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DOI: 10.1055/a-2251-5382
Verbesserte Versorgungs-und Behandlungsoptionen für Patienten mit Hyperphagie-assoziierter Adipositas bei Bardet-Biedl-Syndrom
Improved Care and Treatment Options for Patients with Hyperphagia-Associated Obesity in Bardet-Biedl Syndrome- Zusammenfassung
- Abstract
- Das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS)
- Ursachen
- Klinische Symptomatik
- Diagnostik
- Therapie
- Spezifische pharmakologische Behandlung der Hyperphagie und Adipositas bei BBS mit einem MC4-Rezeptor-Agonisten (Setmelanotid)
- Konzept zur Behandlung der Hyperphagie und der Adipositas bei BBS
- Die Therapie mit Setmelanotid
- Förderung der Therapieadhärenz
- Therapiesupport durch Psychologen und Ernährungsberater
- Unterstützung des Patienten durch Behandlungs- / Pflegedienste
- Zentrengestützte Versorgung
- Transitionsprozess von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin
- Bewertung der Therapie mit Setmelanotid
- Contributor’s Statement
- References
Zusammenfassung
Das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Multisystemerkrankung. Pathophysiologisch liegt eine Funktionsstörung des Primärziliums vor. Die Klinik ist heterogen und variabel und zeigt sich insbesondere in einer Retinadystrophie, Adipositas, Polydaktylie, Nierenauffälligkeiten, Hypogonadismus und Entwicklungsverzögerungen. Mit der Zulassung des Melanocortin 4-Rezeptor-Agonisten Setmelanotid kann erstmals eine medikamentöse Therapie der BBS-assoziierten Hyperphagie und der Adipositas angeboten werden. Hyperphagie und das starke Übergewicht bereits im Kindesalter stellen eine erhebliche Krankheitslast dar und gehen zudem mit einem Komorbiditäts- und erhöhtem Mortalitätsrisiko einher. Aufgrund der limitierten Erfahrungen mit Setmelanotid bei BBS soll hiermit ein tragfähiges umfassendes Therapiekonzept vorgelegt werden. Die Therapie sollte nach genetisch gesicherter Diagnose und individueller Indikationsstellung in Zentren mit spezieller Expertise erfolgen. Voraussetzungen für den bestmöglichen Therapieeffekt mit Setmelanotid ist die adäquate Aufklärung des Patienten über die Modalitäten der Therapie (tägliche subkutane Injektion) und mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Des Weiteren ist gemeinsam mit dem Patienten die Einbeziehung von Psychologen, Ernährungsberatern und Pflegediensten (Support bei der Applikation) zu erwägen. Die Beurteilung des Therapieerfolgs sollte mit geeigneten Outcome-Measurements erfolgen und zur Evidenzförderung zentralisiert mittels etablierter Register-Infrastrukturen erfasst werden.
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Abstract
Bardet-Biedl syndrome (BBS) is a rare, autosomal recessive multisystem disease. The pathophysiological origin is a dysfunction of the primary cilium. Clinical symptoms are heterogeneous and variable: retinal dystrophy, obesity, polydactyly, kidney abnormalities, hypogenitalism and developmental delays are the most common features. By the approval of the melanocortin 4 receptor agonist setmelanotide, a drug therapy for BBS-associated hyperphagia and obesity can be offered for the first time. Hyperphagia and severe obesity represent a considerable burden and are associated with comorbidity and increased mortality risk. Due to the limited experience with setmelanotide in BBS, a viable comprehensive therapy concept is to be presented. Therapy decision and management should be conducted in expert centers. For best therapeutic effects with setmelanotide adequate information of the patient about the modalities of the therapy (daily subcutaneous injection) and possible adverse drug events are necessary. Furthermore, the involvement of psychologists, nutritionists and nursing services (support for the application) should be considered together with the patient. The assessment of therapy response should be carried out with suitable outcome measurements and centrally reported to an adequate register.
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Keywords
Bardet-Biedl syndrome - hyperphagia - obesity - Setmelanotide - therapy conceptArtikel online veröffentlicht 2024Vorbemerkung zur geschlechterspezifischen Sprachregelung: Lediglich aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Text jeweils die männliche Form verwendet.
Das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS)
BBS ist eine seltene, genetisch bedingte Multisystemerkrankung, die sehr unterschiedliche Organsysteme betrifft und nach heutigem Kenntnisstand autosomal-rezessiv vererbt wird [1] Benannt nach den Erstbeschreibern George Bardet (1920) [2] und Artur Biedl (1922) [3], gilt BBS als Modell der nicht-motilen Ziliopathie. Diese umfasst ein heterogenes Spektrum klinischer Manifestationen, insbesondere Retinadystrophie, Adipositas, Polydaktylie, Nierenauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen [1]
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Ursachen
Die Symptomatik bei BBS beruht auf einer Funktionsstörung des Primärziliums (PC) [1] Dieses spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Funktion von Geweben. Es ist an mehreren Signalwegen beteiligt, die u. a. die Zellteilung und -polarität sowie den zellulären Stoffwechsel regulieren. Ursächlich für die ziliäre Fehlfunktion sind im Wesentlichen loss-of-function-Varianten in Genen, die v. a. für Proteine an der Basis des PC kodieren [1] Bislang wurden 26 Gene identifiziert [1] die für die Genese und Funktion des PC unerlässlich sind und deren Varianten zu einem BBS führen können [4] [5] [6] Funktionelle Studien haben gezeigt, dass BBS-Genprodukte zwei multimere Proteinkomplexe bilden: das BBSome [7] (ein Oktamer aus BBS1, BBS2, BBS4, BBS5, BBS7, BBS8, BBS9 und BBIP10) sowie den Chaperonin-Komplex [8] aus MKKS/BBS6, BBS10 und BBS12. Das BBSome ist am intraziliären Transport beteiligt und vermittelt den vesikulären Transport von Membranproteinen zum PC, der Chaperonin-Komplex ist an der Formierung des BBSomes beteiligt [1] [8] Varianten in BBS1 bis BBS18 sind für etwa 70–80% der BBS-Fälle weltweit verantwortlich [9] In westlichen Ländern beruht dabei etwa die Hälfte der Diagnosen auf Varianten in BBS1, BBS2 und BBS10 [10] [11] Aufgrund eines Gründereffektes sind spezifische Varianten in BBS1 und BBS10 für 40–50% der nordeuropäischen BBS-Fälle verantwortlich [12] Insgesamt liegt die Häufigkeit des BBS in Europa bei 1:160 000, in Nordamerika bei 1:120 000 [13]. In einigen isolierten Regionen bzw. Bevölkerungsgruppen ist sie aufgrund vermehrter Konsanguinität bei Eheschließungen weit höher: 1:36 000 unter der gemischten arabischen Bevölkerung in Kuwait und 1:13 500 unter den Beduinen, 1:6900 im Bezirk Jahra. In Neufundland liegt sie bei 1:18 000 und auf den Färöerinseln bei 1:3700 [14] [15] ([Tab. 1] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27]).
