Schlüsselwörter
Transplantationsregister - Neudaten - Deutschland - Analyse - Qualität
Keywords
transplantation - registries - Germany - data accuracy - data management
Einleitung
Das deutsche Transplantationsregister soll Daten der Institutionen Eurotransplant (ET), Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) und Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zu einem einheitlichen Datensatz zusammenführen, um Grundlagen für belastbare wissenschaftliche Aussagen in der Transplantationsmedizin zu schaffen [1]. Hierzu wurden vom Gesetzgeber Abschnitt 5a (§§ 15a–i) sowie weitere Ergänzungen ins Transplantationsgesetz eingefügt [2]. Bei einer Analyse der Altdaten des Registers (2006–2016) erwiesen sich allokationsrelevante wie auch die FU-Daten (Follow-up-Daten) als unvollständig, nicht zuordenbar, widersprüchlich und redundant [3]. Für die vorliegende Arbeit wurden Neudaten (2017–2020) des Translationsregisters analysiert, auf die inzwischen Zugriff besteht.
Material und Methoden
Ende 2023 wurde der Zugriff auf die Neudaten (2017–2020) des Transplantationsregisters möglich. Es erfolgte eine Analyse der Daten zu Herz-, Leber-, Lungen- und Nierentransplantationen. Die Strukturierung der Neudaten des Transplantationsregisters entspricht weitgehend dem Aufbau der Altdaten, der in der vorausgegangenen Publikation beschrieben wurde [3]. Der Betreiber des Registers (Registerstelle, Gesundheitsforen Leipzig) hat die umfangreichen Daten der 3 datenliefernden Institutionen thematisch untergliedert und zu Untereinheiten, sog. Elementen, zusammengefasst. Die Themen entsprechen dem Ablauf des Transplantationsprozesses: Warteliste, Untersuchungsergebnisse, Immunologie, Spenderaspekte, Transplantation, Nachsorge etc. Aus diesen Elementen müssen Daten extrahiert und zu einem Datensatz, der der jeweiligen wissenschaftlichen Fragestellung entspricht, zusammengeführt werden. In den Neudaten hat sich die Zahl der thematischen Elemente von
insgesamt 61 (in den Altdaten) auf 80 erhöht. Das ist darauf zurückzuführen, dass allokationsrelevante wie auch Elemente des FU, die ET- und IQTIG-Daten in einem Element enthielten, in den Neudaten in jeweils 2 Elemente, also eines für ET- und ein zweites für IQTIG-Angaben, getrennt wurden.
Im Unterschied zum Bericht über die Altdaten des Registers konzentrierte sich die vorliegende Analyse auf:
-
Datenvollständigkeit des Registers im Vergleich zu öffentlich zugänglichen Daten von ET,
-
Datenvollständigkeit in allokationsrelevanten Elementen aller Patienten sowie Elementen der Nachsorge bei Transplantierten,
-
Vergleichbarkeit der Patienten in thematisch gleichen organspezifischen Elementen von ET und IQTIG,
-
Vergleichende Untersuchung der Überlebensdaten von ET und IQTIG.
Die Vollständigkeit der im Register enthaltenen Patienten wurde durch Vergleich der Angaben in den Elementen Warteliste_Herz, _Leber, _Lunge und _Niere_ET mit den von ET in der Eurotransplant Statistics Report Library (2017–2020) veröffentlichten Daten überprüft [4]. Dabei war von besonderem Interesse, inwieweit diskrepante Patienten-Gesamtzahlen das Verhältnis von auf der Warteliste verstorbenen zu transplantierten Patienten beeinträchtigen.
Bei der Vollständigkeitsprüfung ausgewählter Elemente, die allokationsrelevante Daten bzw. Daten nach Transplantation enthalten, wurde das gemeinsame Vorkommen der Patienten-Identifikatoren (IDs) in den jeweiligen Elementen verglichen. Die dabei einbezogenen Elemente gehen aus der Legende zu [Abb. 1] hervor.
