Keywords liver - MRI - liver-specific contrast agent - liver lesion
Hintergrund
Leberspezifische, auch sogenannte hepatobiliäre Kontrastmittel (KM) sind neben extrazellulären KM für die Detektion und Differenzialdiagnose fokaler Leberläsionen in der Magnetresonanztomografie (MRT) fest etabliert. Allerdings fehlen klare Handlungsempfehlungen, die das Für und Wider bezüglich der Wahl des geeigneten KM im radiologischen Alltag berücksichtigen. Lediglich in der zuletzt im Juli 2022 überarbeiteten S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome wird im Hintergrundtext bei „ausgeprägter Zirrhose und bei unklaren Befunden ein MRT mit hepatobiliärem KM zur Analyse der Spätphase“ empfohlen [1 ]. Dies spiegelt jedoch nicht immer die gängige klinische Praxis wider. Insbesondere vor dem Hintergrund der jeweiligen Vor- und Nachteile leberspezifischer und extrazellulärer KM (verbunden u. a. mit Unterschieden in der Pharmakokinetik und -dynamik sowie Kosten) ergeben sich somit zentrale Fragen die Wahl des „richtigen“ bzw. „optimalen“ KM in der klinischen Routine betreffend.
Methodik
Die Autoren dieser Publikation repräsentieren die Arbeitsgruppe (AG) Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG). Die hier dargelegten Vorschläge sind Ergebnis eines nationalen Expertentreffens mit dem Ziel, Handlungsempfehlungen für den Einsatz leberspezifischer KM in der MRT zu erarbeiten. Angelehnt an die Klassifikation der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ist die Methodik vergleichbar mit der einer S1-Leitlinie im Sinne eines informellen Konsenses [2 ]. Die Zielgruppen sind alle Radiologen*innen, die regelmäßig oder auch nur gelegentlich Leber-MRT-Untersuchungen im Rahmen der Abklärung fokaler Leberläsionen durchführen. Bewusst stehen hierbei nicht untersuchungstechnische oder diagnostische Kriterien für die Läsionsbeurteilung an sich im Vordergrund, da es hierzu bereits mannigfaltige und hervorragende Publikationen gibt. Vielmehr werden Empfehlungen für den Einsatz leberspezifischer KM anhand konkreter klinischer Szenarien präsentiert. Dies erfolgt unter Berücksichtigung aktueller Evidenz in der Literatur sowie nationaler und internationaler Leitlinien.
KM-unterstützte Leber MRT
KM-unterstützte Leber MRT
Die meisten KM für magnetresonanztomografische Untersuchungen sind Gadolinium (Gd)-basiert, und führen über Wechselwirkungen mit dem lokalen Magnetfeld zu einer Verkürzung insbesondere der T1-Relaxationszeit im Gewebe. Die Struktur der KM hat Einfluss auf Verteilungsmechanismen im Körper. Dementsprechend können extrazelluläre und leberspezifische (oder hepatobiliäre) KM unterschieden werden. Extrazelluläre KM (beispielsweise Gadobutrol, Gadovist, Bayer Vital GmbH; Gadotersäure, Dotarem, Guerbet) sind seit Jahrzehnten etabliert. Sie sind für die Detektion und Charakterisierung fokaler Leberläsionen gut geeignet, wobei das Anreicherungsverhalten ähnlich wie bei Verwendung jodhaltiger KM in der Computertomografie (CT) auf der Tumorvaskularisation und -morphologie beruht. Die Elimination extrazellulärer KM erfolgt über die Nieren.
Leberspezifische KM sind durch eine partielle hepatozelluläre Aufnahme gekennzeichnet. Der extrazellulär verbliebene Anteil wird kompetitiv über die Nieren ausgeschieden, der hepatozelluläre Anteil wird biliär eliminiert. Die hepatozelluläre Aufnahme wird durch Bindung lipophiler Seitenketten an das Gd-Ion vermittelt. Derzeit sind in Deutschland zwei leberspezifische KM zugelassen, Gd-BOPTA (Multihance, Bracco) und Gd-EOB-DTPA (Primovist, Bayer Healthcare). Im Wesentlichen unterscheiden sich diese beiden KM in dem Anteil, der in die Hepatozyten aufgenommen und folglich biliär eliminiert wird. Bei Patienten mit normaler Leber- und Nierenfunktion werden etwa 50 % von Gd-EOB-DTPA hepatozellulär aufgenommen; für Gd-BOPTA liegt dieser Anteil bei etwa 3–5 % [3 ]
[4 ].
