KJP up2date 2024; 01(02): 99-100
DOI: 10.1055/a-2252-8083
Editorial

Zusammenarbeit innerhalb der KJP-Berufe

Katajun Lindenberg
,
Raphael Florian Gutzweiler

Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung einer gesunden Gesellschaft. Ein großer Teil der globalen Krankheitslast ist auf psychische Störungen zurückzuführen, von denen die meisten im Kindes- und Jugendalter erstmals auftreten. Im Jahr 2021 waren psychische Störungen bei 10- bis 17-Jährigen die häufigste Ursache für Krankenhausbehandlungen in Deutschland.

Durch multiple aktuelle Krisen ist die Sorge um die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen präsenter denn je. Zugleich gibt es eine erhebliche Unterversorgung in den heilkundlichen Bereichen, die sich mit der Prävention und Behandlung psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter, den sogenannten KJP-Professionen, beschäftigen. Gemeint sind alle Berufsgruppen im Bereich der Psychologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters sowie den unabdingbaren Nachbardisziplinen wie der Sozialpädagogik, der Pädagogik und der Justiz.

Der Schutz der psychischen Gesundheit dieser jungen Generation kann am besten umgesetzt werden, wenn alle beteiligten Berufsgruppen eng und kooperativ zusammenarbeiten. Zusammenarbeit ist deshalb ein zentrales Anliegen des neuen Herausgeberteams der KJP up2date und das Leitthema dieser Ausgabe. Es erwarten Sie spannende Weiterbildungsartikel zu den Themen Kinderschutz, Sozialpädagogik, Sozialpsychiatrie, Prävention und Strafrecht.

Jedes Kind hat ein Recht darauf, vor Gewalt geschützt zu werden – so lautet Artikel 19 der UN-Kinderrechtskonvention. Doch woran erkennen KJP-Professionen zuverlässig, dass das Wohl des Kindes gefährdet ist oder sein wird und wie verhält man sich im Verdachtsfall richtig? Ein Schritt für Schritt-Beitrag in diesem Heft befasst sich mit verschiedenen Arten von Gewalt gegen Kinder, den rechtlichen Grundlagen und dem Vorgehen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung. Effektiver Kinderschutz kann gelingen, wenn die Gesundheitsversorgung, die Jugendhilfe und die Justiz Hand in Hand zusammenarbeiten.

Kinder mit psychischen Störungen haben zugleich ein erhöhtes Delinquenzrisiko. Im strafrechtlichen Fall kann es dazu kommen, dass Kinder- und Jugendpsychiater*innen als unparteiische Beratende für das Gericht arbeiten. In Zusammenarbeit mit sozialpädagogischen Mitarbeitenden wird im Jugendstrafrecht geprüft, welche pädagogischen und/oder therapeutischen Maßnahmen erneuten Straftaten entgegenwirken könnten. Diesem spannenden Tätigkeitsfeld widmet sich ein CME-Einführungsbeitrag zur strafrechtlichen Begutachtung in der KJP, der zugleich Grundlagen vermitteln und für diese interessante Tätigkeit motivieren möchte.

Psychische Störungen von Kindern und Jugendlichen sind nicht ohne ihre Lebenswelten zu verstehen. In Abgrenzung zu psychischen Störungen bei Erwachsenen ist für die Behandlung von psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen die Zusammenarbeit mit den Erziehungs- und Bildungswissenschaften zentral. Der (Sozial-)Pädagogik kommt innerhalb der Kinder- und Jugendpsychiatrie dabei eine ganz besondere Rolle zu, weshalb wir dieser unabdingbaren, interdisziplinären Zusammenarbeit, die historisch nicht ohne Spannungen war und teilweise noch ist, in diesem Heft einen eigenen CME-Artikel widmen.

Daran anknüpfend wird der biopsychosoziale Ansatz der Sozialpsychiatrie in einem umfassenden CME-Übersichtsartikel vorgestellt. Sozialpsychiatrische Arbeit bedeutet den Einbezug aller relevanten Akteure in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen und eine enge Zusammenarbeit mit diesen. Der vorliegende Artikel beschreibt dazu sehr übersichtlich die jeweiligen Partner, berücksichtigt dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen und stellt schön heraus, worum es uns KJP-Professionen in unserer Arbeit geht: die umfassende Unterstützung von Kindern und Jugendlichen.

Im Bereich der Prävention psychischer Störungen von Kindern und Jugendlichen ist noch viel zu tun. Ein CME-Artikel zur Übersicht über die Evidenzlage und die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Prävention psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter zeigt auf, wie die aktuellen Bestimmungen es fast unmöglich machen, dass die evidenzbasierte Prävention psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen in relevanten Lebenswelten wie Kita oder Schule umgesetzt werden. Deshalb werden relevanten Berufsgruppen dazu ermutigt, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden, die erforderlich sind, um unserer Verantwortung in der Prävention und Behandlung psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter gerecht werden zu können.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser zweiten Ausgabe unserer neuen Zeitschrift und möchten gezielt dazu aufrufen, die gelingende interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den KJP-Professionen zu würdigen.

Ihre

Katajun Lindenberg und Raphael Gutzweiler



Publication History

Article published online:
11 October 2024

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