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DOI: 10.1055/a-2329-8510
Die IgA(Purpura Schönlein-Henoch)-Vaskulitis
- ZUSAMMENFASSUNG
- Klassifikationskriterien
- Epidemiologie
- Ätiopathogenese
- Klinische Manifestation
- Diagnostik
- Therapie
- Nachbeobachtung
- Verlauf und Prognose
- Literatur
ZUSAMMENFASSUNG
Die IgA-Vaskulitis (früher Purpura Schönlein-Henoch) ist eine systemische, immunkomplexvermittelte Vaskulitis der kleinen Gefäße, die gekennzeichnet ist durch die klinische Trias aus palpabler Purpura, Bauch- und Gelenkschmerzen. Es ist die häufigste Vaskulitis im Kindes- und Jugendalter. Die Diagnose ist klinisch zu stellen. Die kutane Vaskulitis zeigt überwiegend eine Spontanremission. Die Nieren sind häufig und in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Bei schweren Verläufen können ein akutes Nierenversagen und ein nephrotisches Syndrom auftreten sowie renale Langzeitschäden verbleiben.
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Schlüsselwörter
IgA-Vaskulitis - Diagnostik - IgA-Vaskulitis - Steroide - Vaskulitis-Klassifikation - IgA-Nephritis - Haut-VaskulitisDie IgA-Vaskulitis (IgAV; früher: Purpura Schönlein-Henoch) ist eine leukozytoklastische Vaskulitis mit Befall der kleinen Gefäße vor allem der Haut, des Gastrointestinaltrakts und der Glomeruli mit Ablagerung überwiegend IgA-enthaltender Immunkomplexe. Prinzipiell kann jedes Organ betroffen sein. Es ist die häufigste Vaskulitis des Klein- und Schulkindes [1]. Sie ist in der Regel selbstlimitierend, aber chronisch-rekurrente Verläufe können vorkommen. Während akute Komplikationen durch eine gastrointestinale Beteiligung, zum Teil mit Invagination gekennzeichnet sind, können sich an den Nieren chronische Schädigungen manifestieren.
Der vorliegende Artikel soll – basierend auf der 2022 mit 6 Fachdisziplinen verabschiedeten S2k-Leitlinie (AWMF Register Nr. 185/002) [2] die Erkenntnisse zur renalen und extrarenalen IgA-Vaskulitis aktualisieren.
Klassifikationskriterien
Für das Kindes- und Jugendalter wurden 2008 Klassifikationskriterien formuliert [3].
Kriterien zur Klassifikation der IgA-Vaskulitis im Kindesalter (sog. Ankara-2008-Kriterien) [3]
Palpable Purpura oder Petechien (obligates Kriterium) vorwiegend an lageabhängigen Körperregionen plus eines der folgenden Kriterien (Sensitivität 100 %, Spezifität 87 %):
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Bauchschmerzen: Diffuse, akut beginnende kolikartige Bauchschmerzen. Mögliche weitere Manifestation: Invagination, Hämatochezie
-
Arthritis oder Arthralgie: akuter Beginn
-
Renale Beteiligung: Albuminurie oder Proteinurie (Albumin-Kreatinin-Ratio > 0,03 g/g oder Eiweiß-Kreatinin-Ratio im spontanen Morgenurin > 0,2 g/g), glomeruläre Hämaturie (> 5 % Akanthozyen) oder Erythrozytenzylinder oder Erythrozyten ≥ 2 + (entspricht ca. 25/μl) im Urin-Teststreifen
-
Histopathologie (Haut/Niere): typische leukozytoklastische Vaskulitis oder mesangioproliferative Glomerulonephritis mit Ablagerung überwiegend IgA-enthaltender Immunkomplexe
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Epidemiologie
Die leicht knabenwendige Erkrankung tritt mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen dem 3. und 10. Lebensjahr auf [4]. In einer vom Deutschen Rheumaforschungszentrum durchgeführten Erhebung betrug das mittlere Erkrankungsalter 7,1 Jahre [5]. Das Risiko für einen refraktären Verlauf, eine Nierenbeteiligung oder eine Steroidabhängigkeit nimmt mit zunehmendem Erkrankungsalter zu [6]. Die Inzidenz beträgt zwischen 13,5–20,4 pro 100 000 Kindern und Jugendlichen. Die meisten Fälle manifestieren sich im Winter, nicht selten nach einem Infekt der oberen Atemwege [7].
