Schlüsselwörter
Brustkrebs - Mammografie-Screening - Digitale Brust-Tomosynthese - Brustdichte - Tumorgrad
Einleitung
Brustkrebs-Früherkennung verfolgt das Ziel, fortgeschrittene Tumorstadien durch eine Diagnosevorverlagerung zu reduzieren, somit Therapievorteile zu ermöglichen und die brustkrebsspezifische Mortalität zu senken [1]. Die Mammografie ist eine evidenzbasierte Methode zur systematischen Früherkennung mit nachgewiesenem, die Sterblichkeit an Brustkrebs senkendem Effekt [2]
[3]. In Deutschland wurde seit 2005 flächendeckend ein Mammografie-Screening-Programm (MSP) basierend auf den Europäischen Leitlinien für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren implementiert [4]. Da Brustkrebs die häufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen ist, ist Forschung zu innovativen Screening-Strategien sinnvoll [5].
Die Digitale Brust-Tomosynthese (DBT) führt durch Minderung von Überlagerungen, erzielt durch einen Schwenk der Röntgenröhre und Rekonstruktion von detektorparallelen Schichten, zu höheren Brustkrebsdetektionsraten als die Digitale Mammografie (DM), dem derzeitigen Standard in der populationsbezogenen Früherkennung [6].
Die große randomisierte, kontrollierte TOSYMA-Studie, die in das deutsche Mammografie-Screening-Programm eingebettet war, zeigte eine statistisch signifikante Überlegenheit in der Detektion invasiver Mammakarzinome mit DBT plus rekonstruierter, synthetischer Mammografie (DBT+SM) gegenüber dem Standard, der DM [7]
[8]. Eine höhere Karzinomdetektionsrate durch DBT+SM ergab sich insbesondere für nicht-fortgeschrittene, invasive Mammakarzinome (Stadium UICC I), unter diesen der histologischen Grade 2 oder 3 [9].
Es ist bekannt, dass die Wirkung des Screenings auf die Brustkrebssterblichkeit neben der Detektion in frühen Stadien von der Tumorbiologie abhängt. Diese bestimmt Tumorwachstumsgeschwindigkeit und Metastasierungsrisiko.
Der histologische Grad ist ein unabhängiger, starker prognostischer Faktor für Brustkrebs, der die Tumorbiologie widerspiegelt und mit dem brustkrebsspezifischen Überleben bzw. dem krankheitsfreien Überleben assoziiert ist [10]
[11]. Genomexpressionsprofilstudien haben weitere nützliche Faktoren der Brustkrebsbiologie entschlüsselt, die unser Verständnis der Biologie des Brustkrebses erheblich verbessert haben und derzeit als Prognose- und Prädiktionsinstrumente in der klinischen Praxis bewertet werden. Zugleich haben sie weitere Belege dafür geliefert, dass die durch den histologischen Grad erfassten biologischen Merkmale hoch relevant sind [12]
[13]
[14]
Die relative Reduktion der brustkrebsspezifischen Sterblichkeit durch Detektion im Screening weist tumorgradabhängige Variationen auf, wie im schwedischen Screening-Programm gezeigt [11]. Die Mamakarzinome mit tödlichem Verlauf nach Detektion im englischen Screening-Programm sind zu 6% Grad 1, zu 37% Grad 2 und zu 47% Grad 3 zu zuordnen [15].
Da die angestrebte Senkung der Brustkrebssterblichkeit wesentlich auf der Screening-Detektion von Mammakarzinomen Grad 2 oder 3 beruht, ist das Ziel dieser Arbeit ein explorativer Vergleich der Detektionsraten invasiver Mammakarzinome stadienunabhängig der histologischen Grade 2 oder 3 zwischen dem DBT+SM- und dem DM-Arm der TOSYMA-Studie unter zusätzlicher Berücksichtigung der Brustdichte.