Gen; Locus |
Name |
Funktion |
---|---|---|
BBS1; 11q13.2 |
Bardet-Biedl-Syndrom 1 |
Komponente des BBSome |
BBS2; 16q13 |
Bardet-Biedl-Syndrom 2 |
Komponente des BBSome |
BBS3/ARL6; 3q11.2 |
Bardet-Biedl-Syndrom 3 / ADP ribosylation factor like GTPase 6 |
am ziliären Transport beteiligt [16] |
BBS4; 15q24.1 |
Bardet-Biedl-Syndrom 4 |
Komponente des BBSome |
BBS5; 2q31.1 |
Bardet-Biedl-Syndrom 5 |
Komponente des BBSome |
BBS6/MKKS; 20p12.2 |
Bardet-Biedl-Syndrom 6 / MKKS zentrosomales Shuttle-Protein |
unterstützend bei der Bildung des BBSome |
BBS7; 4q27 |
Bardet-Biedl-Syndrom 7 |
Komponente des BBSome |
BBS8 /TTC8; 14q31.3 |
Bardet-Biedl-Syndrom 8 / tetratricopeptide repeat domain 8 |
Komponente des BBSome |
BBS9; 7p14.3 |
Bardet-Biedl-Syndrom 9 |
Komponente des BBSome |
BBS10; 12q21.2 |
Bardet-Biedl-Syndrom 10 |
unterstützend bei der Bildung des BBSome |
BBS11/TRIM32; 9q33.1 |
Bardet-Biedl-Syndrom 11-tripartite motif containing 32 |
E3 Ubiquitinigase / Degradationsprozesse [17] |
BBS12; 4q27 |
Bardet-Biedl-Syndrom 12 |
unterstützend bei der Bildung des BBSome |
BBS13/MKS1; 17q22 |
Bardet-Biedl-Syndrom 13 / MKS transition zone complex subunit 1 |
Komponente des tectonic-like complex an Übergangszone des Primärziliums [18] |
BBS14/CEP290; 12q21.32 |
Bardet-Biedl-Syndrom 14 / centrosomal protein 290 |
an Bildung des Primärziliums beteiligt [19] |
BBS15/WDPCP; 2p15 |
Bardet-Biedl-Syndrom 15 / WD repeat containing planar cell polarity effector |
Kontrolle der Ziliogenese [20] |
BBS16/SDCCAG8; 1q43-q44 |
Bardet-Biedl-Syndrom 16 /S HH signaling and ciliogenesis regulator SDCCAG8 |
an Ziliogenese und am Sonic Hedgehog-Signalweg beteiligt |
BBS17/LZTFL1; 3p21.31 |
Bardet-Biedl-Syndrom 17 / leucine zipper transcription factor like 1 |
Regulator des BBSome-Transports und Sonic Hedgehog-Signallings [21] |
BBS18/BBIP1; 10q25.2 |
Bardet-Biedl-Syndrom 18 / BBSome interacting protein 1 |
Komponente des BBSome |
BBS19/IFT27; 22q12.3 |
Bardet-Biedl-Syndrom 19 / intraflagellar transport 27 |
Komponente intraflagellarer Transport (IFT-B) [21] |
BBS20/IFT172; p23.3 |
Bardet-Biedl-Syndrom 20 / intraflagellar transport 172 |
Komponente intraflagellarer Transport (IFT-B) [22] |
BBS21/CFAP418/ C8orf37; 8q22.1 |
Bardet-Biedl-Syndrom 21 / cilia and flagella associated protein 418 |
unbekannt [23] |
BBS22//IFT74; 9p21.2 |
Bardet-Biedl-Syndrom 20 / intraflagellar transport 74 |
Komponente intraflagellarer Transport (IFT-B) [26] |
CEP19; 3q29 |
Centrosomal protein 19 |
RABL2B GTPase an Zilienbasis / intraflagellarer Transport(IFT)B-Komplex [24] |
NPHP1; 2q13 |
S-phase cyclin A associated protein in the ER |
Zell-Matrix-Signalling an Fokalkontakten [25] |
SCAPER; 15q24.3 |
S-phase cyclin A associated protein in the ER |
Ziliäre Dynamik and Abbauprozesse [26] |
SCLT1; 4q28.2 |
Sodium channel and clathrin linker 1 |
Bestandteil der Verankerung des Primärziliums an Plasmamembran, Ziliogenese [27] |
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Klinische Symptomatik
Die verschiedenen klinischen Zeichen des BBS prägen sich zum Teil erst nach Jahren aus und sind individuell sehr variabel ([Abb. 1] [10] [28] [29] [30] [31]). Die Hauptsymptome treten in der Regel bis zum Ende des 10. Lebensjahres auf [1] Dabei ist die postaxiale Polydaktylie als eines der frühesten Zeichen bereits pränatal erkennbar und betrifft 63–81% der Patienten [1] Einziges konstantes Zeichen bei BBS ist die Netzhautdystrophie [32] [33], die in der Regel bis zum 30. Lebensjahr zur Erblindung führt [1]. Weitere primäre klinische Symptome sind: Adipositas, die sich bei 72–96% der Patienten infolge einer Hyperphagie zumeist innerhalb der ersten drei Lebensjahre manifestiert und deren Begleiterscheinungen zu einer erhöhten Morbidität führen können [1] [34] ([Abb. 2]). Fehlbildungen der Nieren, des Urogenitaltrakts bzw. eine funktionelle Nierenstörung, Hypogonadismus sowie eine psychomotorische Entwicklungsverzögerung u. a. mit Lernproblemen, einer Sprachentwicklungsverzögerung und Verhaltensauffälligkeiten werden ebenfalls beobachtet [1] Kognitive Beeinträchtigungen betreffen 60–66% der BBS-Patienten [1] Bei knapp der Hälfte kommt es zu einer Intelligenzminderung, die häufig moderat ausfällt [35] Die sekundären klinischen Merkmale sind vielfältig und liegen nur bei einigen Betroffenen vor. Hierzu gehören kardiale Auffälligkeiten (insbesondere atrioventrikuläre Septumdefekte und Dextrokardie) [36] [37], Leberfibrose, gastrointestinale Auffälligkeiten (Morbus Hirschsprung, entzündliche Darmerkrankungen und Zöliakie), Gesichtsdysmorphien [38], Lateralisationsdefekte und weitere Extremitätenanomalien (Brachy- und Syndaktylie), weitere ophthalmologische Auffälligkeiten (z. B. Katarakt), Anosmie/Hyposmie, weitere neurologische Auffälligkeiten (leichte Spastik, Ataxie/Koordinationsschwäche) und auch Hörstörungen (Innenohr-Schwerhörigkeit) [1] Bedingt durch die ausgeprägte Adipositas entwickelt sich im Erwachsenenalter häufig ein metabolisches Syndrom, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ 2 und eine obstruktive Schlafapnoe mit ausgeprägter Tagesmüdigkeit [1]