Bei Verwendung leberspezifischer KM erfolgt nach i. v. Bolusinjektion zunächst durch die primär extrazelluläre Verteilung die Bildgebung in der dynamischen Phase zur Beurteilung der Vaskularisation. Anschließend werden Akquisitionen in der leberspezifischen bzw. hepatobiliären Phase durchgeführt. Letztere werden typischerweise 15–20 Minuten nach Injektion von Gd-EOB-DTPA bzw. 60–120 Minuten nach Injektion von Gd-BOPTA angefertigt ([Abb. 1 ]). Durch einen Anstieg des Hintergrundsignals der Leber in der leberspezifischen Phase infolge der hepatozellulären KM-Aufnahme kann der Läsions-Parenchymkontrast erhöht werden [5 ]
[6 ]. Darüber hinaus sind über das Signalverhalten von Läsionen in dieser Phase auch Rückschlüsse auf die hepatozelluläre Funktion von Veränderungen möglich.
Abb. 1 Exemplarisches Untersuchungsprotokoll zur Abklärung fokaler Leberläsionen in der MRT am Beispiel einer 50-jährigen Patientin mit einem Hämangiom im rechten Leberlappen. art = arterielle; pv = portalvenöse; transit. = transitorische; DWI = Diffusionsbildgebung; LS = leberspezifische.
Besonderheiten von Gd-EOB-DTPA
Bei Verwendung leberspezifischer KM kann sich der Bildeindruck von Läsionen insbesondere in den späteren KM-unterstützten Phasen von dem bei Verwendung extrazellulärer KM unterscheiden. Beispielsweise kann der Anstieg des Hintergrundsignals des Leberparenchyms bereits wenige Minuten nach Injektion von Gd-EOB-DTPA zu einem sogenannten Pseudo-Washout führen. Infolgedessen kommen Läsionen, die zwar ein absolut gesteigertes Signalverhalten aufweisen, aufgrund des ebenfalls angestiegenen Hintergrundsignals iso- oder hypointens zur Darstellung ([Abb. 1 ]). Aus diesem Grund sollte das klassisches „Auswaschen“, sprich die Kontrastumkehr, des hepatozellulären Karzinoms (HCC) bei Verwendung von Gd-EOB-DTPA nur in der portalvenösen Phase beurteilt werden [7 ].
Verglichen mit anderen Gd-Chelaten hat Gd-EOB-DTPA eine höhere T1-Relaxivität, wodurch dieses KM in niedrigerer Dosis appliziert werden kann. Die Herstellerempfehlung von 0,1 ml/kg (0,025 mmol/kg) ist allerdings insbesondere in der arteriellen Phase mit einem vergleichsweise flaueren Kontrast verknüpft, der gewöhnungsbedürftig sein kann [8 ]. Um eine günstigere Boluskonfiguration zu erzielen und für das geringe Volumen zu kompensieren, ist es empfehlenswert, die Injektionsgeschwindigkeit während der KM-Applikation auf 1 ml/sec zu reduzieren. Zusätzlich kann das Auftreten von Atemartefakten in der arteriellen Phase, welches gehäuft nach Gabe von Gd-EOB-DTPA beschrieben wurde, die Beurteilbarkeit der Aufnahmen beeinflussen [9 ]
[10 ]
[11 ]
[12 ]. Darüber hinaus gilt es aus ökonomischer Perspektive die teils länderspezifisch vergleichsweise höheren Verbrauchskosten verbunden mit der Verwendung von Gd-EOB-DTPA gegenüber dem Nutzen und hierdurch evtl. nicht mehr notwendigen zusätzlichen Untersuchungen abzuwägen [13 ].