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Ätiopathogenese
Wenngleich die Pathogenese der IgA-Vaskulitis nicht vollständig geklärt ist, weiß man, dass neben genetischen Faktoren und einer gestörten Schleimhautimmunität auch Immunkomplexe mit abnormem IgA oder IgA-Antikörpern mit galaktosedefizientem IgA1 essenziell sind [8].
Die Beobachtung einer familiären Häufung legt eine genetische Komponente nahe, wie auch die Beschreibung, dass HLA-Klasse-II-Polymorphismen ein Risikofaktor sein können [9].
Die erwähnte Häufung nach Infektionen und die Assoziation zur Wintersaison legen eine Triggerung durch Erreger nahe. So wurden Zusammenhänge zu Streptokokken, Parvo-B19-Infektionen, Mykoplasmen, Hepatitis, Bartonellen u. a. beschrieben [10]. Auch über eine Assoziation zu einer COVID-Infektion – sowie nach COVID-Impfung – wurde bei mehreren Kindern berichtet [11]. Zudem wurde auch eine Induktion durch Medikamente wie Tumornekrosefaktor-alpha- und Interleukin-17-Hemmern u. a. beobachtet [12].
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Klinische Manifestation
Meist sind die Patienten sub- oder afebril und wirken nicht sehr krank [13]. Klinisch imponieren palpable Purpura oder Petechien ([ Abb. 1 ]); dabei kann es im Verlauf zu Ekchymosen kommen ([ Abb. 2 ]). Bei ca. 2 % zeigen sich bullöse Hautveränderungen; auch kokardenförmige Effloreszenzen und Nekrosen sind möglich ([ Abb. 3 ]). Die Effloreszenzen treten meist im Bereich der unteren Extremitäten oder des Gesäßes auf, können aber auch im Gesicht oder im Bereich der Arme manifest werden ([ Abb. 4 ]). Das Kolorit wandelt sich von rot über violett nach braun, bevor es ganz abblasst. Eine Beteiligung der Haut ist bei allen Patienten vorhanden.








Neben kutanen Effloreszenzen tritt bei bis zu ⅔ der Fälle eine abdominelle Manifestation mit kolikartigen Bauchschmerzen, ggf. mit Übelkeit und Erbrechen, auf. In 10–20 % kommt es zu schweren Komplikationen wie ausgeprägter Hämatochezie oder selten auch Darmperperforation; eine Invagination wird bei ca. 3 % beobachtet [14]. Die abdominelle Symptomatik tritt in der Regel im Verlauf der ersten Woche nach Exanthembeginn auf; bei ca. 10–20 % können Bauchschmerzen auch vor der Hautmanifestation auftreten [15].
Transiente – meist unifokale – Arthralgien und/oder Arthritiden finden sich bei bis zu 84 % der Patienten, insbesondere im Bereich der Sprunggelenke und der Knie [16]. Eine Unterscheidung zwischen einem (sub)kutanen Ödem und einer Arthritis kann dabei klinisch schwierig sein. Auch diese Manifestationsform kann den Effloreszenzen in bis zu 25 % vorausgehen.
Eine renale Beteiligung wird bei ca. 30 % beobachtet, dabei ist die Hämaturie die häufigste Manifestation [13]. Teilweise ist eine milde Proteinurie vorhanden; ein nephrotisches Syndrom oder erhöhte Serumkreatininwerte treten in ca. 10 % aller Fälle auf [17]. Während einige Studien das Alter der Kinder (nach dem 7. Lebensjahr), ausgeprägte gastrointestinale Manifestationen oder persistierende schwerverlaufende Purpura als Risikofaktoren für eine Nephritis ermittelten [18], konnte in einer Metaanalyse kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer bullösen hämorrhagischen Hautbeteiligung und einer Nephritis reproduziert werden [19].
