem Geschlecht zuge-, also einem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden, aber einem Mann zu sagen, er hat weibliche Genitalien, ist für mich halt ’ne Diskriminierung, und sowas liest man in vielen Briefen“ (Alex).
Schwierigkeiten im Umgang mit geschlechtssensibler Sprache werden wiederholt thematisiert und reflektiert. So führt eine Psychotherapeutin aus:
„Also, ich find’s immer wieder schwierig mit der Sprache, weil die Jugendlichen sind ja natürlich auch sehr, die hören da genau, ob ich Geschlechtsumwandlung oder -anpassung sag’ oder Geschlechtsdysphorie oder Transsexualismus, also, ich merke, dass die sehr wach sind, und ich find’s immer wieder schwierig“ (Camille).
Sie mache die Erfahrung, dass auch die unbedachte Verwendung pathologisierender oder veralteter Begriffe den professionellen Dialog negativ beeinflussen könne.
Manche Interviewte bedauern ferner, dass es bislang keine etablierten Pronomen gibt, die das Spektrum geschlechtlicher Vielfalt sprachlich adäquat abbilden. Menschen, die sich jenseits der binären Geschlechterordnung verorten, greifen oft auf sogenannte Neopronomen zurück, beispielsweise „si_er“ oder weichen auf das geschlechtsneutrale, englische „they“ aus. Eine Chirurgin beschreibt, wie sie in ihrem eng getakteten Arbeitsalltag versucht, sich außerhalb einer geschlechterbinären Sprachroutine zu bewegen, und daran nicht selten scheitert:
„Manchmal braucht es ’ne Weile, bis man zusammen rausgearbeitet hat, wie er, sie angesprochen werden möchte, was sie eigentlich möchten und welche Wünsche erfüllbar sind, und das erfordert manchmal sehr viel Toleranz, die ich auch nicht jeden Tag hab“ (Hanne).
Organisatorisch-bürokratische Prozesse sind ebenfalls stark routinisiert. Selbst eine geringfügige Abweichung ist in der Regel mit einem erhöhten Arbeitsaufwand verbunden. Illustriert wird dies etwa am Beispiel der Namens- und Personenstandsänderung von trans Patient*innen. Hinzukomme, dass in der Medizin oft mehrere organisatorische Prozesse miteinander verzahnt sind. Aufeinander abgestimmte Abläufe können im Krankenhaus allein aufgrund der Größe der Institution und der höheren Anzahl der involvierten Personen leicht aus dem Gleichgewicht geraten. Der stationär tätige Psychotherapeut Joan beschreibt Situationen, in denen Fragen wie diese aufkamen:
„Wer erklärt das den anderen Patienten, dass da jemand als Junge ist und im Mädchenzimmer schläft? […] Wer kümmert sich darum, dass da Verständnis, für Verständnis geworben wird? Wie geht man damit um, wer kümmert sich darum, wenn blöde Bemerkungen von anderen Patienten kommen? […] Was kann man jemandem zumuten? Was kann man jemandem nicht zumuten?“ (Joan)
Meist müssen die im Gesundheitswesen tätigen Personen dabei individuelle Entscheidungen treffen, auf die sie durch ihre Organisation nicht vorbereitet werden. Die Zuständigkeiten für neue Aufgaben müssen ermittelt und ausgehandelt werden.
Unsere Interviewten identifizieren zudem technische Barrieren, mit denen sie zu kämpfen haben. Bei gesetzlich versicherten Personen sei etwa der Name auf der Krankenversicherungskarte automatisch in der Abrechnungssoftware hinterlegt. Insbesondere im Schriftverkehr behindere dies die Verwendung des selbstgewählten Namens. Doch auch im direkten Kontakt mit Patient*innen kann es deshalb zu unangenehmen Situationen kommen, wie eine Pädiaterin beschreibt:
„Wenn ich als Ärztin das erste Mal in Kontakt geh’ mit der Patientin, dem Patienten, lese ich den Namen im Computersystem, also sein weiblicher Vorname, spreche den Patienten mit diesem weiblichen Vornamen an und hab’ schon gleich einen, naja, Vertrauensverlust oder ein negatives Erlebnis für den Patienten, ja, verursacht“ (Nina).
