Einleitung
In 2,8% aller Schwangerschaften liegt eine fetale Organfehlbildung vor [1]. Einzelheiten zu verschiedenen betroffenen Organsystemen finden sich in [Tab. 1]. Die pränatale Bildgebung dient der frühzeitigen Diagnose dieser fetalen Erkrankungen
und deren Einstufung hinsichtlich Prognose und möglicher therapeutischer Optionen,
mit dem Ziel, das Outcome des Kindes zu verbessern. So kann der Geburtsort und der
Geburtsmodus entsprechend der notwendigen kinderärztlichen/chirurgischen Schwerpunkte
gewählt werden [2]. Gelegentlich wird bereits die Indikation für pränatale Interventionen gestellt.
Tab. 1 Prävalenzen angeborener Anomalien einzelner Organsysteme und genetischer Veränderungen.
Die Prävalenzen auf 10 000 Geburten werden in Anlehnung an die EURCAT dargelegt und
aufgezeigt. Einzelnen Organsystemen wird zugeordnet, wie viele Schwangerschaften ausgetragen
werden (Lebend- und Totgeburten) und wie viele Schwangerschaftsabbrüche aufgrund der
zugrundeliegenden Erkrankung durchgeführt werden.
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Prävalenz auf 10 000 Geburten
|
Ausgetragene Schwangerschaften in %
|
Abbruch der Schwangerschaft in %
|
|
Zentrales Nervensystem inclusive Spina bifida
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26,7
|
49,3
|
50,7
|
|
Gesicht, Augen, Mund- und Kieferbereich
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20,9
|
89,1
|
10,9
|
|
Herz
|
81,1
|
89,5
|
10,5
|
|
Lunge
|
3,9
|
82,8
|
17,2
|
|
Gastrointestinaltrakt
|
18,0
|
86,2
|
13,8
|
|
Bauchwand
|
6,9
|
55,7
|
44,3
|
|
Nieren und ableitende Harnwege
|
34,6
|
86,1
|
13,9
|
|
Genitalien
|
21,7
|
96,5
|
3,5
|
|
Extremitäten
|
37,9
|
88,5
|
11,5
|
|
Andere, seltener betroffene Organsysteme
|
14,7
|
68,1
|
31,9
|
|
Genetische Veränderungen
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54,9
|
49,4
|
50,6
|
Der Ultraschall stellt die Basis der bildgebenden, pränatalen Diagnostik dar [3]. Das Verfahren ist im transabdominalen und vaginalen Zugang aufgrund seiner guten
Verfügbarkeit und diagnostischen Qualität etabliert. Mit hoher räumlicher und zeitlicher
Auflösung kann der Ultraschall kleinste Strukturen bewegungsstabil darstellen und
ist mit geringen Kosten verbunden [3].
Während sich einige Fehlbildungen bereits im ersten Trimenon finden, lassen sich andere
erst im zweiten bis dritten Trimenon darstellen ([Abb. 1]) [4]. Dementsprechend sind in Deutschland nach Mutterschaftsrichtlinie drei sog. Basis-Ultraschalluntersuchungen
im ersten, zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel vorgesehen [5]. Die Standarduntersuchung zur Detektion fetaler Anomalien wird im zweiten Trimenon
in der 19. bis 22. Schwangerschaftswoche (SSW) durchgeführt. Hier werden neben der
Anzahl der Feten und der Lage der Plazenta zwei Möglichkeiten zur Detektion von Anomalien
offeriert: ein Basis-Ultraschall (Messung von Kopf- und Bauchumfang und einem Oberschenkel)
und ein erweiterter Basis-Ultraschall (mit zusätzlicher Untersuchung von Hals und
Rücken, Brustkorb und Rumpf). Diese Untersuchung ist nicht mit einer systematischen
Ultraschalluntersuchung durch einen zertifizierten Untersuchenden der Stufe II oder
III nach der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe gleichzusetzen.
Bei diesem Ultraschall werden alle Organsysteme systematisch untersucht und dokumentiert
[6].
