CC BY-NC-ND 4.0 · Dtsch Med Wochenschr 2024; 149(18): e76-e83
DOI: 10.1055/a-2347-3975
Originalarbeit

Unzureichende Datenqualität der Neudaten 2017–2020 des deutschen Transplantationsregisters

Shortfalls of new data 2017–2020 in the German transplant registry
Gerd Otto
1   Ehem. Abteilung für Transplantations- und Hepatobiliäre Chirurgie, Universitätsmedizin Mainz
,
Klemens Budde
2   Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Internistische Intensivmedizin, Charité – Universitätsmedizin, Berlin
,
Christoph Bara
3   Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Herzzentrum, Universitätsmedizin Göttingen
4   Deutsches Zentrum für Herz- und Kreislaufforschung (DZHK) – Standort Göttingen
,
Jens Gottlieb
5   Klinik für Pneumologie und Infektiologie, Medizinische Hochschule Hannover
6   Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL), Biomedical Research in End-Stage and Obstructive Lung Disease Hannover (BREATH), Hannover
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Einleitung

Einer vorausgegangen Analyse zufolge bestehen erhebliche Mängel bei den Altdaten (2006–2016) des deutschen Transplantationsregisters. Nach Zugriff auf die Neudaten (2017–2020) wurden diese ebenfalls einer Überprüfung unterzogen.

Methoden

Die Neudaten sind in 80 thematisch getrennte Elemente aufgeteilt, aus denen der vom Untersucher benötigte Datensatz extrahiert werden muss. Die Analysen erfolgten für Herz-, Leber-, Lungen- und Nierentransplantation. Schwerpunkte waren Vergleiche der Registerdaten mit Angaben der Eurotransplant-Statistik über Sterblichkeit auf der Warteliste und Transplantationsrate. Außerdem wurden Daten und daraus resultierende Ergebnisse der beiden Datenlieferanten Eurotransplant (ET) und des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) verglichen. Für die Analysen wurden Excel und SPSS eingesetzt.

Ergebnisse

Die ET-Statistik weist 21 632 gemeldete Patienten auf, das Register in den entsprechenden ET-Elementen lediglich 16 272. Somit wurden ca. 25 % der bei ET registrierten Patienten nicht ins Register übernommen. Der Quotient aus Todesfällen auf der Warteliste zu Transplantierten beträgt bei ET 0,25, im Register 0,13. Die Patienten in von ET bereitgestellten Wartelisten-Elementen unterscheiden sich um 75 % von denen des IQTIG. Die Zusammenstellung eines vollständigen Datensatzes aus den Follow-up-Elementen scheitert ebenfalls am geringen Anteil identischer Patienten (weniger als 30 %). Die sich aus diesen Elementen ergebenden 3-Jahres-Überlebensraten weichen um bis zu 18 % absolut von den Jahresberichten des IQTIG ab.

Diskussion

Durch nicht vorhandene Zustimmung scheinen bei ET gelistete Patienten nicht ins Register übernommen zu werden. Es besteht zudem eine gravierende Heterogenität der Patienten in thematisch zusammengehörenden Elementen verschiedener Datenquellen. Gravierende Unterschiede bei den von ET und IQTIG ins Register eingebrachten Daten sowie mangelnde Zuordenbarkeit und Redundanz der Daten machen fundierte wissenschaftliche Analysen unmöglich.

Fazit

Das deutsche Transplantationsregister bedarf eines grundlegenden Neuaufbaues. Die Datenaufnahme ins Register ohne verpflichtende Zustimmung zur Datenspeicherung und die Vermeidung eines nicht regulierten Zuflusses von ET- und IQTIG-Daten in das Register sind hierbei essenziell.


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Abstract

Introduction

Recently, considerable deficiencies of legacy data (2006–2016) of the newly established German Transplant Registry were described. Current data (2017–2020) of the registry are subject to the present assessment.

Material and Methods

The registry is divided in 80 elements containing different topics. From those elements the required dataset needs to be extracted by the investigator. We analyzed data on heart, liver, lung and kidney transplantation, focusing on the comparison of data published in the Eurotransplant (ET) statistics library with registry data. Moreover, data provided by ET to the registry were compared with data provided by the German Institute for Medical Quality Assurance (IQTIG). Excel and SPSS were used as statistical software.

