Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2024; 19(05): 445-460
DOI: 10.1055/a-2325-6933
Schultergürtel und obere Extremität

Instabilität des Schultergelenks – Teil 1: Pathophysiologie, Klassifikation und Diagnostik

Milad Farkhondeh Fal
,
Lukas F. Heilmann
,
Jörn Kircher

Als Schulterinstabilität wird die Tendenz zu wiederkehrenden Subluxationen und Luxationen des Schultergelenks bezeichnet. Der Beitrag widmet sich der Entstehung von Schulterinstabilität, den verschiedenen Klassifikationssystemen und stellt das diagnostische Vorgehen ausführlich dar, bevor im 2. Teil des Beitrags [1] die verschiedenen Möglichkeiten der Therapie beschrieben werden.

Kernaussagen
  • Das Schultergelenk ist aufgrund seines großen Bewegungsumfangs von Natur aus anfällig auf Verletzungen. Diese Instabilität kann durch Störungen in der Interaktion von statischen und dynamischen Strukturen zu Schmerzen, Schwäche und einem instabilen Gefühl führen. Die Stabilität des Schultergelenks wird durch ein Gleichgewicht zwischen statischen Strukturen wie dem Glenoid-Labrum-Komplex und den glenohumeralen Bändern sowie dynamischen Strukturen wie der Rotatorenmanschette gewährleistet. Störungen dieses Gleichgewichts können zu Instabilität führen.

  • Das Labrum vergrößert die Tiefe der Glenoidpfanne und trägt so zur Stabilität des glenohumeralen Gelenks bei. Es erhöht die Kontaktfläche des Humeruskopfes und reduziert die Punktbelastung. Die glenohumeralen Bänder sind Verdickungen in der Kapsel, die spezifische Bewegungen des Humeruskopfes begrenzen und wie eine Hängematte die Translation stabilisieren.

  • Die Rotatorenmanschette (RM) spielt eine zentrale Rolle bei der Stabilisierung des Schultergelenks durch Gelenkkompression und koordinierte Muskelkontraktion. Patienten mit Instabilität zeigen oft veränderte RM-Aktivitäten und Stärke.

  • Bänder liefern neben der mechanischen Stabilisierung auch neurologisches Feedback, das die Gelenkpositionssensibilität und muskuläre Reflexstabilisierung fördert (Propriozeption).

  • Die Klassifikation der Schulterinstabilität ist komplex und wird durch wissenschaftliche Fortschritte ständig weiterentwickelt. Systeme wie FEDS (Frequency – Etiology – Direction – Severity) und das Stanmore-Klassifikationssystem helfen, verschiedene Instabilitätsformen zu kategorisieren.

  • Die Diagnose einer Schulterinstabilität erfordert eine gründliche Anamnese, klinische Untersuchung und den Einsatz bildgebender Verfahren wie Röntgen, Sonografie, MRT und CT. Diese Methoden helfen, die genaue Ursache der Instabilität zu bestimmen und eine fundierte Therapieentscheidung zu treffen.

  • Das Ziel ist es, Rezidivluxationen und Revisionseingriffe zu minimieren.



Publication History

Article published online:
29 September 2024

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