All diese beschriebenen Aspekte mit ihren Vor- und Nachteilen gilt es bei der Wahl des optimalen KM im Rahmen der Diagnostik fokaler Leberläsionen zu berücksichtigen. Im Folgenden präsentieren wir Expertenempfehlungen anhand typischer klinischer Szenarien, die bei der Wahl des KM in der Routine unterstützen sollen. Diese Empfehlungen repräsentieren die konsentierten und Literatur-basierten Expertenempfehlungen der Autoren und stellen keine interdisziplinär erstellte Leitlinie dar.
Szenario 1: Welches KM wird bei Patienten ohne bekannte Vorerkrankungen der Leber zur Abklärung einer inzidentellen Leberläsion empfohlen?
Szenario 1: Welches KM wird bei Patienten ohne bekannte Vorerkrankungen der Leber zur Abklärung einer inzidentellen Leberläsion empfohlen?
Die MRT ist die Methode der Wahl zur Abklärung fokaler Leberläsionen, u. a. aufgrund des hohen intrinsischen Weichteilkontrastes und der fehlenden Strahlenexposition. Die Anamnese der Betroffenen kann bereits erste wertvolle differenzialdiagnostische Hinweise in Hinblick auf die Genese einer Läsion und die weitere Untersuchungsstrategie liefern. Bei Patienten/-innen ohne Malignomanamnese bzw. ohne bekannte Vorerkrankungen der Leber sind die meisten inzidentellen Leberläsionen benigne, allen voran handelt es sich hierbei um Zysten, Hämangiome und fokal noduläre Hyperplasien (FNH). Bei entsprechender Malignomanamnese reduziert sich die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einer inzidentellen Leberläsion um einen benignen Befund handelt, auf etwa 30 % [14 ]. Nationale Leitlinien zur Abklärung inzidenteller Leberläsionen existieren in Deutschland bislang nicht [15 ]. Entsprechende Empfehlungen des American College of Radiology (ACR) für die Abklärung von Zufallsbefunden können als erste Orientierung hilfreich sein [16 ], ebenso wie Empfehlungen der European Society of Gastrointestinal and Abdominal Radiology (ESGAR) [17 ]. Der vorgeschlagene Algorithmus des ACR zur Abklärung inzidentell in der CT detektierter Läsionen basiert im Wesentlichen auf der Größe einer Läsion und dem Risikoprofil des Patienten, geht jedoch auch nicht detaillierter auf die Wahl des KM in der MRT für die weitere Abklärung ein.
Die weitere Abklärung einer inzidentellen, beispielsweise in der Sonografie oder CT-detektierten Leberläsion, ist eine häufige Fragestellung. Im klinischen Alltag liegen nicht selten zum Zeitpunkt der angefragten MRT nur unvollständige klinische Informationen vor, oder es existieren noch diagnostische Unsicherheiten, sodass die MRT mit einem möglichst maximalen Informationsgewinn angefertigt werden sollte. Dies kann ein Argument dafür sein, primär ein leberspezifisches KM einzusetzen. Neben der Perfusion der Läsion können über das Signalverhalten in der leberspezifischen Phase Rückschlüsse auf die hepatozelluläre Funktion der Veränderung gezogen werden. Dabei muss differenziert werden, ob die vermeintliche KM-Aufnahme einer Läsion durch eine vermehrte Perfusion in der spätarteriellen Phase bedingt ist (beispielsweise bei einem Hämangiom), durch eine erhaltene hepatozelluläre Funktion in der leberspezifischen Phase (beispielsweise bei einem Regeneratknoten), oder aber durch ein Vorliegen beider vorgängig beschriebener Mechanismen (beispielsweise bei einer klassischen fokal nodulären Hyperplasie, FNH) ([Abb. 2 ]).
Abb. 2 MRT in der spätarteriellen (A –C ) und hepatozellulären Phase (D –E ) nach Gabe eines leberspezifischen KM bei drei verschiedenen Patienten mit Leberläsionen. Kavernöses Hämangiom mit spätarterieller randständiger KM-Aufnahme (Pfeil in A ) und fehlender KM-Aufnahme in der hepatozellulären Phase (D ). Nicht hypervaskularisierter Regeneratknoten (B ) mit Speicherung des leberspezifischen KM in der hepatozellulären Phase (Pfeil in E ). FNH mit spätarterieller Vaskularisation (Pfeil in C ) und Speicherung des KM in der hepatozellulären Phase (Pfeil in F ).
