Schlüsselwörter minimalinvasive Chirurgie - roboterassistierte Chirurgie - Curriculum - Delphi-Prozess
- Konsensfindung
Einleitung
Durch die rasant fortschreitenden technologischen Entwicklungen im Bereich der minimalinvasiven
Chirurgie (MIS) und roboterassistierten Chirurgie (RAS) eröffnen sich vielfältige
Möglichkeiten für eine präzisere und effektivere Patientenversorgung [1 ]. Die positiven Effekte dieser innovativen Verfahren, insbesondere hinsichtlich reduzierter
postoperativer Komplikationen und beschleunigter Genesung, sind bereits nachgewiesen
[2 ]
[3 ]. Darüber hinaus wird die Integration von KI-Anwendungen (KI: künstliche Intelligenz)
in MIS und RAS die chirurgische Praxis erheblich unterstützen und weiterentwickeln
[4 ]
[5 ].
Trotz dieser Fortschritte stehen operative Teams vor der Herausforderung, mit der
rapiden Entwicklung neuer Technologien Schritt zu halten und eine fundierte Ausbildung
sicherzustellen [6 ]. Insbesondere in Deutschland fehlen bisher bundesweit einheitliche Strukturen zur
Vermittlung dieser spezialisierten Fähigkeiten. Nur vereinzelt und regional begrenzt
existieren aktuell Initiativen, die dieser Problematik begegnen [7 ]
[8 ]. Die bestehende Weiterbildungsordnung setzt weiterhin auf Richtzahlen und definiert
die Weiterbildung nicht ausreichend kompetenzorientiert, insbesondere im Hinblick
auf die Integration von Simulation und spezifischem Training [9 ].
In diesem Kontext wird die Notwendigkeit eines bundesweiten Curriculums für die Weiterbildung
in MIS und RAS immer dringlicher. Ein solches Curriculum bietet nicht nur die Chance
zur Erhöhung der Patientensicherheit durch gezieltes Training im Sinne eines PBP-Konzepts
(PBP: Proficiency-based Progression), sondern auch zur aktiven Gestaltung des technologischen
Fortschritts in der Chirurgie. Es schafft einerseits Vergleichbarkeit in einer Ära
des technologischen Wandels und garantiert hiermit eine hohe Versorgungsqualität.
Andererseits erhöht ein derartiges Curriculum die Attraktivität einer chirurgischen
Karriere für junge Ärzt*innen durch Innovation und eine bessere Struktur in der Weiterbildung,
die als Grundelement chirurgischer Nachwuchsförderung anzusehen ist [10 ]
[11 ].
Mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie
(DGAV) wurde ein Delphi-Prozess initiiert, um strukturelle Konditionen für die Entwicklung
und Umsetzung eines solchen Curriculums zu schaffen. Nationale Expert*innen wurden
eingebunden, um sicherzustellen, dass das Curriculum praxisrelevant, umfassend und
auf dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technologie ist. Der Delphi-Prozess bot
so die Möglichkeit, Meinungen zu sammeln, einen Konsens zu definieren und durch die
Bildung einer Arbeitsgruppe innerhalb der Fachgesellschaft ein zukunftsweisendes Curriculum
zu konzipieren. Die standortübergreifende Zusammenarbeit soll dazu beitragen, ein
strukturiertes und breit akzeptiertes bundesweites Curriculum zu gestalten, das die
Anforderungen dieses medizinischen Fachgebiets optimal erfüllt und so die Qualität
der Patientenversorgung auf höchstem Niveau gewährleistet.
Methodik
Arbeitsgruppe und Vorgehen
Die Initiierung des Delphi-Prozesses zur Entwicklung eines bundesweiten Curriculums
für minimalinvasive und roboterassistierte Chirurgie (GeRMIQ = German Robotic and
Minimally Invasive Surgery Qualification) erfolgte durch ein spezialisiertes Expertengremium.
Die Arbeitsgruppe (AG) wurde von 3 universitär tätigen Viszeralchirurgen (TH, FN,
HM) ins Leben gerufen, die sich durch ihre Fachkompetenz, wissenschaftliche Betätigung
und langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der minimalinvasiven und roboterassistierten
Chirurgie und deren Training auszeichnen.
Ein bewusster Verzicht auf ein Ethikvotum erfolgte, da die Studie keine Patienten
involvierte und dies im Rahmen des Studiendesigns nicht erforderlich war.
Das Vorgehen wurde in 4 Schritte unterteilt:
1. Zustandsanalyse und Literaturrecherche
Eine unabhängige Literaturrecherche wurde durchgeführt, um die bestehenden Weiterbildungscurricula
im Bereich der MIS/RAS in Deutschland und international zu analysieren. Diese systematische
Untersuchung stützte sich auf Quellen wie PubMed, Google Scholar und den DNB-OPAC-Katalog
der deutschen Nationalbibliothek. In Kick-off-Meetings der Initiatoren wurde ein detaillierter
Fragenkatalog entwickelt.
2. Expertenauswahl und Onlineumfrage
Die Auswahl der nationalen Expert*innen erfolgte selektiv auf Grundlage ihrer wissenschaftlichen
Tätigkeit und Expertise im Bereich der MIS/RAS. Besonderes Augenmerk wurde darauf
gelegt, eine möglichst breite Streuung des Dienstalters zu berücksichtigen, um ein
facettenreiches Spektrum an Erfahrungshorizonten zu gewährleisten. Die vorab erstellten
Fragen wurden über die SoSci-Survey-Plattform versendet und konnten im Zeitraum vom
27.09.2023 bis 08.10.2023 bewertet werden. Die Fragen/Aussagen wurden durch eine dichotome
Beantwortung oder eine Likert-Skala strukturiert, wodurch eine differenzierte Gewichtung
in der Priorisierung bestimmter Themen ermöglicht wurde. Die Konzeption der Fragen
erlaubte es den Expert*innen, ihre Antworten fundiert aus ihrer klinischen Erfahrung
und persönlichen Einschätzung heraus abzuleiten. Die Kommentarfunktion des Surveys
ermöglichte zudem freie Meinungsäußerungen. Eine Anonymität der Teilnehmenden wurde
gewahrt, um die notwendige Integrität
und objektive Meinungsäußerungen zu garantieren. Eine Erinnerungsmail wurde an Nichtresponder
versandt, um die Teilnahme zu maximieren.