Results

According to the ET statistics, 21 632 patients entered the waiting list (WL). The corresponding elements of the registry contain 16 272 patients, which means that 25 % of patients listed by ET are not included in the registry. The quotient of patients deceased on the WL versus transplanted patients is 0.25 according to the ET statistics, but 0.13 according to the registry. The identity of patients in the waiting list elements provided by ET differ by 75 % from those of the IQTIG. The compilation of a complete data set from the follow-up elements also fails due to the low proportion of identical patients (less than 30 %) in the respective elements. Three-year survival rate deviates by up to 18 % from the results published by the IQTIG.

Discussion

The number of patients listed by ET for transplantation is incomplete in the registry, which is due to the informed consent required for data storage in Germany. Considerable heterogeneity of patients and data provided by different institutions, the lack of concatenation and redundancy of data make scientific studies impossible.

Conclusion

The German Transplant Registry needs to be fundamentally reorganized. Above all, the mandatory consent to data storage and the uncritical inclusion of data provided by various institutions render the current registry useless.


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Einleitung

Das deutsche Transplantationsregister soll Daten der Institutionen Eurotransplant (ET), Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) und Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zu einem einheitlichen Datensatz zusammenführen, um Grundlagen für belastbare wissenschaftliche Aussagen in der Transplantationsmedizin zu schaffen [1]. Hierzu wurden vom Gesetzgeber Abschnitt 5a (§§ 15a–i) sowie weitere Ergänzungen ins Transplantationsgesetz eingefügt [2]. Bei einer Analyse der Altdaten des Registers (2006–2016) erwiesen sich allokationsrelevante wie auch die FU-Daten (Follow-up-Daten) als unvollständig, nicht zuordenbar, widersprüchlich und redundant [3]. Für die vorliegende Arbeit wurden Neudaten (2017–2020) des Translationsregisters analysiert, auf die inzwischen Zugriff besteht.


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Material und Methoden

Ende 2023 wurde der Zugriff auf die Neudaten (2017–2020) des Transplantationsregisters möglich. Es erfolgte eine Analyse der Daten zu Herz-, Leber-, Lungen- und Nierentransplantationen. Die Strukturierung der Neudaten des Transplantationsregisters entspricht weitgehend dem Aufbau der Altdaten, der in der vorausgegangenen Publikation beschrieben wurde [3]. Der Betreiber des Registers (Registerstelle, Gesundheitsforen Leipzig) hat die umfangreichen Daten der 3 datenliefernden Institutionen thematisch untergliedert und zu Untereinheiten, sog. Elementen, zusammengefasst. Die Themen entsprechen dem Ablauf des Transplantationsprozesses: Warteliste, Untersuchungsergebnisse, Immunologie, Spenderaspekte, Transplantation, Nachsorge etc. Aus diesen Elementen müssen Daten extrahiert und zu einem Datensatz, der der jeweiligen wissenschaftlichen Fragestellung entspricht, zusammengeführt werden. In den Neudaten hat sich die Zahl der thematischen Elemente von insgesamt 61 (in den Altdaten) auf 80 erhöht. Das ist darauf zurückzuführen, dass allokationsrelevante wie auch Elemente des FU, die ET- und IQTIG-Daten in einem Element enthielten, in den Neudaten in jeweils 2 Elemente, also eines für ET- und ein zweites für IQTIG-Angaben, getrennt wurden.

Im Unterschied zum Bericht über die Altdaten des Registers konzentrierte sich die vorliegende Analyse auf:

  1. Datenvollständigkeit des Registers im Vergleich zu öffentlich zugänglichen Daten von ET,

  2. Datenvollständigkeit in allokationsrelevanten Elementen aller Patienten sowie Elementen der Nachsorge bei Transplantierten,

  3. Vergleichbarkeit der Patienten in thematisch gleichen organspezifischen Elementen von ET und IQTIG,

  4. Vergleichende Untersuchung der Überlebensdaten von ET und IQTIG.

Die Vollständigkeit der im Register enthaltenen Patienten wurde durch Vergleich der Angaben in den Elementen Warteliste_Herz, _Leber, _Lunge und _Niere_ET mit den von ET in der Eurotransplant Statistics Report Library (2017–2020) veröffentlichten Daten überprüft [4]. Dabei war von besonderem Interesse, inwieweit diskrepante Patienten-Gesamtzahlen das Verhältnis von auf der Warteliste verstorbenen zu transplantierten Patienten beeinträchtigen.

