Key words
vascular - angiography - QA/QC - carotid artery stenosis - carotid artery stenting
- quality criteria
Einleitung
Nach aktuellen Leitlinien und systematischen Übersichtsarbeiten stellt die stentgestützte
Carotis-Angioplastie (CAS) gegenüber der als Standard empfohlenen Carotis-Endarteriektomie
(CEA) eine Zweitlinientherapie für Patienten (Pat.) dar, die für eine offene Operation
nicht gut geeignet sind [1]
[2]
[3]. Hauptgrund dafür sind die für CAS höheren Komplikationsraten in „randomised controlled
trials“ (RCTs) [4]
[5]
[6]
[7]. Obwohl sich die Unterschiede zwischen endovaskulärer und operativer Therapie im
Langzeitverlauf nivellieren [8]
[9]
[10], hatten diese Ergebnisse abnehmende CAS-Fallzahlen zur Folge. So stehen in der verpflichtenden
deutschen Qualitätssicherung (QS) heute jährlich ca. 4000 CAS-Eingriffe mehr als 24 000
CEAs gegenüber [11]. Viele deutsche CAS-Zentren haben niedrige Fallzahlen von maximal 10 Eingriffen
pro Jahr [12]. Bei Beurteilung der heutigen Evidenz ist zu berücksichtigen, dass die Publikation
der RCTs für Pat. mit sympt. Stenosen deutlich mehr als 10 Jahre zurückliegt. Aktuelle
Daten aus RCTs liegen nur für Pat. mit asympt. Stenosen vor. Die ACST-2-Studie konnte
bezüglich akuter Komplikationsrate und im Langzeitverlauf keine signifikanten Unterschiede
zwischen CAS und CEA nachweisen [9]. Nach Scheitern zweier europäischer RCTs zu CAS vs. CEA vs. Best medical treatment
(BMT) aufgrund mangelnder Rekrutierung [13]
[14] sind für die nähere Zukunft keine neuen RCTs geplant. In den USA rekrutiert nur
noch CREST-2 Pat. mit asympt. Stenosen zum Vergleich BMT vs. CEA vs. CAS [15].
Bei fehlenden aktuellen RCT-Daten für sympt. Pat. können verpflichtende QS-Register
dazu beitragen, CAS-Komplikationsraten zu erfassen [11]. In Deutschland werden elektive und notfällige CAS-Eingriffe aber ohne klare Differenzierung
gemeinsam erfasst.
In dieser Situation erschien es sinnvoll, neurologisch kontrollierte Daten mit der
Frage zu untersuchen, ob die endovaskuläre Behandlung die strengen Qualitätsanforderungen
für die elektive Carotis-Revaskularisation durchgängig erfüllt und welche Unterschiede
es im Vergleich zu Notfalleingriffen im Rahmen der interventionellen Schlaganfallbehandlungen
gibt.
Material und Methoden
Es erfolgte eine monozentrische retrospektive Analyse aller zwischen 01/2012 und 07/2022
in einem neurovaskulären Zentrum behandelten Carotis-Stent-Patienten. Eingeschlossen
wurden sowohl elektiv behandelte Pat. mit hochgradigen symptomatischen und asymptomatischen
Carotisstenosen als auch notfällig mittels CAS behandelte Patienten mit akutem Schlaganfall
auf dem Boden einer Carotisstenose. Ausgeschlossen wurden Patienten mit intraduralen
Carotisstenosen, proximalen ACC-Stenosen sowie Fälle mit beschichteten Stents zur
Behandlung von Aneurysmen oder Blutungen aus HNO-Tumoren.
Alle CAS-Patienten wurden sowohl prä- als auch postinterventionell fachneurologisch
untersucht und stationär in der Klinik für Neurologie behandelt.
Die CAS-Indikation für
elektive Eingriffe
wurden in einer interdisziplinären Konferenz zwischen Neurologen, Neurochirurgen,
Gefäßchirurgen und Neuroradiologen unter Berücksichtigung der Leitlinienempfehlungen
und der Patientenpräferenz gestellt. Zusätzlich zur dopplersonographischen Bestimmung
des Stenosegrades lagen dazu eine CTA oder MRA der Halsgefäße sowie eine zerebrale
Bildgebung vor. Alle elektiven Patienten wurden eingehend über die Therapiealternativen
CAS, CEA oder BMT aufgeklärt und willigten schriftlich in die Intervention ein. Das
Studienprotokoll wurde von der lokalen Ethikkommission genehmigt.
Die CAS-Prozedur war mit wenigen Materialien wie folgt standardisiert:
Nach transfemoraler Einlage einer 6F-Schleuse in die zu behandelnde A. carotis communis
erfolgte nach angiographischer Darstellung die Sondierung der Stenose mit einem Embolieschutz-Filtersystem
(Filter-Wire, Boston oder Spider, Medtronic). Der Filter wurde in einem geraden Gefäßabschnitt
oberhalb der Stenose freigesetzt. Über den Draht des Filtersystems erfolgte -wenn
notwendig- die Vordilatation mit einem 3 mm PTA-Ballon. Anschließend wurde ein selbstexpandierender
Carotis-Stent (Wallstent, Boston Scientific; Precise, Cordis; C-Guard, Balt; Casper,
Microvention) über der Stenose freigesetzt und auf 5 mm nachdilatiert. Nach Bergung
des Filters erfolgten Kontrollen mit DSA-Serien der behandelten A. carotis und der
abhängigen intrakraniellen Arterien, der Rückzug des Zugangssystems und der Verschluss
der Punktionsstelle in der Leiste (Angio-Seal, Terumo).