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Diagnostik
Die Verdachtsdiagnose des BBS basiert auf klinischen Kriterien, wobei das zeitversetzte und unterschiedlich stark ausgeprägte Auftreten der Symptome eine frühe Diagnose erschwert [1]. Auch die phänotypische Überschneidung mit anderen syndromalen Ziliopathien erschwert die BBS-Diagnose: So zeigen erwachsene BBS-Patienten häufig klinische Überschneidungen mit dem Senior-Løken- und dem Alström-Syndrom [1] Differenzialdiagnostisch gilt es das BBS u. a. von diesen zu unterscheiden. Eine starke, bereits prä- und postnatale Verdachtsdiagnose auf BBS liegt bei postaxialer Polydaktylie mit zusätzlichen Abnormitäten im Urogenitalbereich bzw. hyperechogenen Nieren im Ultraschall vor [31] [35] Die Entwicklung einer frühen, teils Hyperphagie-assoziierten Adipositas kann ein weiteres wegweisendes Symptom für die Diagnose eines BBS darstellen. Erste Symptome von Netzhautdystrophie können Nachtblindheit und Gesichtsfeldeinschränkungen bei früher Beteiligung der Stäbchen oder eine Minderung der zentralen Sehschärfe bzw. Lesefähigkeit und erhöhte Blendempfindlichkeit bei früher Beteiligung der Zapfen sein. Die anamnestische Nachfragen nach Unsicherheiten beim Dunkelsehen bzw. eine erhöhte Blendempfindlichkeit im Kleinkindalter können daher einen ersten Hinweis geben [35]. Neuere diagnostische Maßnahmen wie ein Elektroretinogramm mit einem handgehaltenen Gerät mit Wangen-Klebeelektroden aber auch bildgebende Diagnostik wie die optische Kohärenztomographie und die Fundus-Autofluoreszenz können die Diagnose der Netzhautdystrophie bereits vor dem Grundschulalter ermöglichen. Eine Prüfung der Sehschärfe und des Gesichtsfeldes kann ebenfalls bereits bei Kleinkindern erfolgen. Die finale Diagnosesicherung kann jedoch ausschließlich molekulargenetisch erfolgen. Hierfür stehen heute sowohl spezifische Multigen-Panels („Next Generation Sequencing“) als auch das Whole Exome Sequencing zur Verfügung [10] [35] Die Diagnose gilt als genetisch gesichert, wenn eine biallelische Variante der Klasse 4 oder 5 vorliegt. Bei monoallelischen Varianten der Klasse 4/5 und Symptomen, die sehr auf ein BBS hindeuten, sind weitere genetische Analysen notwendig (z. B. WGS oder RNAseq). Das durchschnittliche Alter bei der Diagnosestellung beträgt 9,5 Jahre, ist jedoch extrem variabel [32]
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Therapie
Aktuell existiert keine ursächliche Behandlung des BBS z. B. im Sinne einer modulierenden Therapie oder einer Gentherapie. Daher ist bereits ab dem Kindesalter ein multimodaler, interdisziplinärer und symptomatischer Therapieansatz anzustreben, der die multiplen Organ-Dysfunktionen berücksichtigt und auf die individuelle Manifestation und die Bedürfnisse des Patienten angepasst ist. Je nach führender Symptomkonstellation sind im wesentlichen (pädiatrische) Nephrologen, (pädiatrische) Endokrinologen, Ophthalmologen mit spezieller Erfahrung in der Betreuung von Patienten mit Retinitis pigmentosa, (pädiatrische) Gastroenterologen, (pädiatrische) Neurologen, Urologen, Gynäkologen, Dermatologen, sowie Humangenetiker, Psychologen, Psychiater, Ernährungsmediziner bzw. -berater und Sozialarbeiter in die Behandlung einzubeziehen [1]. Speziell zur Prävention und Behandlung der Hyperphagie und der Adipositas konnte bislang nur eine Lebensstil-Intervention mit einer Kontrolle der Nahrungsmittelauswahl und Nahrungsmenge sowie einer Steigerung der körperlichen Bewegung angeboten werden. Bei extrem ausgeprägter Adipositas kann eine Adipositas-chirurgische Intervention erwogen werden, wobei der Nutzen bei der vorliegenden Hyperphagie nicht dauerhaft zu sein scheint [[1] Bei jugendlichen Patienten ist die Indikation einer entsprechenden Operation besonders zurückhaltend zu stellen. Allerdings bedeuten die Hyperphagie und das starke Übergewicht bereits im Kindesalter eine erhebliche Krankheitslast und gehen außerdem mit dem Risiko für Komorbidität und erhöhte Mortalität einher, was den medizinischen Bedarf einer gezielten Therapieoption für diese Symptome begründet.