Abb. 1 Darstellung der Detektionsraten fetaler Anomalien in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der
Ultraschalluntersuchung in Anlehnung an Sygelaki et al. 27,6% der Fehlbildungen lassen
sich im Ersttrimesterscreening (hellgrau) detektieren, weitere 53,8% während der Untersuchung
im zweiten Trimester (grau) und wieder andere lassen sich erst im dritten Screening
im dritten Trimester detektieren (18,6%) (schwarz). Beispielhaft werden einzelne Fehlbildungen
des zentralen Nervensystems aufgezeigt.
Studien bezüglich der Detektionsraten fetaler Anomalien zeigen, dass es eine positive
Korrelation zwischen der Qualifikation der Untersuchenden, der Qualität der Geräte
und den Detektionsraten gibt [7]. Auch der Zeitpunkt der Untersuchung spielt eine Rolle. Die Beurteilbarkeit im Ultraschall
ist zum Ende der Schwangerschaft aufgrund der Verknöcherung des Skelettsystems und
der dorsoanterioren Lage des Fetus zunehmend eingeschränkt. Aber auch ein Oligohydramnion
und die Beschaffenheit der maternalen Bauchdecke, etwa bei Adipositas, können die
Qualität einer Ultraschalluntersuchung einschränken [8].
Die fetale Magnetresonanztomografie (MRT) hat sich als zum Ultraschall komplementäres bildgebendes Verfahren etabliert. Sie
wird genutzt, um zuvor erhobene Verdachtsdiagnosen zu bestätigen oder auszuschließen,
einzelne Befunde genauer zu charakterisieren und um mögliche assoziierte Fehlbildungen
aufzufinden [3]. Vorteile der MRT gegenüber dem Ultraschall sind die freie Planbarkeit der Schnittebenen
unabhängig von der fetalen Position, deren überlagerungsfreie Darstellung und das
insgesamt größere Sichtfeld [9]. Die MRT zeichnet sich außerdem durch einen exzellenten Weichteilkontrast aus. Durch
die Entwicklung schneller Sequenztechniken kann inzwischen trotz fetaler Bewegungen
eine hohe Bildqualität erreicht werden [10].
Sicherheitsaspekte der fetalen MRT
Die fetale MRT wird ohne (maternale) intravenöse Konstrastmittelgabe und ohne Sedierung
durchgeführt. Seit der Einführung der MRT waren mögliche teratogene Effekte Gegenstand
vieler Untersuchungen, wobei weder in zahlreichen experimentellen noch in klinischen
Studien eine fruchtschädigende Wirkung nachgewiesen werden konnte. Dies gilt bei einer
Feldstärke von 1.5 und 3 Tesla [11]. Auch ein hörschädigender Effekt durch die Erzeugung akustischer Signale der Gradientfelder
konnte nicht gezeigt werden [12]. Bei Einhaltung der für die fetale MRT festgelegten Grenzwerte der spezifischen
Absorptionsrate (SAR) von <2W/kg ist für den Feten nicht mit einem kritischen Temperaturanstieg
durch die Energie der Radiofrequenzpulse zu rechnen [11]. Das Verfahren wird daher als sicher erachtet [13]. Jede Indikation sollte dennoch ausführlich geprüft werden [3].
Allgemeine Durchführung der fetalen MRT
Die fetale MRT basiert auf T1- und T2-gewichteten Sequenzen in freier mütterlicher
Atmung und werden in Rückenlage oder bei Kreislaufdysregulationen durch ein Vena cava
compression-Syndrom in schräger Linksseitenlage (45°) akquiriert [3]. In der Regel wird mit der Darstellung des gesamten Fetus begonnen, bevor sich die
Untersuchung auf ein Organsystem fokussiert. Verwendet werden klassische Standardebenen
(transversal, koronar und sagittal zum Fetus mit einer Schichtdicke von 2–5 mm. Weitere
Sequenzen können je nach Fragestellung ergänzt werden. T1-gewichtete Turbo-Spin-Echo
(TSE)-Sequenzen benötigen im Allgemeinen eine längere Akquisitionszeit und sind dadurch
anfälliger für Bewegungsartefakte, eignen sich aber zur Darstellung von Mekonium,
Blutungen und Myelinisierungsstadien (T1-verkürzt) [14]. Die diffusionsgewichtete Bildgebung wird standardmäßig bei ZNS-Fragestellungen
und bei fokalen thorako-abdominellen Veränderungen verwendet. MR-spezifische, schwangerschaftsaltersspezifische
Normkurven werden zur Beurteilung der durchgeführten Messungen herangezogen [15]. Die gesamte fetale MRT-Untersuchung sollte möglichst kurzgehalten werden (i.d.R.