Alle Patienten wurden postinterventionell auf der Stroke Unit neurologisch überwacht.
Die Offenheit der Stents wurde sonographisch kontrolliert; eine zerebrale Bildgebung
wurde nur bei neu aufgetretenen neurologischen Defiziten durchgeführt. Nach Entlassung
erfolgte die Nachsorge in der klinikinternen neurologischen Gefäßsprechstunde.
Alle Notfalleingriffe erfolgten in Intubationsnarkose. Sobald die Notwendigkeit einer
Stentimplantation feststand, wurde eine medikamentöse TAH mit i. v.-Gabe von 250 mg
ASS und einer Loading-Dose von 600 mg Clopidogrel oder 180 mg Ticagrelor per Magensonde
begonnen. Dies erfolgte unabhängig von einer präinterventionellen i. v.-Lyse.
Nach transfemoralem Einführen einer langen 6F-Schleuse und angiographischer Gefäßdarstellung
wurde darüber bei verschlossener ACI zunächst am Plaque aspiriert. Anschließend wurde
die extrakranielle Stenose über einen Draht mit einem Aspirationskatheter (Sofia,
Microvention) und -wenn möglich- mit der Schleuse passiert. Hochgradige Stenosen wurden
dazu vordilatiert. In der Regel wurde die intrakranielle Thrombektomie zuerst durchgeführt.
Nur in Einzelfällen war für die Passage der Stenose eine primäre Stentimplantation
erforderlich. Intrakranielle Thromben wurden mit Aspiration und Stent-Retriever (Solitaire,
Medtronic; Aperio, Acandis) entfernt, Ziel war eine möglichst vollständige Rekanalisation
der intrakraniellen Gefäße.
Nach der Thrombektomie wurde das Zugangssystem unter Aspiration in die ACC unterhalb
der Stenose zurückgezogen und ein selbstexpandierender Carotis-Stent freigesetzt.
Bei wandständigen Thromben wurden vorzugsweise doppellagige Stents eingesetzt. Ein
Protektionssystem wurde in der Regel nicht verwendet.
Nach Abschlusskontrolle der extrakraniellen ACI und der nachgeschalteten intrakraniellen
Arterien wurde das Zugangssystem entfernt und die Punktionsstelle in der Leiste verschlossen.
Nach dem Eingriff wurden die Pat. mind. 24 Std. auf der neurologischen Intensivstation
mit systolischen Zielblutdruckwerten zwischen 120 mmHg bis 140 mmHg überwacht und
schnellstmöglich extubiert. Die medikamentöse Nachbehandlung erfolgte mit doppelter
TAH mit 75 mg Clopidogrel und 100 mg ASS oder 2 × 90 mg Ticagrelor und 100 mg ASS
für 3 Monate, gefolgt von einer Monodauertherapie mit 100 mg ASS. Am Folgetag erhielten
alle Pat. eine zerebrale Bildgebung, vorzugsweise mit CT zum Nachweis des Infarktausmaßes
und zum Blutungsausschluss. Nach Beendigung der Intensivbehandlung erfolgte die weitere
Therapie auf der Stroke-Unit bis zur Entlassung oder Verlegung in eine Reha-Einrichtung.
Die Auswertung erfolgte für beide Patientengruppen getrennt:
-
Für
elektive Patienten
wurden die CAS-Indikationen und technische Erfolgsraten beschrieben. Postinterventionell
aufgetretene Schlaganfälle, Todesfälle und Gefäßkomplikationen wie Dissektionen, thrombembolische
Ereignisse oder Stent-Thrombosen wurden während des stationären Aufenthalts ermittelt.
Im Falle neu aufgetretener neurologischer Defizite wurde zwischen ischämischen Infarkten,
sympt. Blutungen und Reperfusionsödem differenziert und die wahrscheinlichste Ursache
ermittelt. Der Schweregrad neurologischer Einschränkungen wurde anhand der National
Institute of Health Stroke Scale (NIHSS) bestimmt [16]. Daneben wurden nicht-neurologische Komplikationen wie Leistenhämatome, Femoralarterienverschlüsse
und Herzinfarkte erfasst.
-
Zur Ermittlung der Komplikationsrate von
Notfalleingriffen
haben wir versucht, CAS-bezogene Ereignisse von Thrombektomie- oder Schlaganfall-assoziierten
Komplikationen zu trennen. Als CAS-bezogen wurden Stent-Thrombosen, Stent-assoziierte
intrakranielle Embolien und CAS-assoziierte Gefäßschäden definiert. Da sympt. intrakranielle
Blutungen durch die aggressive TAH begünstigt werden könnten, wurden diese ebenfalls
als CAS-Komplikationen gewertet [17]
[18].
Der Grad der intrakraniellen Rekanalisation wurde mittels mTICI-Skala bewertet [19]. Als erfolgreiche Rekanalisation wurde ein mTICI-Grad ≥ 2b definiert.
Das neurologische Behandlungsergebnis wurde anhand des NIHSS-Verlaufs bei Entlassung
bewertet.
Die statistische Auswertung erfolgte unter SPSS Statistics 27 (IBM) mit dem Chi-Quadrat-Test nach Pearson, dem
exakten Test nach Fischer und logistisch multivariater Regressionsanalyse.