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Spezifische pharmakologische Behandlung der Hyperphagie und Adipositas bei BBS mit einem MC4-Rezeptor-Agonisten (Setmelanotid)
Alle seit 1998 identifizierten Genvarianten, die zu einer angeborenen und frühmanifesten Adipositas führen, kodieren Proteine, die im weitesten Sinne in den hypothalamischen Leptin-Melanocortin-Regelkreis eingebunden sind. Eine zentrale Rolle in dieser Regulation spielt ein G-Protein gekoppelter Rezeptor, der Melanocortin 4-Rezeptor (MC4R), der im Hypothalamus nach Bindung des Peptids MSH (melanocyte-stimulating hormone) ein Signal der „Sattheit“ vermittelt. Eine genetisch bedingte Adipositas, die zu einem MSH-Mangel führt (z. B. Leptinmangel, Leptin-Rezeptor-Defekte, Proopiomelanocortin (POMC)-Mangel), ist durch fehlendes Sättigungsgefühl, gesteigerten Hunger und eine sehr frühe, ausgeprägte Adipositas gekennzeichnet. Auch bei BBS wird von einer verminderten Signalwirkung am MC4-Rezeptor ausgegangen ([Abb. 3] [39] [40] [41] [42] [43] [44] [45] [46] [47]). Diese beruht auf einer Fehlfunktion des BBSome-vermittelten Leptinrezeptortransports an POMC-Neuronen, die den MC4R-Neuronen vorgeschaltet sind, und diese im Normalzustand aktivieren: Leptin, das im Fettgewebe produziert wird, passiert die Blut-Hirnschranke und bindet an den Leptin Rezeptor (LEPR) auf POMC-Neuronen. Nach ausreichender Nahrungsaufnahme wird beim Gesunden dadurch vermehrt POMC aktiviert, das von der Proprotein-Convertase durch die Proprotein-Convertase Subtilisin sowie Kexin Typ 1 zu Melanocortin-Peptiden (α-Melanozyten-stimulierendes Hormon [α-MSH] und β-MSH) prozessiert wird. Diese wiederum binden an MC4R und aktivieren den Rezeptor, wodurch die Nahrungsaufnahme reduziert wird [45] [48] [49] Die bei BBS gestörte MC4R-Signalvermittlung trägt zudem auch zu einem verminderten Energieverbrauch bei, die früh einsetzende Adipositas begünstigt [50].
Mit der Zulassung von Setmelanotid (Handelsname Imcivree) kann nun erstmals eine medikamentöse Therapie der BBS-assoziierten Hyperphagie und Adipositas angeboten werden. Setmelanotid ist ein selektiver MC4-Rezeptor-Agonist, der bei genetischen Formen der Adipositas, die mit einer unzureichenden Aktivierung des MC4-Rezeptors zusammenhängen, die Aktivität des MC4-Rezeptor-Signalwegs wiederherstellt, um das Hungergefühl zu reduzieren. Durch die folgende reduzierte Kalorienzufuhr und den erhöhten Energieumsatz kommt es zur gewünschten Gewichtsabnahme [51] Setmelanotid findet daher seine Anwendung in der Therapie von Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren mit Hyperphagie-assoziierter Adipositas im Zusammenhang mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedl-Syndrom (BBS), durch Funktionsverlustmutationen bedingtem biallelischem Proopiomelanocortin (POMC)-Mangel (einschließlich Proprotein Convertase Subtilisin / Kexin Type 1 (PCSK1)) oder biallelischem Leptinrezeptor (LEPR)-Mangel [51]
In einer multizentrischen 14-wöchigen doppelblinden, plazebokontrollierten Phase 3-Zulassungsstudie [52] wurden die Wirksamkeit und die Verträglichkeit von Setmelanotid bei Patienten mit BBS und Adipositas sowie bei Patienten mit Alström-Syndrom und Adipositas untersucht. Adipositas wurde für 6 bis 15-jährige Studienteilnehmer als BMI>dem 97. Alters- und Geschlechts-Perzentil, ab 16 Jahren als BMI≥30 kg/m² definiert. Die Patienten erhielten 3,0 mg Setmelanotid subkutan täglich (N=19) oder Plazebo (N=19). An die 14-wöchige plazebokontrollierte Phase schloss sich eine 52-wöchige open label-Medikation an. Der primäre Endpunkt wurde als der Anteil der Patienten (12 Jahre oder älter) definiert, der eine mindestens 10-prozentige Gewichtsreduktion nach 52-wöchiger Behandlung mit Setmelanotid erreichte.