Abb. 1 Vollständigkeit von Patienten in ausgewählten Elementen der Wartezeit und nach erfolgter Transplantation. Die Zahlen initial gelisteter Patienten sowie die Kategorisierung der Transplantierten wurden dem Element_Warteliste_Eurotransplant des jeweiligen Organs entnommen. In die Vollständigkeitsprüfung einbezogene Elemente: 1Warteliste_Herz; Warteliste_Leber; Warteliste_Lunge; Warteliste_Niere; 2Warteliste_Untersuchung, Empfaenger, Empfaenger_Dringlichkeit, für Leber zusätzlich Leber_Score_MELD6 und Leber_Score_MELD_exceptional, für Niere statt Warteliste_Untersuchung (nicht vorhanden) Empfaenger_Immunologie; 3wie unter2, danach: Transplantation, Spender_postmortem, Organ_Entnahme, Follow-up, Follow-up_Medikation, für Leber und Niere zusätzlich Spender_lebend; Abkürzungen: 4ax-rel. = allokationsrelevant,
5tx-rel. = transplantationsrelevant, 6MELD = Model of End Stage Liver Disease.
Eine Gegenüberstellung der Patienten-IDs in 2 Elementen, Warteliste_ET und Warteliste_IQTIG (jeweils für die 4 Transplantationsarten, also insgesamt 8 Elemente), und in den 2 organübergreifenden Elementen Transplantation_ET und Transplantation_IQTIG diente der Überprüfung, inwieweit identische Patienten von den beiden Datenlieferanten ET und IQTIG geliefert bzw. ins Register aufgenommen wurden.
Durch Vergleich der für die Überlebensberechnung entscheidenden Angaben (Todeszeitpunkt und Zeitpunkt des FU) wurde eine Identitätsprüfung dieser Angaben in relevanten Nachsorge-Elementen bei Leber- und Lungentransplantation vorgenommen (bei ET-Elementen: Warteliste_ET, Empfaenger, Transplantation_ET und FU_ET; bei IQTIG-Elementen: Warteliste_ET, Empfaenger, Transplantation_IQTIG, FU_IQTIG). Außerdem wurde aus den Angaben in den ET- bzw. IQTIG-Elementen das 3-Jahres-Überleben (Kaplan-Meier) für alle 4 Transplantationsarten errechnet und mit den vom IQTIG in den Jahresberichten 2019 publizierten Überlebensdaten verglichen [5]
[6]
[7]
[8].
Statistische Methoden
Alle Extraktionen und Verknüpfungen von Daten erfolgten mit Excel (Microsoft, Redmond; USA), die Kaplan-Meier-Rechnungen mit SPSS (IBM SPSS Statistics, Version 22). Die Kaplan-Meier-Analysen erfolgten auf Basis der Angaben zur letzten Nachsorge bzw. zum Todeszeitpunkt. Organfunktion (bei Nierentransplantation) oder erforderliche Re-Transplantationen wurden nicht berücksichtigt. Weitere statische Verfahren waren nicht erforderlich.
Ergebnisse
Datenvollständigkeit
Für die 4 Transplantationsarten Herz, Leber, Lunge und Niere weist die ET-Statistik für die Jahre 2017–2020 insgesamt 21 632 Patienten auf, in den Elementen Warteliste_ET wurden im Register lediglich 16 272 Patienten erfasst. Das Verhältnis der Summe der auf Warteliste verstorbenen Patienten zur Summe der Transplantierten beträgt nach ET-Angaben 0,25, im Register 0,13 ([Tab. 1]). Bei der Herztransplantation ist der disproportionale Verlust dieser beiden Patientengruppen am höchsten (Verhältnis bei ET 0,34 versus 0,15 im Register). Insgesamt fehlen im Register ca. 56 % der transplantierten, jedoch 76 % der verstorbenen Patienten.
