Zeitschrift für Palliativmedizin 2024; 25(06): 295-305
DOI: 10.1055/a-2355-2230
Originalarbeit

Sterbewünsche im Kontext stationärer Altenpflegeeinrichtungen – Belastungen und Bedürfnisse von Pflegenden sowie Aspekte für eine einrichtungsinterne Diskussion und Positionsfindung

End-of-Life Wishes in the Context of Inpatient Elderly Care Facilities – Burdens and Needs of Nursing Staff, and Aspects for Internal Institutional Discussion and Position Finding
1   Psychoonkologie, Comprehensive Cancer Center Mainfranken, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland
,
1   Psychoonkologie, Comprehensive Cancer Center Mainfranken, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland
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2   Diakonie Bayern, Nürnberg, Deutschland
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3   Institut für Psychogerontologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Nürnberg, Deutschland
,
4   Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische Abteilung, Comprehensive Cancer Center CCC Erlangen-EMN, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU),
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Zusammenfassung

Hintergrund Pflegende in der stationären Altenhilfe werden aufgrund ihrer engen Interaktion mit den Sterbewünschen der pflegebedürftigen Personen konfrontiert, welche den Wunsch nach dem assistierten Suizid umfassen können. Die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung ist seit der Nichtigkeitserklärung von §217 StGB in Deutschland nicht mehr untersagt. Wenige Studien untersuchen bisher die Belastungen und Unterstützungsbedürfnisse von Pflegenden. Des Weiteren fehlen Anhaltspunkte entlang derer einrichtungsinterne Positionen zu diesem Themenkomplex erarbeitet werden können.

Ziele Erfassung von Belastungen und Bedürfnissen der Pflegenden in der stationären Altenpflege am Beispiel der Diakonie im Zusammenhang mit Sterbewünschen und dem assistierten Suizid sowie Identifikation relevanter Aspekte für eine einrichtungsinterne Positionierung.

Methode Befragung von Pflegenden mittels eines selbstentwickelten, nicht-validierten Fragebogens. Anschließende Durchführung von semistrukturierten Interviews mit im Pflegekontext ausgewiesenen Fachpersonen zu ausgewählten Fragebogenergebnissen und Praxislösungen zum Umgang mit Sterbewünschen und dem assistierten Suizid in der stationären Altenhilfe. Die Daten wurden deskriptiv sowie mit der fokussierten Inhaltsanalyse nach Kuckartz analysiert.

Ergebnisse Die Daten von 434 Pflegenden und 8 Fachpersonen wurden ausgewertet. 98% (n=423) der Pflegenden gaben in der Befragung an, Erfahrungen mit der Äußerung von Sterbewünschen gemacht zu haben, während 93% (n=403) verneinten, dass es in ihrer Einrichtung schon einmal einen assistierten Suizid gegeben habe. Zudem wünschten sich zwei Drittel (n=299) der Befragten im Umgang mit Sterbewünschen und Wünschen nach dem assistierten Suizid Unterstützung durch Supervision, Fortbildungen und klare Handlungsanweisungen. Aus den Interviews mit fachlich erfahrenen Personen (n=8) ließen sich eine angemessene Qualifizierung der Pflegenden, das Vorhandensein eines Netzwerks, die Teamkultur sowie die zeitlichen Ressourcen als relevante Faktoren erkennen, anhand derer die Positionen verschiedener Interessengruppen zum Umgang mit dem assistierten Suizid beschrieben werden können.

Schlussfolgerung Der Umgang mit Sterbewünschen und Wünschen nach dem assistierten Suizid ist für Pflegende der stationären Altenhilfe von praktischer Relevanz. Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist aufgrund des diakonischen Kontextes beschränkt und ist für andere Settings zu prüfen. Auf Basis der Studienergebnisse wurde von 3 Fachverbänden der Diakonie Bayern eine Arbeitshilfe zur Unterstützung einer gemeinschaftlichen einrichtungsinternen Positionierung für alle Mitarbeitenden erstellt.

Abstract

Background Nurses in residential elderly care often encounter the desire of care-dependent individuals to die, including the consideration of assisted suicide due to their close interaction. The commercial promotion of assisted suicide is no longer prohibited in Germany following the nullification of §217 StGB. Few studies have investigated the burdens and support needs of nurses in this context. Moreover, there is a dearth of guidance for developing in-house positions on this complex issue.

Goals To assess the burdens and needs of nursing staff in inpatient geriatric care using the example of the Diakonie in connection with the desire to die and for assisted suicide and to identify relevant aspects for the internal position of the institution.

Methods Survey of nursing staff using a self-developed questionnaire. Subsequently, semi-structured based on interviews with experienced professionals were conducted on selected questionnaire results and for practical solutions for dealing with the desire to die and assisted suicide in inpatient care for the elderly. The data was analyzed descriptively and with Focused Content Analysis according to Kuckartz.

Results The data from 434 nursing staff and 8 experienced professionals were analyzed. In the survey, 98% (n=423) of nurses stated that they had had experience of people expressing a wish to die, while 93% (n=403) denied that there had ever been an assisted suicide in their institution. Two-thirds of respondents (n=299) would like support in dealing with the desire to die and wishes for assisted suicide through supervision, further training, and clear instructions. The interviews (n=8) revealed that the appropriate qualification of nursing staff, the existence of a network, the team culture, and time resources were relevant factors for describing the positions of various stakeholders in dealing with assisted suicide.

Conclusion Dealing with the desire to die and wishes for assisted suicide is of practical relevance for nursing staff in residential care for the elderly. The generalizability of the results is limited due to the diaconal context and should be examined for other settings. Based on the study results, three professional associations within the Diakonie Bavaria have developed a working aid for all employees to support joint internal positioning within the facility.



Publication History

Article published online:
23 July 2024

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