Ergebnisse
Von den insgesamt eingeschlossenen 299 Pat. waren 141 elektive Fälle ([Tab. 1]) mit sympt. (n = 123) oder asympt. (n = 18) Stenosen und 158
Notfallpatienten
.
Tab. 1
Patienten-Charakteristika bei elektivem CAS.
|
elektiv
(n = 141)
|
sympt. CS
(n = 123)
|
asympt. CS
(n = 18)
|
p-Wert
|
Alter (Jahre)
|
MW (±SD)
|
67,8 (± 9,1)
|
68 (± 2,6)
|
66,7 (± 7)
|
|
|
n (%)
|
55 (39 %)
|
50 (40,7 %)
|
5 (27,8 %)
|
0,296a
|
|
n (%)
|
13 (9,2 %)
|
13 (10,6 %)
|
0 (0 %)
|
0,374b
|
Geschlecht (männlich)
|
n (%)
|
97 (68,8 %)
|
82 (66,7 %)
|
15 (83,3 %)
|
0,154a
|
NIHSS-prä (Punkte)
|
MW (±SD)
|
2,3 (± 3,7)
|
2,6 (± 3,8)
|
0 (± 0)
|
|
|
n (%)
|
68 (48,2 %)
|
50 (40,7 %)
|
18 (100 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
51 (36,2 %)
|
51 (41,5 %)
|
0 (0 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
20 (14,2 %)
|
20 (16,3 %)
|
0 (0 %)
|
0,076b
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
1 (0,8 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
1 (0,8 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
2 (1,4 %)
|
2 (1,6 %)
|
0 (0 %)
|
|
frischer Infarkt (in der Bildgebung)
|
n (%)
|
100 (70,9 %)
|
99 (80,5 %)
|
1 (5,6 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
99 (70,2 %)
|
98 (79,7 %)
|
1 (5,6 %)
|
< 0,001a
|
alte Infarkte (in der Bildgebung)
|
n (%)
|
36 (25,5 %)
|
32 (26 %)
|
4 (22,2 %)
|
1b
|
Vorerkrankungen und Risikofaktoren
|
n (%)
|
|
|
|
|
|
n (%)
|
41 (29,1 %)
|
33 (26,8 %)
|
8 (44,4 %)
|
0,164b
|
|
n (%)
|
29 (20,6 %)
|
23 (18,7 %)
|
6 (33,3 %)
|
0,208b
|
|
n (%)
|
13 (9,2 %)
|
12 (9,8 %)
|
1 (5,6 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
60 (42,6 %)
|
48 (39 %)
|
12 (66,7 %)
|
0,027b
|
|
n (%)
|
80 (56,7 %)
|
73 (59,3 %)
|
7 (38,9 %)
|
0,102a
|
|
n (%)
|
34 (24,1 %)
|
31 (25,2 %)
|
3 (16,7 %)
|
0,562b
|
|
n (%)
|
22 (15,6 %)
|
20 (16,3 %)
|
2 (11,1 %)
|
0,739b
|
|
n (%)
|
48 (34 %)
|
42 (34,1 %)
|
6 (33,3 %)
|
0,946a
|
|
n (%)
|
8 (5,7 %)
|
6 (4,9 %)
|
2 (11,1 %)
|
0,271b
|
|
n (%)
|
2 (1,4 %)
|
2 (1,6 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
14 (9,9 %)
|
14 (11,4 %)
|
0 (0 %)
|
0,216b
|
Stenosegrad ipsilaterale ACI (%)
|
MW (±SD)
|
83,8 (± 10,7)
|
83,5 (± 11,1)
|
86,1 (± 8)
|
|
|
n (%)
|
8 (5,7 %)
|
8 (6,5 %)
|
0 (0 %)
|
0,596b
|
|
n (%)
|
131 (92,9 %)
|
113 (91,9 %)
|
18 (100 %)
|
0,361b
|
|
n (%)
|
2 (1,4 %)
|
2 (1,6 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
Seite (rechts)
|
n (%)
|
78 (55,3 %)
|
67 (54,5 %)
|
11 (61,1 %)
|
0,597a
|
Stenose-Besonderheiten
|
n (%)
|
18 (12,8 %)
|
17 (13,8 %)
|
1 (5,6 %)
|
0,469b
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
1 (0,8 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
3 (2,1 %)
|
3 (2,4 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
4 (2,8 %)
|
4 (3,3 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
10 (7,1 %)
|
9 (7,3 %)
|
1 (5,6 %)
|
1b
|
kontralaterale ACI-Stenose/-Verschluss
|
n (%)
|
58 (41,1 %)
|
48 (39 %)
|
10 (55,6 %)
|
0,183a
|
|
n (%)
|
12 (8,5 %)
|
10 (8,1 %)
|
2 (11,1 %)
|
0,652b
|
Vertebralarterienstenose
|
n (%)
|
29 (20,6 %)
|
27 (22 %)
|
2 (11,1 %)
|
0,366a
|
Mehrgefäßobstruktion
|
n (%)
|
59 (41,8 %)
|
50 (40,7 %)
|
9 (50 %)
|
0,453a
|
Fett gedruckte p-Werte waren statistisch signifikant. PAVK: periphere arterielle Verschlusskrankheit;
MW: Mittelwert; NIHSS: National Institutes of Health Stroke Scale; SD: Standardabweichung.
a: Chi-Quadrat-Test; b: exakter Test nach Fischer.