Bei der Vollständigkeitsprüfung ausgewählter Elemente, die allokationsrelevante Daten bzw. Daten nach Transplantation enthalten, wurde das gemeinsame Vorkommen der Patienten-Identifikatoren (IDs) in den jeweiligen Elementen verglichen. Die dabei einbezogenen Elemente gehen aus der Legende zu [Abb. 1] hervor.

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Abb. 1 Vollständigkeit von Patienten in ausgewählten Elementen der Wartezeit und nach erfolgter Transplantation. Die Zahlen initial gelisteter Patienten sowie die Kategorisierung der Transplantierten wurden dem Element_Warteliste_Eurotransplant des jeweiligen Organs entnommen. In die Vollständigkeitsprüfung einbezogene Elemente: 1Warteliste_Herz; Warteliste_Leber; Warteliste_Lunge; Warteliste_Niere; 2Warteliste_Untersuchung, Empfaenger, Empfaenger_Dringlichkeit, für Leber zusätzlich Leber_Score_MELD6 und Leber_Score_MELD_exceptional, für Niere statt Warteliste_Untersuchung (nicht vorhanden) Empfaenger_Immunologie; 3wie unter2, danach: Transplantation, Spender_postmortem, Organ_Entnahme, Follow-up, Follow-up_Medikation, für Leber und Niere zusätzlich Spender_lebend; Abkürzungen: 4ax-rel. = allokationsrelevant, 5tx-rel. = transplantationsrelevant, 6MELD = Model of End Stage Liver Disease.

Eine Gegenüberstellung der Patienten-IDs in 2 Elementen, Warteliste_ET und Warteliste_IQTIG (jeweils für die 4 Transplantationsarten, also insgesamt 8 Elemente), und in den 2 organübergreifenden Elementen Transplantation_ET und Transplantation_IQTIG diente der Überprüfung, inwieweit identische Patienten von den beiden Datenlieferanten ET und IQTIG geliefert bzw. ins Register aufgenommen wurden.

Durch Vergleich der für die Überlebensberechnung entscheidenden Angaben (Todeszeitpunkt und Zeitpunkt des FU) wurde eine Identitätsprüfung dieser Angaben in relevanten Nachsorge-Elementen bei Leber- und Lungentransplantation vorgenommen (bei ET-Elementen: Warteliste_ET, Empfaenger, Transplantation_ET und FU_ET; bei IQTIG-Elementen: Warteliste_ET, Empfaenger, Transplantation_IQTIG, FU_IQTIG). Außerdem wurde aus den Angaben in den ET- bzw. IQTIG-Elementen das 3-Jahres-Überleben (Kaplan-Meier) für alle 4 Transplantationsarten errechnet und mit den vom IQTIG in den Jahresberichten 2019 publizierten Überlebensdaten verglichen [5] [6] [7] [8].

Statistische Methoden

Alle Extraktionen und Verknüpfungen von Daten erfolgten mit Excel (Microsoft, Redmond; USA), die Kaplan-Meier-Rechnungen mit SPSS (IBM SPSS Statistics, Version 22). Die Kaplan-Meier-Analysen erfolgten auf Basis der Angaben zur letzten Nachsorge bzw. zum Todeszeitpunkt. Organfunktion (bei Nierentransplantation) oder erforderliche Re-Transplantationen wurden nicht berücksichtigt. Weitere statische Verfahren waren nicht erforderlich.


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Ergebnisse

Datenvollständigkeit

Für die 4 Transplantationsarten Herz, Leber, Lunge und Niere weist die ET-Statistik für die Jahre 2017–2020 insgesamt 21 632 Patienten auf, in den Elementen Warteliste_ET wurden im Register lediglich 16 272 Patienten erfasst. Das Verhältnis der Summe der auf Warteliste verstorbenen Patienten zur Summe der Transplantierten beträgt nach ET-Angaben 0,25, im Register 0,13 ([Tab. 1]). Bei der Herztransplantation ist der disproportionale Verlust dieser beiden Patientengruppen am höchsten (Verhältnis bei ET 0,34 versus 0,15 im Register). Insgesamt fehlen im Register ca. 56 % der transplantierten, jedoch 76 % der verstorbenen Patienten.