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Umgang mit Statusunterschieden
Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, Beratung und Begleitung sind Teil der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit GI/GD. Ob dies zeitgemäß ist, wird öffentlich kontrovers diskutiert. Welchen Status hat die fachliche Expertise? Ein Sexualmediziner beschreibt es so:
„Das ist ’ne heiße politische Diskussion. Ich glaube, dass es schon ein Gefühl von Diskriminierung sein kann, halte es aber für wirklich notwendig, dass man auf jeden Fall einmal eine kinder-, jugendpsychiatrische oder in meinem Fall ’ne psychiatrische Diagnostik durchführt, weil es wenige Symptomkomplexe gibt, wo es sich um keine Transidentität handelt, und wenn man dann den falschen Weg geht, dann hat man mehr geschadet als genutzt, erheblich mehr geschadet. Gibt es selten, gibt es aber und deswegen muss man das vorher ab- abklären“ (Kai).
Er betont, dass Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen über spezialisiertes Wissen verfügen, und macht deutlich, dass sich medizinisches Handeln an Individuen ausrichtet, nicht an Kollektiven. Ihm ist wichtig, dass er dem*der Patient*in keinen Schaden zufügt.
Einige der Befragten werfen darüber hinaus die grundlegende Frage auf, was überhaupt der objektiven Evaluation durch Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen zugängig sei. Gerrit, ein Psychotherapeut, hätte angesichts der teils irreversiblen Folgen einer geschlechtsangleichenden Hormontherapie
„gern ein Fieberthermometer oder irgendein ein physikalisches Messgerät, mit dem wir sicher feststellen können, ob jemand ’ne Transidentität hat oder nicht, aber das gibt’s eben nicht. Also müssen wir immer mit vor dem Hintergrund, was wir so an Erfahrung gesammelt haben, und nach bestem Wissen und Gewissen uns verhalten“ (Gerrit).
Er erachtet es als Teil seiner professionellen Verantwortung, mithilfe seiner Expertise dazu beizutragen, dass Jugendliche Entscheidungen für irreversible medizinische Eingriffe in der Zukunft nicht bedauern.
Doch dabei identifizieren manche der Befragten ein inhärentes Problem. Wiederholt wird auf ein Spannungsverhältnis zwischen professioneller Expertise und der individuellen Interpretationshoheit über das eigene geschlechtliche Erleben verwiesen. Wessen Perspektive wird Gehör geschenkt?
Manche schreiben dem Umgang mit sozialen Statusunterschieden zwischen minderjährigen trans Patient*innen und ihren erwachsenen, oft cisgeschlechtlichen[6] Behandler*innen eine hohe Bedeutung zu. Eine Psychotherapeutin problematisiert etwa implizite Zwischentöne in der Kommunikation:
„Ich glaub’, dass ganz häufig erstmal in Frage gestellt wird: ‚Ja, stimmt das denn überhaupt wirklich? Bist du denn wirklich trans?‘ – ‚Da sind wir uns jetzt aber nicht sicher.‘ Oder zum Beispiel, ja: ‚Du siehst jetzt aber noch gar nicht aus so und so.‘ Also, dieses Infragestellen, dieses Nichternstnehmen, Zweifeln und das auf ‘ne ungute Art, würd’ ich mal sagen“ (Eike).
Ihr ist es wichtig, dass professionell tätige Personen ihre Vorannahmen überprüfen und diagnostische Fragen sensibel formulieren.
Aus der Perspektive einiger Befragter wird das Verhältnis zwischen professioneller Expertise und subjektivem Erleben der Geschlechtlichkeit noch spannungsreicher, wenn eine junge trans Person aufgrund einer psychischen Erkrankung, etwa einer Depression, in Behandlung ist. Wie ist mit der Gleichzeitigkeit von behandlungsbedürftiger psychischer Erkrankung und GI/GD im psychotherapeutischen oder ärztlichen Setting angemessen umzugehen? Eine Psychotherapeutin erklärt:
„Ich hab’ quasi nicht diese These angenommen, dass die Depression oder die Angststörung Folge der Geschlechtsdysphorie ist, sondern hab’ eher wie ich das sonst auch so mache, gedacht, solange so ’ne starke psychische Krankheit besteht wie ’ne Depression zum Beispiel, ist es schwierig, so ganz weitreichende, große Entscheidungen zu treffen“ (Camille).