3. Expertenkonferenz zur Konsensusfindung
Die Ergebnisse der Onlinebefragung wurden statistisch aufbereitet und visuell übersichtlich
in PowerPoint dargestellt. Die Präsentation der Ergebnisse der Onlineumfrage erfolgte
mit dem Ziel, in der persönlichen Diskussion Aspekte ohne Konsens zu identifizieren
und unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Evidenz zu diskutieren. Die Expertenkonferenz
wurde im Bonn Surgical Technology Center (BOSTER) abgehalten. Final erfolgte eine
3. Iteration in einer Onlinekonferenz. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, ihre
Positionen zu revidieren und zu konkretisieren. Bei Unklarheiten erfolgte eine Diskussion
und bei Bedarf eine erneute Abstimmung.
4. Umsetzung der Konsensusinhalte
Die Ausarbeitung und praktische Umsetzung der konsentierten Inhalte in ein bundesweit
gültiges Curriculum befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase, wobei höchste
Qualitätsstandards und kontinuierliche Optimierung unter Involvierung weiterer chirurgischer
Interessengruppen angestrebt werden.
Delphi-Prozess und Konsensusdefinition
Für die Erreichung eines Konsenses wurde ein 2-stufiger, modifizierter Delphi-Prozess
angewendet. Dieses Vorgehen ermöglicht es, eine Vielzahl von Perspektiven auf höchstem
wissenschaftlichem Niveau zu berücksichtigen und zu einem konsistenten Ergebnis zu
gelangen. Die A-priori-Definition des Konsenses, mit einer Übereinstimmung von ≥ 80%,
orientierte sich an den Maßstäben führender wissenschaftlicher Arbeiten [12 ].
Ergebnisse
An der Onlinefragerunde beteiligten sich alle 12 eingeladenen Expert*innen (Rücklaufquote
100%). Der Teilnehmerkreis setzte sich aus 10 Oberärzten, einer Fachärztin und einem
Assistenzarzt zusammen. Insgesamt wurden 122 Fragen/Aussagen in der elektronischen
Umfrage versendet, davon enthielten 78 Fragen binäre Antwortmöglichkeiten, während
für 44 Fragen ein Ranking auf der Likert-Skala möglich war. Primär wurden 89 der 122
Fragen (72%) im Konsens beantwortet. Zusätzlich konnte im Rahmen des Expertentreffens
für 6 weitere Fragen eine sekundäre Einigkeit erreicht werden, sodass insgesamt für
77% der Fragen (n = 95) ein Konsens vorlag. Infolge von Aussagenredundanzen entfielen
4 Fragen/Aussagen (4%), während nach den Diskussionen bei 23 Fragen (19%) kein Konsens
erzielt werden konnte ([Abb. 1 ]). Zur besseren Übersichtlichkeit werden im Folgenden hauptsächlich nur diejenigen
Aussagen beschrieben, die im Verlauf des
Prozesses einen Konsens erreichen konnten.
Abb. 1 Anteile der Fragen, bei denen ein Konsens erreicht wurde.
Standpunkt
Insgesamt ergab sich eine einheitliche Einschätzung bez. der Vorteile eines Curriculums
([Tab. 1 ]). Die Fachexpert*innen stimmten der Aussage zu, dass dieses zügig entwickelt und
evaluiert werden sollte. Es herrschte eine eindeutige Zustimmung (100%) in Bezug auf
die flächendeckende Verbesserung der Ausbildungsqualität, die Gewährleistung der notwendigen
Kenntnisse und Fähigkeiten des ärztlichen Personals sowie die Möglichkeit umfassender
wissenschaftlicher Studien. Die Verbesserung der Patientensicherheit und des Outcomes
wurde von allen Expert*innen einstimmig befürwortet (100%). Ein einstimmiger Konsens
bestand auch darin, dass das GeRMIQ-Curriculum die nationale chirurgische Gemeinschaft
auf dem globalen Markt wettbewerbsfähiger machen und in Bezug auf die unabhängige
Evaluation und Einführung innovativer Technologie voranbringen kann. Abschließend
stimmten alle Expert*innen zu, dass das GeRMIQ durch
kontinuierliche Updates eine nachhaltige Unterstützung für Weiterbildung und innovative
Ausrichtung in der Chirurgie bieten kann.
Tab. 1 Standpunkt.
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Ein bundesweites Curriculum für minimalinvasive und roboterassistierte Chirurgie (BCMR)
ist von Vorteil, weil …
… es insgesamt mehr Vorteile als Nachteile gibt und diese zügig entwickelt und evaluiert
werden sollten.
91,7/8,3
100/0
ja
… die Qualität der Ausbildung flächendeckend verbessert werden kann.
100/0
100/0
ja
… sichergestellt werden kann, dass das ärztliche Personal über die notwendigen Kenntnisse
und Fähigkeiten verfügt.
100/0
100/0
ja
… die Patientensicherheit und damit das Outcome verbessert werden kann.
100/0
100/0
ja
… umfassende wissenschaftliche Studien möglich werden (z. B. didaktisch, simulationstechnologisch
etc.).
91,7/8,3
100/0
ja
… die nationale chirurgische Gemeinschaft auf dem globalen Markt in einigen Bereichen
wettbewerbsfähiger werden kann.
91,7/8,3
100/0
ja
„… die immer mehr auf den Markt drängenden innovativen Technologien (z. B. neue Robotik-
und Assistenzsysteme) industrieunabhängig evaluiert und eingeführt werden können.“
83,3/16,7
100/0
ja
… Vertrauen der Patienten in die innovativen chirurgischen Techniken gestärkt werden
kann.
66,7/33,3
9,1/90,9
nein
„… durch kontinuierliche Updates (z. B. jährlich) eine Weiterbildung und innovative
Ausrichtung in der Chirurgie nachhaltig unterstützt werden kann.“
83,3/16,7
100/0
ja
Basiskonzept
Eine überwiegende Mehrheit (90,9%) stimmte abschließend für eine kombinierte Realisierung
eines Curriculums für die MIS und RAS und lehnten entsprechend einstimmig die Idee
ab, ein Curriculum ausschließlich für RAS zu entwickeln und die herkömmliche Laparoskopie
nicht zu berücksichtigen. Es herrscht Konsens in Bezug auf die mögliche Nutzung des
GeRMIQ als Grundlage für andere Fachgebiete (Urologie/Gynäkologie) mit Zustimmung
in der 1. Runde von 83,3%, sekundär dann 100%. Mit voller Zustimmung wurde festgehalten,
dass die GeRMIQ-„Grundausbildung“ als Minimalziel konzipiert werden sollte, um künftige
Spezialsierungen zu ermöglichen ([Tab. 2 ]).
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
BCMR: bundesweites Curriculum für minimalinvasive und roboterassistierte Chirurgie;
HPB: hepato-pankreatikobiliär; OGI: oberer Gastrointestinaltrakt; COLO: kolorektal
Ein BCMR sollte für die MIS und RAS kombiniert realisiert werden.