Tab. 1

Vergleich der Anzahl gelisteter Patienten: Eurotransplant versus Transplantationsregister (ausgehend von den Elementen_Warteliste_Eurotransplant).

Gelistet bei ET[ 1 ] 2017–2020

In WL[ 2 ]_ET 2017–2020

% von ET im Register

Herztransplantation

Alle Patienten

2033

1380

67,9

Davon auf WL verstorben

434

96

22,1

Davon transplantiert

1258

657

52,2

Verstorben/transplantiert

0,34

0,15

Lebertransplantation

Alle Patienten

5789

3674

63,5

Davon auf WL verstorben

1083

360

33,2

Davon transplantiert

3357

1846

55,0

Verstorben/transplantiert

0,32

0,2

Lungentransplantation

Alle Patienten

1841

1116

60,6

Davon auf WL verstorben

250

69

27,6

Davon transplantiert

1389

744

53,6

Verstorben/transplantiert

0,18

0,09

Nierentransplantation

Alle Patienten

11 969

10 102

84,4

Davon auf WL verstorben

1770

314

17,7

Davon transplantiert

8254

3072

37,2

Verstorben/transplantiert

0,21

0,1

Gesamt

Patienten aller 4 Organe

21 632

16 272

75,2

Davon auf WL verstorben

3537

839

23,7

Davon transplantiert

14 258

6319

44,3

Verstorben/transplantiert

0,25

0,13

1 ET = Eurotransplant


2 WL = Warteliste


[Abb. 1] zeigt, inwieweit thematisch zusammenhängende allokationsrelevante und FU-Elemente (s. Legende) die jeweils im Element Warteliste_ET aufgeführten Patienten enthalten. Diese Zahlen geben somit Auskunft darüber, in welchem Prozentsatz ein vollständiger Datensatz aus dem Register zusammengestellt werden kann, wobei der Befüllungsgrad, also die Vollständigkeit eines jeden einzelnen Parameters, nicht Gegenstand der Prüfung war. Während in allokationsrelevanten Elementen zwischen 30 % (Leber) und 95 % (Niere) aller ursprünglich gelisteten Patienten lückenlos aufzufinden– also in allen Elementen vorhanden – sind, liegt diese Zahl bei Transplantations- und FU-Elementen (bezogen auf die Transplantierten) durchweg unter 30 %.

Vergleichbarkeit

Thematisch gleiche, organspezifische Elemente sind je nach Datenherkunft (ET und IQTIG) doppelt angelegt. In diesen parallelen Elementen (Elemente Transplantation_ET und _IQTIG und Warteliste_ET und _IQTIG) ist die Zusammensetzung der Patienten bei ET und IQTIG völlig unterschiedlich ([Abb. 2]). Während bei ET in den Wartelisten-Elementen 16 272 Patienten (Summe aller 4 Elemente) vorkommen, sind es in den IQTIG-Elementen 10 037. In den Wartelisten-Elementen sind nur 5052 (24 %) Patienten-IDs beider datenliefernden Institutionen identisch, 11 220 (53 %) kommen nur bei ET, 4985 (23 %) nur bei IQTIG vor. Damit beträgt die Gesamtzahl der in allen Wartlisten-Elementen enthaltenen Patienten 21 257. Ob es sich bei ET-Elementen ausschließlich um Patienten handelt, die auch in der ET Statistics Report Library enthalten sind, ist nicht nachprüfbar. Bei Wartelisten-Elementen von IQTIG kommt hinzu, dass sie auf Grund des Fehlens nahezu sämtlicher auf der Warteliste Verstorbenen und der nur rudimentär enthaltenen Parameter für Analysen kaum brauchbar sind. In den Elementen Transplantation von ET und IQTIG sind 36 % der Patienten gemeinsam enthalten.

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Abb. 2 Vergleich der Patienten-Identifikatoren in parallel existierenden Elementen von Eurotransplant (ET) und dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG, Elemente Warteliste Herz, Leber, Lunge, Niere und Elemente Transplantation). Lediglich 25 % aller Patienten sind in parallelen Elementen identisch.