und je nach Fragestellung 20–30 Minuten). Die kardiovaskuläre MRT, z.B. fluss-sensitive
quantitative Techniken und die kardiale Cine-MRT erfordern die Erfassung der fetalen
Herzaktion zur Synchronisation mit der MRT-Datenakquisition (sog. kardiales Gating).
Dies kann mithilfe innovativer Techniken erreicht werden [16]
[17]
[18].
Indikationen der fetalen MRT
Die fetale MRT kann vor allem zwischen der 26. und 32. SSW zusätzliche Informationen
zur Ultraschalldiagnostik hinsichtlich einer detaillierten Organdarstellung und pathologischen
Charakterisierung liefern [3]. Im ersten Trimester und bis zur 18. SSW ist der Ultraschall deutlich überlegen,
sodass sich in dieser Zeit keine Indikation für die fetale MRT ergibt. Maßgebliche
Indikationen zur Durchführung einer MRT ist das Vorliegen einer Ventrikulomegalie,
Corpus callosum- oder Septum pellucidum-Anlagestörungen, Verdacht auf kortikale Malformationen
und Anomalien der hinteren Schädelgrube. Die fetale MRT kann aber auch bei Fragestellungen
zu anderen Organsystemen und Plazentaanomalien herangezogen werden [3].
Es ist zu betonen, dass beide Verfahren – also der Ultraschall und die MRT – von der
durchführenden Expertise beeinflusst sind. Einige Studien mit radiologischem Schwerpunkt
attestieren der fetalen MRT eine deutliche Überlegenheit gegenüber der Neurosonografie,
Beispiele dazu folgen im nächsten Abschnitt. Die interdisziplinären Autor:innen dieses
Artikels sehen die Verfahren bei geeigneter Indikationsstellung nicht als Konkurrenz,
sonders als sich gut ergänzende Methoden und sehen für die pränatale Diagnostik eine
interdisziplinäre Kooperation zur gemeinsamen Diagnosefindung anhand aller verfügbaren
Befunde als Schlüssel für eine optimale Bildgebung und Beratung der werdenden Eltern
an.
Zentrales Nervensystem
Ventrikulomegalie. In Abhängigkeit des Diameters des Seitenventrikelatriums wird über die gesamte Schwangerschaft
die Ventrikulomegalie (VMG) als mild (10–11,9 mm), moderat (12–14,9 mm) und schwer
(>15 mm) eingestuft [19]. Eine Studie zeigte, dass bei Vorliegen einer VMG im Ultraschall die MRT-Untersuchung
bei einer substanziellen Anzahl von Feten ursächliche oder assoziierte Befunde zeigte,
was in 25% der Fälle die Prognose änderte [19]. Andere Arbeitsgruppen, die den Mehrwert der MRT nach einer ausführlichen Neurosonografie
in Expertinnenhänden untersuchten, zeigten bei Vorliegen einer milden oder moderaten
VMG im Ultraschall nur in 5,4% der Fälle zusätzliche Befunde in der MRT [20]. Diese zusätzlichen Befunde setzen sich aus Hirnblutungen (27%), Polymikrogyrie
(20%), Lissencephalie (13%), Corpus callosum-Anomalien (10%) und weiteren, nicht gruppierbaren
Einzelbefunden (30%) zusammen. Bei Verdacht auf eine VMG durch eine Hirnblutung im
Ultraschall kann die MRT über die Detektion und Charakterisierung von Blutabbauprodukten
zur ursächlichen Klärung beitragen und ist daher insbesondere bei der milden VMG von
Bedeutung ([Abb. 2]).