Im Fall eines kavernösen Hämangioms kann das klassische zentripetale Enhancement in der MRT mit leberspezifischen KM schwerer zu erkennen sein. In der spätarteriellen Phase ist die randständige KM-Aufnahme zunächst vergleichbar mit der bei Verwendung extrazellulärer KM. In der späten dynamischen Phase kommen Hämangiome allerdings aufgrund des gleichzeitigen Anstiegs des Hintergrundsignals der Leber iso- oder hypointens zur Darstellung. Dieses sogenannte „Pseudo-Washout“ kann die Differenzierung zu anderen Läsionen, insbesondere hypervaskularisierten Metastasen erschweren [18 ]
[19 ].
Sowohl die FNH als auch das hepatozelluläre Adenom (HZA) stellen häufige Zufallsbefunde in der Sonographie von jungen Patientinnen ohne bekannte Vorerkrankungen und ohne Malignomanamnese dar. Eine Differenzierung zwischen diesen beiden Tumorarten ist vor dem Hintergrund eines Entartungs- und Blutungsrisikos im Falle eines HZA wichtig. Dies ist auch in Hinblick auf das weitere klinische Prozedere entscheidend, zumal eine Subtypisierung der HZA mit leberspezifischem Kontrastmittel gelingt [20 ]. Beide Tumorentitäten sind in der nativen T1- aber auch in der T2-Bildgebung oftmals schwer von Hintergrundparenchym der Leber abzugrenzen, als möglicher Hinweis auf einen hepatozellulären Ursprung. Darüber hinaus können beide Tumore durch eine oftmals kräftige KM-Aufnahme in der spätarteriellen Phase gekennzeichnet sein ([Abb. 3 ]). Basierend auf dem unterschiedlichen Signalverhalten in der hepatozellulären Phase ist die Differenzierung einer FNH von einem HZA in der MRT nach Gabe leberspezifischer KM verbessert, auch insbesondere dann, wenn die klassische zentrale Narbe einer FNH in der Bildgebung nicht abgrenzbar ist [21 ]
[22 ]. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass für manchen HZA-Subtypen breite Überlappungen vorliegen können.
Abb. 3 MRT einer 23-jährigen Patientin mit einem hepatozellulären Adenom (HZA; A –D ), bzw. einer 25-jährigen Patientin mit einer fokal nodulären Hyperplasie (FNH; E –H ), jeweils im rechten Leberlappen (Pfeile in A –H ). Beide Läsionen sind in der nativen T1w flau hypointens (A , E ) sowie in der T2w (B , F ) flau hyperintens abgrenzbar und kommen in der spätarteriellen Phase (C , G ) mit einem kräftigen Enhancement zur Darstellung. Die Differenzierung zwischen beiden Entitäten gelingt nur in der hepatozellulären Phase (D , H ), in der das HZA hypointens zur Darstellung kommt und die FNH durch eine Speicherung des leberspezifischen KM gekennzeichnet ist.
Empfehlung 1.1 – Allgemein:
Für die Abklärung einer unklaren inzidentellen Leberläsion > 0,5 cm kann der primäre Einsatz eines leberspezifischen KM empfohlen werden, um die MRT mit einem maximalen Informationsgewinn durchzuführen, und neben der Perfusion Rückschlüsse auf die hepatozelluläre Funktion zu ziehen.
Empfehlung 1.2 – Verdachtsdiagnose Hämangiom:
Bei klinischem Verdacht auf das Vorliegen eines Hämangioms kann der Einsatz eines extrazellulären KM von Vorteil sein, um das klassische zentripetale Enhancement besser zu visualisieren.
Empfehlung 1.3 – Differenzierung FNH und Adenom:
Für die Differenzierung einer fokal nodulären Hyperplasie (FNH) gegenüber einem hepatozellulären Adenom (HZA) wird die primäre Verwendung eines leberspezifischen KM in der MRT empfohlen.
Szenario 2: Welches KM wird bei Patienten mit Leberzirrhose zur Abklärung eines HCC empfohlen?