Sie behandele daher zunächst die Depression, bevor sie mit ihren Patient*innen über Fragen der Geschlechtsidentität spreche. Ein anderer Psychotherapeut skizziert demgegenüber ein Coming-out-Szenario eines trans Mädchens in der Kinder- und Jugendpsychiatrie wie folgt:
„Und vorher haben die Psychotherapeuten oder Psychiater da immer gesagt: ‚Du musst immer sagen, was du denkst, was du fühlst und so.‘ Und dann plötzlich kommt, wenn sie sich geoutet haben: ‚Weiblicher Vorname? Nee, das geht überhaupt nicht. Da kommen die anderen ja alle durcheinander. ‘ Und dann sacken die wieder ab in ihren depressiven Symptomen“ (Peter).
Der Psychotherapeut sieht die Gefahr, dass sich die Symptomatik der Minderjährigen aufgrund des Handelns professionell Tätiger sogar intensivieren könne. Er lehnt es daher ab, die geschlechtliche Selbstbeschreibung depressiver Minderjähriger zu übergehen.
Grundsätzlich wird in Medizin und Psychologie ein professioneller Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum für wichtig erachtet, weil Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen Individuen behandeln und Verantwortung für fachliche Entscheidungen tragen ([Wiesing 1995]). Diese Norm prägt auch den kollegialen Umgang zwischen Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen. Am Beispiel der Untersuchung des Genitalbereichs von Kindern und Jugendlichen mit GI/GD schildert eine Fachperson aus der Endokrinologie:
„Ja, letztendlich ist ja so, dass wir alle als ärztliches Personal ja, wenn wir arbeiten, […] müssen wir ja für uns oft selber entscheiden und ich sage halt: ‚Ich muss nicht bestimmte Dinge gesehen und angeguckt haben selber, damit ich gewisse Maßnahmen in die Wege leite.‘ Und wenn aber ’ne andere Kollegin sagt, sie braucht das für sich, kann ich halt ihr nicht vorschreiben, was sie zu tun hat. Ich kann nur sagen, dass ich’s nicht gut finde“ (Alex).
Alex beobachtet allerdings, dass der Preis für die individualisierte Entscheidungsfindung der Behandelnden und ihre individuelle fachliche Absicherung hoch sein kann:
„Ich glaube schon, dass auch teilweise auf ’ne körperliche Untersuchung eher gedrängt wird, und ich lass’ das zum Beispiel immer sehr offen. Aber das weiß ich natürlich nicht, weil ich nicht dabei bin. Aber das ist ja auch etwas, etwas sehr, ja, was zumindest irgendwie als Grenzverletzung wahrgenommen werden kann, die dann in Kauf genommen wird, wenn man halt hat ein Anliegen hat, und das ist natürlich sehr dramatisch eigentlich“ (Alex).
Alex ist sensibel dafür, dass manche professionell als notwendig erachtete Handlungen für Kinder und Jugendliche mit GI/GD sehr belastend sein können, wie etwa die Ansprache mit dem bei Geburt erhaltenen Namen oder die Untersuchung des Genitalbereichs. Aus Sorge, andernfalls den Zugang zu gesundheitlicher Versorgung zu riskieren, arrangieren sich die Minderjährigen jedoch oft damit. Als problematisch wird in diesem Interview auch kritisiert, dass manche Kolleg*innen dieser sozialen Situation zu wenig Beachtung schenken.
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Bewältigungsstrategien der Behandler*innen
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, die Minderjährige mit GI/GD professionell begleiten, vor zahlreichen ungewohnten Herausforderungen stehen. Diese können allein oder in Kombination Überforderung und Stress bei Behandler*innen auslösen. Wie gehen die interviewten Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen damit um?
