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DOI: 10.1055/a-2415-8880
Kiefertumoren – der „blinde Fleck“ des tumorversierten Radiologen? – Teil I
Article in several languages: English | deutsch- Zusammenfassung
- Einführung in das Thema
- Die aktuelle WHO-Klassifikation der odontogenen und maxillofazialen Knochentumoren von 2022
- Radiologische Diagnostik und Überblick zu den Kiefertumoren
- Kieferzysten
- Odontogene Tumoren
- Riesenzellhaltige Läsionen und nicht-odontogene Knochenzysten
- References
Zusammenfassung
Hintergrund
Primäre Kiefertumoren stellen einerseits seltene Tumorentitäten dar und weichen andererseits hinsichtlich ihres differenten und oft ungewohnten radiologischen Erscheinungsbildes von den vom übrigen Skelett bekannten, typischen radiologischen Knochentumormerkmalen ab. Ursachen sind zum einen die eng benachbarte Koexistenz zweier ontogenetisch differenter anatomischer Strukturen (zahnbildender Apparat und Kieferknochen nebst Gingiva), zum anderen einiger, nahezu exklusiv am Kiefer anzutreffender Tumorentitäten (z.B. Ameloblastom, ossifizierendes Fibrom, Schattenzellkarzinom).
Die vorliegende Arbeit möchte daher auf einige Grundprinzipien der diagnostischen Herangehensweise und radiologischen Differenzierung tumorverdächtiger und dysplastischer Veränderungen am gnathischen System eingehen und erläutern.
Methode
Die vorliegende Arbeit stützt sich maßgeblich auf die aktuelle WHO-Klassifikation odontogener und maxillofazialer Tumoren (5. Auflage, 2022), entlang welcher ausgesuchte und typische Tumorentitäten besprochen werden. Aufgrund des edukativen Charakters der Arbeit werden dabei lediglich wichtige und erwähnenswerte Tumoren und deren Charakteristika aus der Literatur extrahiert und diskutiert. Der Fokus liegt hier auf der Beschreibung radiologischer Tumormerkmale bzw. der sinnvollen Auswahl des radiologischen Instrumentariums. Der besseren Veranschaulichung wegen wird auf umfangreiches Bildmaterial Wert gelegt.
Schlussfolgerungen
Dem Radiologen fällt die Aufgabe zu, Kiefertumoren zu detektieren, zu beschreiben und einzuordnen. Die notwendige Kenntnis von Anamnese und klinischer Symptomatik setzt eine enge Zusammenarbeit mit den klinischen Partnern voraus. In vielen Fällen wird man sich der Diagnose nur annähern können, was aber für die Eingrenzung möglicher, in Frage kommender Entitäten schon hilfreich sein kann (z.B. Differenzierung Zyste vs. solide Tumorosteolyse, Abgrenzung Kieferosteomyelitis gegen Tumorinfiltration, Erkennen einer sekundären Tumorbeteiligung des Kiefers).
Kernaussagen
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Primäre Kiefertumoren sind sehr selten, bildgebend schwer zu differenzieren und verlangen daher eine histologische Abklärung;
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Kenntnis typischer Kiefertumormerkmale (Lage, Zahnbezug, Destruktionsmuster) erlaubt eine grobe Eingruppierung;
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matrixbildende Kiefertumoren und Dysplasien erleichtern die radiologische Diagnostik und Einordnung;
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Osteolysen hingegen sollten sorgfältig hinsichtlich häufiger Zysten und selteneren soliden Tumoren differenziert werden;
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die interdisziplinäre Fallbesprechung unter erfahrenen Kieferchirurgen und Radiologen kann grobe Fehleinschätzungen vermeiden.
Zitierweise
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Grieser T, Hirsch E, Tödtmann N. Bone Tumors of the Jaw – the “Blind Spot” for Radiologists Experienced with Tumors? – Part I. Fortschr Röntgenstr 2024; DOI 10.1055/a-2415-8880
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Einführung in das Thema
Primäre Knochentumoren des Kiefers stellen eine Seltenheit dar: Sie machen etwa nur 2% aller Knochentumoren des menschlichen Körpers aus [1]. Aufgrund dieser Seltenheit und wegen der fachlich „abseitigen“ Lage des gnathischen Systems sind profunde Kenntnisse über derartige Tumoren, abgesehen von Fachkreisen, die sich mit gnathischen Knochentumoren befassen, wenig verbreitet. Hinzu kommt die Besonderheit, dass sich maxillomandibuläre Knochentumoren in vielerlei Hinsicht von Knochentumoren des übrigen Körpers unterscheiden. Dazu wird weiter unten im folgenden Kapitel eingegangen werden.
Das Besondere an der Betrachtung von Knochentumoren der maxillofazialen Region liegt in der Tatsache begründet, dass hier zwei prinzipiell differente primäre Tumorentitäten anatomisch-topografisch eng benachbart auftreten: zum einen die häufigeren odontogenen Tumoren und Dysplasien, zum anderen die wesentlich selteneren nicht-odontogenen Tumoren des Kiefers.