Die Nierenbeteiligung tritt dabei meist innerhalb der ersten 3 Monate auf, kann sich aber noch nach 6 Monaten manifestieren [20]. Die Häufigkeit für chronische Einschränkungen wird in einer unselektierten Patientenkohorte mit bis zu 15 %, für eine terminale Niereninsuffizienz mit unter 1 % angegeben [21]. Von den Patienten mit nephritisch oder nephrotischem Syndrom entwickeln ca. 20 % eine chronische renale Beeinträchtigung [20].
Prinzipiell kann eine vaskulitische Beteiligung vieler Organsysteme auftreten. Eine Lungenaffektion mit Hämoptoe, Dyspnoe, Thoraxschmerz ist selten [22]. Eine skrotale Manifestation mit Ödem kann initial isoliert auftreten und als Hodentorsion imponieren [23]. Neurologische Manifestationen mit Kopfschmerzen, Vigilanzveränderungen, (fokalen) Krampfanfällen, Neuropathien, Fazialisparesen auch mit posteriorem reversiblem Enzephalopathiesyndrom (PRES) werden bei 1–8 % berichtet [24].
Bei Säuglingen und Kleinkindern (Erkrankungsgipfel 4.–24. Monat) kann als Sonderform das akute hämorrhagische Ödem des Kleinkindes („Acute Haemorrhagic Edema Of Infancy“, Syn.: Kokardenpurpura Seidlmayer, Morbus Finkelstein) auftreten. Dies ist durch kokardenförmige und urtikarielle Makulae gekennzeichnet, die sich innerhalb von 2–3 Tagen hämorrhagisch umwandeln und wie Hämatome imponieren. Besonders betroffen sind neben den unteren Extremitäten die Leisten und das Gesicht sowie die Ohrmuscheln. Organmanifestationen an Nieren und Bauchorganen sind extrem selten [25]. Eine Abheilung erfolgt zumeist innerhalb von 1–3 Wochen ohne Rezidiv ([ Abb. 5 ]).


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Diagnostik
Labor
Die Diagnose ist klinisch zu stellen; spezifische labormedizinische Parameter sind nicht bekannt. Häufig findet sich eine mäßige Erhöhung der Leukozyten oder des CRP. Der Urinstatus kann eine Hämaturie und/oder Proteinurie detektieren. Ein erhöhtes IgA findet sich bei bis zu 50 %, hat aber keine spezifische Bedeutung [26].
Bei einer typisch verlaufenden, milden Erkrankung sind meist wenige Laboruntersuchungen notwendig, die in Abhängigkeit von der klinisch-laborchemischen Ausprägung indiziert sein können (siehe Kasten „Empfehlungen zur aktuellen Leitlinie IgA-Vaskulitis 2022“) [27]. Nicht selten dient die Labordiagnostik auch zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen ([ Tab. 1 ]).