91,7/8,3
90,9/9,1
ja
Ein BCMR sollte lediglich für die RAS geschaffen werden und die herkömmliche Laparoskopie
nicht berücksichtigen.
0/100
0/100
nein
Ein BCMR kann auch als Basis für andere Fachgebiete dienen (Urologie/Gynäkologie).
83,3/16,7
100/0
ja
Es sollte parallel zur BCMR-„Grundausbildung“ auch gleichzeitig die BCMR-„Spezialisierung“
(HPB/OGI/COLO etc.) konzipiert werden.
50/50
0/100
nein
Es sollte als minimales Ziel zunächst die BCMR-„Grundausbildung“ konzipiert werden,
als Basis für die künftigen BCMR-„Spezialisierungen“ (HPB/OGI/COLO etc.).
91,7/8,3
100/0
ja
Zielgruppe
Bezüglich der Zielgruppen ergaben sich klare Tendenzen, aber auch Meinungsunterschiede
([Tab. 3 ]). Ein Konsens wurde erreicht für den Aspekt, dass das Curriculum für Ärzt*innen
in Fort- und Weiterbildung (insbesondere vor der Facharztreife) zugänglich sein sollte.
Dass, wie heutzutage vielerorts üblich, nur Fachärzt*innen oder bevorzugt roboterunerfahrene
Oberärzt*innen Zugang haben sollten, wurde abgelehnt. Die Mehrheit der Expert*innen
(primär 83,3%; nach dem Expertentreffen 100%) befürwortete die Integration der Grundausbildung
für MIS und RAS bereits in den ersten Jahren der chirurgischen Ausbildung. Ebenso
wurde mit 81,8% Zustimmung festgehalten, dass ein erfolgreich absolviertes GeRMIQ-Curriculum
ein obligater Bestandteil für die Zulassung zur Facharztprüfung, bspw. in der Viszeralchirurgie,
sein sollte.
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein in %
2. Runde:
ja/nein in %
Konsens
BCMR: bundesweites Curriculum für minimalinvasive und roboterassistierte Chirurgie;
OÄ: Oberärzt*innen; ÄK: Ärztekammer
Ein BCMR sollte zunächst verfügbar sein für:
91,7/0
100/0
ja
33,3/66,7
0/100
nein
75/25
18,2/81,8
nein
75/25
–
kein Konsens
58,3/41,7
–
kein Konsens
25/75
–
kein Konsens
Die Grundausbildung für MIS/RAS ist bereits in den ersten Jahren der chirurgischen
Ausbildung von Vorteil.
83,3/16,7
100/0
ja
Ein erfolgreich absolviertes Curriculum sollte obligater Bestandteil für die Zulassung
zur Facharztprüfung (z. B. Viszeralchirurgie) der ÄK sein.
83,3/16,7
81,8/18,2
ja
Komponenten und Organisation
Es ergab sich ein einstimmiger Konsens dafür, dass das Curriculum verschiedene aufeinander
aufbauende Phasen enthalten sollte ([Tab. 4 ], [Tab. 5 ], [Tab. 6 ]; [Abb. 2 ]), einschl. objektiver Kriterien zur Bewertung des Fortschritts, Onlinetests und
Benchmarks für praktische Übungen. Des Weiteren bestand Einigkeit, dass das Curriculum
mit einer Proficiency-based Progression (PBP) verknüpft werden sollte, um den individuellen
Fortschritt in den verschiedenen Stufen angemessen zu erfassen. Ebenso wurde ein Benchmarking
für das Leistungsniveau von Auszubildenden vereinbart, wobei 90,9% der Expert*innen
dafür stimmten.
Tab. 4 Komponenten und Organisation (Teil 1).
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Das BCMR sollte verschiedene aufeinander aufbauende Phasen enthalten (z. B. E-Learning,
Geräteschulung, Dry-Lab-Übungen, erste OPs mit Video-based Assessment [VBA]).
91,7/0
100/0
ja
Das BCMR sollte objektive Kriterien zur Bewertung des Fortschritts in den einzelnen
Stufen zulassen (z. B. im Rahmen der Onlinetests, Benchmarks für praktische Übungen
etc.).
83,3/8,3
100/0
ja
Das BCMR sollte daher mit einer Proficiency-based Progression (PBP) verknüpft sein.
83,3/8,3
100/0
ja
Im Rahmen des BCMR sollte als Benchmarking ein Leistungsniveau für Auszubildende definiert
werden.
75/16,7
90,9/9,1
ja
Tab. 5 Komponenten und Organisation (Teil 2).
1. Runde: E-Umfrage
nein/eher nein/neutral/eher ja/auf jeden Fall (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Als obligate Grundkomponenten – komplett außerhalb des OPs – sollte das BCMR obligat
enthalten:
0/0/0/25/75
100/0
ja
0/8,3/16,7/25/50
100/0
ja
0/0/0/8,3/91,7
100/0
ja
0/8,3/8,3/16,7/66,7
81,8/18,2
ja
0/0/8,3/8,3/83,3
100/0
ja
8,3/8,3/8,3/25/50
90,9/9,1
ja
25/16,7/25/0/33,3
–
kein Konsens
41,7/8,3/16,7/8,3/25
–
kein Konsens
Tab. 6 Komponenten und Organisation (Teil 3).
1. Runde: E-Umfrage
nein/eher nein/neutral/eher ja/auf jeden Fall (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
VR: Virtual Reality
Als Grundkomponenten – innerhalb des OPs mit echten Patienten – sollte das BCMR obligat
enthalten:
16,7/8,3/25/16,7/33,3
18,2/81,8
nein
0/0/0/16,7/83,3
100/0
ja
8,3/8,3/0/16,7/66,7
81,8/18,2
ja
Abb. 2 Komponenten des Curriculums.
Die obligate Integration der E-Learning-Inhalte inkl. virtueller Inhalte sowie deren
Prüfung (100% Zustimmung) wie auch das Gerätetraining, bspw. durch die entsprechenden
RAS-Firmen (100% Zustimmung), sowie deren Prüfung (81,8% Zustimmung) wurden als essenzielle
Elemente des Curriculums angesehen.
Weiterhin wurden die Ausbildung (100% Zustimmung) und der Leistungsnachweis der Fertigkeiten
im Dry Lab (90,9% Zustimmung) als wichtige Komponenten für das GeRMIQ betrachtet.
Hinsichtlich der Ausbildung und Prüfung der Fertigkeiten im Wet Lab konnten keine
einheitlichen Meinungen erzielt werden.