Das Problem, das aus der unterschiedlichen Zusammensetzung der Elemente resultiert, wird bei einem Vergleich der FU- und Sterbedaten bei Leber- und Lungen-Transplantation verdeutlicht ([Tab. 2]). Nach Leber-Transplantation finden sich bei ET- und IQTIG insgesamt 3593 Patienten-IDs, allerdings liegen nur bei 564 (16 %) Patienten Angaben zu FU oder Tod in beiden Quellen simultan vor, von denen lediglich 16 (3 %) identisch sind. Bei der Lungen-Transplantation lauten die entsprechenden Zahlen: 1565, 339 (22 %), 12 (4 %).

Tab. 2

Vergleich von Follow-up- und Sterbedaten in den Elementen_FU_ET und FU_IQTIG nach Leber- und Lungen-Transplantation.

Element_FU1_Le_ET2

Element_FU_Le_IQTIG3

Element_FU_Lu_ET2

Element_FU_Lu_IQTIG3

Patienten total in FU

1259

2334

685

880

Verstorben nach Transplantation

216

113

106

111

FU-Datum in beiden Elementen vorhanden

564

339

FU-Datum in beiden Elementen identisch

16

12

Todesdatum in beiden Elementen vorhanden

24

52

Todesdatum in beiden Elementen identisch

23

52

Follow-up und Todesdatum identisch

3

4

1 FU = Follow-up, 2Daten aus Element_FU_Leber/Lunge_Eurotransplant, 3Daten aus Element_FU_Lunge_Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen und Element_Empfaenger.

Überlebensvergleich

[Abb. 3] zeigt die Zusammenstellung des 3-Jahres-Überlebens bei den 4 Transplantationsarten, jeweils entsprechend den ET- und IQTIG-Daten. Die Ergebnisse, die in den Jahresberichten 2019 von IQTIG für die einzelnen Transplantationsarten genannt werden, sind in die Abbildung eingefügt (72,7 %, 77,5 %, 73,4 % und 91,8 % für Herz-, Leber-, Lungen- und Nieren-Transplantation). Von diesen Ergebnissen weicht das 3-Jahres-Überleben nach Herz- um absolut 18,5 % (ET), nach Leber- um 12,5 % (IQTIG) und nach Lungen-Transplantation um 16,1 % (IQTIG) ab. Nur nach Nieren-Transplantation ist die Abweichung geringer. Die Verdichtung zensierter Fälle, jeweils zum Jahreswechsel, bei IQTIG-Angaben ist auf den Modus der Berichterstattung der Zentren zurückzuführen.

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Abb. 3 3-Jahres-Überleben, errechnet aus Registerangaben von Eurotransplant (ET; links) und dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG, rechts). Die in den jeweiligen Abbildungen enthaltenen Prozentangaben verdeutlichen das 1- und 3-Jahres-Überleben. Die 3-Jahres-Überlebensraten laut Jahresberichten von IQTIG 2019 befinden sich unter den Kaplan-Meier-Kurven der jeweiligen Transplantationsart.

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Diskussion

Die Analysen der Neudaten des deutschen Transplantationsregisters resultieren in dem Ergebnis, dass diese, wie auch die Altdaten, wissenschaftlich unbrauchbar sind. Dabei sind die unkritische Aufnahme von Daten verschiedener Lieferanten, die Redundanz aufgenommener Parameter und der Verlust der ursprünglich bei ET vorhandenen Datenverknüpfungen entscheidend. Damit sind grundlegende Voraussetzungen für die Wissenschaftlichkeit einer Analyse, nämlich der Ausschluss subjektiver Entscheidungen bei der Datenauswahl und eine erfolgreiche Verknüpfung der Daten, nicht gegeben. Hier bestätigten sich die Ergebnisse der Altdaten-Analysen. In Anbetracht der Bedeutung der in den Neudaten zusätzlich vorhandenen Mängel wurde auf eine wiederholte Darstellung dieser Aspekte verzichtet [3].