Material und Methodik
Studiendesign
Die multizentrische TOSYMA-Studie wurde in 17 Screening-Einheiten in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen von Juli 2018 bis Dezember 2020 durchgeführt. Dabei wurden 99689 Frauen mit einer 1:1 Randomisierung dem Testarm (DBT+SM) oder dem Kontrollarm (DM) zugeordnet. Das Studienprotokoll wurde von der zuständigen Ethikkommission genehmigt (2016–132-f-S) und von 2 weiteren Ethikkommissionen geprüft. Alle Studienteilnehmerinnen gaben ihr schriftliches Einverständnis [16]. Die Studie ist unter ClinicalTrials.gov NCT 03377036 registriert. Das Studienprotokoll, die Ergebnisse des ersten primären Endpunkts mit sekundären Endpunkten sowie Subanalysen wurden bereits veröffentlicht [7]
[8]
[9]
[16]
[17].
Studienteilnehmerinnen
Alle Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren werden alle 2 Jahre schriftlich zu einer Teilnahme am deutschen MSP eingeladen. In den Einzugsgebieten der TOSYMA-Studienzentren erhielten sie zusammen mit dem regulären Einladungsschreiben zusätzlich eine persönliche Studieneinladung mit Informationsmaterial. Nicht anspruchsberechtigt zur MSP-Teilnahme waren Frauen mit einer Brustkrebsdiagnose bis zu 5 Jahre zuvor oder mit einer Mammografie innerhalb der letzten 12 Monate. Brustimplantate oder eine wiederholte TOSYMA-Teilnahme waren spezifische Ausschlusskriterien für die TOSYMA-Studie [7]
[8]
[9]
[16]
[17].
Erstellung der Screening-Untersuchung
In 17 Screening-Einheiten wurde an 21 Standorten (Niedersachsen Nordwest (Wilhelmshaven), Hannover, Niedersachsen Nord (Stade), Niedersachsen Mitte (Vechta), Niedersachsen Nordost (Lüneburg), Duisburg, Krefeld/Mönchengladbach/Viersen, Wuppertal/Solingen (Bergisches Land/Kreis Mettmann), Aachen-Düren-Heinsberg, Köln rechtsrheinisch (Bergisch Gladbach), Münster-Süd/Coesfeld, Bottrop, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Minden-Lübbecke/Herford, Bielefeld/Gütersloh, Hamm/Unna/Märkischer Kreis (Schwerte), Höxter, Paderborn, Soest (Lippstadt), Münster-Nord/Warendorf) eine Studienteilnahme angeboten.
Sieben verschiedene Hersteller von Mammografie-Geräten wurden zur Erstellung der DBT+SM- oder DM-Untersuchung eingesetzt: Fujifilm Cooperation, Amulet Innovality, Tokyo, Japan (n=10075), IMS Giotto, Class Tomo, Sasso Marconi, Italy (n=7970), Hologic, Lorad Selenia 3Dimensions, Malborough, US (n=10955), Hologic, Lorad Selenia Dimensions, Malborough, US (n=40645), Siemens Healthineers, MAMMOMAT Inspiration, Erlangen, Germany (n=6759), Siemens Healthineers, MAMMOMAT Relevation, Erlangen, Germany (n=12917), GE Healthcare, Senographe Essential, Chicago, US (n=10237).
Die Untersuchungen umfassten in beiden Studienarmen die kranial-kaudale und die medio-latero-oblique Projektion pro Brust. Im Testarm wurden neben den synthetischen, 2-dimensionalen Mammografien (SM) gestapelte Schichten von ≤1 mm Dicke zur Befundansicht rekonstruiert (DBT) [8]
[9]
[16]
[17].
Befundung der Screening-Untersuchung und Abklärungsdiagnostik
Wie im laufenden MSP wurde in beiden Studienarmen eine unabhängige Doppelbefundung durch dieselben zertifizierten Befunder durchgeführt. Insgesamt umfasste die Screening-Studie 83 erfahrene Befunderinnen und Befunder, die zuvor Screening-Erfahrung von mindestens 2 Jahren und mehr als 5000 Screening-Befundungen pro Jahr hatten. Vor Beginn der TOSYMA-Studie wurden im Referenzzentrum Mammografie Münster DBT-Schulungen durchgeführt. Die Brustdichte wurde anhand der DM- bzw. SM-Bilder visuell den Kategorien A (lipomatös), B (fibroglandulär), C (heterogen dicht), D (extrem dicht) zugeordnet [18]
[19]. Pro Standort gab es 4 bis 8 Befunder. Sie erhielten ihre Liste von Studienuntersuchungen in einer gemischten Reihenfolge beider Studienarme, ohne dass der Studienarm vor der Fallanwahl in der Screening-Software zu identifizieren war. Bei Auffälligkeiten wurden die Ergebnisse mit dem/der programmverantwortlichen Arzt/Ärztin in der Konsensuskonferenz besprochen, um zu entscheiden, ob eine weiterführende Abklärungsdiagnostik indiziert war. Die Abklärungsdiagnostik nach Studienteilnahme unterschied sich nicht vom etablierten Ablauf des MSP und umfasste befundorientiert neben einer klinischen Untersuchung ggf. weitere mammografische Projektionen (z.B. Vergrößerungs-Mammografien oder mittels DBT), die Sonografie, MRT-Untersuchungen oder invasive Abklärungsverfahren.