Embryologisch rekrutieren sich diese beiden Tumorgruppen aus jeweils unterschiedlichen Keimblättern [2]: Während die odontogenen Tumoren wie auch die Zähne aus der ektodermalen Zahnleiste hervorgehen, entstehen die nicht-odontogenen Knochentumoren des Kiefers aus dem Mesoderm, wie im übrigen auch die primären Knochentumoren des „restlichen“ menschlichen Körpers. Des Weiteren gibt es embryologische Sonderformen der Entstehung von Tumoren, wie z.B. Knorpeltumoren aus dem Meckel-Knorpel, dem ersten Kiemenbogen, aus dem die Mandibula hervorgeht [3].
Die beiden genannten, primären Tumorgruppen des Kiefers, die odontogenen Tumoren und die nicht-odontogenen primären Knochentumoren, sollen also nachfolgend hier besprochen werden; ergänzt durch einige typische odontogene Dysplasieformen und wichtige Differenzialdiagnosen (z.B. Osteomyelitis). Einen zusammenfassenden Überblick gibt hierzu die [Tab. 1].
Kategorie |
Unterkategorien |
Entitäten (Auswahl) |
Kieferzysten |
weitere Unterteilungen wurden in aktueller Klassifikation weggelassen |
radikuläre Zysten, follikuläre Zysten, odontogene Keratozysten; kalzifizierende odontogene Zyste; fissurale Zysten |
odontogene Tumoren |
benigne epitheliale odontogene Tumoren |
Ameloblastom, kalzifizierender epithelialer odontogener Tumor; odontogene Tumoren (adematoid, squamös), Ameloblastom |
benigne gemischt epitheliale und mesenchymale odontogene Tumoren |
Odontom, ameloblastisches Fibrom |
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benigne mesenchymale odontogene Tumoren |
(zemento-)ossifzierendes Fibrom, Zementoblastom, odontogenes Fibrom, odontogenes Myxom |
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maligne odontogene Tumoren |
ameloblastisches Karzinom, sklerosierendes odontogenes Karzinom, odontogenes Schattenzell- und Klarzellkarzinom, |
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Riesenzellläsionen und Knochenzysten |
zentrales und peripheres Riesenzellgranulom, Cherubismus; aneurysmatische und einfache Knochenzysten |
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Knochen- und Knorpeltumoren |
fibro-ossäre Tumoren und Dysplasien |
(zemento-)ossifizierende Dysplasie, Fibröse Dysplasie; Segmentale odontomaxilläre Dysplasie, ossifizierende Fibrome (juvenil trabekulär und psammomatoid) |
benigne maxillofaziale Knochen- und Knorpeltumoren |
Osteom, Osteochondrom, Osteoblastom (Osteoidosteom entfernt!) Chondroblastom, Chondromyxoidfibrom; desmoplast. Knochenfibrom |
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maligne maxillofaziale Knochen- und Knorpeltumoren |
Osteosarkom des Kiefers, Chondrosarkom-Familie; Rhabdomyosarkom mit TFCP2-Rearrangement |
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*hämatolymphoide Tumoren, solitäres Plasmozytom* |
*Lymphome (primäre Knochenlymphome, sekundäre Lymphombeteilig.) leukämische Knochenbeteiligung; Plasmozytom/Multiples Myelom* |
Darüber hinaus gibt es aber auch noch eine Vielzahl weiterer Tumoren, die keiner der beiden Gruppen zugehören, wie zum Beispiel die in der Mundhöhle zahlreich vorkommenden Plattenepithelkarzinome oder die aus der Umgebung in den Kiefer einwachsenden Adenokarzinome, selten aber auch Lymphome und das Multiple Myelom sowie sekundäre Tumoren (Metastasen).
Die meisten odontogenen Tumoren sind glücklicherweise gutartig und stellen überwiegend hamartomatöse Fehlbildungen dar; odontogene Karzinome und Sarkome sind außerordentlich selten – deren häufigster Vertreter stellt noch das ameloblastische Karzinom dar.
Allerdings muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Mehrzahl der malignen Tumoren, die den Ober- und Unterkiefer involvieren, Karzinome sind, die aus der Umgebung den Kiefer infiltrieren und diesen zerstören [5]. Die Rede ist von Plattenepithelkarzinomen der Mundhöhle (machen 90% aller Tumoren dieser Region aus), von Plattenepithel- und Adenokarzinomen der Kieferhöhlen und der Nasenhaupthöhle sowie den Adenokarzinomen der umgebenden Speicheldrüsen, welche destruktiv in die benachbarten knöchernen Strukturen von Maxilla und Mandibula vordringen können ([Abb. 1]) [6]. Diese Tumoren wie auch sonstige Tumorentitäten (z.B. extraossäre Lymphome, Weichteilsarkome, neurogene Tumoren, Hauttumoren etc.), die ihren Ursprung nicht im gnathischen System haben, sind nicht Gegenstand der folgenden Besprechung. Eine Ausnahme bilden maxillomandibuläre Knochenmetastasen, auf die am Ende des Beitrags kurz eingegangen werden wird.