Ein fundamentales Problem, das in den Neudaten erkennbar wird, besteht in den gravierenden Diskrepanzen zwischen den Angaben im Transplantationsregister und den von Eurotransplant jährlich publizierten Daten zur Gesamtzahl gelisteter Patienten, Wartelisten-Sterblichkeit und Transplantation [4]. Wenn auch Fehler bei der Datenübertragung und Datenaufnahme ins Register nicht auszuschließen sind, so ist es doch wahrscheinlicher, dass eine wesentliche Ursache für diese Diskrepanzen in der gesetzlich geforderten Zustimmung der Patienten zur Aufnahme persönlicher Daten ins Register liegt. Es ist denkbar, dass schwerkranke Patienten, deren Chancen gering sind, eine längere Wartezeit bis zur Transplantation zu überstehen, oft nicht mehr in der Lage sind, einer Datenerfassung zuzustimmen. Analysen zur Wartelisten-Sterblichkeit – und damit zur Verteilungsgerechtigkeit der Transplantate – werden somit sinnlos, da besonders die für die Weiterentwicklung der Allokation interessierenden Patienten, also die auf der Warteliste verstorbenen, im Register nicht vollständig sind. Die ET-Daten des Registers entsprechen somit einer nicht repräsentativen Datensammlung. In den Elementen Warteliste_IQTIG fehlen Angaben zum Wartelisten-Ergebnis gänzlich; sie sind in diesem Zusammenhang somit unbrauchbar.

Thematisch gleiche, organspezifische Elemente existieren in den Neudaten doppelt, nämlich je nach Datenherkunft, also von ET oder IQTIG. Die DSO wird von den damit verbundenen Problemen nicht tangiert. Es unterscheidet sich nicht nur die Zahl der in korrespondierenden Elementen enthaltenen Patienten, sondern auch deren Zusammensetzung. Das führt zu der Frage, welche Patienten ins Register aufgenommen wurden, wenn beispielsweis in den Wartlisten-Elementen nur 25 % der Patienten-IDs in korrespondierenden Elementen mit ET- bzw. IQTIG-Daten identisch sind. Es kann sich um Patienten aus unterschiedlichen Zeitperioden handeln oder um Patienten, die eigentlich einer Datenerfassung nicht zugestimmt haben. Die resultierende Heterogenität der Datensätze, einschließlich divergierender Angaben, schließen eine wissenschaftlich fundierte Analyse aus.

Diese gravierende Inkongruenz der Daten wird bei der Analyse der FU-Daten besonders deutlich. [Tab. 2] zeigt nicht nur, dass Anzahl und Zusammensetzung der FU-Patienten bei ET und IQTIG unterschiedlich sind, sondern unterstreicht vor allem den geringen Grad an Übereinstimmung essenzieller Parameter – letztes FU und Sterbedatum – in beiden Elementen. Die Angaben von IQTIG zum Todeszeitpunkt in der Tabelle werden nur deshalb erreicht, weil sie nicht nur dem Element_FU_IQTIG, sondern auch dem Element_Empfaenger und somit ET-Angaben entnommen wurden. Bei ET sind in den vorliegenden Daten Einträge nach Transplantation verstorbener Patienten mehr als doppelt so häufig wie bei IQTIG, was Fragen zur Datenverfügbarkeit beim IQTIG aufwirft, da dessen gesetzliche Verpflichtung schließlich darin besteht, die 3-Jahres-Nachsorgedaten lückenlos zu erfassen.

Diese Mängel erfordern umfangreiche Veränderungen. Es muss klar definiert werden, wer welche Daten liefert und welche Daten nach kritischer Wertung ins Register eingehen. Naheliegend wäre, dass die Aufgabenstellung einer Institution der Datenlieferung entsprechen soll. Es steht für die Autoren außer Frage, dass allokationsrelevante Daten nur von ET kommen können. Vom IQTIG hierzu gelieferte Daten sind durchweg retrospektiv und daher wenig verlässlich. Bei postoperativen und Verlaufsdaten könnte das IQTIG hingegen Bedeutung erlangen, wenn dessen Aufgabenbereich vom Gemeinsamen Bundesausschuss um die verpflichtende, präzise Erfassung von unmittelbar postoperativen und zusätzlich von wirklichen Langzeitdaten erweitert würde. In der gegenwärtigen Form ist der Beitrag des IQTIG zum Transplantationsregister eher kontraproduktiv. Unter diesen Voraussetzungen können die beschriebenen Mängel und daraus resultierende, unrealistische Differenzen des Überlebens bei ET- und IQTIG-Daten nicht überraschen.

Schlussfolgerungen

Es bedarf der Schaffung grundlegender Voraussetzungen für ein funktionierendes Transplantationsregister. Diese betreffen unterschiedliche Aspekte und erfordern ein fachkompetentes klinisches Datenmanagement und kontinuierliche transplantationsmedizinische Expertise.