Von den über 18-jährigen BBS-Patienten wiesen 60% einen Gewichtsverlust von≥5% und 46,7% erreichten den primären Endpunkt mit einem Gewichtsverlust von≥10%. Der mittlere Gewichtsverlust lag bei 9,4±9,4 kg (−7,6±7,1%) und die mittlere Reduktion des BMI betrug −4,2±3,3 kg/m² (−9,1±6,8%) gegenüber dem Ausgangswert. Im Vergleich zeigte sich bei Patienten mit Leptin-Rezeptor-Defekten ein vergleichbares Ansprechen auf Setmelanotid (45% mit Gewichtsverlust≥10%) und bei Patienten mit POMC-Mangel ein besseres Ansprechen (80% mit Gewichtsverlust≥10 Punkten) verglichen mit der BBS-Kohorte [53]
Bei den Patienten mit BBS im Alter von<18 Jahren lag der Anteil mit einer Gewichtsreduktion von≥10% mit 35,7% zwar etwas niedriger im Vergleich zur Erwachsenenkohorte, jedoch ist aufgrund der physiologischen kindlichen Längen – und Gewichtsentwicklung der BMI-Z Score als Instrument gegenüber der prozentualen Gewichtsabnahme als aussagekräftiger zu bewerten. Hier zeigte sich bei den Kindern und Jugendlichen eine mittlere Verringerung des BMI-Z-Scores gegenüber Studienbeginn um 0,75±0,5 (Reduktion von 3,7±1,3 auf 3,0±1,5), 85,7% erreichten dabei eine Verringerung des BMI-Z-Scores um≥0,2 Punkte. Im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen mit Leptin-Rezeptor-Defekten zeigte sich ein etwas besseres Ansprechen auf Setmelanotid bei BBS (BMI-Z Score Verringerung −0,5±0,4), jedoch bei Patienten mit POMC-Mangel ein noch besseres Ansprechen (−1,6±0,9) verglichen mit der BBS-Kohorte bei insgesamt deutlich geringen Fallzahlen (n=3 bzw. n=6; BBS Kohorte n=16) [53]
62,5% der Patienten im Alter von≥12 Jahren ohne kognitive Beeinträchtigung erreichten eine≥25 %ige Reduktion des maximalen Hunger-Scores nach 1 Jahr Behandlung mit Setmelanotid [52] Bei den BBS-Studienteilnehmern wurde zudem eine Abnahme des Gesamtcholesterins, des LDL-Cholesterins, der Triglyceride, des Körperfetts und des Hüftumfangs nach 52-wöchiger Therapie mit Setmelanotid beobachtet. Insgesamt wurde Setmelanotid gut vertragen. Zu den am häufigsten berichteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) zählten eine Hyperpigmentierung der Haut (61%), Hautirritationen an der Injektionsstelle (48%) und Übelkeit (34%) [51] [52].
Weitere Zusatzanalysen zeigten zudem deutliche Verbesserungen der Lebensqualität in verschiedenen Bereichen inklusive der körperlichen Leistungsfähigkeit, des Selbstwertgefühls und sozialer Interaktion sowohl bei Erwachsenen und Kindern unter Setmelanotidtherapie, jeweils in Korrelation zum Ausmaß der Gewichtsreduktion [54] Jüngst konnte zudem für monogenetische Adipositasformen gezeigt werden, dass unter Setmelanotid im Gegensatz zum fehlenden Erfolg unter konservativen Therapiemaßnahmen ein signifikanter Gewichtsverlust erzielt werden konnte [55] [56]
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Konzept zur Behandlung der Hyperphagie und der Adipositas bei BBS
Das BBS ist genetisch heterogen und weist in der klinischen Präsentation eine hohe interindividuelle als auch zum Teil intrafamiliäre Variabilität auf. Dem sollte zum einen durch eine verantwortliche Kommunikation mit den Patienten und ihren Familien Rechnung getragen werden. Zum anderen sind kompetente Behandlungsstrukturen zu etablieren, damit die Therapie qualitätsgesichert erfolgen kann. Es besteht Konsens zwischen den behandelnden Ärzten, den Betroffenen sowie ihren Angehörigen darüber, dass die alleinige medikamentöse Therapie der Adipositas nicht ausreichend für eine umfassende Versorgung der Patienten mit BBS sein wird.
Aufgrund der limitierten Erfahrungen mit Setmelanotid bei BBS soll hiermit ein tragfähiges Konzept vorgelegt werden, das sinnvolle klinische Parameter, adäquate Messinstrumente des Therapie-Outcomes sowie Indikatoren zur Datenerhebung einschließt. Die Behandlung zielt sowohl auf die Reduktion der Hyperphagie als auch der Adipositas. Das Ausmaß der Hyperphagie ist schwierig zu objektivieren und daher nur subjektiv mittels entsprechend validierter Fragebögen beurteilbar. Über das Ausmaß der Adipositas gibt hingegen der Body-Mass-Index – Standard Deviation Score (BMI-SDS)-Wert objektiv Aufschluss. Zudem sollten vor Behandlungsbeginn der Anteil der Fett-und Muskelmasse, die Maßnahmen, die bislang zur Behandlung der Hyperphagie/Adipositas und der anderen BBS-Symptome ergriffen wurden, erfasst werden. Auch der Bewegungsstatus, Ernährungsgewohnheiten, der Grad der Nierenbeteiligung, metabolische Parameter, eine eventuell vorhandene Seheinschränkung sowie die Einschränkung der Lebensqualität sollten dokumentiert werden ([Abb. 4]). Grundsätzlich ist die Therapie mit Setmelanotid so früh wie möglich anzustreben, da eine Adipositas im Kindes- und Jugendalter ein erheblich erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko für das Erwachsenenalter darstellt, insbesondere in Bezug auf die Entwicklung eines Diabetes mellitus, kardiometabolischer sowie maligner Erkrankungen [57] Bislang ist eine Therapie ab dem 6. Lebensjahr möglich. Da die Adipositas bei BBS sich jedoch in den meisten Fällen bereits Ende des ersten Lebensjahres manifestiert, erscheint ein entsprechend früherer Therapiestart wünschenswert [34] [51] Publizierte Fallberichte zur Anwendung von Setmelanotid im Kleinkindalter liegen jedoch bisher nicht vor; eine Studie zur Sicherheit und Verträglichkeit der Anwendung von Setmelanotid bei 2–6-Jährigen wird derzeit durchgeführt. Im Einzelfall (z. B. bei fehlender oder sich verschlechternder Gehfähigkeit durch die ausgeprägte Adipositas) kann medizinisch begründet jedoch bereits heute die Anwendung von Setmelanotid im Sinne eines individuellen Heilversuchs erwogen werden.