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Odontogene Tumoren sind selten und stellen zumeist benigne bzw. hamartomatöse Entitäten dar.
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Viel häufiger hingegen wird die Kieferregion allerdings von malignen Tumoren (Karzinomen) aus der Umgebung infiltriert.
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Die aktuelle WHO-Klassifikation der odontogenen und maxillofazialen Knochentumoren von 2022
Nachdem die Novellierung der 3. Ausgabe der WHO-Klassifikation von Kiefertumoren aus dem Jahre 2005 über ein Jahrzehnt Gültigkeit besaß, ehe sie im Jahre 2017 durch die 4. Ausgabe ersetzt wurde, folgte die „brandneue“ 5. Edition bereits fünf Jahre später, und zwar Anfang 2022 [4]. Diese deutliche Beschleunigung der Revisionsabfolge ist Ausdruck eines exponentiellen Wachstums molekularer und genetischer Erkenntnisse zur Entstehung von Knochentumoren des Kiefers, welche vor dem Hintergrund eines potenziellen oder bereits erwiesenen klinischen Nutzens rasch Eingang in eine angepasste Nomenklatur finden soll.
In diesem Beitrag wird allerdings auf die oft sehr delikaten und nur für Spezialisten relevanten Neuerungen nicht eingegangen [7].
Die [Tab. 1] gibt daher eine bewusst verkürzte und selektionierte Übersicht über die aktuelle Klassifikation wieder. Sie soll den Überblick über die Vielzahl diverser Tumorentitäten geben, wobei in der weiteren Besprechung nur ein Teil derer ausführlicher besprochen werden kann, dem auch eine gewisse praktische Relevanz zukommt.
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Radiologische Diagnostik und Überblick zu den Kiefertumoren
Dieses wird aus Platzgründen kompilierend in summarischer und tabellarischer Form dargestellt. Der sinnvolle und rationale Einsatz des radiologischen diagnostischen Armamentariums wird in [Tab. 2] veranschaulicht, wobei die [Tab. 3] auf Vor- und Nachteile der genannten radiologischen (und nuklear-medizinischen) bildgebenden Verfahren nochmals gesondert hinweist. Ein Befundungsalgorithmus für Radiologen nach dem sog. „KISS-Prinzip“ für Kieferläsionen wird in der Infobox 1 vorgestellt.
Da es für den nicht oder nur wenig mit Kieferläsionen vertrauten Radiologen schwierig sein dürfte, sich in der Vielzahl der Kieferläsionen zu orientieren, werden den einzelnen Kapiteln jeweils zusammenfassende tabellarische Übersichten und grafische Skizzen über typischerweise anzutreffende Entitäten beigefügt.
Läsionsanalyse am Kiefer nach dem KISS-Prinzip („keep it simply and straight“). Beachte, dass die aus der Deskription bzw. dem Abgleich mit vorhandenem Erfahrungswissen resultierende Diagnose bis zur histopathologischen Sicherung eine Verdachtsdiagnose bleibt, welche ja gerade am Kiefer aufgrund der Dualität Knochen – Zähne mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist!
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Symptomatische Knochenläsion?
wegen allfälliger und häufiger „Zahnschmerzen“ im Unterschied zum übrigen Skelett weniger verlässlich, kann dafür aber ernste Knochenläsionen maskieren! -
Patientenalter
odontogene Läsionen und Zysten bei Milchgebiss bzw. Wechselgebiss; höheres Patientenalter mit Zunahme potenziell maligner Läsionen (Karzinome, Metastasen) -
Anamnese
bekannte genetische Anomalien, systemische Grunderkrankung mit assoziierten Risiken für Zähne und den Kieferknochen, vorausgegangene operative Eingriffe -
Läsion in Bezug auf Lage im Kiefer
Wo befindet sich die Läsion? Oberkiefer anterior/posterior? Unterkiefer: Symphyse, Corpus, retromolar, Angulus, Ramus, Condylus? Zentral oder peripher? -
Läsion in Bezug auf den Zahn
Besteht ein unmittelbarer Bezug zum Zahn bzw. zur Zahnwurzel? Retinierter Zahn? Resorbierte Zahnanlage? Ist der Zahn kariös bzw. anderweitig beherdet? -
Läsion in Bezug auf Form und Größe
Form (einkammrig, lobuliert, septiert, mehrherdig); Größe (fokal ohne Knochendestruktion, ausgedehnt mit Ballonierung, Resorption, Destruktion des ortständigen Knochens) -
Läsionsgrenzen (in Anlehnung an die Lodwick-Klassifikation)
scharfe, reguläre Begrenzung („Läsion kann mit einem Bleistift nachgezeichnet werden“); scharf, aber irregulär begrenzt (enge Transition); unscharfe Grenzen, aber geografisch; noch geografisch, aber völlig unscharfe Grenzen (mottenfraßartig); permeatives Knochendestruktionsmuster -
Läsionsverhalten in Bezug auf benachbarte Strukturen
verdrängend (Spreizung der Zahnwurzeln und der Zähne; expansive Neokortikalisbildung); lokal destruierend (Wurzeldestruktion, Knochenresorption); infiltrierend (per continuitatem aus dem Knochen in die Weichteile oder vice versa); Kompartimentüberschreitung -
Läsionsdichte
Osteolyse (CAVE: Zyste bezeichnet bereits eine Entität und ist keine Beschreibung mehr!); Sklerose (CAVE: Im Kiefer gibt es mehrere Opazitäten (Knochen, Zement, Dentin, Schmelz)); gemischt sklerotisch-lytische Läsionen -
Läsionsstruktur
luft-/gashaltige Läsion; fetthaltige Läsion (Dichtemessung!); Weichgewebe (solide Läsion) bzw. Flüssigkeit (Dichtemessung); Kontrastmittelenhancement (avide Läsion); Differenzierung der Hartsubstanz: fibröse Matrix (Mattglas), Spongiosa, Kompakta (>1.000 HE), Zement < Dentin < Schmelz (mit aufsteigender Dichte); zahnärztliche Füllungsmaterialien einschl. Keramiken (CAVE: radioluzente Kunststoffe!), metallisches Fremdmaterial vorhanden?