Jeder der 32 beteiligten Pathologinnen und Pathologen stellte mindestens 100 Screening-Diagnosen pro Jahr und nahm zusätzlich zu den Selbstüberprüfungsverfahren alle 2 Jahre an einer obligatorischen Fortbildung teil. Das Training konzentrierte sich auf das weltweit empfohlene Nottingham-Grading-System, basierend auf dem semiquantitativen Scoring (1 bis 3) der Drüsendifferenzierung, der Kernpleomorphie und der Mitoseanzahl pro Quadratmillimeter (G1: ScoreΣ 3–5, G2: ScoreΣ 6–7, G3: ScoreΣ 8–9) [4]
[20]
[21].
Alle Screening-Daten wurden im Screening-Dokumentationssystem MaSc (KV-IT GmbH, Dortmund, Deutschland) gespeichert [8]
[9]
[16]
[17].
Studiendaten und statistische Auswertungen
Die Subanalyse umfasste 49479 Teilnehmerinnen des DBT+SM-Arms und 49689 Teilnehmerinnen des DM-Arms mit vollständiger Screening-Dokumentation einschließlich visueller Dichtekategorisierung ([Abb. 1]). Es wurden deskriptive Analysen mit Stratifizierung der invasiven Detektionsraten (iCDR) nach histologischen Graden (Grad 1 vs. Grad 2 oder Grad 3) und Brustdichten (A+B: nicht dichte Brust vs. C+D: dichte Brust) pro Arm durchgeführt [18]
[19]. Wenn sich beide Mammae in der Dichte unterschieden, wurde die höhere Kategorie dokumentiert, im Fall von diskordanter Dichtekategorisierung in der unabhängigen Doppelbefundung wurde die höchste Dichtekategorie verwendet [9]
[16]
[17]
[18]
[19].
Abb. 1 Flussdiagramm zur Randomisierung in der TOSYMA-Studie und zum Einschluss in die aktuelle Subanalyse. TOSYMA: TOmosynthesis plus SYnthesized MAmmography trial; DBT+SM: Digitale Brusttomosynthese und synthetische Mammografie; DM: Digitale Mammografie.
Die Resultate werden als absolute Anzahl invasiver Brustkrebserkrankungen und invasive Brustkrebsdetektionsraten (iCDR, pro 1000 untersuchte Frauen) in den beiden Studienarmen sowie als deren Differenz präsentiert. Die Ergebnisschätzer der Risikodifferenz werden mit einem 95%-Wald-Konfidenzintervall (KI) angegeben. Da es sich um eine explorative Analyse handelte, wurde keine Adjustierung für Mehrfachvergleiche vorgenommen und es werden keine p-Werte angegeben. Die statistischen Analysen erfolgten mit SAS-Version 9.4 (SAS Institute, Cary, NC, USA).
Ergebnisse
Im DM-Arm wurden unter 49689 eingeschlossenen Teilnehmerinnen 240 invasive Mammakarzinome, im DBT+SM-Arm unter 49479 eingeschlossenen Teilnehmerinnen 354 invasive Mammakarzinome entdeckt.
Invasive Mammakarzinomdetektion stratifiziert nach histologischem Grad
Im DM-Arm lag die iCDR von Mammakarzinomen Grad 1 bei 1,3 pro 1000 untersuchte Frauen (63/49689), von Grad 2 oder Grad 3 bei 3,6 pro 1000 untersuchte Frauen (177/49689).
Im DBT+SM-Arm betrug die iCDR von Grad 1 Tumoren 2,1 pro 1000 gescreente Frauen (104/49479), von Grad 2 oder Grad 3 Tumoren 5,1 pro 1000 untersuchte Frauen (250/49479).