Untersuchung |
Indikation |
Fragestellung |
---|---|---|
Blutbild |
alle |
Zytopenie |
BSG, CRP |
falls febril-subfebril |
DD Sepsis |
Quick, PTT, ggf. weitere Abklärung von Hämostasedefekten |
flächenhafte Blutungen |
DD Gerinnungsstörung |
Urinstatus |
alle |
Hämaturie, Proteinurie |
Urinmikroskopie |
Hämaturie im Urinstatus |
glomeruläre Erythrozyturie, Erythrozytenzylinder |
Eiweiß/Krea-Quotient und Albumin/Krea-Quotient im Urin |
Eiweiß≥ 100 mg/dl im Urinstatus |
glomeruläre Proteinurie Quantifizierung der Proteinurie |
Serumkreatinin bzw. Cystatin C (v. a. bei großer Proteinurie), Albumin, Elektrolyte |
pathologischer Urinstatus |
Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate, nephrotisches Syndrom |
Berechnung der eGFR mit Kreatinin- oder Cystatin-C- basierten Formeln |
Serumkreatinin oder Cystatin C oberhalb des altersentsprechenden Normbereichs |
Klassifizierung der Nierenfunktionseinschränkung |
Blutdruckmessung |
alle |
renale Hypertonie |
ANCA, ANA |
unklarer/atypischer Hautbefund, pathologischer Urinstatus |
DD andere Vaskulitis |
Über eine Assoziation einer erhöhte Neutrophilen-zu-Lymphozyten-Ratio (NLR) sowie eines verringerten Blutplättchenvolumens (MTV) mit einer schweren gastrointestinalen Beteiligung im Kindesalter wurde kontrovers diskutiert. In einer Metaanalyse aus dem Jahr 2021 zeigte sich, dass die erwähnten Parameter als Biomarker für diese Form der Manifestation geeignet sind [28]. Zur Abschätzung der Nierenbeteiligung im Sinne der Glomerulonephritis wird die Quantifizierung der glomerulären Proteinurie (Albuminurie) und der Nierenfunktion (eGFR) herangezogen ([ Tab. 1 ], [ Tab. 2 ])
Schweregrad |
Definition |
---|---|
mild |
normale GFR (> 90 ml/min/1,73 m2 kleine Proteinurie (Eiweiß-Kreatinin-Ratio < 2,0 g/g) |
mäßig |
< 50 % akute Halbmonde in der Nierenbiopsie und eingeschränkte GFR und/oder große Proteinurie (> 2 g/g Kreatinin) |
schwer |
> 50 % akute Halbmonde in der Biopsie und eingeschränkte GFR und/oder große Proteinurie |
anhaltende Proteinurie |
Eiweiß-Kreatinin-Ratio > 2,0 g/g für 4 Wochen Eiweiß-Kreatinin-Ratio > 0,2 g/g für 3 Monate |
Empfehlung 1: Klassifizierung
Zur Klassifizierung sollen die von Ozen et al. formulierten Ankara-2008-Kriterien verwendet werden.
Empfehlung 2: Sonografie bei Bauchschmerzen
Bei Bauchschmerzen soll eine Sonografie des Abdomens durch eine/n kinderradiologisch erfahrene/n Untersucher/in erfolgen, um eine Invagination zu erfassen bzw. unwahrscheinlich zu können.
Empfehlung 3: Hautbiopsie
Eine Hautbiopsie soll nicht bei typischem Befund durchgeführt werden.
Diese ist nur bei atypischer Befundkonstellation bzw. zur Abgrenzung gegenüber einer anderen Vaskulitis notwendig. Dabei soll eine immunhistochemische Färbung zur Darstellung von IgA-Immunkomplexen erfolgen.
Empfehlung 4: Diagnostik bei renaler Beteiligung
Zur Erfassung einer Nierenbeteiligung soll bei allen Patienten ein Urinstatus sowie eine Blutdruckmessung erfolgen. Bei Proteinurie und/oder arterieller Hypertonie sollte eine weiterführende Diagnostik erfolgen.
Nach abgelaufener IgA-Vaskulitis soll der Urin – auch ohne vorherige Nephritis – immer mittels eines Urinstatus über 6 Monate kontrolliert werden.
Ein/e pädiatrische/r Nephrologe/in soll hinzugezogen werden bei großer Proteinurie (> 2 g/g), persistierender Proteinurie < 2 g/g über 2 Monate, Makrohämaturie, arterieller Hypertonie oder eGFR < 90 ml/min/1,73 m² (berechnet auf einer auf Kreatinin oder Cystatin-C-basierten Formel).
Bei großer Proteinurie, eingeschränkter GFR oder > 3 Monate persistierender Proteinurie soll eine Nierenbiopsie durchgeführt werden. Bei großer Proteinurie und/oder eingeschränkter eGFR sollte eine frühzeitige Biopsie innerhalb weniger Tage erwogen werden.