Eine Gynäkologin beschreibt reflexhafte Reaktionen von Kolleg*innen: „dass das eher als lästig empfunden wird, und wenn das lästig ist, dann versucht man das irgendwie schneller weg oder, ne. Will ich nichts mit zu tun haben“ (Birte). Eine Verweigerung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit GI/GD kann die Folge sein. Zudem deuten unsere Interviews darauf hin, dass manche Fachleute einen Ausweg in verantwortungsverschiebenden Argumentationsfiguren suchen. Eine Allgemeinmedizinerin antwortet auf die Frage, wo sie Gefahren der Diskriminierung für trans Kinder und Jugendliche im Gesundheitswesen sehe:
„Eigentlich in – seh’ ich die größte Gefahr in deren Auftreten. Was ich vorhin sagte, dass ich finde, die sind nicht so besonders geschmeidig, jemand anderes von ihren eigenen Wünschen zu überzeugen. Die können nicht gut für sich werben, sondern sind eher auf meckrig und mit mehr Lautstärke und mehr ‚Faust auf’n Tisch. Hab’ ich bessere Chancen, was zu kriegen‘. Und damit manövrieren sie sich selber in so ’ne Situation, dass sie eher schlecht behandelt werden“ (Isabell).
Sie beschreibt das Verhalten von Kindern und Jugendlichen mit GI/GD als aufmüpfig und rahmt die Handlungen von den im Gesundheitswesen professionell Tätigen sodann als lediglich reaktiv. Andere Befragte suchen gezielt nach Wegen, solchen Reaktionsketten systematisch entgegenzuwirken. Ein niedergelassener Psychiater beschreibt etwa, dass er im Umgang mit Namens- oder Personenstandsänderung versuche, ein gutes Vorbild für seine Mitarbeiter*innen zu sein: „Es war auch ein kleiner Lernprozess für die Arzthelferinnen, die auch natürlich schauen, wie geht der Arzt damit um, was wird aus, ich hab’ eine Papierakte: Wie wird das umgetragen?“ (Felix)
Darüber hinaus wird von Interviewten berichtet, dass sie sich mit Kolleg*innen vernetzen oder in Austausch mit der lokalen Trans-Community treten, um die Perspektive der Minderjährigen besser zu verstehen und eine respektvolle, medizinische Begleitung sicherzustellen.
Zudem identifizieren sie Fortbildungen als ein geeignetes Format, um einen diskriminierungssensiblen Umgang mit trans Kindern und Jugendlichen zu erlernen. Betont wird dabei, wie wichtig es sei, alle Berufsgruppen des Gesundheitswesens zu involvieren:
„Also, die Diskriminierung zu vermindern, das geht natürlich auch über Schulungen und Schulung von ärztlichem Personal, aber auch von MFAs, dass man da sensibilisiert und ’nen professionellen Umgang ja auch erlernt durch ’ne inhaltliche Auseinandersetzung“ (Nina).
Solche Schulungen, so konstatieren es die Interviewten, müssten jedoch von einem breiten gesellschaftlichen Diskurs begleitet werden, um nachhaltig gegen Diskriminierung wirksam sein zu können. Ein Psychotherapeut begründet dies aus der Erfahrung der letzten Jahre: „Ich merke sogar in meinen 15, 20 Jahren Tätigkeit da schon ’ne Änderung. ‚Sogar‘ sage ich, weil sich solche Dinge doch im Allgemeinen nur sehr langsam entwickeln“ (Gerrit). Er hat den Eindruck, dass sich ein solcher Diskurs bereits entwickle, wenn auch allmählich und in kleinen Schritten.
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Diskussion der Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Die medizinische-psychotherapeutische Versorgung von Minderjährigen mit GI/GD – so die Ergebnisse unserer Teilstudie des TRANS*KIDS-Projekts – ist von vielschichtigen Problemen geprägt. Professionelle und organisatorische Strukturen behindern ein individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse der Minderjährigen. Diskriminierung kann infolgedessen oft unabsichtlich stattfinden. In der Diskussion der Ergebnisse wollen wir abschließend spezifisch darauf eingehen, wann Gefahr besteht, Kinder und Jugendliche mit GI/GD in Behandlungssituationen zu diskriminieren, und Vorschläge unterbreiten, wie dem entgegengewirkt werden kann.