97 Pat. mit
elektiver CAS
waren männlich, der Altersdurchschnitt lag bei 67,8 Jahren (± 9,1). Der mittlere
Stenosegrad lag bei 83,8 % (± 10,7 SD). Präinterventionell hatten 17 (13,8 %) der
sympt. Pat. eine TIA und 101 (82,1 %) einen Schlaganfall. Der Schweregrad der neurologischen
Beeinträchtigung vor dem Eingriff lag im Durschnitt bei 2,3 NIHSS-Punkten, 22 Pat.
(15,6 %) hatten einen schweren Schlaganfall ≥ 16 Punkte.
Die interdisziplinär festgelegten CAS-Indikationen für sympt. und asympt. Fälle finden
sich in [Tab. 2]. Hauptindikationen für CAS waren Verschluss oder hochgradige Stenose der kontralateralen
ACI oder sonstige Mehrgefäßstenosen (n = 35), hochzervikale Lokalisation der Stenose
(n = 5), Restenose nach CEA (n = 10) oder Patientenwunsch (n = 88). Eine Frühbehandlung
sympt. Pat. innerhalb der ersten 7 Tage nach dem Indexereignis erfolgte in 73 von
123 Fällen (59,3 %). 39 % aller elektiven CAS-Pat. waren zum Eingriffszeitpunkt älter
als 70 Jahre.
Tab. 2
Elektive CAS-Indikationen.
|
elektiv
(n = 141)
|
sympt. CS
(n = 123)
|
asympt. CS
(n = 18)
|
Differenzial-Indikation (CAS statt CEA)
|
|
|
|
|
|
n (%)
|
32 (22,7 %)
|
27 (22 %)
|
5 (27,8 %)
|
kontralateraler ACI-Verschluss
|
n (%)
|
12 (8,5 %)
|
10 (8,1 %)
|
2 (11,1 %)
|
radiogene Stenose
|
n (%)
|
4 (2,8 %)
|
4 (3,3 %)
|
0 (0 %)
|
Restenose nach CEA
|
n (%)
|
10 (7,1 %)
|
9 (7,3 %)
|
1 (5,6 %)
|
kontralaterale Rekurrensparese
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
0 (0 %)
|
0 (0 %)
|
kardiale Risikofaktorena
|
n (%)
|
8 (5,7 %)
|
6 (4,9 %)
|
2 (11,1 %)
|
|
n (%)
|
27 (19,1 %)
|
23 (18,7 %)
|
4 (22,2 %)
|
hochzervikale ACI-Stenose
|
n (%)
|
5 (3,5 %)
|
3 (2,4 %)
|
2 (11,1 %)
|
thorakale Tandem-Stenose
|
n (%)
|
4 (2,8 %)
|
4 (3,3 %)
|
0 (0 %)
|
intrakranielle Tandem-Stenose
|
n (%)
|
19 (13,5 %)
|
17 (13,8 %)
|
2 (11,1 %)
|
|
n (%)
|
88 (62,4 %)
|
77 (62,6 %)
|
11 (61,1 %)
|
Schlaganfall-RF bei asymptomatischer CS
|
|
|
|
|
|
n (%)
|
|
|
13 (72,2 %)
|
|
n (%)
|
|
|
11 (61,1 %)
|
|
n (%)
|
|
|
4 (22,2 %)
|
ACI: A. carotis interna; CAS: Carotid artery stenting; CEA: Carotid endarterectomy;
CS: Carotisstenose; NYHA: New York Heart Association; RF: Risikofaktoren. a: Herzinsuffizienz
NYHA 3/4, instabile Angina pectoris, kürzlich erlittener Myokardinfarkt.
74 der 158
Notfallpatienten
([Tab. 3]) waren männlich, das Durchschnittsalter betrug 67,9 Jahre (± 12,1). Die Pat. wurden
überwiegend mit Tandemläsionen behandelt (84,2 %), seltener bestanden hämodynamische
Ischämien ohne intrakraniellen Gefäßverschluss. Der NIHSS bei Aufnahme lag im Durchschnitt
bei 12,5 Punkten (± 6,1). 94 Pat. zeigten einen extrakraniellen ACI-Verschluss, 74
eine hochgradige ACI-Stenose. Bei den Tandemläsionen lagen am häufigsten M1-Verschlüsse
(n = 76; 57,1 %) vor. Distale ACI (n = 13), Carotis-T (n = 19) und M2 (n = 22) waren
seltener verschlossen.
Tab. 3
Patienten-Charakteristika bei Notfall-CAS.
|
Notfall
(n = 158)
|
Tandem
(n = 133)
|
hämodyn.