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Die Therapie mit Setmelanotid
Die genetisch gesicherte Diagnose ist die Voraussetzung für die Behandlung mit Setmelanotid [51] Die Rate der molekularen Diagnosesicherung liegt mit der derzeit verfügbaren Methodik bei über 95%. Bei BBS-Patienten mit einer oder zwei Klasse 3-Varianten oder bei Patienten mit zunächst nur heterozygot nachgewiesener Klasse 4 oder 5 Variante, jedoch klinisch wegweisenden Zeichen eines BBS, sollte zur weiteren Klärung ein Expertengremium hinzugezogen werden.
Nach genetisch gesicherter Diagnose ist die Indikationsstellung zur Behandlung mit Setmelanotid für jeden Patienten individuell abzuwägen. Dabei gilt ein BMI-SDS≥2 als Richtwert für die Indikationsstellung zu einer Behandlung mit Setmelanotid. Bei einem BMI-SDS unter 2, hohem Leidensdruck und stark ausgeprägtem Hungergefühl ist in Absprache mit dem Patienten zu prüfen, ob eine Fallkonferenz unter Einbeziehung eines Expertengremiums einberufen wird. Bei einem BMI-SDS unter 1 ist eine Therapie mit Setmelanotid nicht indiziert. Im Fall einer terminalen Niereninsuffizienz kann eine Therapie aufgrund fehlender Zulassung ebenfalls nicht erfolgen.
Setmelanotid wird durch tägliche subkutane Einmalinjekionen verabreicht: bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren in den ersten 2 Wochen 2 mg und folgend 3 mg als Enddosis, bei Kindern zwischen 6 und 16 Jahren beträgt die Dosis in Woche 1 1 mg, in Woche 2 2 mg und in der Folge ebenfalls 3 mg. Bei einer schweren Nierenfunktionsstörung (eGFR 15–29 ml/min/1,73 m²) ist die Anfangsdosis niedriger (>12 Jahre: 0,5 mg; 6–12 Jahre 0,25 mg) und die folgenden Dosissteigerungen kleinschrittiger und abhängig vom Ansprechen zu wählen. Für alle Gruppen gilt, dass bei anfänglichen Verträglichkeitsproblemen ein Steigerungsschritt zurückgenommen oder die Anfangsdosis halbiert werden kann. Kontraindiziert ist der Einsatz von Setmelanotid bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff. Als Vorsichtsmassnahme sollte keine Anwendung bei geplanter oder bestehender Schwangerschaft oder in der Stillzeit erfolgen [51]. Das Monitoring der Therapie mit Setmelanotid sollte nach den Empfehlungen in [Abb. 4] erfolgen.
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Förderung der Therapieadhärenz
Um den bestmöglichen Therapieeffekt mit Setmelanotid für den Patienten zu erreichen, sind ein adäquates Maß an Therapieverständnis und -adhärenz seitens der Patienten gefordert. Durch ein sorgfältiges Aufklärungsgespräch über die Modalitäten der Therapie mit Setmelanotid kann der Patient hierbei unterstützt werden. So ist es wesentlich zu vermitteln, dass es sich bei Setmelanotid um ein hilfsmittelabhängiges Medikament handelt, das täglich subkutan injiziert werden muss und grundsätzlich als Dauermedikation vorgesehen ist. Die zuverlässige Verfügbarkeit des Hilfsmittels „Injektionsspritze“ ist daher die Voraussetzung für eine Therapie mit Setmelanotid und muss gewährleistet sein. Zudem müssen Patienten bzw. deren Versorger (Eltern / Angehörige / Pflegepersonal) in die korrekte Applikation mittels Schulungen eingewiesen werden. Darüber hinaus sollte geklärt werden, wer für Fragen zur Anwendung zur Verfügung steht und gegebenenfalls bei der administrativen Therapiekoordination (z. B. Erinnerung an Rezeptanforderungen, Überweisungen) unterstützen kann.
Aufgrund der häufig eingeschränkten Sehfähigkeit der Patienten besteht folgender Konsens: Vor Therapiebeginn sollte der Patient einer der folgenden Gruppen zugeordnet werden, um die Durchführung der Therapie zu planen:
Gruppe 1: Erwachsene, die in Wohngemeinschaft mit ihren Versorgern leben
Gruppe 2: Erwachsene ohne Versorgungsunterstützung
Gruppe 3: Minderjährige in der Obhut ihrer Eltern / Versorger
Je nach Zuordnung ist eine notwendige Unterstützung bei der täglichen Injektion zu erwägen. Ist die Sehfähigkeit des Patienten eingeschränkt und dadurch eine Selbstinjektion erschwert oder unmöglich, müssen Angehörige u. a. involviert werden. Bei alleinstehenden, erwachsenen BBS-Patienten ist die Unterstützung durch Dritte (z. B. durch einen Behandlungs- / Pflegedienst) zu besprechen. Die Injektionsspritze mit der korrekten Dosis aufzuziehen kann allerdings auch für nicht Seheingeschränkte durchaus herausfordernd sein, da die maximale Enddosis von 3 mg nur einem Injektionsvolumen von 0,3 ml entspricht. Hier ist ebenfalls zu prüfen, ob eine Unterstützung notwendig ist.
Um eine realistische Erwartungshaltung und Therapieakzeptanz entwickeln zu können, sollte der Patient über den erst in Wochen bis Monaten zu erwartenden Wirkeintritt, die kontinuierliche, von der Größenordnung her jedoch interindividuell sehr variable Gewichtsabnahme, die Therapiedauer und die Art und Dauer der unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) umfassend informiert werden.