Im System der Transplantationsmedizin existieren im Wesentlichen nur 2 Institutionen, durch die Daten generiert werden: die Transplantationszentren und die DSO im Verbund mit den Spenderkrankenhäusern. Würde der Datenfluss zwischen den Zentren, DSO, ET und IQTIG nicht wie gegenwärtig über unterschiedliche Datenwege laufen, zusätzlich mehrfach ausgetauscht und schließlich ans Transplantationsregister geliefert werden, sondern primär über ein gemeinsames Datennetz kommuniziert, könnten sich alle Teilnehmer die benötigten bzw. verpflichtenden Daten „herausfiltern“, so auch das Register. Für die Zentren und schließlich auch die anderen beteiligten Institutionen würde sich der Arbeitsaufwand erheblich verringern, und Redundanz, also Unsicherheiten und mangelnde Präzision der Daten, könnte im Register vermieden werden. Außerdem wäre diese Form der Kommunikation ein entscheidender Beitrag dazu, eine regelmäßige Aktualisierung des Registers zu gewährleisten, von dem in Alt- wie Neudaten bisher nichts zu erkennen ist.

Alle Überlegungen werden jedoch nicht der letztendlich entscheidende Schritt für Verbesserungen und die Brauchbarkeit des Registers sein, solange die Datenerfassung von der Zustimmung der Patienten abhängig gemacht wird. Sie ist Ursache für die Inkongruenz der ET-Statistik und des Register-Datensatzes und stellt so das Register fundamental in Frage. Insbesondere das überproportionale Ausklammern der Patienten, die auf der Warteliste sterben, macht die Neudaten des Registers für die Weiterentwicklung der Organzuteilung unbrauchbar. Die Bedeutung der Wissenschaftlichkeit des Registers für Verbesserungen bei Behandlung und Überleben von Patienten überwiegt nach Einschätzung der Autoren bei weitem die Bedeutung des Rechts der Patienten, eine Aufnahme anonymisierter Daten ins Register zu verweigern. Somit ist zu fordern, Daten unabhängig von der Zustimmung der Patienten ins Register aufzunehmen. In den USA ist dies beispielhaft durch den Health Insurance Portability and Accountability Act von 1996 gelöst [9]. Man sollte zu dieser Problematik einmal die Betroffenen, also transplantierte Patienten, befragen.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Gerd Otto
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Ehem
Abteilung für Transplantationschirurgie
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
Deutschland   

Publication History

Article published online:
26 July 2024

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Abb. 1 Vollständigkeit von Patienten in ausgewählten Elementen der Wartezeit und nach erfolgter Transplantation. Die Zahlen initial gelisteter Patienten sowie die Kategorisierung der Transplantierten wurden dem Element_Warteliste_Eurotransplant des jeweiligen Organs entnommen. In die Vollständigkeitsprüfung einbezogene Elemente: 1Warteliste_Herz; Warteliste_Leber; Warteliste_Lunge; Warteliste_Niere; 2Warteliste_Untersuchung, Empfaenger, Empfaenger_Dringlichkeit, für Leber zusätzlich Leber_Score_MELD6 und Leber_Score_MELD_exceptional, für Niere statt Warteliste_Untersuchung (nicht vorhanden) Empfaenger_Immunologie; 3wie unter2, danach: Transplantation, Spender_postmortem, Organ_Entnahme, Follow-up, Follow-up_Medikation, für Leber und Niere zusätzlich Spender_lebend; Abkürzungen: 4ax-rel. = allokationsrelevant, 5tx-rel. = transplantationsrelevant, 6MELD = Model of End Stage Liver Disease.
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Abb. 2 Vergleich der Patienten-Identifikatoren in parallel existierenden Elementen von Eurotransplant (ET) und dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG, Elemente Warteliste Herz, Leber, Lunge, Niere und Elemente Transplantation). Lediglich 25 % aller Patienten sind in parallelen Elementen identisch.
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Abb. 3 3-Jahres-Überleben, errechnet aus Registerangaben von Eurotransplant (ET; links) und dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG, rechts). Die in den jeweiligen Abbildungen enthaltenen Prozentangaben verdeutlichen das 1- und 3-Jahres-Überleben. Die 3-Jahres-Überlebensraten laut Jahresberichten von IQTIG 2019 befinden sich unter den Kaplan-Meier-Kurven der jeweiligen Transplantationsart.