Den Interviewten ist bewusst, dass Kinder und Jugendliche mit GI/GD im Gesundheitswesen nicht selten auf Behandler*innen treffen, die wenig Erfahrung mit geschlechtlicher Diversität haben. Dies erhöht das Risiko für unangemessenes oder stigmatisierendes Handeln und wird auch von den Minderjährigen ([Brokmeier et al. 2022]) und ihren Eltern ([Mucha et al. 2022]) kritisiert. Ein Grund für Unwissenheit ist sicherlich, dass Transgeschlechtlichkeit in medizinisch-therapeutischen und gesundheitsbezogenen Studiengängen bislang kaum eine Rolle spielt ([Böhm und Voß 2022]). Zudem konnten [Nieder et al. (2020)] für die gesundheitliche Versorgung zeigen, wie sehr professionelles Handeln von unbewussten Vorurteilen gegenüber trans Personen geleitet sein kann. Doch dies allein kann das Ausmaß unabsichtlicher Diskriminierung im Gesundheitswesen nicht ausreichend erklären. Die Erzählungen unserer Interviewten verweisen auf weitere, bisher weniger beachtete Zusammenhänge, die Diskriminierungsdynamiken im Gesundheitswesen begünstigen.
So sind manche Befragte besorgt darüber, dass vom Ort des Geschehens – häufig die Kinder- und Jugendpsychiatrie – bereits negative Effekte ausgehen. In der Vergangenheit hat die Medizin als machtvoller gesellschaftlicher Akteur pathologisierende Sichtweisen auf Transgeschlechtlichkeit legitimiert und Stigma evoziert. Diese bedenkliche Tradition stellt professionell Tätige heute vor die Herausforderung, dem spannungsreichen historischen Verhältnis Anerkennung zu zollen und zugleich den gesundheitlichen Bedarfen der Kinder und Jugendlichen angemessen zu begegnen.
Zudem wird in unseren Interviews ein unangemessener Umgang mit Statusunterschieden bemängelt. In einer Behandlungssituation wird der Statusunterschied zwischen den handelnden Personen mindestens in dreifacher Hinsicht salient: zwischen Psychotherapeut*in/Ärzt*in und Patient*in, zwischen erwachsener und minderjähriger Person und – da die professionell tätigen Personen in aller Regel cisgeschlechtlich sind – zwischen cis- und transgeschlechtlicher Person. Solche Statusunterschiede und das damit einhergehende Machtgefälle sind zu berücksichtigen, um Diskriminierung besser verstehen und ihr entgegenwirken zu können ([Hellman 2008]). Der hohe soziale Status als cisgeschlechtliche/r, erwachsene/r Arzt oder Ärztin / Psychotherapeut oder Psychotherapeutin und die institutionelle Verortung können sich als Risiko für unbeabsichtigte Diskriminierung entpuppen, wenn Behandelnde den Einfluss dieser Faktoren auf die Interaktion nicht wahrnehmen oder unterschätzen. Davon zeugt z. B. die weiter oben berichtete Erfahrung, dass minderjährige trans Personen sich zu beschämenden körperlichen Untersuchungen genötigt sehen, weil sie die Sorge umtreibt, anderenfalls keine Hormontherapie zu erhalten. Ist eine behandelnde Person sensibel für ihren sozialen Status und die Geschichte ihrer Institution, wird es ihr leichter fallen, solchen Gefahren vorzubeugen, etwa mit Hilfe des Shared Decision Making oder anderen vertrauensaufbauenden Maßnahmen.
Überdies nehmen die Interviewten wahr, dass das Wissen minderjähriger Personen mit GI/GD um die eigene Geschlechtsidentität von Behandler*innen oft keine Anerkennung erfährt. In philosophischen Diskursen werden Situationen, in denen die Anerkennung von Wissen verwehrt wird, als eigene Form der Diskriminierung diskutiert: als epistemische Diskriminierung ([Puddifoot 2018]). Darunter versteht man Einstellungen, die zur Folge haben, dass die Glaubwürdigkeit von Personen allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer (statusniedrigeren) sozialen Gruppe infrage gestellt wird. Die Überzeugung, der moralische Status von Kindern sei per se niedriger als der von Erwachsenen, wird auch als moralischer Adultismus bezeichnet ([Wiesemann 2016]).