Abb. 2 Fetus der 31. Schwangerschaftswoche. Im transabdominellen Ultraschall (a–c) zeigt sich eine linksseitige Erweiterung des Seitenventrikels (b, koronal, Stern) und angrenzend eine kleine zystische Defektzone (b, koronal und c, sagittal; Pfeile). Die am gleichen Tag durchgeführte MRT (d–i) bestätigt die linksseitige Seitenventrikelerweiterung (d, e, g: koronal; f, sagittal; h, i: axial; linker Seitenventrikel, Stern) und die angrenzende links parieto-okzipitale
porencephale Defektzone (Pfeil). Im linken Seitenventrikel finden sich teilweise saumartige
Auflagerungen (g, T2 hyperintens; i, T1 hypointens; Pfeilköpfe) vereinbar mit Blutabbauprodukten.
Bei Vorliegen einer schweren VMG waren Ursachen in 18,1% der Fälle nur durch die MRT
zu erkennen [21]. Zu den gefundenen Ursachen gehörten u.a. Störungen der kortikalen Entwicklung (32%),
Mittelliniendefekte (27%), und Blutungen (15%). Ein Beispiel für eine schwere VMG
ist die Aquäduktstenose, bei der es zu einer Erweiterung des III. Ventrikels und der
beiden Seitenventrikel (sog. triventrikulärer Hydrocephalus) kommt, während der IV.
Ventrikel unauffällig ist ([Abb. 3]). Der Recessus des III. Ventrikels ist typischerweise weit aufgestellt [22]. Allerdings bestehen verschiedene dysgenetische Ursachen, die mit komplexen Veränderungen
einhergehen können (u.a. x-linked aqueductal stenosis, Hirnstammdysgenesien).
Abb. 3 Fetus der 25+0 und 28+5 Schwangerschaftswoche als auch postnatale Aufnahmen. Im transabdominalen
Ultraschall (a–c) zeigt sich eine triventrikuläre Ventrikulomegalie und das Aquädukt ist nicht darstellbar.
Das fetale MRT zeigt eine auffällige Kopfform mit flacher Stirnpartie und relativ
geringem Kopfumfang (2. Perzentile). Bild einer triventrikulären Ventrikulomegalie
mit deutlicher Erweiterung der Seitenventrikel (Stern) und des 3. Ventrikels bei normweitem
4. Ventrikel. Die äußeren Liquorräume sind schmal. Das Tektum ist verplumpt (d, sagittal; Pfeil) und der Aquädukt ist nicht nachweisbar, vereinbar mit einer Aquäduktstenose.
Noduläre subendymale Heterotopien links (f, T2 hyperintens; i, T1 hypointens; Pfeilköpfe). Im postnatalen MRT bestätigen sich die Befunde (g, T2 Drive sagittall; h Dual echo Stir, axial, Pfeilköpfe).
Corpus callosum Anomalien. Ein Fehlen des Corpus callosum kann in den sagittalen und koronaren Schnitten am
besten beurteilt werden ([Abb. 4]). Indirekte Zeichen sind das Fehlen des Cavum septi pellucidi, eine Ventrikulomegalie
mit Tränentropfenform der Seitenventrikel (Kolpozephie), eine Ascension des III. Ventrikels
und durch den fehlenden Gyrus cinguli eine radiär verlaufende Gyrierung (sog. Sonnenaufgangsphänomen).
Diese Fehlbildung kann isoliert auftreten, ist allerdings in Kombination mit anderen
Malformationen innerhalb und außerhalb des ZNS häufiger zu finden [23].
Abb. 4 Fetus der 31 + 1 Schwangerschaftswoche. Im fetalen MRT zeigt eine vollständige Agenesie
des Corpus callosum mit stierhornartiger Konfiguration der Seitenventrikelvorderhörner
(a, koronal; Pfeile; c, sagittal) und atypischer Beschaffenheit der Seitenventrikelhinterhörner (e, g, axial; Kolpozephalie bzw. tränenartige Konfiguration). Weitere Auffälligkeiten finden
sich nicht. Die transabdominale Ultraschalluntersuchung (b, d, f, h) in gleichen Ebenen zeigt ähnliche Befunde.