(n = 25)
|
p-Wert
|
Alter (Jahre)
|
MW (±SD)
|
67,9 (± 12,1)
|
67,1 (± 11,8)
|
72,3 (± 8,2)
|
|
|
n (%)
|
72 (45,6 %)
|
59 (44,4 %)
|
13 (52 %)
|
0,482a
|
|
n (%)
|
29 (18,4 %)
|
20 (15 %)
|
9 (36 %)
|
0,022b
|
Geschlecht (männlich)
|
n (%)
|
74 (46,8 %)
|
57 (42,9 %)
|
17 (68 %)
|
0,021a
|
NIHSS-prä (Punkte)
|
MW (±SD)
|
12,5 (± 6,1)
|
13,3 (± 5,6)
|
8,2 (± 6,6)
|
|
|
n (%)
|
2 (1,3 %)
|
1 (0,8 %)
|
1 (4 %)
|
0,292b
|
|
n (%)
|
17 (10,8 %)
|
10 (7,5 %)
|
7 (28 %)
|
0,007b
|
|
n (%)
|
83 (52,5 %)
|
70 (52,6 %)
|
13 (52 %)
|
0,954a
|
|
n (%)
|
47 (29,7 %)
|
45 (33,8 %)
|
2 (8 %)
|
0,01b
|
|
n (%)
|
9 (5,7 %)
|
7 (5,3 %)
|
2 (8 %)
|
0,635b
|
|
n (%)
|
56 (35,4 %)
|
52 (39,1 %)
|
4 (16 %)
|
|
frischer Infarkt (in der Bildgebung)
|
n (%)
|
140 (88,6 %)
|
121 (91 %)
|
19 (76 %)
|
0,042b
|
|
n (%)
|
139 (88 %)
|
120 (90,2 %)
|
19 (76 %)
|
0,085b
|
alte Infarkte (in der Bildgebung)
|
n (%)
|
28 (17,7 %)
|
20 (15 %)
|
8 (32 %)
|
0,05b
|
Vorerkrankungen und Risikofaktoren
|
n (%)
|
|
|
|
|
|
n (%)
|
18 (11,4 %)
|
11 (8,3 %)
|
7 (28 %)
|
0,01b
|
|
n (%)
|
22 (13,9 %)
|
19 (14,3 %)
|
3 (12 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
9 (5,7 %)
|
8 (6 %)
|
1 (4 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
38 (24,1 %)
|
30 (22,6 %)
|
8 (32 %)
|
0,311a
|
|
n (%)
|
86 (54,4 %)
|
71 (53,4 %)
|
15 (60 %)
|
0,542a
|
|
n (%)
|
25 (15,8 %)
|
21 (15,8 %)
|
4 (16 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
20 (12,7 %)
|
14 (10,5 %)
|
6 (24 %)
|
0,094b
|
|
n (%)
|
44 (27,8 %)
|
39 (29,3 %)
|
5 (20 %)
|
0,34a
|
|
n (%)
|
16 (10,1 %)
|
12 (9 %)
|
4 (16 %)
|
0,286b
|
|
n (%)
|
5 (3,2 %)
|
5 (3,8 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
10 (6,3 %)
|
10 (7,5 %)
|
0 (0 %)
|
0,365b
|
Stenosegrad ipsilaterale ACI (%)
|
MW (±SD)
|
96,5 (± 6,7)
|
97,3 (± 5,8)
|
92,2 (± 9)
|
|
|
n (%)
|
1 (0,6 %)
|
1 (0,8 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
74 (46,8 %)
|
55 (41,4 %)
|
19 (76 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
94 (59,5 %)
|
88 (66,2 %)
|
6 (24 %)
|
< 0,001a
|
Seite (rechts)
|
n (%)
|
68 (43 %)
|
62 (46,6 %)
|
6 (24 %)
|
0,036a
|
Stenose-Besonderheiten
|
n (%)
|
20 (12,7 %)
|
17 (12,8 %)
|
3 (12 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
10 (6,3 %)
|
8 (6 %)
|
2 (8 %)
|
0,659b
|
|
n (%)
|
7 (4,4 %)
|
6 (4,5 %)
|
1 (4 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
1 (0,6 %)
|
1 (0,8 %)
|
0 (0 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
11 (7 %)
|
2 (1,5 %)
|
9 (36 %)
|
1b
|
kontralaterale ACI-Stenose/-Verschluss
|
n (%)
|
31 (19,6 %)
|
21 (15,8 %)
|
10 (40 %)
|
0,011b
|
|
n (%)
|
11 (7 %)
|
5 (3,8 %)
|
6 (24 %)
|
0,002b
|
Vertebralarterienstenose
|
n (%)
|
18 (11,4 %)
|
11 (8,3 %)
|
7 (28 %)
|
0,01b
|
Mehrgefäßobstruktion
|
n (%)
|
32 (20,3 %)
|
24 (18 %)
|
8 (32 %)
|
0,111a
|
Fett gedruckte p-Werte waren statistisch signifikant. AVK: arterielle Verschlusskrankheit;
MW: Mittelwert; NIHSS: National Institutes of Health Stroke Scale; SD: Standardabweichung.
a: Chi-Quadrat-Test; b: exakter Test nach Fischer.
Bis auf einen Fall waren alle elektiven Prozeduren technisch erfolgreich (n = 140/141). Bei einem Pat. mit ausgeprägt verkalkter Stenose
fand sich postinterventionell eine residuale Enge > 30 %. Peristationär gab es einen
Myokardinfarkt-bedingten Todesfall, einen postinterventionellen Schlaganfall gab es
nicht. Ein Pat. hatte eine reversible Visusminderung durch retinale Mikroembolien.
Zwei Pat. zeigten vorübergehende Verschlechterungen vorbestehender neurologischer
Defizite ohne Nachweis eines neuen Infarkts im MRT. In beiden Fällen war ein Reperfusionsödem
nach Rekanalisation einer hochgradigen Carotisstenose mit deutlicher hämodynamischer
Beeinträchtigung die wahrscheinlichste Ursache. Sympt. Blutungen oder Stent-Thrombosen
wurden bei elektiven Pat. nicht beobachtet. An weiteren nicht-neurologischen Komplikationen
wurden zwei Leistenhämatome und ein Femoralarterienverschluss beobachtet, zwei Pat.
entwickelten eine Pneumonie.