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Kieferzysten
Kieferzysten stellen eine separat und herausgehoben zu besprechende Besonderheit des gnathischen knöchernen Systems dar. ([Abb. 2]) Anders als im übrigen menschlichen Skelett handelt es sich hierbei keineswegs nur um die bekannten juvenilen oder aneurysmatischen Knochenzysten, sondern um eine ganze Reihe zystischer Läsionen, von denen die meisten sehr spezifisch mit den Zähnen bzw. dem Zahnhalteapparat (Parodont) verknüpft sind (odontogene Zysten).
Zu den nicht-odontogenen Kieferzysten zählen die fissuralen Zysten (laterale und globulomaxilläre Zysten; mediale oder nasopalatinale bzw. mediane palatinale Zysten; mediane Mandibularzyste), die ihren embryologischen Ursprung von Resten der Epithelleiste nehmen, meist im vorderen Oberkiefer lokalisiert sind und zu 75% Frauen betreffen [8]. Sie lassen sich meist anhand ihrer charakteristischen Lokalisation vermuten oder identifizieren.
Die radikulären Zysten (apikale oder Radikularzysten; [Abb. 3]) sind prinzipiell entzündlichen Ursprungs ebenso wie die inflammatorischen Kollateralzysten (laterale periodontale Zysten). Die radikulären Zysten machen etwa 50% aller Kieferzysten aus [9]. Sie entwickeln sich infolge eines entzündlichen Reizes (z.B. fortgeleiteter Pulpitis infolge Karies profunda) an der Wurzelspitze aus den sog. Malassez’schen Epithelzellresten. Das sog. Wurzelgranulom hingegen stellt eine histologische Differenzialdiagnose dar, bestehend aus einem chronisch-entzündlichen Konglomerat als Folge einer Periodontitis apicalis ohne jegliche Epithelauskleidung.
Bei der radikulären Zyste handelt es sich radiologisch um runde, meist glatt berandete, die Wurzelspitze umgreifende Osteolysen mit einer mehr oder wenig gut erkennbaren Randsklerose. Je nach Dauer und Stärke der entzündlichen Einwirkung wird man auch in der knöchernen Umgebung reaktive Sklerosen erkennen. Voraussetzung ist aber stets ein geschädigter, in der Regel avitaler Zahn. Bei den selteneren lateralen inflammatorischen Periodontalzysten nimmt der Entstehungsprozess meist seinen Ausgang von irregulär lateral abzweigenden Pulpagängen oder marginalen Periodontitiden. Diese Zysten haben radiologisch ein prinzipiell identisches Erscheinungsbild wie die radikulären Zysten, nur befinden sie sich marginal entlang der Zahnwurzeln, dabei aber oft nahe der Wurzelspitze.
Davon abgegrenzt werden, müssen zwei nicht-inflammatorische odontogene Zysten von großer praktischer Relevanz, da sie bereits radiologisch erkannt bzw. vermutet werden können: die follikuläre Zyste (engl.: dentigerous cyst) und die odontogene Keratozyste [10].
Die follikuläre Zyste stellt eine typische dysontogenetische Zyste dar, die sich stets durch Flüssigkeitseinlagerung zwischen dem reduzierten Schmelzepithel und der nicht-eruptierten Zahnkrone ausbildet; dabei typischerweise vom 3. Molar („Weisheitszahn“) ausgeht, aber auch von anderen Molaren und Prämolaren, mitunter sogar von Eckzähnen, ausgehen kann, sofern diese verlagert und nicht durchgebrochen sind. Follikelzysten kommen nahezu ausschließlich nur an bleibenden Zähnen vor; deswegen werden sie am kindlichen Milchgebiss genauso wenig beobachtet wie sie eigentlich immer nur im Zusammenhang mit retinierten, verlagerten Zähnen auftreten.