Die Anzahl der entdeckten Mammakarzinome, die iCDR, die resultierenden Differenzen und KI zwischen den Studienarmen sind in [Tab. 1] ausgewiesen.
Tab. 1 Vergleichende Detektionsraten invasiver Mammakarzinome mit Stratifizierung nach histologischem Grad beider Studienarme der RCT TOSYMA.
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DM
|
DBT+SM
|
Differenz iCDR
(DBT + SM – DM)
(95%-Wald-Konfidenzintervall)
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DM: Digitale Mammografie; DBT+SM: Digitale Brusttomosynthese und synthetische Mammografie; iCDR: Detektionsrate invasiver Mammakarzinome; G: histologischer Grad
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Invasive Karzinome
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240
|
354
|
114
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G1
|
63
|
104
|
41
|
iCDR G1
|
1,3 ‰
|
2,1 ‰
|
0,8 ‰
(0,31–1,37)
|
G2+G3
|
177
|
250
|
73
|
iCDR G2+3
|
3,6 ‰
|
5,1 ‰
|
1,5 ‰
(0,66–2,30)
|
Invasive Mammakarzinomdetektion stratifiziert nach histologischem Grad und mammografischer Dichte
Im DM-Arm lag die iCDR von Grad 1 Mammakarzinomen bei 1,0 pro 1000 gescreente Frauen der Kategorien A/B (28/28009) und bei 1,6 der Kategorien C/D (35/21680). Die entsprechenden Raten lagen höher für Mammakarzinome Grad 2 oder Grad 3 mit 3,2 pro 1000 gescreente Frauen der Kategorie A/B (90/28009) und 4,0 der Kategorien C/D (87/21680).
Im DBT+SM-Arm betrug die iCDR von Grad 1 Tumore 1,7 pro 1000 gescreente Frauen der Kategorien A/B (46/26767) und 2,6 der Kategorie C/D (58/22712). Die höchsten iCDRs fanden sich für Mammakarzinome Grad 2 oder Grad 3 mit 4,5 pro 1000 gescreente Frauen der Kategorien A/B (120/26767) und 5,7 der Kategorien C/D (130/22712).
Die Anzahl der Untersuchungen mit entdeckten Mammakarzinomen, die iCDR, die daraus resultierenden Differenzen und KI zwischen den Studienarmen sind der [Tab. 2] zu entnehmen.
Tab. 2 Vergleichende Detektionsraten invasiver Mammakarzinome mit Stratifizierung nach histologischem Grad und Brustparenchymdichte beider Studienarme der RCT TOSYMA.
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DM
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DBT+SM
|
Differenz iCDR
(DBT + SM – DM)
(95%-Wald-Konfidenzintervall)
|
DM: Digitale Mammografie; DBT+SM: Digitale Brusttomosynthese und synthetische Mammografie; iCDR: Detektionsrate invasiver Mammakarzinome; G: Histologischer Grad; A+B: Nicht dichte Brust; C+D: Dichte Brust
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Invasive Mammakarzinome G1
|
|
|
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Invasive Karzinome
A+B
|
28
|
46
|
18
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iCDR A+B
|
1,0 ‰
|
1,7 ‰
|
0,7 ‰
(0,06–1,38)
|
Invasive Karzinome
C+D
|
35
|
58
|
23
|
iCDR C+D
|
1,6 ‰
|
2,6 ‰
|
1,0 ‰
(0,05–1,80)
|
Invasive Mammakarzinome G2+3
|
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|
|
Invasive Karzinome
A+B
|
90
(69+21)
|
120
(96+24)
|
30
(27+3)
|
iCDR A+B
|
3,2 ‰
|
4,5 ‰
|
1,3 ‰
(0,20–2,35)
|
Invasive Karzinome
C+D
|
87
(72+15)
|
130
(106+24)
|
43
(34+9)
|
iCDR C+D
|
4,0 ‰
|
5,7 ‰
|
1,7 ‰
(0,38–3,06)
|
Die iCDR mit Stratifizierungen nach Tumorgrad und Dichte sind vergleichend zwischen den Studienarmen DM und DBT+SM in [Abb. 2] dargestellt ([Abb. 3]).