Insbesondere über folgende potentiell auftretende UAW sollten Patienten im Vorfeld der Therapie informiert werden [51]
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eine ubiquitäre Hyperpigmentierung der Haut, die damit verbundene Veränderung der Haut kann für manche Patienten problematisch erscheinen. Dies sollte explizit angesprochen werden. Auf einen adäquaten Sonnenschutz sollte hingewiesen werden.
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Dunklerfärbung vorhandener Nävi. Diesbezüglich werden eine dermatologische Fotodokumentation der Nävi zum Therapiestart sowie anschließende Verlaufskontrollen unter Therapie, intervall-abhängig von den Vorbefunden empfohlen. Auch hier sollte auf einen adäquaten Sonnenschutz hingewiesen werden.
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seltenere Therapie-assoziierte und zumeist transiente und mild bis moderat ausgeprägte UAW wie Übelkeit, Erbrechen, Lokalreaktionen an der Injektionsstelle und Spontanerektionen bei männlichen Patienten
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mögliche psychiatrische UAW und Auswirkungen auf die Stimmungslage der Patienten (insbesondere depressive Verstimmungen) wurden in den klinischen Studien gelegentlich beobachtet. Ob es sich hierbei um einen direkten Zusammenhang mit der Medikation handelt oder um Symptome im Rahmen der Grunderkrankung, konnte bislang nicht abschließend geklärt werden.
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Therapiesupport durch Psychologen und Ernährungsberater
Eine psychologische Unterstützung und Begleitung des Patienten bei der Therapie mit Setmelanotid ist grundsätzlich sinnvoll, sollte jedoch individuell erwogen und mit den Patienten bzw. deren Angehörigen abgesprochen werden. Erfahrungsgemäß sind BBS-Patienten Injektionen gegenüber auffallend oft skeptisch eingestellt. Insbesondere bei Patienten mit kognitiven Einschränkungen oder Kindern kann es hilfreich sein, etwaige Ängste mit Hilfe eines Psychologen abzubauen. Das Etablieren von Ritualen, das bei BBS-Patienten überdurchschnittlich häufig beobachtet wird, kann hierbei einen probaten Ansatz bieten, um die Akzeptanz täglicher Injektionen zu erhöhen. Zusätzlich kann der systematische Einsatz lokalanästhetisch wirksamer Hautpflaster hilfreich sein. Eine professionelle Ernährungsberatung sowie die konsequente Anleitung zu Bewegung und Sport sollte die Therapie stets begleiten.
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Unterstützung des Patienten durch Behandlungs- / Pflegedienste
Es kann notwendig sein, mit dem Patienten zu entscheiden, ob ein Behandlungs- / Pflegedienst in Anspruch genommen werden soll, um eine qualitätsgesicherte Behandlung zu erreichen. Dies ist nicht ausschließlich davon abhängig, ob der Patient selbst bzw. Angehörige oder Freunde die Injektion vornehmen können, sondern auch von der Bereitschaft des Patienten, den täglichen Besuch eines Behandlungs- / Pflegedienstes zu akzeptieren. Darüber hinaus ist die Finanzierbarkeit der Leistungen durch den Behandlungs- / Pflegedienst mit dem Patienten zu besprechen. Es besteht kein grundsätzlicher Anspruch auf die Kostenübernahme der Leistungen eines externen Versorgers seitens der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Hier sind die Voraussetzungen abhängig von der jeweiligen Pflegegradeinstufung.
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Zentrengestützte Versorgung
Generell sollte die Therapie in Zentren mit einer speziellen Expertise und ausreichender Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit BBS erfolgen. Hierzu ist ein interdisziplinäres BBS-Expertenteam (z. B. mindestens bestehend aus einem (pädiatrischen) Endokrinologen, (pädiatrischen) Nephrologen, Ophthalmologen) sowie multiprofessioneller Beratung (z. B. mindestens ein Psychologe, ein Ernährungsberater) erforderlich. Um eine qualitativ hochwertige Versorgung in der Fläche zu ermöglichen, sind Zentren in der gesamten Bundesrepublik vorhanden. Hilfestellung bei der Suche entsprechender Zentren, die diesen Anforderungen entsprechen, gibt die Patientenorganisation Pro Retina (www.pro-retina.de) auf Anfrage: Tel. (02 28) 227 217 0 / E-Mail: info@pro-retina.de
Idealerweise kooperiert das BBS-Zentrum mit den primärversorgenden Pädiatern bzw. Erwachsenenmedizinern. Um komplexe diagnostische und therapeutische Fragestellungen zu diskutieren und zu entscheiden, sollten interdisziplinäre Fallkonferenzen in den Zentren sowie standortübergreifend zwischen den Zentren eingerichtet werden. Zudem sollte jedes Zentrum seine regionalen Zuweisungen koordinieren und ein entsprechendes Management etablieren.
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Transitionsprozess von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin
Eine Herausforderung, insbesondere bei seltenen Erkrankungen, stellt der Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter und der damit verbundene Wechsel des Primärbehandlers dar. Hier muss ein neuer Primärbehandler bzw. Therapiekoordinator gefunden werden. Der Erstbehandler (zumeist ein pädiatrischer Nephrologe oder Endokrinologe) sollte daher den Transitionsprozess für seine Patienten frühzeitig und sorgfältig planen. Hilfreich können Netzwerke zwischen pädiatrischen Ärzten und Erwachsenenmedizinern sein, um einen koordinierten und lückenlosen Übergang von der pädiatrischen hin zur Erwachsenen-BBS-Therapie zu gewährleisten.
Im Übrigen ist es beabsichtigt, BBS als Themenpunkt in die S3-Leitlinie Transition von jungen Menschen mit Adipositas von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin (AWMF-Registernummer 050–003, Deutsche Adipositas-Gesellschaft e. V.) zu integrieren. Die Leitlinie ist derzeit in Erstellung.