Empfehlung 5: Therapie bei muskuloskelettalen Schmerzen
Bei muskuloskelettalen Schmerzen sollen nichtsteroidale Antiphlogistika (Ibuprofen, Naproxen) verabreicht werden.
Empfehlung 6: Indikation für Kortikosteroide
Steroide sollen eingesetzt werden bei Orchitis, ZNS-Vaskulitis, pulmonaler Hämorrhagie, anderen schweren Organ- oder lebensbedrohlichen Manifestationen sowie bei schwerer gastrointestinaler Beteiligung wie starken Bauchschmerzen und/oder makroskopisch blutigen Stühlen. Der Einsatz von Steroiden kann bei ausgeprägtem (Blasenbildung, Nekrosen) und progredientem (konfluierende Läsionen) Hautbefund erwogen werden.
Eine prophylaktische Gabe von Steroiden zur Prävention einer Nierenbeteiligung soll nicht erfolgen.
Eine wirksame Dosis von oralen Steroiden (Prednison oder Prednisolon) beträgt 1–2 mg/kg/Tag, maximal 80 mg/Tag.
Empfehlung 7: Therapie der Nephritis
Das Therapievorgehen soll mit einer/m pädiatrischen Nephrologin/en abgestimmt werden.
Bei persistierender Proteinurie sollte eine Therapie mit Medikamenten, die das Renin-Angiotensin-System hemmen, eingeleitet werden (spätestens nach 3 Monaten).
Bei milder Nephritis (Proteinurie < 2 g/g Krea, normale eGFR) kann der Verlauf zunächst ohne Immunsuppression für 3 Monate kontrolliert werden.
Bei mäßig ausgeprägter Nephritis und histologisch akuter glomerulärer Inflammation sollten nach Nierenbiopsie Methylprednisolon-Pulse und anschließend orales Kortikosteroid als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden. Additiv können auch Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Cicloporin A oder iv. Cyclophosphamid als Erst- oder Zweitlinienmedikament erwogen werden. Orales Cyclophosphamid sollte bei dieser Indikation nicht eingesetzt werden.
Bei schweren akuten Nephritiden mit GFR-Verlust und hohem Anteil aggressiver, akuter glomerulärer Läsionen wird der Einsatz von Cyclophosphamid (iv.) kombiniert mit Methylprednisolon-Pulsen ± oralen GS empfohlen. Da für keine der Therapieempfehlungen Evidenz vorliegt, ist auch der Einsatz alternativer Therapieschemata (z. B. Methylprednisolon + CSA oder MMF) möglich.
Zur Erhaltungstherapie bei schwerer Nephritis kann Azathioprin, Ciclosporin A oder Mycophenolat-Mofetil kombiniert mit Steroiden eingesetzt werden.
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Radiologische Befunde
Zur Detektion einer – ileoilealen oder ileokolischen – Invagination ist eine Sonografie notwendig [29]. Diese soll durch kinderradiologisch erfahrene Untersucher*innen (Schwerpunkt Kinder- und Jugendradiologie und/oder DEGUM-Zertifikat) durchgeführt werden. Die weitere Diagnostik ist abhängig vom Ausmaß der zusätzlichen Symptomatik.
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Histopathologischer Nachweis
Eine Biopsie der Haut ist nur in Ausnahmefällen zur Abgrenzung anderer Vaskulitiden notwendig (z. B. bei atypischen Hautbefunden wie Knoten oder Nekrosen). Dabei soll eine immunhistochemische IgA-Färbung erfolgen, welche allerdings auch negativ sein kann und in diesem Fall die IgA-Vaskulitis nicht ausschließt [30].