Es ergab sich ein Meinungskonsens (81,8%), dass Hospitationen bei Live-Operationen,
sei es virtuell oder in Person, nicht als obligate Grundkomponente des Curriculums
angesehen werden sollten. Hingegen wurden die Assistenz bei einer bestimmten Anzahl
von MIS-/RAS-Indexoperationen (100% Zustimmung) und selbst durchgeführte Operationen
oder Teilschritte einer bestimmten Anzahl von MIS-/RAS-Index-OPs (81,8% Zustimmung)
als obligate Grundkomponenten betrachtet.
Ein einstimmiger Konsens (100%) bestand bez. der Implementierung eines Systems zur
kontinuierlichen Überwachung und Aktualisierung des Curriculums und der Qualifikationsanforderungen,
um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Standards und Technologien entsprechen
([Tab. 7 ]). Die Einrichtung eines GeRMIQ-Expertenkomitees zur Organisation und kontinuierlichen
Anpassung des Curriculums wurde einstimmig befürwortet. Ebenso wurde die Sinnhaftigkeit
einer Prüfungskommission zur Überprüfung von Akkreditierungsbewerbungen und Zertifikatsvergabe
von den Expert*innen einstimmig akzeptiert (100%). Ein einheitlicher Konsens wurde
hinsichtlich des Lehrformats erzielt, das vorsieht, dass der theoretische Teil weitgehend
online und vor dem praktischen Teil, der vor Ort in den Kliniken durchgeführt werden
soll, stattfindet. Alle Expert*innen stimmten dafür, dass Absolvent*innen des GerMIQ
ein Zertifikat erhalten sollten. Die
Zusammenarbeit mit Krankenhäusern, medizinischen Einrichtungen und anderen relevanten
Organisationen zur Förderung der Verfügbarkeit von Trainingsmöglichkeiten wurde einstimmig
befürwortet. Die DGAV als Fachgesellschaft wurde einstimmig als geeignete Organisation
angesehen, um personelle, finanzielle und sonstige Ressourcen für das Curriculum sicherzustellen
sowie als Kommunikationsplattform, insbesondere zur Ärztekammer, zu dienen.
Tab. 7 Komponenten und Organisation (Teil 4).
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Ein System zur kontinuierlichen Überwachung und zu Updates des Curriculums und der
Qualifikationsanforderungen soll sicherstellen, dass sie den aktuellen Standards und
Technologien entsprechen.
91,7/8,3
100/0
ja
Ein solches Update sollte jährlich erfolgen.
33,3/66,7
–
kein Konsens
Ein solches Update sollte alle 2 Jahre erfolgen.
41,7/58,3
–
kein Konsens
Ein solches Update sollte alle 3 Jahre erfolgen.
16,7/83,3
–
kein Konsens
Ein Punktesystem kann die Akkreditierung von Teilen des BCMR ermöglichen und ist auch
insgesamt sinnvoll.
91,7/8,3
100/0
ja
Die Einrichtung eines BCMR-Expertenkomitees ist sinnvoll zur Organisation und künftigen
kontinuierlichen Anpassung des Curriculums.
100/0
100/0
ja
Die Einrichtung einer Prüfungskommission ist sinnvoll, die u. a. Akkreditierungsbewerbungen
überprüft und über Zertifikatsvergabe entscheidet.
83,3/16,7
100/0
ja
Der theoretische Teil soll grundsätzlich weitgehend online und vor dem praktischen
Teil vor Ort in den Kliniken durchführbar sein.
83,3/16,7
100/0
ja
Weiterzubildende sollten nach Abschluss des BCMR ein Zertifikat erhalten (z. B. „DGAV-Basis-Zertifikat
für konventionelle minimalinvasive und roboterassistierte Chirurgie“)
83,3/16,7
100/0
ja
Es soll eine Zusammenarbeit mit Krankenhäusern, medizinischen Einrichtungen und anderen
relevanten Organisationen erfolgen, um die Verfügbarkeit von Robotikchirurgie-Trainingsmöglichkeiten
zu fördern.
100/0
100/0
ja
Die DGAV könnte als Fachgesellschaft die personellen und finanziellen Mittel sowie
sonstigen Ressourcen und Zertifizierung sicherstellen und als Kommunikationsplattform
u. a. zur Ärztekammer dienen.
100/0
100/0
ja
Theorie
Theorie: Inhalte
Eindeutiger Konsens (100%) bestand bez. der Integration rechtlicher Aspekte (z. B.
Aufklärung, Verantwortlichkeit) und ethischer Fragen im Kontext künstlicher Intelligenz
(KI), die im E-Learning enthalten sein sollten. Ebenso darüber, dass ein Überblick
über den aktuellen Stand der Technologie im E-Learning vermittelt werden sollte. Ein
Konsens (100%) wurde bez. der Einbeziehung von Empfehlungen zur klinischen Implementierung
neuer Systeme (einschl. Teamtraining) erreicht und darüber, dass im E-Learning Informationen
zur Patientenauswahl und -vorbereitung, zur Trokarplatzierung und zum Andocken sowie
zum Verfahren bei Indexoperationen (z. B. laparoskopische Cholezystektomie [CHE] und
robotische Hemikolektomie) enthalten sein sollten. Einigkeit bestand darin, dass im
E-Learning grundlegende Besonderheiten der unterschiedlichen Systeme und Pitfalls
in deren Steuerung vermittelt bzw. aufgezeigt werden sollten ([Tab. 8 ]).
Tab. 8 Theorie: Inhalte.
1. Runde: E-Umfrage
nein/eher nein/neutral/eher ja/auf jeden Fall (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
E-Learning sollte beinhalten:
0/33,3/41,7/8,3/16,7
–
kein Konsens
0/0/8,3/41,7/41,7
100/0
ja
0/0/16,7/16,7/66,7
100/0
ja
0/0/41,7/16,7/41,7
0/100
nein
0/0/8,3/33,3/58,3
100/0
ja
0/0/8,3/16,7/75
100/0
ja
0/0/0/25/75
100/0
ja
0/0/0/8,3/91,66
100/0
ja
0/0/0/16,7/83,3
100/0
ja
0/8,3/16,7/16,7/58,3
0/100
nein
0/16,7/41,7/16,7/16,7
0/100
nein
0/0/16,7/33,3/50
100/0
ja
0/0/0/16,7/83,3
100/0
ja
Theorie: Organisation, Prüfung, Akkreditierung
Die Ergebnisse bez. bestimmter organisatorischer Aspekte des E-Learnings im Rahmen
des Curriculums zeigten klare Zustimmungen der Expert*innen ([Tab. 9 ]) mit einstimmigem Konsens zur kostenfreien Zurverfügungstellung von E-Learning,
bspw. durch Finanzierung von Kliniken, präferiert durch eine sinnvolle Integration
in eine bestehende Lernplattform (81,8% Zustimmung). Ein einheitlicher Konsens (100%)
bestand bez. der (Teil-)Akkreditierung bereits etablierter Kurse für MIS und RAS.