Die professionelle Sozialisation kann es für Fachpersonen zur Selbstverständlichkeit werden lassen, dass sie über Wissen verfügen und ihre Patient*innen (vermeintlich) nicht. Insbesondere in einem hierarchischen und wissensbasierten System wie der Medizin ist deshalb die Gefahr für epistemische Diskriminierung hoch ([Hädicke und Wiesemann 2021]). Manche Interviewte beschreiben zusätzlich, dass Kinder und Jugendliche mit GI/GD häufig die Erfahrung machen, nicht ernst genommen zu werden, und deshalb Angst haben, sich gegenüber Behandler*innen zu öffnen. Dies illustriert einen weiteren, für das Konzept der Diskriminierung wichtigen Aspekt: Bereits von der Erwartbarkeit von Diskriminierung gehen relevante negative Effekte aus ([Hädicke und Wiesemann 2021]).
Allerdings erleben die befragten Personen in diesem Zusammenhang auch einen spezifischen Konflikt. Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen sehen sich mit der Frage konfrontiert, ob sie eine Behandlungsempfehlung zu einer pubertätshemmenden oder transitionsunterstützenden Hormontherapie geben sollen oder ob es nicht vielmehr geboten ist, diese aus fürsorglichen Erwägungen zu verweigern. Auch aufgrund fehlender nationaler Leitlinien mangelt es vielen Psychotherapeut*innen und Mediziner*innen im Umgang mit dieser Frage an Orientierung, insbesondere dann, wenn sich die Minderjährigen aufgrund ihres Entwicklungsstands an der Schwelle zur Einwilligungsfähigkeit befinden.
Die medizinische Begleitung von Minderjährigen mit GI/GD tangiert damit in der Tat eine grundlegende Frage: Wie ist mit kindlichen Wünschen und Willensäußerungen in medizinischen Behandlungssituationen rechtlich und ethisch angemessen umzugehen? ([Rixen 2020]; [Siedenbiedel 2016]; [Wiesemann 2022]). Eine vorrangig den Schutzaspekt betonende fürsorgliche Haltung gegenüber Kindern birgt Tücken. Wird das Kind nicht als Subjekt wahrgenommen und sein in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieftes Recht auf Partizipation übergangen, wird fürsorgliche Verantwortung überdehnt. Das Handeln einer erwachsenen Person kann dann leicht die Selbstachtung des Kindes untergraben. Gerade weil Erwachsene Kindern Schutz schuldig sind, gerät leicht aus dem Blick, dass von ihrem Handeln auch herabwürdigende Effekte ausgehen können. Sie gleiten dann in eine – leider wenig beachtete – Form der Altersdiskriminierung, der Kinder häufig ausgesetzt sind und die sich durch die Zurechnung zur Gruppe der trans Personen noch verstärken kann ([Hädicke et al. 2022]). Es erfordert einen Balanceakt, in diesem ethischen Spannungsfeld zugleich nicht-diskriminierend und angemessen fürsorglich zu handeln. Die facettenreichen Erzählungen und unterschiedlichen Haltungen der Interviewten in dieser Frage deuten darauf hin, dass die professionelle Verantwortung für fachlich angemessene Entscheidungen und diejenige für die Gestaltung respektvoller Beziehungen im Kontext der Versorgung minderjähriger Personen mit GI/GD noch enger als in anderen Bereichen von Medizin und Psychotherapie miteinander verwoben sind.