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Bewertung der Therapie mit Setmelanotid
Die Beurteilung des Therapieerfolgs sollte auf der Basis eines standardisierten und realistischen Outcome-Measurements erfolgen. Dazu könnten die in [Abb. 4] aufgeführten Parameter vor Beginn der Therapie und bei jeder Visite bzw. jährlich dokumentiert werden. Eine langfristig (Mindesttherapiedauer 1 Jahr) signifikante Reduktion des Gewichts (≥5%) bzw. des BMI-Z-Scores (≥0,2) ist hierbei als Therapieerfolg zu werten, die Therapie sollte fortgeführt werden. Bei fehlender oder nur geringer Gewichts- / BMI-Z-Score-Reduktion ist ein Therapiestopp für den jeweiligen individuellen Fall in Expertenkonferenzen zu diskutieren. Zur Beurteilung der Therapieadhärenz des Patienten erscheint die Beobachtung der Hyperpigmentierung der Haut praktikabel, da diese stets mit der Verabreichung von Setmelanotid einhergeht und nach Absetzen des Medikaments reversibel ist. Zusätzlich ist eine Dokumentation der täglichen Injektionen, der Gewichtsveränderung und eventuell die Selbsteinschätzung des Patienten mittels einer App-Lösung, wie sie im Rahmen des Neocyst-Projektes (Network for Early Onset Cystic Kidney Diseases, www.neocyst.de) für 2023 initiiert wird, sinnvoll.
BBS-spezifische Patient-reported outcome measures (PROMs) sind derzeit noch nicht etabliert und stehen damit nicht zur Verfügung. Beispielhaft wird die Verwendung folgender validierter Standard-Scores vorgeschlagen:
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DEBQ (Dutch Eating Behaviour Questionnaire)
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SF-12 (Short-Form Health Survey-12)
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PedsQL (Pediatric Quality of Life Inventory)
Die Befragung des Patienten sollte vor Beginn der Therapie (z. B. im Rahmen des Therapieaufklärungsgesprächs) erfolgen und nach 3, 6 und 12 Monaten wiederholt werden. Die Erhebung der Outcome-Daten (klinische Parameter und PROMs) sollte zu wissenschaftlichen Zwecken und zur Evidenzförderung systematisch und zentralisiert erfolgen. Hierfür bietet sich eine bereits etablierte Register-Infrastruktur wie bei dem NEOCYST-Register (Network for Early Onset Cystic Kidney Diseases, www.neocyst.de) an. Weitere Register, die BBS-Patienten-Daten aufnehmen, sind das ERKNet-Register (European Rare Kidney Disease Reference Network) oder die ophthalmologische RetDis Biobank in Tübingen. Wünschenswert wäre ein enger Datenabgleich zwischen den entsprechenden Registern. In jedem Fall bedarf es jedoch für die Nutzung der etablierten Registerstrukturen zum Datenmonitoring eines unterzeichneten Patienteneinverständnisses sowie der Zustimmung der lokalen Ethik-Kommission. Details hierzu sind auf den jeweiligen Webseiten der Netzwerke finden.
Bisher veröffentlichte Erfahrungen beziehen sich auf ein limitiertes Beobachtungsintervall von lediglich 12 Monaten. Zudem war die Anzahl der therapierten Individuen in den Zulassungsstudien aufgrund der Seltenheit des Bardet Biedl Syndroms auf 32 beschränkt. Es wird daher Aufgabe der behandelnden Zentren und Fachgesellschaften sein, anhand strukturierter longitudinaler Datenerfassung mögliche Unterschiede im Therapieansprechen und Wirkprofile, Einfluss von Genotyp und Alter bei Therapiebeginn auf den Therapieerfolg sowie insbesondere unerwünschte Wirkungen zu erfassen, wissenschaftlich auszuwerten und zu veröffentlichen, um zukünftig Anpassungen der derzeitigen Therapieempfehlungen vornehmen zu können.
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Contributor’s Statement
The consensus for this expert recommendation has been reached on the basis of two group meetings ( 1 virtual / 1 face-to-face) and regular written exchanges and discussion. M. Cetiner: contribution to manuscript concept and design, literatur collection and analysis, drafting and revising manuscript C. Bergmann: literatur collection and analysis, drafting and revising manuscript M. Bettendorf: drafting manuscript J. Faust: drafting manuscript A. Gäckler: drafting manuscript B. Gillißen: drafting manuscript M. Hansen: drafting manuscript M. Kerber: drafting manuscript G. Klaus: drafting manuscript J. König: literatur collection and analysis, drafting and revising manuscript L. Kühlewein: drafting manuscript J. Oh: drafting manuscript L. Pape: contribution to manuscript concept and design, literatur collection and analysis, drafting and revising manuscript A. Richter-Unruh: drafting manuscript J. von Schnurbein: literatur collection and analysis, drafting manuscript M. Wabitsch: drafting manuscript S. Weihrauch-Blüher: drafting manuscript
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Interessenkonflikt
M.C., C.B., J.K., J.O., L.P., J.vS., L.P. haben während der letzten 3 Jahre ein Beraterhonorar von der Firma Rhythm Pharmaceuticals erhalten, M.C., L.P. haben während der letzten 3 Jahre Vortragshonorare von der Firma Rhythm Pharmaceuticals erhalten. M.C. erhielt während der letzten 3 Jahre Studienunterstützung von der Firma Rhythm Pharmaceuticals. M.B., J.F., A.G., B.G., M.H., M.K., G.K., L.K., A.RU, M.W., S.WB geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Acknowledgement
The authors gratefully acknowledge support from the BBS working group of Pro Retina Deutschland e.V., from the NEOCYST Collaborative Research Project on Rare Diseases (www.neocyst.de), which is funded by the German Federal Ministry of Education and Research (BMBF) (grant number 01GM1903), from the European Reference Network for Rare Kidney Diseases ERKNet, which is partly co-funded by the European Union under the Third Health Programme “ERN-2016-Framework Partnership Agreement 2017–2021” and from Rhythm Pharmaceuticals.
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08. März 2024
© 2024. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).
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