Hier sei ein Punktesystem zur Bewertung von bestehenden Kursen/Curricula für Teile
des GeRMIQ sinnvoll. Dieser Ansatz wurde ausdrücklich unterstützt, um sicherzustellen,
dass sich nicht alle Kurse komplett neu ausrichten müssen.
Tab. 9 Theorie: Organisation, Prüfung, Akkreditierung.
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Ein E-Learning sollte kostenfrei zur Verfügung stehen (z. B. von Kliniken finanziert).
100/0
100/0
ja
Es wäre sinnvoll, ein E-Learning an eine bestehende Lernplattform anzugliedern.
66,7/33,3
81,8/18,2
ja
Die (Teil-)Akkreditierung über bereits etablierte Kurse für minimalinvasive und roboterassistierte
Chirurgie erscheint sinnvoll und wird ausdrücklich unterstützt, sodass sich nicht
alle Kurse komplett neu ausrichten müssen.
91,7/8,3
100/0
ja
Praxis ohne Patienten
Praxis ohne Patienten: Inhalte
Die Expert*innen stimmten einheitlich (100%) für die Aufnahme praktischer Elemente
wie Gewebedissektion, Knüpfen von Knoten, Nähen und den Einsatz helfender Instrumente
der Assistenz in das Praxistraining ([Tab. 10 ], [Tab. 11 ]). Ein Konsens von 100% für die Durchführung von fachspezifisch relevanten Indexverfahren
wie der laparoskopischen Cholezystektomie in der Simulation unterstreicht die Bedeutung
der praktischen Anteile als solide Vorbereitung für den erfolgreichen Verlauf von
realen Operationen. Die Integration von OP-relevanten nichttechnischen Fähigkeiten
(NOTSS) und die Überprüfung der Benchmarks (lokal/regional oder zentral, z. B. im
Rahmen von Kongressen) nach Akkreditierung wurde einhellig befürwortet. Es bestand
Konsens (100%), dass die Benchmark-Überprüfung mit anderen nationalen/internationalen
Akkreditierungsprozessen in Einklang stehen sollte,
etwa mit der UEMS (Europäischer Facharztverband - European Union of Medical Specialists).
Tab. 10 Praxis ohne Patienten: Inhalte (Teil 1).
1. Runde: E-Umfrage
nein/eher nein/neutral/eher ja/auf jeden Fall (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Praxistraining ohne Patienten sollte beinhalten:
0/0/0/0/100
100/0
ja
0/0/8,3/8,3/83,3
100/0
ja
0/0/0/16,7/83,3
100/0
ja
0/0/0/0/100
100/0
ja
0/0/0/0/100
100/0
ja
0/0/8,3/0/91,7
100/0
ja
0/0/8,3/25/66,7
100/0
ja
0/0/0/0/100
100/0
ja
Tab. 11 Praxis ohne Patienten: Inhalte (Teil 2).
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
* N/A: Frage in Runde 1 nicht verfügbar. Neu in Runde 2 im Rahmen der Diskussion hinzugefügt.
Fachspezifisch relevante Indexverfahren (z. B. laparoskopische Cholezystektomie) sollten
vor der ersten echten OP in der Simulation durchgeführt werden.
91,7/8,3
100/0
ja
Das Curriculum sollte OP-relevante nichttechnische Fähigkeiten (NOTSS) beinhalten.
N/A*
100/0
ja
Die Benchmark-Überprüfung sollte lokal bzw. regional möglich sein (nach Akkreditierung).
66,7/33,3
–
kein Konsens
Die Benchmark-Überprüfung sollte zentral erfolgen (z. B. im Rahmen von Kongressen/OP-Kursen).
41,7/58,3
–
kein Konsens
Die Benchmark-Überprüfung sollte lokal bzw. regional (nach Akkreditierung), aber auch
zentral (z. B. im Rahmen von Kongressen/OP-Kursen) möglich sein.
N/A*
100/0
ja
Die Benchmark-Überprüfung sollte kompatibel mit anderen nationalen/internationalen
Akkreditierungsprozessen sein (z. B. UEMS).
83,3/16,7
100/0
ja
Praxis ohne Patienten: Organisation, praktische Prüfung, Akkreditierung
Zugang zum Praxistraining
In Bezug auf die Organisation des Praxistrainings und der praktischen Prüfung wurde
einstimmig die Einführung regionalbasierter Strukturen befürwortet (100%), während
die entsprechende Überwachung regionaler Zentren in unterschiedlichem Maße befürwortet
wurde. Ein Konsens (81,8%) bestand, dass praktische Ausbilderinnen und Ausbilder für
MIS/RAS im Allgemeinen akkreditiert werden sollten und darin, dass die Akkreditierung
für MIS und RAS separat erfolgen sollte (100%), um den spezifischen Anforderungen
und Besonderheiten der beiden Bereiche gerecht zu werden. Dies unterstreicht die Notwendigkeit
einer differenzierten Betrachtung und Bewertung der MIS und RAS im Rahmen der Entwicklung
des Curriculums ([Tab. 12 ]).
Tab. 12 Praxis ohne Patienten: Organisation, praktische Prüfung, Akkreditierung.
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Wenn die praktische Ausbildung für MIS/RAS mit Zubehör nicht in allen Krankenhäusern
verfügbar ist, kann eine regionalbasierte Struktur geschaffen werden, um allen den
Zugang zum BCMR-Praxistraining und zur BCMR-Prüfung zu ermöglichen.
100/0
100/0
ja
Wenn die Ausbildung für roboterassistierte Chirurgie in einem Krankenhaus verfügbar
ist, kann eine regionalbasierte Ausbildung geschaffen werden, um den Zugang zu optimieren.
75/25
–
kein Konsens
Regionale Zentren sollten von Ausbilder*innen für MIS/RAS beaufsichtigt werden.
75/25
–
kein Konsens
Einzelne praktische Ausbilder*innen für MIS/RAS sollten akkreditiert werden (z. B.
DGAV).
83,3/16,7
81,8/18,2
ja
Praktische Ausbildungszentren und Ausbildungskrankenhäuser sollten bewertet und akkreditiert
werden (z. B. DGAV).
75/25
–
kein Konsens
Die Akkreditierung sollte für MIS und RAS separat erfolgen.