Tab. 1
Vergleich der Anzahl gelisteter Patienten: Eurotransplant versus Transplantationsregister (ausgehend von den Elementen_Warteliste_Eurotransplant).
|
|
Gelistet bei ET[
1
] 2017–2020
|
In WL[
2
]_ET 2017–2020
|
% von ET im Register
|
Herztransplantation
|
Alle Patienten
|
2033
|
1380
|
67,9
|
Davon auf WL verstorben
|
434
|
96
|
22,1
|
Davon transplantiert
|
1258
|
657
|
52,2
|
Verstorben/transplantiert
|
0,34
|
0,15
|
|
Lebertransplantation
|
Alle Patienten
|
5789
|
3674
|
63,5
|
Davon auf WL verstorben
|
1083
|
360
|
33,2
|
Davon transplantiert
|
3357
|
1846
|
55,0
|
Verstorben/transplantiert
|
0,32
|
0,2
|
|
Lungentransplantation
|
Alle Patienten
|
1841
|
1116
|
60,6
|
Davon auf WL verstorben
|
250
|
69
|
27,6
|
Davon transplantiert
|
1389
|
744
|
53,6
|
Verstorben/transplantiert
|
0,18
|
0,09
|
|
Nierentransplantation
|
Alle Patienten
|
11 969
|
10 102
|
84,4
|
Davon auf WL verstorben
|
1770
|
314
|
17,7
|
Davon transplantiert
|
8254
|
3072
|
37,2
|
Verstorben/transplantiert
|
0,21
|
0,1
|
|
Gesamt
|
Patienten aller 4 Organe
|
21 632
|
16 272
|
75,2
|
Davon auf WL verstorben
|
3537
|
839
|
23,7
|
Davon transplantiert
|
14 258
|
6319
|
44,3
|
Verstorben/transplantiert
|
0,25
|
0,13
|
|
1 ET = Eurotransplant
2 WL = Warteliste
[Abb. 1] zeigt, inwieweit thematisch zusammenhängende allokationsrelevante und FU-Elemente (s. Legende) die jeweils im Element Warteliste_ET aufgeführten Patienten enthalten. Diese Zahlen geben somit Auskunft darüber, in welchem Prozentsatz ein vollständiger Datensatz aus dem Register zusammengestellt werden kann, wobei der Befüllungsgrad, also die Vollständigkeit eines jeden einzelnen Parameters, nicht Gegenstand der Prüfung war. Während in allokationsrelevanten Elementen zwischen 30 % (Leber) und 95 % (Niere) aller ursprünglich gelisteten Patienten lückenlos aufzufinden– also in allen Elementen vorhanden – sind, liegt diese Zahl bei Transplantations- und FU-Elementen (bezogen auf die Transplantierten) durchweg unter 30 %.
Vergleichbarkeit
Thematisch gleiche, organspezifische Elemente sind je nach Datenherkunft (ET und IQTIG) doppelt angelegt. In diesen parallelen Elementen (Elemente Transplantation_ET und _IQTIG und Warteliste_ET und _IQTIG) ist die Zusammensetzung der Patienten bei ET und IQTIG völlig unterschiedlich ([Abb. 2]). Während bei ET in den Wartelisten-Elementen 16 272 Patienten (Summe aller 4 Elemente) vorkommen, sind es in den IQTIG-Elementen 10 037. In den Wartelisten-Elementen sind nur 5052 (24 %) Patienten-IDs beider datenliefernden Institutionen identisch, 11 220 (53 %) kommen nur bei ET, 4985 (23 %) nur bei IQTIG vor. Damit beträgt die Gesamtzahl der in allen Wartlisten-Elementen enthaltenen Patienten 21 257. Ob es sich bei ET-Elementen ausschließlich um Patienten handelt, die auch in der ET Statistics Report Library enthalten sind, ist nicht nachprüfbar. Bei Wartelisten-Elementen von IQTIG kommt hinzu, dass sie
auf Grund des Fehlens nahezu sämtlicher auf der Warteliste Verstorbenen und der nur rudimentär enthaltenen Parameter für Analysen kaum brauchbar sind. In den Elementen Transplantation von ET und IQTIG sind 36 % der Patienten gemeinsam enthalten.
