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DOI: 10.1055/a-2325-6578
Ist die VATS tatsächlich der Goldstandard in der Diagnostik des malignen Mesothelioms?


In der Publikation von Lea I. S. van der Linde et al. [1] wird die VATS als Goldstandard in der Diagnostik des MM bezeichnet, ohne dass die internistische Thorakoskopie als mögliche Alternative erwähnt wird. Dementsprechend fehlt auch eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der jeweiligen Methode. Als Literaturangabe dient eine Leitlinie von 2010 [2], obwohl es eine aktuellere von 2020 [3] gibt. Die Angabe einer veralteten Leitlinie könnte man als verzeihliche kleine Nachlässigkeit in der Publikation abtun, stünde dahinter nicht ein viel gravierenderes Problem.
Eigentlich war die internistische Thorakoskopie u. a. v. a. auch dank der Arbeiten von Brandt und Loddenkemper [4] [5] in den pneumologischen Kliniken in Deutschland gut etabliert. Mit der Einführung der DRGs haben jedoch viele pneumologische Kliniken die Thorakoskopie an die Chirurgie abgegeben. Dahinter stand also nicht eine medizinisch evidenzbasierte Entscheidung, sondern betriebswirtschaftliches Kalkül. Trotz der höheren Personal- und Sachkosten der VATS (Anästhesieteam,Vollnarkose, Doppellumentubusintubation und Einlungenventilation) können die Krankenhäuser höhere Erlöse erwirtschaften als mit der internistischen Thorakoskopie. Dieses Vorgehen kann man nur als GAU für die Pneumologie in Deutschland bezeichnen.
Da auch große führende pneumologische Kliniken die internistische Thorakoskopie nicht mehr durchführen, wird ein Großteil des pneumologischen Nachwuchses nicht mehr in der Thorakoskopie ausgebildet. Im Sinne der Patienten ist eine differenzierte Indikationsstellung [6] zwischen VATS und internistischer Thorakoskopie in diesen Kliniken nicht mehr möglich. Patienten erhalten im Zweifelsfall nicht die für sie angemessene diagnostische Methode. Für einige Patienten stellen Vollnarkose und Einlungenventilation ein relativ hohes Risiko dar, das eigentlich durch eine in Lokalanästhesie durchgeführte internistische Thorakoskopie vermieden werde könnte.
Während international die internistische Thorakoskopie an Bedeutung [7] [8] [9] gewinnt, steuert leider die Pneumologie in Deutschland einen entgegengesetzten Kurs.
In der Leitlinie von 2020 [3] werden internistische Thorakoskopie und VATS gleichermaßen als geeignet für die Diagnostik des MM bezeichnet. Es bleibt zu hoffen, dass in Deutschland die internistische Thorakoskopie trotz der DRGs nicht ausstirbt.
Hermann Tonn, Hannover
Publication History
Article published online:
08 November 2024
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