Die follikuläre Zyste ist nach der Radikularzyste die zweithäufigste odontogene Zyste. Neben ihrem Ursprung von einem retinierten Zahn ([Abb. 4]), entwickeln sich diese Zysten entweder nur schmal um die retinierte Zahnkrone herum (ab 3–4 mm Zystengröße besteht ein Verdacht auf eine Follikelzyste) oder aber der gesamte retinierte Zahn wird in einer großvolumigen Zyste eingeschlossen, wobei drei morphologische Varianten je nach Einschluss von Krone und Wurzel des retinierten Zahnes beschrieben wurden [11]. Stets aber kann radiologisch der Zystenursprung an der Zahnhals-/Zahnkronengrenze erkannt werden, was die Identifikation als follikuläre Zyste erleichtert. Eine Verwechslung mit dem Ameloblastom ist zwar aufgrund der Lage im hinteren Mandibulabereich möglich, jedoch spricht der Nachweis eines verlagerten Molar in der Zyste eher für eine Follikelzyste (s. aber [Abb. 5]). Odontogene Keratozysten sowie eine Reihe von Systemerkrankungen (z.B. Cherubismus, Mukopolysaccharidose Typ IV, Amelogenesis imperfecta, tuberöse Sklerose und cleidokraniale Dysplasie) gehören in die differenzialdiagnostischen Betrachtungen [11].
Auch die odontogene Keratozyste kommt typischerweise in der Region des 3. Molars, des Angulus mandibulae und des aufsteigenden Unterkieferastes vor (65%–85%) ([Abb. 6]). Histologisch ist die Keratozyste mit einer keratinsierten Epithelzellschicht ausgekleidet, kann dabei von zystisch bis solid auftreten und muss nicht zwingend eine (retinierte) Zahnkrone aufweisen, da sie sich auch aus anderen odontogenen Epithelzellnestern ableiten können [12]. Radiologisch gesehen sind es glatt berandete Osteolysen unterschiedlicher Größe mit Neokortikalisbildung (Scalloping) bei großer Ausdehnung. Ein multiples Auftreten von Keratozysten sollte an ein Gorlin-Goltz-Syndrom (Basalzellnaevus-Karzinom-Syndrom) ebenso denken lassen wie an das Vorliegen eines Hyperparathyreoidismus (Ostitis fibrosa cystica). Die MRT bietet spezifische Identifikationsmöglichkeiten für die Keratozyste:
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hohes natives T1-Signal wegen des Keratingehaltes;
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Diffusionsrestriktion in der DWI ebenfalls wegen des Keratins;
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randständiges KM-Enhancement ohne noduläre Verdickungen (wie beim Ameloblastom)
Die äußerst seltene kalzifizierende odontogene Zyste (sog. Gorlin-Zyste, nicht zu verwechseln mit dem Gorlin-Goltz-Syndrom) sei hier nur erwähnt, da sie wegen ihrer irregulären Verkalkungen andere, v.a. maligne Tumoren imitieren können [13].
Weitere Zystenformen sind: Residual-, Primordial-, Eruptions- und Gingivalzysten sowie laterale periodontale Zysten. Die globulomaxilläre Zyste weist eine typische Konfiguration auf: Sie schiebt sich tropfenförmig zwischen 2. Inzisivus und Caninus, verdrängt dabei beide und kann mit einer Nasopalatinalzyste verwechselt werden [14]. Allerdings weisen schweizer Kieferchirurgen darauf hin, dass es sich bei der globulomaxillären Zyste gar nicht mehr um eine eigenständige Entität handelt, sondern lediglich für ihre anatomische Lokalisation im Oberkiefer zwischen lateralem Schneidezahn und Eckzahn noch so bezeichnet wird [15]. Auch die sog. Stafne-Kavität stellt keine Zyste dar, sondern eine anatomische Normvariante an typischer Stelle (retromolar im Kieferwinkel lingulaseitig unterhalb des N. aleveolaris inf.).
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Kieferzysten sind häufig: Radikuläre Zysten setzen einen infizierten (avitalen) Zahn voraus, follikuläre Zysten sind an retinierte Zähne gebunden.
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Verwechslungen v.a. von Kerato- und follikulären Zysten mit dem Ameloblastom, aber auch malignen Tumoren ist projektions-radiografisch möglich.
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Fokale Sklerosierungen, irreguläre Berandungen und der Nachweis solider Anteile in der MRT verlangen eine histologische Sicherung.
Eine kompendienhafte Zusammenstellung typischer Kieferzysten bieten [Tab. 4] und [Abb. 7].
