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DOI: 10.1055/a-2358-1873
Eingriffe an Larynx, Hypopharynx und Trachea
Horizontale Larynxteilresektion
OP-Prinzip
Exstirpation der supraglottischen Kehlkopfanteile mit Epiglottis und präepiglottischem Raum. Eine Tracheotomie ist obligat. Üblicherweise wird allein wegen des Risikos einer okkulten Metastasierung eine selektive Neck Dissection auf beiden Seiten vorgenommen. Ansonsten erfolgt die Lymphbahnsanierung wie von den Resultaten des präoperativen Stagings diktiert.
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Indikation
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Tumoren des Kehlkopfeingangs bis zur Taschenfalte
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endoskopisch nicht ausreichend sicher resezierbare Epiglottiskarzinome
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Kontraindikation
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Einbruch in den Sinus piriformis, in das Krikoarytenoidgelenk oder Tumorbefall des Sinus Morgagni
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Einbruch in den Zungengrund
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schwere Allgemeinerkrankung, Fernmetastasierung, nicht beherrschbare regionäre Metastasierung
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zu erwartende persistierende Schluckstörungen und Aspirationsproblematik
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OP-Technik
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Schnittführung: U-förmiger Hautschnitt. Für die Neck Dissection ggf. Hilfsschnitt zur Klavikula. Durchtrennung des Platysmas und der Hautnerven, Präparieren des Hautlappens. Zunächst Neck Dissection. Anschließend Freilegen der Trachea und Anlage eines plastischen Tracheostomas, Umintubation.
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Freilegen des oberen Larynx: Abtrennen der infrahyoidalen Muskulatur sowie der Mundbodenmuskulatur mit der bipolaren Schere (alternativ: monopolares Instrument oder Radiofrequenznadel) vom Zungenbein. M. thyreohyoideus, M. sternohyoideus und M. omohyoideus werden nach kaudal verlagert. Über der freigelegten Schildknorpeloberkante, medial des Oberhorns, wird das Gewebe stumpf mit Stieltupfern auseinandergespreizt, und die oberen Larynxgefäße werden isoliert, unterbunden und durchtrennt. Sichtidentifikation und Schonung des N. laryngeus superior ([Abb. 1]).
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Schildknorpeleröffnung. Inzision des Perichondriums entlang der Oberkante des Schildknorpels, des Oberhorns und des kranialen Viertels der Hinterkante und Ablösung des äußeren Blattes mit dem Freer-Elevatorium auf ca. 1 cm. Von der Schnittkante aus werden auch die inneren Weichteile mit dem inneren Perichondriumblatt vom oberen Schildknorpel beidseits bis unterhalb der Incisura thyreoidea gelöst.
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Schildknorpelresektion: Resektion beider oberer Schildknorpelanteile mit der oszillierenden Säge/Piezo-Säge schräg vom Ansatz des Hornes nach ventral bis unter die Inzisur (nach Eröffnung des Larynx ggf. Nachresektion).
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Eröffnung des Pharynx und Tumorresektion: Die Eröffnung des Pharynx erfolgt seitlich auf der weniger befallenen Seite ventral des präparierten N. laryngeus superior mit der Schere; der Schnitt biegt kranial nach medial zum Zungengrund um ([Abb. 2a]).
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Nach Einsetzen eines Langenbeck-Hakens ist die Epiglottis sichtbar und kann angeklemmt werden. Spätestens jetzt erfolgen die weiteren Schritte unter mikroskopischer Kontrolle. Der Schnitt wird nunmehr unter Sicht quer am Zungengrund bis zur Gegenseite geführt und biegt lateral der Epiglottis wieder leicht kaudalwärts in Richtung Sinus piriformis. Durch gezieltes Verlagern der Epiglottis übersieht der zum Kopfende wechselnde Operateur den gesamten Tumorbereich. Die Inzision zieht dann am Sinus piriformis durch die dem abgelösten inneren Perichondrium anhaftenden Weichteile weiter bis vor den Aryknorpel. Auf der stärker befallenen Seite kann dieser Schnitt in die Schleimhaut des Sinus piriformis gelegt werden, auf der Gegenseite führt er auf der Oberkante der aryepiglottischen Falte ([Abb. 2b]).