83,3/8,3
100/0
ja
Die Meinungen bez. der idealen Entfernung zu einem regionalen Zentrum und des zeitlichen
Rahmens (flexibel/nach festem Plan während der Arbeitszeit oder in genehmigtem Bildungsurlaub;
halbtags, ganztags, mehrtägig) divergierten ([Tab. 13 ]). Ein klarer Konsens von 100% bestand darin, dass die Kosten für das Dry-Lab-Training
(bspw. für künstliche Organe) von der ausbildenden Klinik getragen werden sollten
bzw. nicht zulasten der Auszubildenden gehen dürfen. Die Expert*innen sprachen sich
einstimmig für Kooperationsvereinbarungen mit der Fachgesellschaft aus, um den Kliniken
und Teilnehmenden einen erleichterten Zugang zum Dry-Lab-Training zu ermöglichen.
Tab. 13 Zugang zum Praxistraining.
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
In welchem zeitlichen Rahmen soll die praktische Ausbildung erfolgen?
nach einem festen Plan, während der Arbeitszeit
58,3/33,3
–
kein Konsens
in einem genehmigten Bildungsurlaub
91,7/8,3
–
kein Konsens
in der Freizeit
25/58,3
–
kein Konsens
flexibel während der Arbeitszeit
58,3/33,3
–
kein Konsens
Wenn regionale Zentren existieren würden, welcher Zeitrahmen wäre zu präferieren?
ganztags
58,3/25
–
kein Konsens
halbtags
8,3/66,7
–
kein Konsens
mehrtägig
66,7/25
–
kein Konsens
Eine angemessene Entfernung zu einem regionalen Zentrum ist:
< 20 km
25/58,3
–
kein Konsens
< 50 km
41,7/50
–
kein Konsens
< 100 km
75/8,3
–
kein Konsens
Die Kosten für das Dry-Lab-Training (z. B. künstliche Organe) sollte die ausbildende
Klinik tragen.
83,3/16,7
100/0
ja
Für das Dry-Lab-Training sollten Kooperationsvereinbarungen (DGAV) geschlossen werden,
um den Kliniken und Teilnehmenden erleichterten Zugang zu gewähren.
100/0
100/0
ja
Praxis mit Patienten: Inhalte, Videos, NOTTS usw.
Bewertungen der praktischen Kompetenzen
Es bestand ein Konsens (100%), dass mittelfristig die erste echte OP nach erfolgreichem
Training außerhalb des Operationssaals durch Video-based Assessment (VBA) bewertet
werden sollte ([Tab. 14 ] und [Tab. 15 ]). Ebenso darüber (100%), dass die Bewertung einer repräsentativen OP eines Indexeingriffs
zum aktuellen Zeitpunkt bzw. nach Abschluss der Lernkurve stattfinden sollte. Die
Expert*innen befürworten einstimmig ein Punktesystem mit Erfassung von Schwierigkeitsgrad,
der Bewertung von definierten Aufgabenschritten und zu vermeidenden Fehlern. Die Möglichkeit
zu konstruktivem Feedback von Expert*innen an die lernenden Operateur*innen sollte
gemäß dem Konsens vorhanden sein und etablierte Scores (z. B. GEARS, OSATS, OPSA,
ABS, Operative Performance Assessment) könnten zur Anwendung kommen. Zunächst genutzte
standardisierte Expertenbewertungen könnten in Zukunft
für KI-basierte Evaluierungen von Vorteil sein.
Tab. 14 Praxis mit Patienten: Inhalte, Videos, NOTTS usw.
1. Runde: E-Umfrage
nein/eher nein/neutral/eher ja/auf jeden Fall (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Mittelfristig sollen die ersten realen OPs nach erfolgreichem Training außerhalb des
OPs auch in Deutschland künftig nach internationalem Vorbild durch Video-based Assessment
(VBA) bewertet werden, um die Patientensicherheit zu erhöhen.
8,3/8,3/25/16,7/41,7
100/0
ja
Tab. 15 Bewertungen der praktischen Kompetenzen.
1. Runde: E-Umfrage
ja/nein (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
GEARS: Global Evaluative Assessment of Robotic Skills; OSATS: Objective Structured
Assessment of Technical Skills
Die Bewertungen der praktischen Kompetenzen (auch per Videoanalyse) im OP sollten
Folgendes umfassen:
50/50
–
kein Konsens
8,3/83,3
9,1/90,9
nein
8,3/91,7
9,1/90,9
nein
91,7/8,3
100/0
ja
100/0
100/0
ja
100/0
100/0
ja
83,3/16,7
100/0
ja
91,7/0
100/0
ja
91,7/8,3
100/0
ja
58,3/41,7
100/0
ja
33,3/66,7
0/100
nein
100/0
100/0
ja
75/25
100/0
ja
Nichttechnische Fertigkeiten und Skills (NOTSS)
Bezüglich der Integration von Notfallszenarien liegt ein klarer Konsens (100%) vor.
Ein Training zur Entscheidungsfindung wurde mit einer Zustimmung von 81,8% bewertet
und auch die Schulung des Situationsbewusstseins und des Operationsteams stießen auf
breite Zustimmung mit jeweils 90,9% ([Tab. 16 ]).
Tab. 16 Nichttechnische Fertigkeiten und Skills (NOTSS).
1. Runde: E-Umfrage
nein/eher nein/neutral/eher ja/auf jeden Fall (in %)
2. Runde:
ja/nein (in %)
Konsens
Nichttechnische Skills sollten im BCMR integriert werden zu:
8,3/0/16,7/16,7/58,3
–
kein Konsens
8,3/0/0/0/91,7
100/0
ja
16,7/0/8,3/25/50
81,8/ 18,2
ja
16,7/8,3/33,3/25/16,7
0/100
nein
16,7/16,7/16,7/25/25
0/100
nein
16,7/0/16,7/25/41,7
0/100
nein
Nichttechnische Fertigkeiten sollten umfassen:
8,3/8,3/16,7/16,7/50
90,9/9,1
ja
0/16,7/16,7/16,7/50
90,9/9,1
ja
Diskussion
In der Bundesrepublik Deutschland fehlt derzeit im Gegensatz zu mehreren internationalen
Initiativen [13 ]
[14 ]
[15 ] ein umfangreiches und vereinheitlichtes Weiterbildungscurriculum für die MIS und
RAS. Obwohl diese fortschrittlichen Technologien in der medizinischen Praxis zunehmend
an Bedeutung gewinnen [16 ], ist die strukturierte Aus- und Weiterbildung in diesen Bereichen bisher nicht suffizient
etabliert.