Um die neurologische Entwicklung bei Corpus callosum Agenesien einzuschätzen, wurde
für die MRT ein Punktesystem basierend auf sieben Kategorien (Gyrierung, Operkulisation,
Symmetrie der Temporallappen, Lamination, Position des Hippocampus, Basalganglien
und Ventrikelbreite) entwickelt [24]. Es zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen der Ausprägung der MRT-Befunde
und einem negativen Outcome bezogen auf die kognitive, motorische und sprachliche
Entwicklung [24].
Griffiths et al. zeigten, dass bei isolierter Corpus callosum-Anomalie im Ultraschall
die MRT-Untersuchung in 61% der Fälle genauer mit der postnatalen Diagnose korrelierte
[25]. Der diagnostische Zugewinn durch das MRT war bei Corpus callosum-Hypoplasien bzw.
partieller Agenesie erheblicher als bei kompletter Agenesie (korrekte Diagnose durch
Ultraschall vs. MRT, 8% vs. 87%). Diese Studie war in radiologischer Hand und die
Neurosonografie wurde nicht durch Expert:innen durchgeführt. Der Einfluss der Expertise
in Neurosonografie auf das Auffinden zusätzlicher Befunde wurde in einer Übersichtsarbeit
untersucht [26]. Hier zeigte sich, dass nach einer ausführlichen Neurosonografie die MRT nur in
5,7% zusätzliche Befunde detektierte, während nach einer Standardultraschalluntersuchung
in 18,5% der Fälle zusätzliche Informationen, vor allem kortikale Malformationen und
Anomalien der hinteren Schädelgrube, zu finden waren.
Malformation der kortikalen Hirnentwicklung (MKH). Die MKH umfasst verschiedene zerebrale Malformationen bedingt durch abnormale neuronale
Proliferation, neuronale Migration und post-migrationale Entwicklung [27]
[28]. Die pränatale Detektion der MKH ist sehr herausfordernd. Diese Veränderungen zeigen
sich aufgrund der im späteren Verlauf der Schwangerschaft vorhandenen Gyrierung oft
erst spät und damit zu einem Zeitpunkt, bei der die zunehmende Verknöcherung der Schädelkalotte
den Ultraschall stark einschränkt. Die MRT hat diese Einschränkung bezüglich der Verknöcherung
nicht und ermöglicht damit eine vollständige Darstellung des ZNS mit guter Differenzierbarkeit
von weißer und grauer Substanz bis in die Hirnperipherie [29]. Die MRT spielt daher bei der Diagnose der MKH eine herausragende Rolle. Ein Begleitphänomen
bei dezidierten Migrationsstörungen ist die Z-Form des Hirnstamms (sog. kinked brain
stem), welche besonders gut durch die fetale MRT diagnostizierbar ist ([Abb. 5]). Dies ist assoziiert mit Walker-Warburg-Syndrom, Tubulinopathien und L1CAM-Mutationen
und mit einer schweren neurologischen Einschränkung vergesellschaftet.
Abb. 5 Fetus der 29+0 Schwangerschaftswoche. Im fetalen MRT zeigt sich ein ausgeprägter triventrikulärer
Hydrocephalus mit asymetrischer Erweiterung der Seitenventrikel und des dritten Verntrikels.
Die Gyrierung ist insgesamt flach mit wenig konturierter Inselregion (a, g: Pfeile). Der Kortex zeigt ein unscharfes Interface zur weißen Substanz, frontal
betont findet sich eine Polymikrogyrie (e, Pfeilkopf). Zeichen der Netzhautablösung (e, gestrichelter Pfeil), ponto-mesencephale Knickbildung mit kobra- bzw. Z-förmiger
Konfiguration (b, c gestrichelte Linie), Tektumhyperplasie mit Aquäduktstenose (c, f gefüllter Pfeilkopf) und ausgeprägter Vermishypoplasie (c, e Pfeilkopf). Der Befund typisch für ein Walker-Warburg-Syndrom (Typ 2 Lissencephalie).
Im transabdominalen Ultraschallbild lässt sich die hintere Schädelgrube nur schwer
darstellen (d), die asymmetrische Ventrikulomegalie ist gut darstellbar (g, h Stern).