Bei geringer Ereignisrate konnten statistisch keine signifikanten Prädiktoren periinterventioneller
Komplikationen ermittelt werden. Insbesondere waren weder eine Frühbehandlung sympt.
Pat. noch ein Alter über 70 Jahre mit einem schlechten Outcome assoziiert. In einem
Team von 6 Interventionalisten mit unterschiedlichem Erfahrungsstand konnten wir keine
Abhängigkeit der Komplikationsrate vom Durchführenden feststellen.
Bei den Notfalleingriffen war CAS in 155 von 158 Fällen (98,1 %) technisch erfolgreich. Bei Pat. mit Tandemläsionen
konnte in 124 von 133 Fällen (93,2 %) eine erfolgreiche Rekanalisation ≥ mTICI 2b
erreicht werden. Nach Stentimplantation kam es zu 16 Stentthrombosen (10,1 %). Es
traten vier Dissektionen auf, darunter eine letal endende Aortendissektion bei Aortenaneurysma.
Sympt. Blutungen wurden in zwölf Fällen (7,6 %) beobachtet. Neue ischämische Defizite
in Verbindung mit der Stentimplantation fanden sich in drei Fällen (1,9 %). [Tab. 4] fasst die Komplikationsraten für elektive und Notfalleingriffe zusammen.
Tab. 4
Vergleich der Komplikationen bei elektiven und notfälligen Eingriffen.
|
elektiv
(n = 141)
|
Notfall
(n = 158)
|
p-Wert
|
Schlaganfall oder Tod
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
32 (20,3 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
11 (7 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
11 (7 %)
|
0,006a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
10 (6,3 %)
|
0,002b
|
Tod
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
25 (15,8 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
17 (10,8 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
3 (1,9 %)
|
0,625b
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
5 (3,2 %)
|
0,062b
|
neuer oder progedienter Schlaganfall
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
20 (12,7 %)
|
< 0,001a
|
Reperfusionsödem
|
n (%)
|
2 (1,4 %)
|
|
|
neurologische Verschlechterung
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
12 (10,5 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
6 (5,3 %)
|
0,048b
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
6 (5,3 %)
|
0,008b
|
zerebrale Blutung
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
36 (22,8 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
19 (12 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
17 (10,8 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
12 (7,6 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
8 (5,1 %)
|
0,008b
|
Gefäßkomplikationen
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
31 (19,6 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
7 (4,4 %)
|
0,016b
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
16 (10,1 %)
|
< 0,001a
|
vollständig
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
9 (5,7 %)
|
0,004b
|
symptomatisch
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
3 (1,9 %)
|
0,25b
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
14 (8,9 %)
|
< 0,001a
|
symptomatisch
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
3 (1,9 %)
|
0,25b
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
4 (2,5 %)
|
0,125b
|
symptomatisch
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
1 (0,6 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
2 (1,3 %)
|
0,5b
|
neurologische Komplikationen
|
n (%)
|
3 (2,1 %)
|
67 (42,4 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
27 (17,1 %)
|
< 0,001a
|
nicht-neurologische Komplikationen
|
n (%)
|
7 (5 %)
|
50 (31,6 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
25 (15,8 %)
|
< 0,001a
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
4 (2,5 %)
|
0,375b
|
letal
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
2 (1,3 %)
|
1b
|
|
n (%)
|
2 (1,4 %)
|
40 (25,3 %)
|
< 0,001a
|
letal
|
n (%)
|
0 (0 %)
|
3 (1,9 %)
|
0,25b
|
|
n (%)
|
2 (1,4 %)
|
8 (5,1 %)
|
0,109b
|
|
n (%)
|
1 (0,7 %)
|
1 (0,6 %)
|
1b
|
Fett gedruckte p-Werte waren statistisch signifikant. NIHSS: National Institutes of
Health Stroke Scale; PH2: Parenchymale Hämorrhagie Typ 2 (Einblutung in > 30 % des
Infarktgebietes mit relevanter raumfordernder Wirkung); sICH: symptomatische zerebrale
Blutung. a Chi-Quadrat-Test; b: exakter Test nach Fischer.
Bei unterschiedlichen Ausgangswerten waren Komplikationsraten und klinisches Outcome
der Notfallpatienten signifikant schlechter als bei elektiven Eingriffen. Peristationär
betrug die Rate an guten klinischen Outcomes (NIHSS 0–4) 90,8 % bei elektivem CAS
und 40 % bei Notfall-CAS (p < 0,001), unter Berücksichtigung klinischer Verbesserungen
(≥ 2 NIHSS-Punkte) wird ein gutes klinisches Ergebnis von 95,7 % vs. 67,1 % erreicht
(p < 0,001).
Diskussion
Die Analyse unserer Daten zeigt, dass elektive CAS-Eingriffe unter strenger Indikationsstellung auch bei moderaten Fallzahlen mit sehr niedrigen
Komplikationsraten möglich sind. Unsere Zahlen unterschreiten die Obergrenze periinterventioneller
Schlaganfälle und Todesfälle während des stationären Aufenthalts von 4 % bei sympt.
und 2 % bei asympt. Patienten [1]
[2]. Dies widerlegt die Generalisierung der Annahme, dass CAS-Eingriffe grundsätzlich
mit erhöhten Risiken gegenüber der CEA verbunden sind. Wir sind uns allerdings bewusst,
dass die kleine Single-Center-Fallserie die Ergebnisse in einem erfahrenen CAS-Zentrum
widerspiegelt und nicht als Grundlage für generelle Empfehlungen zur CAS dienen kann.