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Odontogene Tumoren
Benigne epitheliale odontogene Tumoren
Diese Gruppe schließt zwar u.a. den adenomatoiden odontogenen Tumor, den squamösen odontogenen Tumor und kalzifizierenden epithelialen odontogenen Tumor (Pindborg-Tumor) ein, worauf aufgrund ihrer Seltenheit aber nicht eingegangen wird; wesentlicher bedeutsamer hingegen – auch für den Radiologen – ist das Ameloblastom, welches gleich in fünf Subgruppen aufgelistet wird: konventionell, unizystisch, extraossär, adenoid und – metastasierend!
Das Ameloblastom ist der häufigste Tumor epithelialen odontogenen Ursprungs ([Abb. 8]). Es entsteht aus Resten der Zahnleiste bzw. des Schmelzorgans. Die sehr seltenen extraossären Ameloblastome entstehen aus den sog. Serres-Resten, also in der Gingiva verbliebenen Reste der Zahnleiste (ca. 1%) [16].
Röntgenologisch charakteristisch ist das multizystische, lobulierte Erscheinungsbild (sog. soap-bubble-appearance) des konventionellen Ameloblastoms, vorzugsweise im Unterkiefer (80%). Dabei kann der Tumor sehr expansiv erscheinen, was zu einer ausgedehnten Neokortikalisbildung führen kann (etwas ungenau als „Knochenauftreibung“ bezeichnet). Zahnwurzelresorptionen sind für das Ameloblastom typisch, was wiederum auch an ein Malignom denken lässt. Die MRT bietet eine gute Möglichkeit, solide Tumoranteile zu identifizieren und damit ein konventionelles Ameloblastom von einer Zyste abzugrenzen. Der unizystische Typ des Ameloblastoms hingegen stellt eine Differenzialdiagnose zur einkammrigen Zyste dar; bei gleichzeitiger Anwesenheit eines retinierten Zahns, aber auch zur follikulären Zyste; zu ihr besteht eine positive Koinzidenz [16] [17] ([Abb. 5]). Lang bestehende, große Ameloblastome können maligne transformieren, wobei dieses radiologisch nicht am Lokalbefund selbst, sondern am Auftreten von Metastasen diagnostiziert werden kann [18]!
Ein Problem stellt die Therapie des Ameloblastoms dar, da es bei simpler Kürettage in 60–80% der Fälle rezidiviert, weshalb eine marginale oder segmentale Resektion empfohlen wird. Unizystische Ameloblastome können enukleiert werden, sofern es sich um die sog. luminale Variante handelt. Beim muralen Typ muss wegen der lokalen Wandinfiltration weit (nach)resesziert werden (persönl. Kommunikation Prof. Baumhoer, Basel). Spätrezidive kommen vor und werden in der Literatur als schwierige Behandlungsfälle beschrieben [19] [20].
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Ameloblastome sind vielgestaltig auftretende, zystisch imponierende, meist aber solide Osteolysen.
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Es gibt keine eindeutigen projektionsradiologischen Bildcharakteristika, die ein Ameloblastom beweisen würden (dran denken!). Die MRT kann aber helfen, die soliden Tumoranteile zu identifizieren.
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Benigne, gemischt epithelial-mesenchymale odontogene Tumoren
Hierzu werden nach der aktuellen Klassifikation neben dem Odontom der primordiale odontogene Tumor, das ameloblastische Fibrom und der dentinogene Schattenzell-(ghost cell-)Tumor [19] gezählt. Besprochen werden soll hier aber nur das Odontom.
Das Odontom ist die neben dem Ameloblastom häufigste odontogene Tumor, möglicherweise sogar der häufigste, da viele Odontome unerkannt bzw. unerwähnt bleiben. Odontome sind Hamartome, die aus Zahnhartsubstanz und einem weichteiligen Gewebeanteil bestehen und meist wenige Millimeter bis 2 cm groß sind, durchaus aber auch bis zu 6 cm groß werden können. Man unterschied sog. zusammengesetzte (compound) Odontome von komplexen Odontomen (Nomenklatur aus 2017), mittlerweile wird nur noch vom Compound-Odontom gesprochen. ([Abb. 9]) Während erstere im vorderen Oberkiefer vorkommen, werden letztere bevorzugt im hinteren Unterkiefer angetroffen. Ihre klinische Bedeutung liegt v.a. darin, dass sie den noch nicht durchgebrochenen Zähnen den Durchbruchsweg versperren, was zu Zahnfehlstellungen und damit assoziierten weiteren gnathischen Problemen führt [21].
Radiologisch bilden reife, große Odontome gut erkennbare zahnähnliche Gebilde, die meist zwischen den Wurzeln bereits eruptierter Zähne oder aber in der Nähe eines vor dem Durchbruch stehenden Zahnes liegen. Sie besitzen die gleiche Röntgendichte wie normale Zähne und können mit einem unterschiedlich breiten, oft aber nur schmalen Osteolysesaum umgeben sein. In frühen Stadien und bei nur wenig kalzifizierter Matrix können Odontome jedoch differenzialdiagnostische Probleme bereiten hinsichtlich der Abgrenzung gegen die kalzifizierende odontogene Zyste und das ameloblastisches Fibro-Odontom. Der extrem seltene Fall eines ameloblastischen Fibrodentinoms bei einem Kind, das ebenfalls zur Zahndurchbruchsbehinderung führte, wurde erst jüngst publiziert [22]. Weitere Differenzialdiagnosen sind das Osteom und auch supernummerische Zähne.