Pathologien der hinteren Schädelgrube. Die Subgruppenanalyse der MERIDIAN-Studie, einer prospektiven Kohortenstudie zu
Evaluation der Rolle des fetalen MRT im Vergleich zum Ultraschall, zeigte, dass die
initiale Diagnose des Ultraschalls durch die MRT in 44% der Fälle geändert wurde [30]. Ähnliche Ergebnisse zeigt eine retrospektive Analyse, in der sich sogar in 60%
der Fälle die Diagnose änderte [31]. Auch postnatal ist die hintere Schädelgrube durch Ultraschall schwer zu beurteilen
und bedarf häufig einer ergänzenden MRT [32]. Die MRT kann den Vermis gut visualisieren und zusätzlich die Vermislobuli quantifizieren
[33]. Ebenso lässt sich der Tectum-Vermis-Winkel untersuchen und erlaubt die weitere
Differenzierung der Entitäten Dandy-Walker-Malformation, Vermishypoplasie und Blakes
Pouch-Zyste bei einem auffälligen IV. Ventrikel.
Bei einer Persistenz der Blakes-Tasche über das zweite Trimester hinaus (sog. Blakes
Pouch-Zyste) kann das Zerebellum und der Vermis nach apikal verlagert sein. Diese
nach apikal rotierte Vermis kann eine Normvariante darstellen [34]. Allerdings ist die Differenzialdiagnose einer Vermishypoplasie bisweilen schwierig
und assoziierte Fehlbildungen des ZNS sind mit 56% häufig zu finden [35]. Wenn neben einer nach kranial rotierten, hypoplastischen Vermis auch das Tentorium,
die Torcula Herophilii und der Sinus transversus eleviert sind, spricht man von einer
Dandy-Walker-Malformation [32]. In einer Metaanalyse detektierte die MRT in 13,7% der Feten mit Dandy-Walker-Malformation
weitere Anomalien des ZNS, die durch einen ausführlichen Ultraschall nicht gesehen
wurden [36]. Darüber hinausgehende Anomalien waren in knapp 18% erst durch postnatale Bildgebung
zu sehen und wurden sowohl durch Ultraschall als auch MRT pränatal nicht diagnostiziert.
Zerebelläre Hypoplasien sind häufig erst im dritten Trimester zu erkennen, da die wesentliche Größenzunahme
des Zerebellums und eine entsprechend exakte Messbarkeit optimal erst zum Ende der
Schwangerschaft gegeben ist [36]. Ein reduziertes Volumen des Kleinhirns kann durch eine erworbene Atrophie oder
eine anlagebedingte Hypoplasie bedingt sein, sie können uni- oder bilateral auftreten
und primär anlagebedingt oder sekundär akquiriert sein. Eine besondere Stärke des
MRT ist hier die Detektion und Differenzierung von Infarkten und Blutungen der hinteren
Schädelgrube durch Kombination von T1-, T2-, und diffusionsgewichteten Sequenzen.
Die Rhombencephalosynapsis (RES) ist eine seltene Kleinhirnmalformation, bei der die
Vermis teils oder ganz fehlt und die Kleinhirnhemisphären fusioniert sind [37]. Eine von rechts nach links durchlaufende Folierung ist darstellbar und die typische
Hantelform des Kleinhirnes ist nicht zu sehen ([Abb. 6]). Der IV. Ventrikel zeigt statt der typischen Rautenform eine Diamantenform [38]. Die aufgezeigten Daten bezüglich der hinteren Schädelgrube zeigen, wie schwierig
die pränatale Einschätzung der hinteren Schädelgrube auch unter Hinzuziehen der MRT
ist. Die Einschätzung der Prognose kann sehr schwierig sein und hier liegt der klare
Vorteil einer interdisziplinären Betreuung.
Abb. 6 Fetus der 28 + 0 Schwangerschaftswoche. Im fetalen MRT zeigt in der sagittalen Mittelebene
(a) sich kein typisch konfigurierter Vermis mit auffällig abgerundetem 4. Ventrikel
(a, c; Pfeile). Insbesondere in den transversalen Schichten durch die hintere Schädelgrube
fehlt das typische Hantelzeichen der cerebellären Anlage und es zeigt sich eine durchlaufende
Folierung der Kleinhirnhemisphären sowohl im Ultraschall (d) als auch in der MRT (e, f) (Pfeilköpfe). Der Befund ist charakteristisch für eine Rombencephalosynapsis.