Auch wenn eine renale Beteiligung mit Mikro-/Makrohämaturie, Proteinurie, nephritisch-nephrotischem Syndrom – bei milder Ausprägung – meist eine gute Prognose hat, kann eine anhaltende Nephritis zu schweren Nierenschäden führen [31]. Um das Risiko für eine chronische Nierenerkrankung abzuschätzen, wird eine Nierenbiopsie bei folgenden Konstellationen empfohlen: große Proteinurie (Eiweiß-Kreatinin-Quotient > 2 g/g), über 3 Monate persistierende, nicht rückläufige, kleine Proteinurie (Eiweiß-Kreatinin-Quotient > 0,2 g/g Kreatinin) oder eGFR < 90 ml/min/1,73 m². Die Nierenhistologie dient zusammen mit der klinischen Ausprägung der Nierenbeteiligung zur Einteilung des Schweregrades der Nephritis und Therapiestratifizierung ([ Abb. 6 ]). Hierbei ist aktuell noch nicht entschieden, welche histologische Klassifikation sich als die aussagekräftigste herausstellen wird. Ebenso wie bei der IgA-Nephritis, bei der aktuell die modifizierte Oxford-Klassifikation angewendet wird [32], ist zu erwarten, dass auch bei der IgAV-Nephritis neuere Klassifikationen besser mit der Prognose korrelieren [33], [34] als die ältere ISKDC(International Study of Kidney Disease in Children)-Klassifikation [35].


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Differenzialdiagnosen
Bei klassischer Präsentation der palpablen Purpura mit Bauchschmerzen, Gelenk- und Nierenbeteiligung ist die Diagnose meist klar. In Abhängigkeit der klinischen Präsentation können weitere Erkrankungen erwogen werden:
-
ANCA-assoziierte Vaskulitis (insbesondere bei Jugendlichen)
-
Immunthrombozytopenie, weitere Gerinnungsstörungen
-
Sepsis mit Verbrauchskoagulopathie
-
hämolytisch-urämisches Syndrom
-
systemischer Lupus erythematodes
-
familiäres Mittelmeerfieber (kann IgA-Vaskulitis imitieren oder assoziiert sein)
-
septische Arthritis
-
chronisch entzündliche Darmerkrankung
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Therapie
Der Großteil der Patienten mit IgA-Vaskulitis benötigt nur eine supportive Therapie sowie eine adäquate Analgesie. Bei muskuloskelettalen Schmerzen ist die Gabe nichtsteroidaler Antiphlogistika (NSAR, z. B. Ibuprofen, Naproxen) ratsam. Diese Empfehlung beruht auf einzelnen Expertisen, systematische Studien existieren nicht. NSAR sind nicht kontraindiziert, solange die Nierenfunktion normal ist [36]. Eine relative Kontraindikation für diese Medikamentengruppe besteht allerdings bei aktiver gastrointestinaler Blutung, auch wenn es für diese spezielle Situation keine literaturgestützten Daten gibt.
Bei blandem Verlauf ist auf der Grundlage von Expertenempfehlungen eine grundsätzliche Immobilisierung nicht indiziert; dies kann kurzfristig notwendig sein bei starken Bauchschmerzen oder Arthritiden, nicht jedoch bei kutaner oder nephrologischer Symptomatik [37].
Der Einsatz von Kortikosteroiden ist im Rahmen bestimmter Indikationen indiziert wie Orchitis, ZNS-Vaskulitis, pulmonaler Hämorrhagie, anderen schweren organ- oder lebensbedrohlichen Manifestationen. Diese Empfehlung basiert allerdings nur auf Expertenniveau und deskriptiven Fallbeschreibungen. Zur Indikation der Steroidgabe bei gastrointestinaler Beteiligung wie starken Bauchschmerzen und/oder makroskopisch blutigen Stühlen liegen allerdings mehrere Studien vor. Zusammenfassend zeigt die Metaanalyse von Weiss et al., dass Kortikosteroide zu einer Reduktion der Schmerzdauer und zu einer geringeren Operationsrate – bei Invagination – führen [38]–[40].
Zur Therapie der kutanen Manifestation ist in der Regel keine Steroidtherapie notwendig, bei hämorrhagischer Blasenbildung und Nekrosen kann dies allerdings erwogen werden [22], [41].