Der allgemeinradiologisch tätige Kollege sollte beim Auftreten multipler Odontome an das multiple Auftreten von Osteomen erinnert werden: Auch hier ist eine Assoziation mit dem Gardner-Syndrom (familiäre kolorektale Polyposis) beschrieben ebenso wie für das otodentale Syndrom (abnorme Zahnkronen, Megalodontie und sensoneuraler Hörverlust) [23].
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Benigne mesenchymale odontogene Tumoren
Zu dieser Gruppe gehören das zemento-ossifizierende und das odontogene Fibrom sowie das Zementoblastom und das odontogene Myxom.
Das zemento-ossifizierenden Fibrom (oder auch nur ossifizierendes Fibrom genannt) hat man nunmehr als eine völlig eigenständige Entität definiert. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer (Verhältnis etwa 5:1). Die Neoplasie geht bei der häufigsten sporadischen Form von Progenitorzellen der periodontalen Membran aus, die sich in unterschiedlicher Ausprägung in Fibro-, Osteo- und Zementoblasten differenzieren können, wodurch ein sowohl histologisch als auch radiologisch „buntes“ Bild entsteht. Es sind solitäre, meist große Läsionen in der Mandibula (90%), viel seltener in der Maxilla, die expansiv wachsen und je nach Alter bzw. Reifungsstadium infolge Mineralisation zunehmend röntgendicht werden ([Abb. 10]) [24]. Supragnathische Formen des ossifizierenden Knochenfibroms können auch den oberen Gesichtsschädel befallen. Aufgrund ihres langsamen, aber stetigen Wachstums sollten ossifizierende Fibrom reseziert werden [25].
Das odontogene Myxom stellt den dritthäufigsten odontogenen Tumor (nach Ameloblastom und Odontom) dar und findet sich zu zwei Dritteln in der Mandibula. Er besitzt eine myxoide extrazelluläre Matrix und ist kollagenfaserreich, daher erscheint er als mineralisationslose Osteolyse, welche den Unterkieferknochen multilobulär „auftreibt“, was radiologisch als typisches Seifenblasen- oder Honigwabenmuster imponiert (soap-bubble, honeycomb appearance) [26].
Das Zementoblastom stellt einen seltenen benignen Tumor dar (etwa 0,7–8% aller odontogenen Tumoren), der typischerweise in der Wurzelregion des 1. Molars des Unterkiefers vorkommt [27]. Er entsteht aus der Zement- oder zementähnlichen Schicht der molaren Wurzelscheide, besteht also aus röntgendichter Hartsubstanz, welche an ihrer Peripherie einen schmalen Osteolysesaum aufweist ([Abb. 11]). Der Tumor umscheidet die Wurzelspitze; die Wurzel selbst ist dann nicht mehr abgrenzbar. Insofern gibt es differenzialdiagnostische Abgrenzungsschwierigkeiten zur periapikalen zementalen Dysplasie und zur Hyperzementose, seltener zum Odontom oder zur chronischen periapikalen Osteitis [28].
Das odontogene Fibrom stellt insofern eine Besonderheit dar, als dass hier der periphere Typ, also die extraossäre Manifestation in der Gingiva, häufiger anzutreffen ist als die zentrale, im Kieferknochen selbst gelegene Form des odontogenen Fibroms [29].
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Hartsubstanz- bzw. matrixausbildende Tumoren lassen sich radiologisch besser zuordnen; das gilt für Odontome gleichermaßen wie für ossifizierende Fibrome.
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Das Entscheidende ist die radiologische Identifizierung benigner Hartsubstanzläsionen; ihre schlussendliche Subklassifizierung ist von eher untergeordneter Bedeutung.
Eine Zusammenstellung typischer mandibulärer Knochenläsionen zeigen [Tab. 5], [Tab. 6] und [Abb. 12].
