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DOI: 10.1055/a-2329-2521
Einführung in den Ultraschall für Studierende – Ist das sinnvoll oder nur ein moderner Trend?
Article in several languages: English | deutschSeit mehr als 50 Jahren werden Ärzte in die faszinierende Welt der Sonografie eingeführt, und sie haben gelernt, die Vorzüge dieses bildgebenden Verfahrens im klinischen Alltag zu nutzen. Es handelt sich dabei um ein Echtzeit-Bildgebungsverfahren, das leicht verfügbar ist, von den Patienten sehr gut angenommen wird, strahlungsfrei ist und eine erweiterte medizinische Untersuchung darstellt, die in fast jedem medizinischen Fachbereich nützlich sein kann. Die Entwicklung neuer Anwendungen und die ständige Verbesserung dieser Technik und der Geräte machen den Ultraschall zu einem der dynamischsten Bereiche der Medizin.
Das Verfahren ist jedoch nach wie vor bedienerabhängig und für die Anwendung ist eine entsprechende ärztliche Ausbildung und Erfahrung erforderlich. Ist dies der Fall, so kann die Sonografie die Wahrnehmung unserer Hände und unseres Verstandes erweitern, um eine optimale Diagnose und Behandlung des Patienten zu ermöglichen.
Die „European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology“ (EFSUMB) und die „World Federation for Ultrasound in Medicine and Biology“ (WFUMB) setzen sich gemeinsam mit anderen nationalen und internationalen Ultraschall-Gesellschaften für eine fundierte Ultraschall-Ausbildung ein sowie für die Umsetzung von Qualitätsstandards auf diesem medizinischen Gebiet. Daher wurden Empfehlungen für eine Mindestausbildung in verschiedenen Bereichen des Ultraschalls [1] sowie Standards für die Durchführung und Dokumentation von Ultraschall-Untersuchungen durch verschiedene Ultraschall-Anwender [2] herausgegeben. Alle Gesellschaften erkennen an, wie wichtig eine qualitativ hochwertige Ausbildung ist, um die geforderten Standards zu erreichen, die für eine gute medizinische Praxis im Ultraschall obligatorisch sind und fördern integrierte Ausbildungsprogramme.
Ultraschall ist für diejenigen, die ihn anwenden, ein wesentliches Instrument im diagnostischen Algorithmus, eine erworbene Kompetenz – wie die Anamnese oder die körperliche Untersuchung. Hier stellt sich die Frage: Wann ist der beste Zeitpunkt, um mit der Ultraschall-Ausbildung zu beginnen? Sollte man damit bis zur Facharzt-Ausbildung warten, oder ist die Technik für die allgemeine Ausbildung zum Arzt nützlich? Sollte man bereits im Medizin-Grundstudium damit beginnen? Ist Ultraschall bereits für die Studierenden sinnvoll, oder ist dies nur ein „moderner Trend“?
Die Antwort lautet, dass die Ausbildung auf jeden Fall so früh wie möglich beginnen sollte. Aber welche Vorteile hat es für die Studierenden, während des Medizinstudiums die Anwendung des Ultraschalls zu erlernen?
Zunächst einmal kann der Ultraschall als zusätzliches Lernmittel für das Studium der Anatomie eingesetzt werden, da er die Visualisierung anatomischer Strukturen und ihrer Befunde in Echtzeit ermöglicht, ähnlich wie bei Dissektionstechniken [3] [4]. Es ist auch einfacher, die Ultraschall-Anatomie zeitgleich zu erlernen, anstatt das anatomische Wissen aufzufrischen, wenn die Ultraschall-Ausbildung manchmal erst viele Jahre nach dem Studium erfolgt. Die meisten Studierenden sind begeistert von der Möglichkeit, die anatomischen Merkmale zu sehen, die sie real erlernt haben. So können sie die Ultraschallbilder relativ leicht verstehen und die kürzlich erlernten Informationen in eine andere Perspektive integrieren. Darüber hinaus kann die Methode eingesetzt werden, um die Fähigkeiten der Studierenden bei der körperlichen Untersuchung zu verbessern, indem sie ihnen zu einem besseren Verständnis der regionalen Anatomie verhilft und die körperlichen Untersuchungsbefunde sofort bestätigt [5] [6].
Ultraschall stellt für die Studierenden – neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung – einen stabilen Bestandteil im diagnostischen Algorithmus dar, der das Verständnis der Physiologie und der spezifischen Pathologien erleichtert [7]. Ein weiterer wichtiger Vorteil besteht darin, dass der Ultraschall ein zusätzlicher Anhaltspunkt hinsichtlich möglicher Diagnosen und notwendiger weiterer Untersuchungen sein kann, die für eine Diagnosestellung erforderlich sind. Die Möglichkeit, einen Teil dieser Informationen selbst zu visualisieren, führt zu einem besseren Verständnis und zu einem vertieften Lernen.
Der Ultraschall-Unterricht erfordert den Einsatz klassischer Methoden wie didaktische Präsentationen, Fallvorstellungen sowie Videomarathons mit obligatorischer praktischer Ausbildung, und wahrscheinlich auch den Einsatz moderner Techniken wie Simulatoren und virtuelle Realität. Unterschiedliche Ausbildungsansätze wie intensive Kurzzeit-Workshops oder längere, eher ausgedehnte Kurse, die sich auf die praktische Ausbildung konzentrieren, scheinen ähnliche Lernergebnisse zu erzielen [8], was die Bedeutung praktischer Übungen in der medizinischen Ultraschall-Ausbildung beweist.