Die Tatsache, dass 39 % unserer Pat. ≥ 70 Jahre waren und die Mehrzahl von 59,3 %
der sympt. Fälle früh innerhalb von 1 bis 7 Tagen nach dem Indexereignis behandelt
wurden, zeigt, dass nicht nur Pat. mit niedrigem Interventionsrisiko behandelt wurden
[20]
[21]. 19,5 % der eingeschlossenen Pat. hatten präinterventionell bereits Hirninfarkte
mit deutlichen neurologischen Defiziten (NIHSS ≥ 5). Der mittlere Stenosegrad betrug
83,8 %, der Anteil hochgradiger Stenosen (70–99 %) war mit 92,9 % höher als in den
großen RCTs [20] zur sympt. Carotisstenose (82,5 %) und dem deutschen QS-Register [11] (91,6 %). Elektive Pat., die aufgrund extremer Gefäßelongation oder zirkumferenter
Plaqueverkalkungen ungeeignet für eine endovaskuläre Behandlung schienen, wurden einer
gefäßchirurgischen Therapie zugeführt.
Die angewendeten Entscheidungskriterien für elektive CAS-Eingriffe in der interdisziplinären
Konferenz sind diskussionsbedürftig. Es gibt von wenigen Ausnahmen (Restenose nach
CEA, hochzervikale Stenose, Tandemstenose, radiogene Stenose) abgesehen keine klare
Definition, bei welchen Patientengruppen mit erhöhten CEA-Risiken [1]
[2] zu rechnen ist. Aktuelle systematische Übersichtsarbeiten bestätigen jedoch unsere
Annahme, dass die CEA-Risiken bei Pat. mit hochgradiger Obstruktion der kontralateralen
ACI höher sind und CAS damit gut vertretbar ist [2]
[3]. Auch bestand bei nachweislich eingehaltenen Qualitätskriterien kein Grund, CAS-Eingriffe
nach interdisziplinärer Aufklärung bei Patientenwunsch abzulehnen. Wir haben uns um
eine Leitliniengerechte Indikationsstellung bemüht. Die relativ niedrige Fallzahl
von ca. 15 elektiven CAS-Fällen pro Jahr spricht gegen eine zu liberale Handhabung
und Ausweitung der Indikation zur endovaskulären Behandlung.
Unter diesen Voraussetzungen müssen CAS-Zentren mit dem Dilemma umgehen, dass CAS
aufgrund der Nischenindikationen selten durchgeführt wird, andererseits aber hohe
Fallzahl und Erfahrung des Interventionalisten als wichtige Voraussetzungen für eine
niedrige Komplikationsrate gelten [3]
[22]
[23]. Unsere Fallserie zeigt, dass hohe Qualitätsstandards auch mit begrenzter Fallzahl
von Interventionalisten mit unterschiedlicher Erfahrung eingehalten werden können.
Die Zuweisung von Eingriffen angepasst an den Erfahrungsstand, die Standardisierung
der Abläufe und Materialien mit Beschränkung auf zwei Filtertypen und 4 Carotis-Stents
und ein Bewusstsein für die Risiken bei der Manipulation in atherosklerotischen Gefäßen
sind die wahrscheinlichsten Gründe dafür [1].
Unsere konsequente Anwendung von Filterprotektionssystemen wird nicht durch dedizierte
RCTs oder Subgruppenanalysen gestützt, dient jedoch nach unserer Überzeugung dazu,
Makroembolien zu vermeiden [24]
[25]. Derartige Ereignisse oder schwerwiegende Filterkomplikationen wurden in unserer
Serie nicht beobachtet.
Für die Verwendung von Filtersystemen sprachen deren konsequente Verwendung in amerikanischen
CAS-Studien (CREST, ACT-1), jahrelange gute Erfahrungen und die standardisierte Handhabung
mit entsprechendem Training der Interventionalisten. Ballonführungskatheter zum temporären
Verschluss der ACE und ACI oder Flussumkehrkatheter mit zusätzlicher Verbindung zur
V. femoralis können ähnlich wie Filtersysteme einen Schutz gegen embolische Komplikationen
gewährleisten [26]. Aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit und Limitierungen bezüglich des Innenlumens
wurden sie im Rahmen unserer Studie nicht verwendet. Auch sprach die angestrebte Standardisierung
der Technik gegen die zusätzliche Einführung von Ballonokklusionssystemen.
Die konsequente Durchführung der antithrombotischen Therapie und die peri- und postinterventionelle
Überwachung unter Berücksichtigung von Blutdruckobergrenzen haben wahrscheinlich ebenfalls
zu einer niedrigen Komplikationsrate beigetragen.
Neben Acetylsalicylsäure (ASS) haben wir bei elektiven Eingriffen überwiegend Clopidogrel
eingesetzt. Ticagrelor hat den Vorteil eines kürzeren Wirkungseintritts von nur 2
Stunden nach Gabe einer Loading-Dose von 180 mg und wurde deshalb bei Notfalleingriffen
bevorzugt. Resistenzen sind zudem seltener als beim Clopidogrel. Im Rahmen dieser
Studie haben wir keine systematische Testung auf Clopidogrel- oder ASS-Resistenz durchgeführt.