Diskriminierung zu erkennen und zu vermeiden, wird zusätzlich erschwert durch ihre Eigenart, auch indirekt auftreten zu können. Diskriminierung gilt als indirekt, wenn eine soziale Gruppe durch die Verwendung eines scheinbar neutralen Entscheidungskriteriums geschädigt, benachteiligt oder herabgewürdigt wird ([Cossette-Lefebvre 2020]; [Thomson 2015]). So kann etwa eine routinierte körperliche Untersuchung auf den ersten Blick als neutrale Praxis gelten, deren Durchführung sogar rechtlich gefordert sein kann. Doch für manche Kinder oder Jugendliche mit GI/GD ist dies eine ausgesprochen belastende soziale Situation. Um dies zu erkennen, bedarf es eines wachsamen Blicks für die Bedürfnisse der individuellen Person, Feinfühligkeit und nicht zuletzt der Bereitschaft, Versorgungsroutinen produktiv anzupassen. Ähnlich verhält es sich mit der Verwendung geschlechtssensibler Sprache. Oft behindern tief verankerte sprachliche Gewohnheiten die respektvolle Kommunikation. Eine Interviewte schildert anschaulich, dass sie unter dem Zeitdruck des klinischen Alltags auf die Grenzen ihrer Geduld stößt. Vermeintlich selbstverständliche Handlungsroutinen im professionellen Setting können der Rechtfertigung eines unreflektierten Widerstands gegenüber geschlechtssensibler Sprache dienen. Zudem ärgert sich eine andere Interviewte darüber, vom „Normalbetrieb“ abweichen zu müssen, wenn sie Minderjährige mit GI/GD behandelt. Sie erklärt sich damit ihre Ungeduld während der körperlichen Untersuchung und verschiebt die Verantwortung für ihr Verhalten auf die Betroffenen. Die Tendenz, Betroffene für ein Unrecht, das ihnen widerfährt, zu beschuldigen, wurde erstmals von dem Psychologen [William Ryan (1976)] analysiert und als Victim Blaming bezeichnet. Wird ein solches Denkschema bewusst oder unbewusst aktiviert, kann es leicht in mikroaggressives Verhalten, also etwa in herabwürdigende Bemerkungen, münden ([Wong et al. 2014]). Bemerkenswert ist also, dass die Interviews offenlegen, wie eng herabsetzendes Verhalten mit professionellen Routinen[7] verwoben sein kann.
Nicht zuletzt zeigen sie, dass die respektvolle Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen mit GI/GD durch technische Gegebenheiten oder bürokratische und juristische Vorschriften behindert werden kann. Einige Interviewte beschreiben etwa, dass der abgelegte Vorname des Kindes verwendet wird, weil dieser auf der Krankenversicherungskarte hinterlegt ist.
Dem sozialwissenschaftlichen Konzept der institutionellen Diskriminierung zufolge tragen soziale Institutionen (z. B. Gesundheitswesen, Bildungswesen etc.) durch ihre historisch gewachsenen Prozesse und Handlungslogiken dazu bei, soziale Ungleichheit in der Gesellschaft noch lange Zeit nach der formellen Ächtung von Diskriminierung aufrechtzuerhalten ([Gomolla 2017]). Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen sollten dafür sensibilisiert und dazu ermutigt werden, standardisierte Abläufe an die heterogenen Bedürfnisse ihrer Patient*innen anzupassen.
Besonders schwierig ist zu bewerten, welche Verantwortung professionelle Akteur*innen für ihr Handeln innerhalb solch stark vorstrukturierter und historisch gewachsener Institutionen tragen. Hält das medizinethische Prinzip der Gerechtigkeit ([Beauchamp und Childress 2019]) zu einer engagierten professionellen Haltung an? Was heißt es, als Psychotherapeut*in oder Ärzt*in Verantwortung für die Vergangenheit der Institutionen zu übernehmen? Wie viel Engagement kann von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen erwartet werden? Manche der interviewten Personen erachten es durchaus als ihre professionelle Pflicht, Versorgungsprobleme nicht auszublenden, sondern Initiative zu ergreifen, sich fortzubilden und dazu beizutragen, eine Situation zu schaffen, in der alle Personen bedarfsorientiert versorgt werden.
Zusammenfassend greifen Handlungsroutinen, indirekte und institutionelle Faktoren ineinander und sorgen dafür, dass Kinder und Jugendlichen mit GI/GD im Gesundheitswesen diskriminiert werden, wenn auch oft unabsichtlich. Anhand unserer qualitativ-empirischen Erhebung haben wir insbesondere folgende Diskriminierungsrisiken für diese Gruppe identifiziert:
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eine ausschließlich den Schutzaspekt betonende fürsorgliche Haltung von Psychotherapeut*in oder Ärzt*in gegenüber Kindern und Jugendlichen,
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unzureichende Sensibilität für die soziale Dynamik einer Behandlungssituation, die geprägt wird von einem Statusunterschied zwischen cisgeschlechtlicher, erwachsener Person und transgeschlechtlicher, minderjähriger Person, verstärkt noch durch den Interaktionsrahmen „Gesundheitswesen“ (und insbesondere Psychiatrie und Psychotherapie),
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Unsicherheit im Umgang mit geschlechtlicher Diversität,
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institutionelle Barrieren, einschließlich organisatorischer, behandlungsbezogener und sprachlicher Routinen und technischer Hürden.