Die Cisterna magna sollte nach der 20. SSW zwischen 2–10 mm messen. Sie kann als Sekundäreffekt
durch Kaudalverlagerung des Cerebellums bei einer Spina bifida aperta mit Chiari-Typ-II-Malformation
kaum messbar sein ([Abb. 7]). Zusätzlich lassen sich bei Spina bifida in 69% Corpus callosum Anomalien, in 50%
Hypoplasien der Pons und in 20% ein hypoplastisches Mesencephalon darstellen. Diese
Veränderungen sind vor allem im MRT nachweisbar [39]. Die Höhe und Ausdehnung der spinalen Läsion lässt sich mittels beider Techniken
nur mit eingeschränkter Verlässlichkeit einschätzen und beide schienen die Läsion
etwas zu überschätzen [40]. Periventrikuläre Heterotopien ([Abb. 7]) können im Ultraschall durch eine unregelmäßige Begrenzung der lateralen Ventrikelwand
auffallen, sind aber sehr schwierig zu diagnostizieren. In der MRT sind diese in der
T1- und T2-Wichtung isointens zum Kortex.
Abb. 7 Fetus der 32 + 1 Schwangerschaftswoche. Im fetalen MRT zeigt sich in der koronalen
Ebene (a) die lumbosakrale Meningomyelozele (Pfeil). Beachte den Tonsillentiefstand im Sinne
eines Arnold Chiari Typ 2 (d, Pfeilkopf). Konsekutiv zeigt sich eine Liquorzirkulationsstörung mit führender Erweiterung
der Seitenventrikel (e). Ferner zeigen sich vereinzelte, subependymale, noduläre Heterotopien (e, f; gestrichelte Pfeile). Im transabdominalen Ultraschall fällt in der Sagittalebene
(b) der Defekt im Bereich LWK 2/3 auf, ebenso zeigt sich eine Ventrikulomegalie (c). Die Heterotopien waren sonografisch nicht darstellbar.
Organveränderungen außerhalb des ZNS
MRT-Untersuchungen werden zunehmend auch zur weiteren Charakterisierung von fetalen
Auffälligkeiten im Ultraschall außerhalb des ZNS angefordert und durchgeführt. Zu
diesen Indikationen zählen Veränderungen im Gesichts- und Halsbereich, des Thorax
und Abdomens. Exemplarisch wird im Folgenden auf thorakale Indikationen eingegangen.
Herz. Die Darstellung des fetalen Herzens war lange Zeit durch dessen geringe Größe (2–4
cm) und die Bewegung bei hohen Herzfrequenzen von 110–160/min mittels MRT nicht möglich.
Durch Entwicklung schneller Sequenzen und Techniken des kardialen Gating (= Synchronisation
des Herzbewegung mit der Datenakquisition) ist die Bildgebung des fetalen Herzens
heute möglich. Verschiedene Arbeitsgruppen zeigen die Möglichkeit auf, dass die fetale
kardiovaskuläre MRT Einzug in die pränatale Diagnostik nehmen könnte [16]
[17]
[18]. Ein Beispiel für einen atrioventrikulären Septumdefekt zeigt [Abb. 8]. Die Rolle und der Stellenwert der MRT werden hier in den nächsten Jahren weiter
definiert werden, da aktuell noch kein Mehrwert der MRT zum Ultraschall gezeigt wurde.
Abb. 8 Fetus der 32 + 1 Schwangerschaftswoche. Doppler-Ultraschall gegated cine SSFP-Aufnahme
einer endsystolischen cine-SSFP Aufnahme im 4-Kammerblick. Die cine-SSFP-Sequenz wurde
mittels kardialem Gating (hier direktes, externes Doppler-Ultraschall-Gating) durchgeführt
und ermöglicht so eine hohe zeitliche und räumliche Auflösung. Zur Darstellung kommt
ein AVSD (Pfeil auf Höhe des ventrikulären und Stern auf Höhe des atrialen Defektes).