Abb. 2 Vergleichende Detektionsraten invasiver Mammakarzinome mit Stratifizierung nach histologischem Grad und Brustparenchymdichte beider TOSYMA-Studienarme. DM: Digitale Mammografie; DBT+SM: Digitale Brusttomosynthese und synthetische Mammografie; G: Histologischer Grad; A+B: Nicht dichte Brust; C+D: Dichte Brust.
Abb. 3 . Digitale Brust-Tomosynthese der rechten Brust im a cranio-caudalen (cc) und b mediolateral-obliquen (mlo) Strahlengang. In den Einzelschichten stellt sich rechts oben außen in beiden Projektionsebenen eine Architekturstörung dar. Histologie: Invasiv lobuläres Mammakarzinom, pT2 (31 mm), pN0, cM0, G2.
Diskussion
Der erste primäre Endpunkt der 1. Studienphase der randomisierten, kontrollierten Studie TOSYMA untersuchte, ob DBT+SM zu einer klinisch relevanten Erhöhung der Detektionsrate invasiver Mammakarzinome im Screening im Vergleich zum Standard, der DM, führt [7].
Nach Rekrutierungsende 12/2020 wurden 354 invasive Mammakarzinome bei 49715 Frauen des DBT+SM-Arm (invasive Detektionsrate 7,1 pro 1000 gescreente Frauen) und 240 invasive Mammakarzinome bei 49762 Frauen des DM-Arms (invasive Detektionsrate 4,8 pro 1000 gescreente Frauen) verzeichnet. Die invasive Brustkrebsdetektionsrate lag im Interventionsarm signifikant höher als im Kontrollarm (Odds Ratio [OR] 1,48; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,25–1,75; p<0,0001) [8]. Die Detektionsrate für invasive Tumoren bis 20mm Durchmesser war im Interventionsarm wesentlich höher als im Kontrollarm (OR 1,73; 95%-KI 1,41–2,13) [8]. Die Ergebnisse wurden ohne einen markanten Unterschied in den Rückrufraten zwischen beiden Studienarmen erreicht (DBT+SM: 4,9%, DM: 5,1%).
Der PPV1 lag mit DBT+SM höher als mit DM (DBT+SM: 17,2%, DM: 12,3%) [8] (TOSYMA-1).
Derzeit fehlen in der Literatur noch eindeutige Belege dafür, dass das DBT-Screening zu einer gesteigerten Wirksamkeit gegenüber dem DM-Screening führt, insbesondere durch eine Reduktion der brustkrebsspezifischen Mortalität. Der Anstieg der Detektionsraten durch DBT+SM könnte auf ein steigendes Ausmaß an Überdiagnosen zurückzuführen sein, d.h. Karzinomdiagnosen, die zu keiner symptomatischen oder lebensbedrohlichen Erkrankung zeitlebens vorangeschritten wären [21]
[22]. Daher wurde in der TOSYMA-Studie eine 2. Phase ergänzt, in der die Inzidenzen von invasiven Intervallkarzinomen über 24 Monate nach der Screening-Untersuchung untersucht werden (TOSYMA-2). Intervallkarzinome gelten als wichtiger klinischer Surrogatendpunkt für die Screening-Bewertung [23]. Ergebnisse zu diesem zweiten primären Ziel der TOSYMA-Studie werden 2024/2025 erwartet [7].
Zusätzlich erscheint eine ergänzende, screeningnähere Bewertung auf der Grundlage prognostischer Tumorparameter sinnvoll [9]. Mehrere Studien haben gezeigt, dass der histologische Grad, ein etablierter Indikator für Tumorwachstumsraten, mit der Prognose assoziiert ist [11]
[24]
[25]. Die Ergebnisse des schwedischen Two County Trial zeigen, dass der histologische Tumorgrad zum Zeitpunkt der Diagnose, ähnlich wie der Lymphknotenstatus und die Tumorgröße, einen langfristigen Einfluss auf das spätere Überleben hat [26].
Diese prognostische Bedeutung des histologischen Grades spiegelt sich auch in der unterschiedlichen Senkung der brustkrebsspezifischen Mortalität durch Screeningdetektion in der schwedischen Two County Studie wider. Diese beträgt für screeningdetektierte Grad-3-Tumore 35%, für Grad-2-Tumore 32%, hingegen für Grad-1-Tumore lediglich 6% [11]. Dieser Einfluss des Gradings ist langfristig und trägt dazu bei, dass die Auswirkungen von Screening-Programmen auf die Sterblichkeitsrate von Brustkrebs noch viele Jahre später sichtbar sind; der Effekt ist am stärksten in den ersten 5 Jahren, besteht aber bis 15 Jahre fort [26].
