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DOI: 10.1055/a-2209-0277
Liebe DGF-Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen,
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beim Deutschen Fachpflegekongress | Deutschen OP-Tag 2023 in Münster wurde unter anderem über das Thema „Ethik geht uns alle an“ gesprochen. In den Pausen hörten wir oft die Frage: „Wie soll das im OP gehen?“.
Alle Kollegen im OP-Bereich kennen die Situation: Ein Patient wird (not)operiert und doch wird er nicht überleben, denn die Verletzung oder Grunderkrankung ist zu schwer oder nicht mit dem Leben zu vereinbaren. Wir OP-Pflegenden sind nicht an der Indikationsstellung beteiligt, doch es wird von uns erwartet, dass wir schnell, pragmatisch und professionell unsere Arbeit tun. Oft fehlt uns das Hintergrundwissen zu den Wünschen der Patienten. Was hätten sie oder ihre Angehörigen gewollt? Fragen, die uns im Kopf herumschwirren.
Es ist für viele ein ethisches Dilemma, mitzuerleben, dass es für Patienten keine Hilfe mehr gibt, auch wenn die (Notfall-)Operation erfolgreich war. Das geplante OP-Programm und auch gegebenenfalls weitere Notfälle laufen nach diesen Episoden weiter – ohne Unterbrechung oder Atempause. Die anderen Patienten wollen versorgt werden und das mit einem professionellen und hohen Anspruch. Häufig sind die Gedanken noch bei der Operation und bei dem Menschen, der gerade den OP verlassen hat. Kann man in einer solcher Situation einfach zum Alltag zurückkehren? Oft gibt es keinen Raum, um diese Thematiken zu verarbeiten. Manchmal nimmt man sie mit nach Hause. Um sich zu schützen, kann dann schnell eine Entfremdung entstehen: Der Patient wird dann nur noch als Objekt wahrgenommen, zum Beispiel als nächstes kommt „die Galle“.
Wie kann man ein solches Dilemma auflösen? [ Tab. 1 ] [1] zeigt die vier ethischen Prinzipien der Pflege, die auch für den OP-Bereich gelten.
Prinzipien |
Gedanken für die OP-Pflege |
---|---|
Autonomie |
Da der Patient aufgrund der Narkose nicht für sich selbst sorgen kann, übernehmen wir diese Aufgabe. |
Fürsorge |
Die uns anvertrauten Patienten im OP sind auf uns angewiesen, sie sind nicht ansprechbar und erwarten zu Recht unseren Schutz und unsere Fürsorge durch unsere Profession. |
Nichtschaden |
Durch die Umsetzung der Patientensicherheit vermeiden wir Schäden. |
Gerechtigkeit |
Unser Anliegen ist es, jeden Patienten optimal zu versorgen. |
Es ist unser ethischer Wunsch, all diese Prinzipien zu erfüllen und dabei auch die Verantwortung für uns selbst zu übernehmen. Also wie verarbeiten wir die Situationen, wenn wir wissen, dass es für Patienten keine Hilfe mehr gibt? Hierzu einige Gedanken:
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Bereits im Team-Time-Out sollte die Prognose für diese OP und den Patienten angesprochen werden. Dies fördert das Verständnis und die Akzeptanz.
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Ein Gespräch nach dem Ereignis als festes Ritual, am besten mit Menschen, die solche Situationen kennen, kann die Verarbeitung erleichtern.
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Fortbildungen oder Supervisionen zur Thematik „Umgang mit stressigen Situationen“
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Teilnahme an ethischen Fallbesprechungen
Wir wünschen uns in jedem OP für alle Kollegen einen Ansprechpartner, der darin geschult ist, ethische Belange zu beleuchten, Hilfestellung bei der Verarbeitung anzubieten und gerade berufsunerfahrene Kollegen zu begleiten, um zu lernen, mit solchen Situationen selbstfürsorglich und professionell umzugehen.
Denken Sie darüber nach, aus welchen Gründen Sie diesen Beruf gewählt haben, und verdeutlichen Sie sich, wie viel Fürsorge, Schutz und Unterstützung Sie jeden Tag für die Ihnen anvertrauten Patienten leisten.
Ihre Martina Losch und Antje Scheer
Redaktion DGF-Mitteilungen
c/o Antje Scheer, DGF-Geschäftsstellenleitung
DGF e. V.
Alt-Moabit 91
10559 Berlin
Verantwortlich für den Inhalt: Martina Losch, Antje Scheer
Publication History
Article published online:
20 February 2024
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Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Beauchamp TL, Childress JF. Principles of biomedical ethics (8th. ed.). New York: Oxford University Press; 2019