Traditionell wurden chirurgische Fähigkeiten gemäß dem Modell von Halsted „See one,
do one, teach one“ erworben, welches auf der Beobachtung und dem schrittweisen Erwerb
von Kompetenzen durch Nutzung von Vorbildern beruht, basierend auf der sozialen kognitiven
Theorie [17 ]. Probleme mit diesem Ansatz sind bekannt, einschl. der Befürchtung, dass die rein
klinische Erfahrung zu heterogenen Fähigkeiten bei den Auszubildenden führt. Hinzu
kommt, dass von den chirurgischen Ausbildern erwartet wird, sowohl die neue Generation
zu unterrichten als auch selbst zu lernen, die Technik zu beherrschen [18 ].
Um eine heterogene und defizitäre Ausbildung zu vermeiden, kamen in den verschiedenen
chirurgischen Subdisziplinen immer wieder Ansätze auf, um mithilfe von Curricula eine
verbesserte Ausbildung zu gewährleisten, bisweilen allerdings nur im kleineren und
uneinheitlichen Rahmen. So wurde bspw. an der Klinik für Chirurgie des UKSH Campus
Lübeck das „Robotic Surgery Training Curriculum – RoSTraC“ entwickelt, das ein 3-stufiges
Ausbildungsprogramm mit Grundlagen- und Simulationstraining über Labortraining am
institutionellen Robotersystem bis hin zu einem strukturierten Training am Patienten
im Operationssaal umfasst [8 ]. Das „Robotic Curriculum for young Surgeons“ (RoCS), das von der Abteilung für Chirurgie
am Universitätsklinikum Magdeburg entwickelt wurde, enthält ebenfalls Theorie und
Simulationstraining, fokussiert sich jedoch auf die klinische Umsetzung einer praxisnahen
robotischen Ausbildung. Durch das
RoCS-Konzept sollen Chirurgen stufenweise bis zur Facharztreife eine Basiskompetenz
am robotischen System erlangen [7 ].
Die beschriebenen Weiterbildungsinitiativen sind einerseits erfolgversprechend. Das
Defizit einer fehlenden bundesweiten Standardisierung in der Weiterbildung im Umgang
mit ständig verbesserten Technologien der MIS und RAS in Deutschland birgt allerdings
das Risiko einer suboptimalen klinischen Implementierung und Anwendung [19 ] mit entsprechenden Hürden für den technologischen Fortschritt im chirurgischen Sektor.
Zudem besteht die Gefahr, dass ein Mangel an Weiterbildungsprogrammen die Fähigkeit
der Chirurg*innen reduziert, die neuesten Entwicklungen zu verstehen und klinisch
zu integrieren und evtl. sogar in Kooperation mit der Industrie sinnvoll weiterzuentwickeln.
In der Konsequenz könnte nicht nur der technologische Fortschritt gebremst, sondern
auch die Bereitschaft eingeschränkt werden, innovative Verfahren zu übernehmen. Dies
zeigt sich z. B. in der geringeren Durchdringung der minimalinvasiven
Chirurgie bei kolorektalen Karzinomen im internationalen Vergleich zwischen dem Vereinigten
Königreich mit ca. 55% und Deutschland mit ca. 28,5% im Jahr 2015 [20 ]
[21 ]. Die Einrichtung eines strukturierten Curriculums ist daher nicht nur essenziell
für die unmittelbare Patientensicherheit und Qualität der medizinischen Versorgung,
sondern auch für die Förderung und den nachhaltigen Fortschritt in der MIS und RAS
sowie für die Integration innovativer Technologien in die klinische Praxis.
Die Ergebnisse des vorliegenden Delphi-Konsensus offenbaren aktuelle Herausforderungen
und Defizite in den bestehenden Weiterbildungsprogrammen mit der Notwendigkeit einer
zeitnahen Modulation. Die neue kompetenzbasierte Struktur der Weiterbildungsordnung
hat zwar die Richtzahlen erhöht, jedoch werden minimalinvasive Techniken und robotische
Verfahren unzureichend integriert [22 ]. Eine Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Junge Chirurgie unter DGAV-Mitgliedern im
Jahr 2023 zeigte, dass MIS und RAS in der Weiterbildungsordnung zu wenig verankert
sind. Mehr als die Hälfte der Befragten wünscht eine Stärkung der minimalinvasiven
Chirurgie, während etwa 30% die Integration von RAS fordern. Ein Großteil der Umfrageteilnehmer
betrachtet Simulationstraining als wichtigen Bestandteil chirurgischen Trainings [23 ]. Neben den fehlenden Vorgaben in
der Weiterbildungsordnung stellt die Implementierung eines umfangreichen Trainingskonzepts
in den klinischen Alltag einer chirurgischen Abteilung auch eine organisatorische
Herausforderung dar [7 ]. Kritiker verweisen auf die immer noch geringe Verbreitung robotischer Assistenzsysteme
(und auch digitaler Simulatoren) sowie entsprechend mangelnde Fortschritte bei der
Anwendung minimalinvasiver Techniken [20 ]. In der Evaluation der Ergebnisse des Delphi-Prozesses zeigt sich gleichermaßen
eine breite Zustimmung unter den Expert*innen. Die Einführung eines solchen Curriculums
wird als entscheidender Beitrag zur Verbesserung der Ausbildungsqualität und zur Sicherstellung
von Kenntnissen und Fähigkeiten des ärztlichen Personals betrachtet. Die einstimmige
positive Haltung zur Verbesserung der Patientensicherheit unterstreicht das übergeordnete
Ziel, die Qualität der chirurgischen Versorgung zu forcieren. Die klare Zustimmung
zur Konzipierung einer gemeinsamen „Grundausbildung“ als Basis für künftige Spezialisierungen
entspricht dem internationalen Trend. Darüber hinaus zeigt sich hier der Vorteil einer
von der Industrie unabhängigeren Implementierung und fortwährenden Evaluation, obgleich
das Curriculum herstellerspezifische Einweisungen nicht in toto ersetzen kann. Gemäß
internationalem Konsens zeigt auch die Evaluation der Aspekte zur Zielgruppe die Notwendigkeit
auf, die Ausbildung für verschiedene Stufen der chirurgischen Karriere zugänglich
zu machen [24 ]. Vor allem Ärzt*innen in Weiterbildung, insbesondere vor der Facharztreife, sollten
eingebunden werden und die Ausbildung in der MIS sollte frühzeitig beginnen. So sind
in den USA seit 2008 die Fundamentals of Laparoscopic Surgery (FLS) verpflichtend
für die Board Examination der
American-College-of-Surgeons-Facharztqualifikationen [25 ]. Auch im Delphi-Verfahren herrscht Konsens, dass das Curriculum verpflichtend in
die Facharztweiterbildung integriert werden sollte. Die Evaluation hinsichtlich der
Komponenten des GeRMIQ bringen die vielschichtige Natur der chirurgischen Ausbildung
zum Ausdruck. Die einstimmige Zustimmung zur Konzeption von verschiedenen Phasen mit
objektiven Bewertungskriterien unterstreicht die Bedeutung einer strukturierten und
transparenten Fortschrittsbewertung in Bezug auf die erlernten Kompetenzen. Die Favorisierung
zur Einbindung von E-Learning als obligate Grundkomponente entspricht dem globalen
Trend zur Integration digitaler Lehrmethoden in medizinische Ausbildungsprogramme.