Nach unseren Ergebnissen spielen Stent-Thrombosen beim elektiven Stenting kaum eine
Rolle, sodass unseres Erachtens keine Notwendigkeit zur Testung besteht. Für Notfalleingriffe
ist anstelle der von uns bevorzugten Gabe von ASS i. v. + Ticagrelor per Magensonde
die Verwendung eines GP IIb/IIIa-Hemmers wie Tirofiban i. v. mit dem Vorteil eines
sofortigen Wirkungseintritts zu diskutieren. Es ist jedoch unklar, ob sich dadurch
das Risiko von Blutungskomplikationen erhöht. Nach neueren Registerdaten ist auch
beim notfallmäßigen CAS eine aggressive Thrombozytenfunktionshemmung einer alleinigen
ASS-Gabe überlegen und führt durch die Prävention von Stent-Thrombosen zu einem besseren
klinischen Outcome. Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der Art des
aggressiven Therapieregimes und der Rate der damit verbundenen Blutungskomplikationen
ließ sich bei kleinen Fallzahlen in den entsprechenden Subgruppen bislang nicht nachweisen
[27]
[28].
Wir sind uns bewusst, dass das Thema der antithrombotischen Therapie gerade bei Notfalleingriffen
kontrovers diskutiert wird. Eine differenzierte Darstellung würde den Rahmen dieser
Arbeit übersteigen und erfordert vermutlich weitere prospektive Multicenterstudien.
Die eigenen guten Ergebnisse werden auch durch die CAS-Daten aus der verpflichtenden
deutschen QS bestätigt, die auch multizentrisch In-Hospital-Schlaganfall- und Todesfallraten
bis 4 % bei sympt. Stenosen und bis 2 % bei asympt. Stenosen realistisch erscheinen
lassen [12]
[29]. Bei Pat. mit asympt. Stenosen werden die guten CAS-Ergebnisse auch innerhalb der
ACST-2-Studie bestätigt, die keine signifikanten Unterschiede zur CEA mehr nachweisen
konnte [9].
Der Vergleich der elektiven Ergebnisse zu notfälligen CAS-Eingriffen beim akuten Schlaganfall zeigt hier signifikant höhere Komplikationsraten und ein
schlechteres klinisches Behandlungsergebnis. Mit einer Stent-Thrombose-Rate von 10,1 %
und sympt. Blutungen in 7,6 % der Fälle liegen die eigenen Ergebnisse für die wichtigsten
CAS-assoziierten Komplikationen im Bereich publizierter Daten aus anderen Studien
[30]
[31]
[32]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]. So führte die relativ aggressive und konsequente TAH nicht zu einer klar erhöhten
Blutungsrate. Die im Vergleich zur Literatur [38]
[39]
[40]
[41] (10–22 %) geringere Rate an Stentverschlüssen von 5,7 % war möglicherweise auf die
sehr frühe Etablierung einer dualen TAH zurückzuführen. Weitere Studien mit größerer
Fallzahl sind jedoch erforderlich, um die mit einer notfälligen Stentimplantation
verbundenen Risiken zu klären [42]. Unsere technischen Erfolgsraten Reperfusion von 93,3 % mTICI ≥ 2b lagen über den
publizierten Ergebnissen des deutschen Strokeregisters und des älteren TITAN-Registers
[36]
[37].
Die für Schlaganfallstudien üblichen 3-Monats-Daten zur Beurteilung des klinischen
Behandlungsergebnisses standen für diese Fallserie nicht zur Verfügung. Das Behandlungsergebnis
während des stationären Aufenthalts mit Mortalität von 15,6 % und gutem Outcome (NIHSS
0–4) von 40 % ist weitgehend vergleichbar mit anderen CAS-Studien zu Tandemläsionen
[36]
[37]
[43].
Limitierungen unserer Studie sind vor allem durch das retrospektive, monozentrische Studiendesign
mit eingeschränkter Fallzahl bedingt. Ein Vergleich mit CEA- und BMT-Gruppen fehlt.
Das monozentrische Design hat jedoch den Vorteil, dass die Interventionen nach einem
festgelegten Standard durchgeführt wurden und damit die Ergebnisse der CAS nicht durch
unterschiedliche Interventionsregime und Materialien beeinflusst sein sollten. Für
Patienten mit sympt. Stenosen wären neue randomisierte Studien erforderlich, deren
Durchführbarkeit aktuell nicht realistisch ist. Verpflichtende QS-Register ermöglichen
bei vorausgesetzter Untersuchung durch einen unabhängigen Neurologen eine vollständige
Erfassung aller Prozeduren mit Bewertung der Qualität.
Schlussfolgerung
Trotz begrenzter Indikationsstellung und Fallzahl ist die Einhaltung Leitlinien-konformer
Qualitätskriterien für elektive CAS-Eingriffe bei Pat. mit sympt. und asympt. Stenosen
möglich. Eine dem Erfahrungsstand des Interventionalisten angepasste Indikationsstellung
sowie Standardisierung von Techniken und Materialien sind dafür wichtige Voraussetzungen.
Notfall-CAS-Eingriffe können bezüglich der QS nicht mit elektiven Fällen verglichen
werden. Für deren Zwecke sind eine getrennte Erfassung mit Definition prozedur-bezogener
Komplikationen und des klinischen Outcomes erforderlich.