Abb. 2 Vergleich der Patienten-Identifikatoren in parallel existierenden Elementen von Eurotransplant (ET) und dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG, Elemente Warteliste Herz, Leber, Lunge, Niere und Elemente Transplantation). Lediglich 25 % aller Patienten sind in parallelen Elementen identisch.
Das Problem, das aus der unterschiedlichen Zusammensetzung der Elemente resultiert, wird bei einem Vergleich der FU- und Sterbedaten bei Leber- und Lungen-Transplantation verdeutlicht ([Tab. 2]). Nach Leber-Transplantation finden sich bei ET- und IQTIG insgesamt 3593 Patienten-IDs, allerdings liegen nur bei 564 (16 %) Patienten Angaben zu FU oder Tod in beiden Quellen simultan vor, von denen lediglich 16 (3 %) identisch sind. Bei der Lungen-Transplantation lauten die entsprechenden Zahlen: 1565, 339 (22 %), 12 (4 %).
Tab. 2
Vergleich von Follow-up- und Sterbedaten in den Elementen_FU_ET und FU_IQTIG nach Leber- und Lungen-Transplantation.
|
Element_FU1_Le_ET2
|
Element_FU_Le_IQTIG3
|
Element_FU_Lu_ET2
|
Element_FU_Lu_IQTIG3
|
Patienten total in FU
|
1259
|
2334
|
685
|
880
|
Verstorben nach Transplantation
|
216
|
113
|
106
|
111
|
FU-Datum in beiden Elementen vorhanden
|
564
|
339
|
FU-Datum in beiden Elementen identisch
|
16
|
12
|
Todesdatum in beiden Elementen vorhanden
|
24
|
52
|
Todesdatum in beiden Elementen identisch
|
23
|
52
|
Follow-up und Todesdatum identisch
|
3
|
4
|
1 FU = Follow-up, 2Daten aus Element_FU_Leber/Lunge_Eurotransplant, 3Daten aus Element_FU_Lunge_Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen und Element_Empfaenger.
Überlebensvergleich
[Abb. 3] zeigt die Zusammenstellung des 3-Jahres-Überlebens bei den 4 Transplantationsarten, jeweils entsprechend den ET- und IQTIG-Daten. Die Ergebnisse, die in den Jahresberichten 2019 von IQTIG für die einzelnen Transplantationsarten genannt werden, sind in die Abbildung eingefügt (72,7 %, 77,5 %, 73,4 % und 91,8 % für Herz-, Leber-, Lungen- und Nieren-Transplantation). Von diesen Ergebnissen weicht das 3-Jahres-Überleben nach Herz- um absolut 18,5 % (ET), nach Leber- um 12,5 % (IQTIG) und nach Lungen-Transplantation um 16,1 % (IQTIG) ab. Nur nach Nieren-Transplantation ist die Abweichung geringer. Die Verdichtung zensierter Fälle, jeweils zum Jahreswechsel, bei IQTIG-Angaben ist auf den Modus der Berichterstattung der Zentren zurückzuführen.
Abb. 3 3-Jahres-Überleben, errechnet aus Registerangaben von Eurotransplant (ET; links) und dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG, rechts). Die in den jeweiligen Abbildungen enthaltenen Prozentangaben verdeutlichen das 1- und 3-Jahres-Überleben. Die 3-Jahres-Überlebensraten laut Jahresberichten von IQTIG 2019 befinden sich unter den Kaplan-Meier-Kurven der jeweiligen Transplantationsart.