Professionell Handelnde können dadurch überfordert sein und dies unbewusst in die Interaktion mit den Kindern und Jugendlichen hineintragen. Sie sollten in ihrem professionellen Alltag angemessen dabei unterstützt werden, dem professionsethischen Gebot der Nicht-Diskriminierung entsprechen zu können. Es ist etwa zu erproben, ob und wie institutionell bereits etablierte Formate wie Supervisionen oder ethische Fallbesprechungen ([Bannert 2012]) zur Reflexion der Diskriminierungsrisiken in Institutionen genutzt werden können. In Weiterbildungsangeboten sollte die Sensibilisierung für geschlechtliche Diversität und gruppenbezogene Statusunterschiede sowie Institutionseffekte mit einer Reflexion ethischer Spannungsfelder bei der Behandlung von Minderjährigen verzahnt werden, um so den Weg für eine angemessen fürsorgliche und zugleich diskriminierungssensible Medizin und Psychotherapie für Kinder und Jugendliche mit GI/GD zu bahnen. Für eine solche medizinische Begleitung ist es zentral, dass Behandler*innen den Wünschen und Behandlungsentscheidungen der Kinder und Jugendlichen mit Respekt begegnen, ohne dabei die Risiken vorschneller medizinischer Eingriffe aus dem Blick zu verlieren. Wie wir an anderer Stelle gezeigt haben, ist eine polarisierende Debatte, die jeweils nur eine Haltung als richtig darstellt, dabei nicht hilfreich ([Hädicke et al. 2022]).
Darüber hinaus ist es allerdings auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sozialen und institutionellen Handlungsbedingungen von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen so zu gestalten, dass sie einer diskriminierungssensiblen Gesundheitsversorgung dienlich sind.
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Interessenkonflikt
Die Autor*innen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Fußnoten
1 Geschlechtsinkongruenz ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte und anhaltende Inkongruenz zwischen dem erlebten Geschlecht einer Person und dem zugewiesenen Geschlecht. Geschlechtsdysphorie bezeichnet das subjektive Leiden an dieser Inkongruenz. Wir verwenden in diesem Beitrag zudem den Begriff „transgeschlechtlich“ (kurz: „trans“), wenn entweder die (zugeschriebene) soziale Gruppenzugehörigkeit oder die Geschlechtsidentität einer Person im Vordergrund steht oder wenn Interviewte paraphrasiert werden, die diese Begriffe verwendeten.
2 https://transkids-studie.de/, gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit.
3 Siehe hierzu [Hädicke und Wiesemann 2021].
4 Die Interviewten wurden als Expert*innen eines „spezifisches Rollenwissen[s]“ ([Przyborski und Wohlraab-Sahr 2021]: 155) und als Expert*innen für „institutionalisierte Zusammenhänge, Abläufe und Mechanismen“ (ebd.: 156) des Gesundheitswesens befragt. In der Regel wird der Expert*innen-Begriff allerdings mit einer übergeordneten epistemischen Position und persönlicher Distanz assoziiert. Um dieser Assoziation entgegenzuwirken, haben wir Vornamen als Pseudonyme gewählt.
5 Alle interviewten Personen werden unter einem Pseudonym zitiert.
6 Personen, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen aufgrund körperlicher Merkmale bei Geburt zugeschrieben wurde, werden als „cisgeschlechtlich“ (kurz: „cis“) bezeichnet.
7 Zu Routinen als Diskriminierungsrisiko im Gesundheitswesen siehe auch [Bartig et al. 2021]: 65.
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Korrespondenzadresse
Publication History
Article published online:
24 October 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
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