E-Learning und patientenferne Simulation haben darüber hinaus deutliche Vorteile vor
dem Hintergrund der Diskussion um flexible Arbeitszeiten, der Vereinbarkeit von Familie
und Beruf
bzw. Elternzeiten sowie der Vereinbarkeit einer wissenschaftlichen Karriere mit der
klinisch-chirurgischen Weiterbildung [10 ]. Eine kontinuierliche Überwachung und Aktualisierung des Curriculums wird befürwortet
und zeigt die Sensibilität für das rasche Fortschreiten technologischer Entwicklungen.
Der einstimmige Konsens zur Einführung eines Punktesystems für die Akkreditierung
entspricht internationalen Empfehlungen zur Implementierung von transparenten Bewertungssystemen.
Um die Qualität und Aktualität des Curriculums fortwährend zu gewährleisten, besteht
Einigkeit darin, ein Expertenkomitee und eine Prüfungskommission einzurichten. Die
Evaluation der Aspekte zum theoretischen Inhalt macht die multidimensionale Natur
der MIS und RAS deutlich. Sowohl rechtliche Aspekte als auch Grundsätze zur Ethik
und Informationen zu aktuellen Technologien sollen gemäß dem gefundenen Konsens Teil
dessen werden. In Hinblick
auf die organisatorischen Aspekte des E-Learning zeigt sich die Notwendigkeit, die
Zugänglichkeit und Finanzierung dieser Programme sicherzustellen. Der einstimmige
Konsens zur kostenfreien Bereitstellung von E-Learning und die Zustimmung zur Integration
von E-Learning in bestehende Lernplattformen entspricht dem internationalen Bestreben,
den Zugang zu medizinischer Bildung zu erleichtern [26 ]. So kann eine nahtlose Integration von digitalen Lehrmethoden in etablierte Bildungsumgebungen
erreicht werden. Bei Betrachtung der praxisbezogenen Aspekte unter den Konsensaussagen
wird die zentrale Bedeutung eines Hands-on-Trainings und die Notwendigkeit einer strukturierten
Bewertung von dergleichen ersichtlich. Der Konsens zur Einbindung von zweihändigen
Bewegungen, Kameranavigation und anderen praktischen Elementen entspricht internationalen
Empfehlungen zur Simulation chirurgischer Eingriffe [27 ].
Digitale Bewertungsmethoden mit VBA (Video-based Assessment) in der chirurgischen
Ausbildung erlangen wachsende Bedeutung [28 ], wie auch in der klaren Positionierung mit final einstimmigem Konsens des Expertenkreises
expliziert wird. Die Evaluation der Aspekte zur Bewertung der praktischen Kompetenzen
und die Integration nichttechnischer Fertigkeiten spiegelt die umfassende Natur chirurgischer
Kompetenzen wider. Der Konsens zur videobasierten Bewertung und der Fokus auf repräsentative
OPs entsprechen internationalen Trends zur digitalen Bewertung von chirurgischen Fähigkeiten.
Die Studie zur Entwicklung eines bundesweiten Curriculums für minimalinvasive und
roboterassistierte Chirurgie in Deutschland mittels eines Delphi-Prozesses offenbart
methodische Limitationen, die ihre Aussagekraft begrenzen. Erstens könnten die Auswahl
und begrenzte Anzahl der teilnehmenden nationalen Expert*innen die Vielfalt an Perspektiven
einschränken und zu einer Verzerrung führen, was die Übertragbarkeit der Ergebnisse
auf andere Länder oder medizinische Fachgebiete potenziell einschränkt. Zweitens könnten
trotz eines umfassenden Fragenkatalogs relevante externe Faktoren, wie bspw. Anpassungen
an Krankenhausreformen oder die Auswirkungen einer hohen Auslastung des Gesundheitssystems
durch Zunahme europäischer Konfliktherde, nicht vollständig berücksichtigt worden
sein. Diese potenziellen Lücken weisen auf die Notwendigkeit hin, das Curriculum regelmäßig
zu überprüfen und anzupassen, um seine Relevanz und Wirksamkeit zu gewährleisten.
Darüber hinaus wurden die
praktische Implementierung und Umsetzung des Curriculums in dieser Phase nicht adressiert,
was Fragen zur Ressourcenverfügbarkeit, Akzeptanz in der breiteren chirurgischen Gemeinschaft
und den langfristigen Auswirkungen auf die chirurgische Ausbildung und Patientenversorgung
offenlässt. Diese Einschränkungen verdeutlichen die Notwendigkeit kontinuierlicher
Forschung und regelmäßiger Anpassungen des Curriculums, um seine Relevanz und Effektivität
im dynamischen medizinischen Feld sicherzustellen.
Fazit
In Anbetracht der bevorstehenden tiefgreifenden Veränderungen im Gesundheitssektor,
insbesondere durch Digitalisierung, demografischen Wandel, Strukturreformen und begrenzte
finanzielle Mittel, betonen die Ergebnisse des Delphi-Prozesses die essenzielle Notwendigkeit
einer klaren Struktur und Organisation in der chirurgischen Weiterbildung in MIS und
RAS. Die Umfrage unterstreicht nachdrücklich die Dringlichkeit eines nationalen Curriculums,
das nicht nur die Weiterbildung erleichtert, sondern auch klare Strukturen hierfür
etabliert. Die konsensbasierten, standardisierten Ausbildungsrichtlinien bieten dabei
zahlreiche Vorteile im Bereich der Patientensicherheit, des Technologiefortschritts
und der Vergleichbarkeit und Qualität der Ausbildung. Ein etabliertes Curriculum,
das auf den Teilen Theorie, Dry-Lab-Training und klinischem Assessment basiert ([Abb. 2 ]), ermöglicht die effektive Implementierung bewährter Verfahren
und fördert den Einsatz moderner Technologien, wodurch die Sicherheit und Effektivität
chirurgischer Eingriffe auf ein höheres Niveau gehoben werden können. Der Delphi-Prozess
hebt darüber hinaus die Bedeutung eines strukturierten Curriculums als hochattraktiven
Faktor für den chirurgischen Nachwuchs hervor. Dies ist von entscheidender Bedeutung,
um qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen und dadurch die langfristige Qualität
und Nachhaltigkeit der chirurgischen Versorgung zu sichern.