Diskussion
Die Analysen der Neudaten des deutschen Transplantationsregisters resultieren in dem Ergebnis, dass diese, wie auch die Altdaten, wissenschaftlich unbrauchbar sind. Dabei sind die unkritische Aufnahme von Daten verschiedener Lieferanten, die Redundanz aufgenommener Parameter und der Verlust der ursprünglich bei ET vorhandenen Datenverknüpfungen entscheidend. Damit sind grundlegende Voraussetzungen für die Wissenschaftlichkeit einer Analyse, nämlich der Ausschluss subjektiver Entscheidungen bei der Datenauswahl und eine erfolgreiche Verknüpfung der Daten, nicht gegeben. Hier bestätigten sich die Ergebnisse der Altdaten-Analysen. In Anbetracht der Bedeutung der in den Neudaten zusätzlich vorhandenen Mängel wurde auf eine wiederholte Darstellung dieser Aspekte verzichtet [3].
Ein fundamentales Problem, das in den Neudaten erkennbar wird, besteht in den gravierenden Diskrepanzen zwischen den Angaben im Transplantationsregister und den von Eurotransplant jährlich publizierten Daten zur Gesamtzahl gelisteter Patienten, Wartelisten-Sterblichkeit und Transplantation [4]. Wenn auch Fehler bei der Datenübertragung und Datenaufnahme ins Register nicht auszuschließen sind, so ist es doch wahrscheinlicher, dass eine wesentliche Ursache für diese Diskrepanzen in der gesetzlich geforderten Zustimmung der Patienten zur Aufnahme persönlicher Daten ins Register liegt. Es ist denkbar, dass schwerkranke Patienten, deren Chancen gering sind, eine längere Wartezeit bis zur Transplantation zu überstehen, oft nicht mehr in der Lage sind, einer Datenerfassung zuzustimmen. Analysen zur Wartelisten-Sterblichkeit – und damit zur Verteilungsgerechtigkeit der Transplantate – werden somit sinnlos, da besonders die für die Weiterentwicklung der
Allokation interessierenden Patienten, also die auf der Warteliste verstorbenen, im Register nicht vollständig sind. Die ET-Daten des Registers entsprechen somit einer nicht repräsentativen Datensammlung. In den Elementen Warteliste_IQTIG fehlen Angaben zum Wartelisten-Ergebnis gänzlich; sie sind in diesem Zusammenhang somit unbrauchbar.
Thematisch gleiche, organspezifische Elemente existieren in den Neudaten doppelt, nämlich je nach Datenherkunft, also von ET oder IQTIG. Die DSO wird von den damit verbundenen Problemen nicht tangiert. Es unterscheidet sich nicht nur die Zahl der in korrespondierenden Elementen enthaltenen Patienten, sondern auch deren Zusammensetzung. Das führt zu der Frage, welche Patienten ins Register aufgenommen wurden, wenn beispielsweis in den Wartlisten-Elementen nur 25 % der Patienten-IDs in korrespondierenden Elementen mit ET- bzw. IQTIG-Daten identisch sind. Es kann sich um Patienten aus unterschiedlichen Zeitperioden handeln oder um Patienten, die eigentlich einer Datenerfassung nicht zugestimmt haben. Die resultierende Heterogenität der Datensätze, einschließlich divergierender Angaben, schließen eine wissenschaftlich fundierte Analyse aus.
Diese gravierende Inkongruenz der Daten wird bei der Analyse der FU-Daten besonders deutlich. [Tab. 2] zeigt nicht nur, dass Anzahl und Zusammensetzung der FU-Patienten bei ET und IQTIG unterschiedlich sind, sondern unterstreicht vor allem den geringen Grad an Übereinstimmung essenzieller Parameter – letztes FU und Sterbedatum – in beiden Elementen. Die Angaben von IQTIG zum Todeszeitpunkt in der Tabelle werden nur deshalb erreicht, weil sie nicht nur dem Element_FU_IQTIG, sondern auch dem Element_Empfaenger und somit ET-Angaben entnommen wurden. Bei ET sind in den vorliegenden Daten Einträge nach Transplantation verstorbener Patienten mehr als doppelt so häufig wie bei IQTIG, was Fragen zur Datenverfügbarkeit beim IQTIG aufwirft, da dessen gesetzliche Verpflichtung schließlich darin besteht, die 3-Jahres-Nachsorgedaten lückenlos zu erfassen.