Eine Predniso(lo)ndosis von 1–2 mg/kg KG (maximal 80 mg) für die Dauer von einer Woche mit anschließendem Ausschleichen über einen Zeitraum von max. 1–2 Wochen erweist sich meist als ausreichend. In schweren Fällen ist die Gabe von Methylprednisolon-Pulsen (10–30 mg/kg, max. 1 g/Tag an 3 aufeinanderfolgenden Tagen) zu diskutieren [29].
Für prolongierte Steroid- oder NSAR-refraktäre Verläufe wird in Einzelfällen oder Fallserien über die erfolgreiche Therapie mit Rituximab, Dapson, Heparin, Immunglobulinen berichtet [41]. In einer 2020 publizierten Studie war der Einsatz von Colchizin bei 11 von 12 Patienten mit Rezidiven effektiv [43]. Bei einer hartnäckigen gastrointestinalen Beteiligung wurde auch über die Wirksamkeit von Mycophenolat-Mofetil berichtet [44].
Über die Prophylaxe einer renalen Beteiligung ist immer wieder kontrovers diskutiert worden. Zusammenfassend kann nach dem gegenwärtigen Stand der Studien nicht zu einer Steroidprophylaxe geraten werden [40], [45].
Bei Nierenbeteiligung – in jedem Fall bei einer schweren und/oder anhaltenden Proteinurie oder einer eingeschränkten GFR – sollte das Vorgehen mit einer/m pädiatrischen Nephrologin/en abgestimmt werden [46]. Das weitere Vorgehen wird in [ Abb. 6 ] sowie im Kasten „Empfehlungen zur aktuellen Leitlinie IgA-Vaskulitis 2022“ skizziert [47].
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Nachbeobachtung
Nach durchgemachter IgA-Vaskulitis ist es wichtig – auch ohne Zeichen einer Nephritis – den Urin über ca. 6 Monate (ca. 1 × pro Monat) zu kontrollieren, da innerhalb dieses Zeitraums 97 % aller Nephritiden auftreten [20]. Bei Nachweis einer Nierenbeteiligung sollten diese Nachkontrollen – selbst im Falle einer Remission – langfristig erfolgen, da ein Übergang in eine chronische IgA-Nephritis auch ohne erneute Zeichen einer systemischen Vaskulitis möglich ist [20]. Da Frauen nach durchgemachter IgA-Nephritis in der Schwangerschaft ein hohes Risiko für eine Aktivierung der Nephritis haben, sollte für diese Patientengruppe ein adäquates Monitoring (Urinstatus, Serumkreatinin, Blutdruckmessungen) durchgeführt werden [48].
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Verlauf und Prognose
Die Krankheit ist in der Regel selbstlimitierend, sofern keine schweren renalen Komplikationen auftreten und dauert bei ca. einem Drittel der Patienten 2 Wochen, bei einem Drittel zwischen 2 und 4 Wochen und bei einem weiteren Drittel über 4 Wochen [49]. Rezidive kommen ebenfalls bei ca. einem Drittel vor und manifestieren sich meist in einem Zeitraum von 4 Monaten nach Symptomresolution [50]. Für Patienten mit einem nephrotischen Syndrom zeigte sich aber langfristig eine erhebliche Morbidität: 10,5 % hatten nach einem medianen Untersuchungsintervall von 4,6 Jahren noch eine große Proteinurie und 15,7 % entwickelten eine terminale Niereninsuffizienz [50].
Danksagung
Der vorliegende Artikel ist angelehnt an die aktuellen AWMF-Leitlinien 2022 „IgA Vaskulitis“, an deren Realisierung folgende weitere Autor*innen beteiligt waren: Martin Pohl, Dominik Schneider, Günther Klaus, Thekla v. Kalle, Peter Höger, Söhnke Dammann, Martin Bald, Georg Heubner.
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Dominik Müller
Martin Pohl
Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Article published online:
06 September 2024
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Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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