Die Rolle des Komplementsystems bei der Auslösung der
transfusionsassoziierten akuten Lungeninsuffizienz (TRALI) ist bislang wenig
beachtet worden. Dabei wurde schon in den frühen Arbeiten zur TRALI gezeigt,
dass die Anwesenheit einer Komplementquelle für die Entstehung einer
kritisch erhöhten Permeabilität der Lungenkapillaren und das daraus
resultierende Lungenödem relevant sein kann [1]. Dabei kommt dem Antikörper selbst eine entscheidende Rolle
zu: manche Antikörper können auch in Abwesenheit von Komplement eine
schwere TRALI im Lungenmodell induzieren [2].
Diese älteren Befunde werden in der Arbeit von van der Velden et al.
zusammengeführt und weiterentwickelt. Dabei zeigt sich, dass die
Auslösung einer TRALI in der Maus bei bestimmten monoklonalen
Antikörpern gegen MHC-Klasse I von der Verfügbarkeit von Komplement
abhängig ist. Offenbar kann es nach der Bindung des monoklonalen
Antikörpers an seine Zielstruktur auf dem Lungenendothel der Maus zur
Generierung von Komplementfragment C5a kommen, das die Einwanderung neutrophiler
Granulozyten begünstigt. Dieser Befund ist immunologisch zunächst
nicht überraschend. Es ist länger bekannt, dass der Sequestrierung
und Aktivierung von neutrophilen Granulozyten in der Lunge eine
Schlüsselbedeutung in der Pathophysiologie der TRALI zukommt [3]. Auch die histologischen Bilder von an TRALI
Verstorbenen zeigen in der Regel mit neutrophilen Granulozyten regelrecht
„verstopfte“ Lungenkapillaren. Daher ist ebenfalls nicht unerwartet,
dass die in den Lungenkapillaren „gefangenen“ Neutrophilen in den
maximalen Aktivierungszustand der NETosis übergehen, und dass ein
(statistischer) Zusammenhang zwischen der C5a-Konzentration und Markern der NETosis
zu beobachten ist.