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Der N. laryngeus superior muss bei dieser Resektion und der folgenden im Bereich des Morgagni-Ventrikels vom Assistenten zur Seite gehalten werden, um ihn auf der geringeren tumorbefallenen Seite zu erhalten. Vom Aryknorpel beidseits aus schneidet man dann unter stetem Nachspannen des Tumor-tragenden supraglottischen Teiles in der Supraglottis nach ventral; beide Schnitte treffen sich kranial der vorderen Stimmlippenkommissur, damit endet die Resektion ([Abb. 2c]).
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Bei Ausdehnung des Tumors auf die Vallecula wird vor Anlage des quer in den Zungengrund verlaufenden Schnittes palpatorisch und mikroskopisch kontrolliert die Tumorausdehnung abgeschätzt, um den Schnitt weit genug im Gesunden führen zu können. Zum besseren Einblick im Larynxinneren kann die Schildknorpelplatte zumindest einseitig nachreseziert werden, evtl. bis knapp über Stimmlippenniveau, die vordere Kommissur darf aber nicht ausgelöst werden. Nach allen Seiten und zur Tiefe (am Zungengrund) werden Nachresektate für die Schnellschnittuntersuchung gewonnen. Erst wenn alle Nachresektate tumorfrei sind oder die Grenze des Vertretbaren erreicht ist, wird der Eingriff beendet.
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Wundverschluss: Mit 4/0 resorbierbarem Nahtmaterial werden dorsal die Schnittränder von Sinus Morgagni/Stimmlippe und Sinus piriformis vereinigt.
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Die Deckung des Schildknorpelrands geschieht ventral durch Überschlagen des abgelösten äußeren Perichondriums und sein Vernähen mit der Schnittkante von Stimmlippe/Sinus Morgagni ([Abb. 3a]). Diese Nähte sind straff zu führen. Auf der nicht Tumor-tragenden Seite sollte deshalb die Resektion der Schildknorpelplatte nicht zu ausgiebig sein, da durch eine gewisse Spannung des über die Kante geführten äußeren Perichondriums später die Glottis weiter ist; allerdings verzichten manche Autoren mit gutem Erfolg auf jede Schleimhautnaht.
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Pharynxnaht: Der Schluss des Pharyngostomas erfolgt durch kräftige, resorbierbare Nähte, die durch die prälaryngeale Muskulatur und den Schildknorpel hindurchgestochen und nach kranial in den Zungengrund, an der Schleimhautgrenze eingestochen werden. An jeder Seite sind drei kräftige Nähte erforderlich, der hintere Pharyngostoma-Anteil wird mit evertierenden Nähten geschlossen. Die festen Nähte vom Larynx zum Zungengrund werden erst sämtlich gelegt und abschließend nach Anheben des zuvor noch reklinierten Kopfes geknüpft. Dadurch kommt der Zungengrund über den Larynxeingang zu liegen und dient später auch dem Aspirationsschutz des Larynx beim Schluckakt ([Abb. 3b]).
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Zusätzliche Fixation der abgetrennten geraden Halsmuskulatur an der Zungengrundmuskulatur. Der U-Lappen wird zurückverlagert und von jeder Halsseite her eine Saugdrainage, die auch über den Larynx zu liegen kommt, eingeführt. Es folgt der schichtweise Wundverschluss.
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Stenosen des Larynxeingangs infolge chronischer Ödembildung, Aryknorpelankylosen, Narbenbildung
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Wundheilungsstörungen, selten Pharynxfistelungen
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permanente Aspiration, Aspirationspneumonie
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bleibende Schluckstörung, ggf. Stimmstörung infolge persistierender Ödeme oder starker Narbenbildung im Arybereich
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permanentes Tracheostoma und Kanületragen
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Nachbehandlung
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Sondenernährung, in der Regel 10–15 Tage
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Zum Einüben des Schluckakts vor dem Schlucken Kopf vor und seitwärts auf die weniger befallene Seite neigen
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antibiotische Abdeckung
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Überwachung des Tracheostomas, häufiges Absaugen, ggf. bei starker Aspirationsneigung Atropingabe
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Dekanülieren in Abhängigkeit von der Weite der Glottis und der Aspirationsgefahr
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ggf. Kortikoidgabe bei ausgeprägter Ödembildung
Aus: Rettinger G, Hosemann W, Huttenbrink KW, Werner JA. HNO-Operationslehre – Mit allen wichtigen Eingriffen. 5., vollständig überarbeitete Auflage
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Publication History
Article published online:
04 November 2024
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