Diese Mängel erfordern umfangreiche Veränderungen. Es muss klar definiert werden, wer welche Daten liefert und welche Daten nach kritischer Wertung ins Register eingehen. Naheliegend wäre, dass die Aufgabenstellung einer Institution der Datenlieferung entsprechen soll. Es steht für die Autoren außer Frage, dass allokationsrelevante Daten nur von ET kommen können. Vom IQTIG hierzu gelieferte Daten sind durchweg retrospektiv und daher wenig verlässlich. Bei postoperativen und Verlaufsdaten könnte das IQTIG hingegen Bedeutung erlangen, wenn dessen Aufgabenbereich vom Gemeinsamen Bundesausschuss um die verpflichtende, präzise Erfassung von unmittelbar postoperativen und zusätzlich von wirklichen Langzeitdaten erweitert würde. In der gegenwärtigen Form ist der Beitrag des IQTIG zum Transplantationsregister eher kontraproduktiv. Unter diesen Voraussetzungen können die beschriebenen Mängel und daraus resultierende, unrealistische Differenzen des Überlebens bei ET- und
IQTIG-Daten nicht überraschen.
Schlussfolgerungen
Es bedarf der Schaffung grundlegender Voraussetzungen für ein funktionierendes Transplantationsregister. Diese betreffen unterschiedliche Aspekte und erfordern ein fachkompetentes klinisches Datenmanagement und kontinuierliche transplantationsmedizinische Expertise.
Im System der Transplantationsmedizin existieren im Wesentlichen nur 2 Institutionen, durch die Daten generiert werden: die Transplantationszentren und die DSO im Verbund mit den Spenderkrankenhäusern. Würde der Datenfluss zwischen den Zentren, DSO, ET und IQTIG nicht wie gegenwärtig über unterschiedliche Datenwege laufen, zusätzlich mehrfach ausgetauscht und schließlich ans Transplantationsregister geliefert werden, sondern primär über ein gemeinsames Datennetz kommuniziert, könnten sich alle Teilnehmer die benötigten bzw. verpflichtenden Daten „herausfiltern“, so auch das Register. Für die Zentren und schließlich auch die anderen beteiligten Institutionen würde sich der Arbeitsaufwand erheblich verringern, und Redundanz, also Unsicherheiten und mangelnde Präzision der Daten, könnte im Register vermieden werden. Außerdem wäre diese Form der Kommunikation ein entscheidender Beitrag dazu, eine regelmäßige Aktualisierung des Registers zu gewährleisten, von dem in Alt- wie
Neudaten bisher nichts zu erkennen ist.
Alle Überlegungen werden jedoch nicht der letztendlich entscheidende Schritt für Verbesserungen und die Brauchbarkeit des Registers sein, solange die Datenerfassung von der Zustimmung der Patienten abhängig gemacht wird. Sie ist Ursache für die Inkongruenz der ET-Statistik und des Register-Datensatzes und stellt so das Register fundamental in Frage. Insbesondere das überproportionale Ausklammern der Patienten, die auf der Warteliste sterben, macht die Neudaten des Registers für die Weiterentwicklung der Organzuteilung unbrauchbar. Die Bedeutung der Wissenschaftlichkeit des Registers für Verbesserungen bei Behandlung und Überleben von Patienten überwiegt nach Einschätzung der Autoren bei weitem die Bedeutung des Rechts der Patienten, eine Aufnahme anonymisierter Daten ins Register zu verweigern. Somit ist zu fordern, Daten unabhängig von der Zustimmung der Patienten ins Register aufzunehmen. In den USA ist dies beispielhaft durch den Health Insurance Portability and
Accountability Act von 1996 gelöst [9]. Man sollte zu dieser Problematik einmal die Betroffenen, also transplantierte Patienten, befragen.