Aus diesem Grund sind die Studierenden, die eine Ultraschall-Ausbildung erhalten haben, begeistert und haben einen sehr positiven Eindruck von der Bedeutung dieser Technik.
Diese positive Wahrnehmung und die kontinuierliche Zunahme von Publikationen, die die Bedeutung der Implementierung des Ultraschalls im Grundstudium hervorheben, haben zu einem weit verbreiteten globalen Trend geführt, Ultraschall in die Curricula der Universitäten aufzunehmen. Sowohl die EFSUMB [9] als auch die WFUMB [10] [11] haben sich in Positionspapieren zu diesem Thema geäußert und plädieren für den systematischen Einsatz des Ultraschalls als Lehrmittel in der modernen medizinischen Ausbildung.
Die durchgeführten Erhebungen an den Universitäten zeigen jedoch, dass es schwierig ist, dieses Ziel zu erreichen, und dass die Umsetzung an den einzelnen Universitäten sehr heterogen ist [12]. Nur eine begrenzte Anzahl von Universitäten hat Ultraschall in ihr Curriculum integriert, wobei Zeitmangel und begrenzte Mittel für die Lehrkräfte die größten Hindernisse darstellen.
Einige der aktuellen Daten, Kontroversen und Schwierigkeiten bei der Implementierung des Ultraschalls in die Curricula der medizinischen Universitäten werden von Dietrich et al. [13] in einem umfassenden Review in dieser Ausgabe von „Ultraschall in der Medizin“ zusammengefasst. Auf der Grundlage internationaler Empfehlungen werden Antworten auf praxisrelevante Aspekte gegeben, zum Beispiel, wie Ultraschall in der Ausbildung von Studierenden eingesetzt werden kann, wie und von wem Ultraschall gelehrt werden sollte, welche Ultraschallgeräte verwendet werden sollten und wie die ideale Kursstruktur aussehen sollte. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Ultraschall-Ausbildung der Studierenden im Grundstudium sehr wichtig ist und dass ein integriertes Curriculum dafür erforderlich ist. Moderne Lehrmethoden – Blended Learning, Peer-to-Peer-Unterricht und die Simulation – sollten eingesetzt werden, aber die zentrale Rolle sollte den praktischen Übungen vorbehalten bleiben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Einführung des Ultraschalls in die Curricula des Grundstudiums als sinnvoll erwiesen hat. Auch wenn es derzeit keine einheitliche Auffassung darüber gibt, wie dies am besten umgesetzt werden kann, sollten wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass der Ultraschall den ihm gebührenden Platz als integrativer Bestandteil des Kerncurriculums an den medizinischen Universitäten einnimmt.
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References
- 1 Education and Practical Standards Committee, European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology. Minimum training recommendations for the practice of medical ultrasound. Ultraschall Med 2006; 27 (01) 79-105
- 2 Wustner M, Radzina M, Calliada F. et al. Professional Standards in Medical Ultrasound – EFSUMB Position Paper (Long Version) – General Aspects. Ultraschall in Med 2022; 43 (05) e36-e48
- 3 So S, Patel RM, Orebaugh SL. Ultrasound imaging in medical student education: Impact on learning anatomy and physical diagnosis. Anat Sci Educ 2017; 10 (02) 176-189
- 4 McLachlan JC. New path for teaching anatomy: living anatomy and medical imaging vs. dissection. Anat Rec B New Anat 2004; 281 (01) 4-5
- 5 Fodor D, Badea R, Poanta L. et al. The use of ultrasonography in learning clinical examination – a pilot study involving third year medical students. Med Ultrason 2012; 14 (03) 177-181
- 6 Dinh VA, Frederick J, Bartos R. et al. Effects of ultrasound implementation on physical examination learning and teaching during the first year of medical education. J Ultrasound Med 2015; 34 (01) 43-50
- 7 Sirli R, Sporea I. Education in Ultrasonography – when to start and when to stop. Med Ultrason 2020; 22 (03) 263-264
- 8 Moga T, Dancu GM, Cotrau R. et al. Learning curves in abdominal ultrasound in medical students. Med Ultrason 2024; 26 (01) 21-25
- 9 Cantisani V, Dietrich CF, Badea R. et al. EFSUMB statement on medical student education in ultrasound [short version]. Ultraschall in Med 2016; 37 (01) 100-102
- 10 Dietrich CF, Hoffmann B, Abramowicz J. et al. Medical Student Ultrasound Education: A WFUMB Position Paper, Part I. Ultrasound Med Biol 2019; 45 (02) 271-281
- 11 Hoffmann B, Blaivas M, Abramowicz J. et al. Medical Student Ultrasound Education, a WFUMB Position Paper, Part II. A consensus statement of ultrasound societies. Med Ultrason 2020; 22 (02) 220-229
- 12 Prosch H, Radzina M, Dietrich CF. et al. Ultrasound Curricula of Student Education in Europe: Summary of the Experience. Ultrasound Int Open 2020; 6 (01) E25-E33
- 13 Dietrich CF, Sirli RL, Barth G. et al. Student ultrasound education – current views and controversies. Ultraschall in Med 2024;
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Publication History
Article published online:
01 August 2024
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