Ergebnisse der hier vorliegenden explorativen TOSYMA-Subanalyse zeigen, dass in beiden Studienarmen höhere Brustkrebsdetektionsraten von Mammakarzinomen Grad 2 oder 3 als von Grad 1 erreicht werden. Der Unterschied, der mit DBT+SM vs. DM erreicht wird, ist für iCDR von Tumoren mit Grad 2 oder 3 größer als für Grad 1. Frühe Mammakarzinome Grad 1 tragen mit größerer Wahrscheinlichkeit zu Überdiagnosen bei als Mammakarzinome Grad 2 oder 3, sodass dessen Raten unter frühen Tumordiagnosen im Stadium UICC I von Interesse sind.
Im Unterschied zu dieser früheren Subanalyse von TOSYMA, welche die gradabhängige Detektion für das frühe Tumorstadium UICC I analysierte [9], umfasst diese Subanalyse screeningdetektierte Mammakarzinome aller Tumorstadien. Die Ergebnisse sind konsistent: Sowohl in der Detektion des frühen Tumorstadiums wie auch einschließlich der fortgeschrittenen Karzinomstadien führt Screening zu einer höheren Detektion von Tumoren mit Grad 2 oder 3 als von Tumoren mit Grad 1. Dabei führt DBT+SM zu höheren Raten als DM, wobei die höchsten Raten bei dichtem Brustparenchym beobachtet werden [9]. TOSYMA ergänzt Informationen zu prognostischen Merkmalen, die darauf hindeuten, dass im DBT+SM-Arm die höhere iCDR bei Frauen mit dichtem Parenchym überwiegend auf der Detektion screeningrelevanterer Mammakarzinome mit Grad 2 oder 3 basiert und nicht auf der Detektion von Mammakarzinomen mit Grad 1 [27]
[28]. Zwar nimmt auch die Detektion von Karzinomen mit Grad 1 mit DBT+SM im Vergleich zu DM zu, sie erreicht aber ein niedrigeres Ausmaß als die Rate der prognoserelevanteren Karzinome vom Grad 2 oder 3.
TOSYMA ist die bisher größte randomisiert-kontrollierte Screening-Studie zur Untersuchung von DBT+SM vs. DM mit fast 100000 Studienteilnehmerinnen. Sie ermöglicht ergänzende explorative Auswertungen auf der Basis einer erfolgreichen Randomisierung. Der pragmatische Ansatz hat ein hohes Maß an externer Validität und belegt auch die praktische Umsetzbarkeit, insbesondere aufgrund der Einbeziehung zahlreicher Screening-Einheiten und Gerätetechnologien. Radiologische Fachkräfte und Ärzte wurden vor Studienbeginn geschult. Alle Studienärzte waren erfahren und unterschieden sich weder zwischen den Studienarmen noch zwischen der Studie und dem Routine-Screening [17].
Die Studie hat auch Limitationen. TOSYMA analysierte nur eine Screening-Runde, daher könnten die Unterschiede zwischen den Studienarmen durch einen initialen Prävalenz-Screening-Effekt mit DBT+SM beeinflusst sein. Darüber hinaus könnte eine Lernkurve in der Befundung von Tomosynthesen vorhanden sein. Durch einen Zugang zur Screening-Untersuchung bzw. Screening-Software waren die TOSYMA-Ärzte bezüglich des Studienarms nicht verblindet [17].
Fazit
Die explorativen Analysen dieser großen randomisierten Studie deuten darauf hin, dass der Einsatz von DBT+SM im Screening zu einer gesteigerten Entdeckung prognoserelevanter Mammakarzinome führt (TOSYMA-1). Ob die höhere Brustkrebsdetektion durch DBT+SM zu einem messbaren Unterschied der invasiven Intervallkarzinomraten als ein wichtiger Surrogatindikator zwischen beiden Studienarmen führt, wird nach Auswertung der Nachverfolgungsdaten 2024/2025 geprüft werden können (TOSYMA-2).