Szenario 2: Welches KM wird bei Patienten mit Leberzirrhose zur Abklärung eines HCC empfohlen?
Mehr als 80 % der hepatozellulären Karzinome (HCC) entstehen auf dem Boden einer Leberzirrhose. Das höchste HCC-Risiko haben Patienten mit einer chronischen Hepatitis-C-Zirrhose (Lebenszeitrisiko: ca. 60 %), gefolgt von Patienten mit einer chronischen Hepatitis B (ca. 50 %), Hämochromatose (ca. 40 %) und alkoholinduzierter Leberzirrhose (ca. 30 %) [23 ]. In der zirrhotischen Leber wird das HCC basierend auf seinem typischen KM-Verhalten in der Bildgebung diagnostiziert, im Sinne einer arteriellen Hypervaskularisation gefolgt von einer Kontrastumkehr, dem sogenannten Auswaschen, in der portal- oder spätvenösen Phase. Entsprechend der aktuellen S3-Leitlinie soll hierfür die kontrastverstärkte MRT zum Einsatz kommen, zunächst ohne Spezifikation des einzusetzenden KM [1 ]. Dies bedeutet, dass sowohl extrazelluläre als auch leberspezifische KM verwendet werden können. Bei Patienten mit bekannter Hämochromatose allerdings ist kein zusätzlicher Informationsgewinn in der hepatozellulären Phase bei Verwendung leberspezifischer KM zu erwarten, da das Leberparenchym aufgrund des hohen Eisengehalts Signal-gemindert zur Darstellung kommt.
Das KM-Verhalten des HCC ist in der spätarteriellen und portalvenösen Phase bei Verwendung extrazellulärer und leberspezifischer KM vergleichbar, wobei das arterielle Enhancement bei Einsatz leberspezifischer KM etwas flauer sein kann ([Abb. 4 ]). Aufgrund des bereits erwähnten Anstiegs des Hintergrundsignals der Leber bereits wenige Minuten nach der KM-Injektion existiert bei Verwendung leberspezifischer KM jedoch keine spätvenöse Phase, sodass das Washout in diesen Fällen nur in der portalvenösen Phase beurteilt werden darf. Das Fehlen einer echten spätvenösen Phase kann somit eine Limitation bei Verwendung leberspezifischer KM sein, wenn es um den Nachweis des Washouts geht. Andererseits kann das Signalverhalten der Läsion in der nun zusätzlich verfügbaren hepatozellulären Phase wertvolle Informationen liefern, und zwar insbesondere dann, wenn das KM-Verhalten einer Läsion in der frühen KM-Dynamik nicht HCC-typisch ist. Studien haben gezeigt, dass in diesen Fällen Hypointensität der Läsion in der hepatozellulären Phase für (Prä-) Malignität spricht [24 ]
[25 ]
[26 ].
Abb. 4 MRT mit extrazellulärem KM bei einem Patienten mit HCC (Pfeile A –C ), bzw. MRT mit leberspezifischem KM bei einem anderen Patienten mit HCC (Pfeile in D –F ). In der arteriellen (A , D ) und portalvenösen Phase (B , E ) ist das Signalverhalten in beiden Fällen ähnlich, wobei der arterielle Kontrast bei Verwendung leberspezifischer KM flauer ausfallen kann. Bei Verwendung extrazellulärer KM kann das Auswaschen einer Läsion zusätzlich in der spätvenösen Phase (C ) beurteilt werden, bei Nutzung leberspezifischer KM suggeriert Hypointensität der Läsion in der hepatozellulären Phase (F ) Malignität.
Hierdurch kann die Sensitivität für die Detektion eines HCC gesteigert werden, allerdings zu Lasten der Spezifität, da u. U. auch prä-maligne Läsionen identifiziert werden. Dieser Umstand wird auch im Hintergrundtext der S3-Leitlinie zum HCC näher erörtert, mit der entsprechenden Anmerkung, dass „bei ausgeprägter Zirrhose und bei unklaren Befunden ein MRT mit hepatobiliären KM zur Analyse der Spätphase ergänzt werden sollte“ [1 ]. Hieraus abgeleitet kann die Durchführung der MRT primär mit einem leberspezifischen KM von Vorteil sein, insbesondere dann, wenn es um die individuelle therapeutische Stratifikation geht [27 ]. Diese Aussage sollte man jedoch kritisch bewerten, da bei Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose und insbesondere erhöhten Bilirubinwerten die hepatozelluläre KM-Aufnahme deutlich eingeschränkt und so der Mehrwehrt einer Bildgebung in der leberspezifischen Phase sehr limitiert ist.