Zwerchfellhernie. Die Mortalität einer Zwerchfellhernie liegt zwischen 10% bei milden und 90% bei
schweren Formen und hängt von dem Ausmaß der Elevation der Organe und vom erhaltenen
Lungenvolumen ab [41]. Die MRT hat in der pränatalen Diagnostik der Zwerchfellhernien einen hohen Stellenwert,
da die Bauchorgane unterschiedlich signalgebend und damit gut differenzierbar sind
([Abb. 9]). Der Magen und proximale Dünndarm zeigen sich signalreich in den T2-gewichteten
Sequenzen, während der mit Mekonium gefüllte distale Dünndarm und das Kolon hyperintens
auf den T1-gewichteten Sequenzen sind. Die Position der Leber lässt sich durch die
MRT besser beurteilen als durch Ultraschall. Für die weitere Differenzierung des Schweregrads
der Zwerchfellhernie wird die Berechnung des Gesamtlungenvolumens als indirekter Hinweis
auf eine Lungenhypoplasie herangezogen [42]. Die planimetrische Bestimmung der Lungengrößen (durch Umfahren beider Lungenhälften
auf jeder einzelnen Schicht, die sog. Tracing-Methode) eignet sich zur Berechnung
des Gesamtlungenvolumens, das mit hoher Reliabilität Aussagen zur Prognose ermöglicht.
Abb. 9 Fetus der 27 + 0 Schwangerschaftswoche. Im fetalen MRT zeigt sich in den koronalen
Ebenen (a, d), den sagittalen Ebenen (b, c) und den axialen Ebenen (e) eine linksseitige Zwerchfellhernie. Beachte die normale Zwerchfellposition rechts
(C; Lunge umrandet; H, Herz; T, Thymus). Darmanteile (Pfeile, gestrichelt) und Magen
sind in die rechte Thoraxseite verlagert mit konsekutiver Mediastinalshift nach rechts.
Mekonium kann aufgrund des T1-verkürzenden Effektes in der T1-Wichtung nachgewiesen
werden (d, gestrichelte Pfeile). Die rechte Lungenhälfte ist deutlich hypoplastisch (b, umrandet). Das planimetrisch erfasste totale Lungenvolumen lag bei 21,5 ml (altersspezifischer
Normalbereich 23–66 ml, Mittelwert 37 ml).
Plazentaanomalien. Der Begriff des Plazenta Accreta-Spektrums (PAS) hat sich hier für die abnormal
invasive Plazenta im Sinne einer Plazenta accreta, increta bis hin zu percreta etabliert
[43]. Ob und in welcher Form die MRT-Untersuchung hilfreich sein kann, ist immer noch
Gegenstand vieler Studien. Der Vergleich beider Techniken ist wie auch bei fetalen
Malformationen dadurch erschwert, dass die MRT nur als sekundäres Verfahren nach Diagnosestellung
im Ultraschall eingesetzt wird. Übersichtsarbeiten weisen darauf hin, dass die MRT
eine gute Differenzierung des PAS erlaubt [44].
Zusammenfassend stellt die fetale MRT-Untersuchung als Ergänzungsverfahren zum Ultraschall einen
zunehmend wichtigen Teil in der pränatalen Diagnostik im letzten Trimenon dar. Insbesondere
zwischen der 26. bis 32. Schwangerschaftswoche können isolierte Auffälligkeiten unterschiedlicher
Organsysteme durch die MRT genauer charakterisiert werden. Zu dieser Zeit ist die
Ultraschalldiagnostik bei Verknöcherung des Skelettsystems und Schädels als auch durch
mütterliche Überlagerungen zunehmend eingeschränkt. Eine interdisziplinäre Herangehensweise
in der Beurteilung der pränatalen Bildgebung ist notwendig, um komplementäre Informationen
aus Ultraschall und MRT-Diagnostik zu gewinnen, die Befunddynamik besser zu beurteilen,
eine gegensätzliche oder unvollständige Informationsweitergabe zu vermeiden, und so
den werdenden Eltern eine bestmögliche und zielgerichtete Beratung anzubieten zu können.