Etwas komplizierter verhält es sich derzeit noch, wenn es um die Listung zur Lebertransplantation von Patienten mit einem HCC geht. In der Richtlinie der Bundesärztekammer (BÄK) zur Organtransplantation gem. § 16 des Transplantationsgesetzes, welche erstmals am 20.06.17 in Kraft getreten ist, wird im Anhang unter „minimal technische Anforderungen für die Leberdiagnostik“ als Spezifikation für die MRT ein „extrazelluläres Kontrastmittel, das keine dominante biliäre Exkretion aufweist“, gefordert [28 ]. Diese Forderung scheint aus dem Englischen übersetzt bzw. aus den US-amerikanischen Empfehlungen des OPTN (Organ Procurement and Transplantation Network) übernommen [29 ] zu sein, und sorgt insbesondere in der Radiologie für Verunsicherung. Es bleibt offen, ob diese Formulierung wirklich impliziert, dass leberspezifische KM, die ja nur zu maximal 50 % biliär und somit streng genommen nicht „dominant“ biliär ausgeschieden werden, nicht zwecks Listung zur Lebertransplantation eingesetzt werden dürfen. Wenn dies der Fall sein sollte, so ist die Rationale hierfür den Autoren dieser Publikation leider nicht gänzlich bekannt. Eine Begründung oder Literaturangabe existiert in der Deutschen Richtlinie zur Lebertransplantation dazu nicht. Eine mögliche Begründung für diese Forderung könnte der flauere arterielle Kontrast bei Verwendung leberspezifischer KM sein, oder aber die geringere Spezifität (trotz höherer Sensitivität), mit dem Risiko, dass auch Patienten mit einer prämalignen Läsion (beispielsweise hochgradig dysplastischer Knoten) zur Transplantation gelistet würden. Vor dem Hintergrund des sich geänderten wissenschaftlichen Fachstandards wäre perspektivisch eine gewisse Kongruenz mit existierenden Leitlinien sicherlich im Sinne der Patientenversorgung, auch um unnötige Doppel- oder Ergänzungsuntersuchungen bei Patienten mit einem HCC zu vermeiden. Eine entsprechende Aktualisierung der BÄK-Richtlinie kann gerne auch unter Einbeziehung von Vertretern der radiologischen Fachgesellschaften erfolgen.
Empfehlung 2.1. – Allgemein:
Bei Patienten mit einer Leberzirrhose wird die Durchführung der MRT primär mit einem leberspezifischen KM empfohlen, um eine hohe Sensitivität für die Detektion eines HCC zu erzielen.
Empfehlung 2.2. – Vor Lebertransplantation:
Im Rahmen der Listung von Patienten zur Lebertransplantation mit dem Ziel einer möglichst hohen Spezifität für die Diagnose eines HCC wird die Durchführung der MRT mit einem extrazellulären KM empfohlen
Szenario 3: Welches KM wird bei Patienten mit einem bekannten extrahepatischen Malignom zum Ausschluss bzw. Nachweis von Lebermetastasen empfohlen?
Szenario 3: Welches KM wird bei Patienten mit einem bekannten extrahepatischen Malignom zum Ausschluss bzw. Nachweis von Lebermetastasen empfohlen?
Die mit Abstand häufigsten malignen Leberläsionen sind Metastasen, allen voran von Karzinomen (v. a. kolorektal, Pankreas und Magen) aus dem Gastrointestinaltrakt [30 ]. In der Zirrhoseleber ist das Malignomrisiko verglichen mit dem bei Patienten ohne bekannte Lebererkrankungen per se deutlich höher, allerdings handelt es sich seltener um Metastasen [14 ]. Die MRT mit extrazellulärem KM ist in den meisten Fällen ausreichend, um Metastasen zu detektieren bzw. auszuschließen. Dabei lässt sich sehr gut zwischen hypo- und hypervaskularisierten Metastasen differenzieren, aber auch nekrotische Metastasen lassen sich v. a. unter Zurhilfenahme der T2- oder Diffusionsbildgebung diagnostizieren. Extrazelluläre KM sind somit für die primäre Abklärung von Lebermetastasen und auch für die Verlaufsbildgebung ausreichend. Aktuelle nationale onkologische Leitlinien gehen nicht detaillierter auf KM-technische Aspekte der MRT-Bildgebung zur Abklärung von Lebermetastasen ein. Stellvertretend sei an dieser Stelle die S3-Leitlinie zum kolorektalen Karzinom angeführt, in der die MRT lediglich im Hintergrundtext Erwähnung findet, und zwar insofern, als sie am besten geeignet ist, eine Lebermetastasierung zu erfassen [31 ]. Analog wird in der S3-Leitlinie des Pankreaskarzinoms präoperativ eine Leber-MRT mit Diffusionswichtung empfohlen, ohne auf die Art des KM einzugehen [32 ].
Die genaue Anzahl bzw. Lokalisation von Metastasen kann jedoch das therapeutische Prozedere entscheidend beeinflussen. Insbesondere bei Patienten mit einem potenziell kurativen Ansatz bzw. vor chirurgischer oder lokaler Therapie gilt es, Metastasen mit höchster diagnostischer Sicherheit auszuschließen bzw. zu detektieren. Durch den hohen Parenchym-Läsion-Kontrast in der hepatozellulären Phase kann die Detektion insbesondere sehr kleiner Metastasen in der MRT mit leberspezifischem KM entscheidend verbessert werden und das therapeutische Prozedere ändern [33 ]. Dementsprechend kann in dieser speziellen Situation die MRT mit einem leberspezifischen KM von Vorteil sein ([Abb. 5 ]).
Abb. 5 56-jähriger Patient mit der Erstdiagnose eines kolorektalen Karzinoms. CT in der portalvenösen Phase (A ) und MRT in der hepatozellulären Phase (B ) nach Gabe eines leberspezifischen KM mit Nachweis multipler Metastasen (Pfeile).
Empfehlung 3.1. – Allgemein:
In den meisten Situationen ist die MRT mit extrazellulärem KM inklusive Diffusions-gewichteter Sequenzen für die Beurteilung einer hepatischen Metastasierung bei Patienten mit extrahepatischen Malignomen ausreichend.
Empfehlung 3.2. – Verlaufsbeurteilung:
Für die reine Verlaufsbildgebung bei Patienten mit extrahepatischen Malignomen wird zur Beurteilung einer hepatischen Metastasierung die MRT mit extrazellulärem KM empfohlen, bzw. ist hierfür ausreichend.
Empfehlung 3.3 – Vor lokaler Therapie:
Vor lokaler oder chirurgischer Therapie und potenziell kurativem Ansatz wird bei Patienten mit extrahepatischen Malignomen die Durchführung der MRT mit leberspezifischem KM empfohlen.
Zusammenfassung
Die MRT ist die Bildgebende Methode der Wahl zur Abklärung fokaler Leberläsionen. Extrazelluläre und leberspezifische KM sind etabliert und kommen gleichermaßen zum Einsatz. Die hier dargestellten Empfehlungen der AG Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik zur Wahl des KM sind situativ bedingt ([Abb. 6 ]) und sollen die Arbeit im klinischen Alltag unterstützen. Die Empfehlungen beruhen auf einem nationalen Expertenkonsensus mit Literatursuche und haben keinen interdisziplinären Leitliniencharakter.
Abb. 6 Algorithmus zum Einsatz extrazellulärer und leberspezifischer KM in der MRT im Rahmen der Abklärung von Leberläsionen. Empfehlungen der AG Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik in der DRG. HCC = hepatozelluläres Karzinom; FNH = fokal noduläre Hyperplasie; LTx = Lebertransplantation; LSKM = leberspezifisches Kontrastmittel; EZ-KM = extrazelluläres Kontrastmittel.