Einordnung nach … |
Unterteilung nach … |
Entitäten |
Lokalisation |
anteriore Mandibula |
zemento-ossäre Dysplasie, Riesenzellgranulom (zentral), Odontom, seltener: ademantoider odontogener Tumor |
posteriore Mandibula |
follikuläre Zyste, odontogene Keratozyste, solitäre Knochenzyste, Ameloblastom, Amelofibrom, ossifizierendes Fibrom, Zementoblastom, odontogenes Myxom, Pindborg-Tumor |
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unspezifisch |
radikuläre Zyste; metabolische Erkrankungen (z.B. Hyperparathyreoidismus, renale Osteodystrophie) |
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Häufigkeit: Zysten |
sehr häufig |
radikuläre Zysten, follikuläre Zysten |
ziemlich häufig |
odontogene Keratozyste, solitäre Knochenzyste (traumatisch, hämorrhag. einfach); Stafne-Kavität (keine eigentliche Zyste!) |
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selten |
Kalzifizierende odontogene Zyste (enthält auch solide Anteile), aneurysmatische Knochenzyste (primär/sekundär) |
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Häufigkeit: benigne Tumoren |
sehr häufig |
Odontom |
ziemlich häufig |
Ameloblastom, zementoossäre Dysplasie, ossifizierendes Fibrom |
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weniger häufig |
Kalzifizierender epithelialer odontogener Tumor (Pindborg-Tumor), ameloblastisches Fibrom, odontogenes Myxom, Zementoblastom |
|
selten |
Klarzell-, squamöser und adematoider odontogener Tumor, kalzifizierender odontogener Tumor (Pindborg-Tumor) |
|
Häufigkeit: maligne Tumoren |
sehr häufig |
Plattenepithelakrzinome aus der benachbarten Schleimhaut |
ziemlich häufig |
Metastasen, Plasmozytom/Multiples Myelom, Lymphom, Leukämie; adenoid-zystische und mukoepidermoidale Karzinome aus der Umgebung |
|
selten |
odontogene Karzinome, odontogene Sarkome, odontogene Karzinosarkome; nicht-odontogene Sarkome (z.B. Osteosarkom) |
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Riesenzellhaltige Läsionen und nicht-odontogene Knochenzysten
6.1 Zentrales und peripheres Riesenzellgranulom
Die Unterscheidung zwischen zentralem und peripherem Riesenzellgranulom bezieht sich – wie stets am Kiefer – lediglich auf ihren Sitz: Die zentralen Riesenzellgranulome befinden sich primär intraossär im Ober- oder Unterkiefer, während die peripheren Riesenzellgranulome reaktive gingivale oder alveoläre Läsionen darstellen, die vom Periodont ausgehen und erst sekundär den Kieferknochen erodieren oder Zahnwurzeln verdrängen (sog. Riesenzellepulis) [4].
Zunächst eine Erläuterung zur Begriffsbildung: Die synonyme Bezeichnung des reparativen Riesenzellgranuloms beinhaltete eine kausale Erklärung insofern, dass nämlich diese Läsionen häufig im Zusammenhang mit einem Trauma (und konsekutiver Einblutung), seltener Entzündung, oder aber infolge Fremdkörperinokulation, auch nach zahnärztlichen Manipulationen, auftreten. Sie sind mit 1–7% aller benignen Kieferläsionen gar nicht so selten und kommen bevorzugt im kindlichen bis frühen Erwachsenenalter vor [31].
Riesenzellgranulome sind dabei für den Kiefer einzigartig und kommen in ähnlicher Weise nur noch an den Phalangen vor. Sie sind prinzipiell gutartig, jedoch verlangen sowohl ihr radiologisches als auch histopathologisches Erscheinungsbild profunde Kenntnisse zu diesem Läsionstyp, um nicht einer Fehlinterpretation – möglicherweise sogar einer malignen Deutung des Befundes – zu unterliegen ([Abb. 13]).
Das bestimmende histologische Merkmal, die osteoklastäre Riesenzellkomponente des Tumors, führt zur Knochenresorption, welche typischerweise als gekammerte Osteolyse in Erscheinung tritt, dabei aber durchaus kortikale Destruktionen verursachen kann, wodurch er sich radiologisch als eine aggressive Läsion äußert. Es gibt Fallberichte, die eine ausgedehnte Zerstörung der vorderen Maxilla (häufigster Manifestationsort) durch Riesenzellgranulome zeigen [32]. Die Läsionen können von ihren Rändern her durch osteoblastäre Aktivierung sklerosieren.
Wegen des koinzidentiellen Zusammentreffens von intraläsionalem Blut bzw. dessen Abbauprodukten und der osteoklastären Riesenzellen besteht – bei alleiniger histopathologischer Betrachtung der Läsion – ein differenzialdiagnostischer Pitfall hinsichtlich der Abgrenzung gegenüber aneurysmatischen Knochenzysten, Braunen Tumoren (Osteoklastome) beim Hyperparathyreoidismus und dem Cherubismus [33] [34].
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Nicht-odotongene Knochenzysten
Hierbei handelt es sich um die aneurysmatische und die einfache Knochenzyste des Kiefers, die keinen fissuralen oder odontogenen Bezug haben. Es handelt sich somit um dieselben nicht-epithelialen Knochenzysten, wie sie auch sonst an anderen Lokalisationen des menschlichen Skeletts angetroffen werden.
Die aneurysmatische Knochenzyste (AKZ) des Kiefers besteht ebenfalls aus Riesenzellen wie das zentrale Riesenzellgranulom, welche aber im Unterschied zu diesen große, mehrkammerige, blutgefüllte sinusoidale Hohlräume auskleiden. Im Unterschied zu den bisher besprochenen Kieferpathologien und deren röntgen- oder CT-morphologischen Erscheinungsbildern, gewinnt nun die MRT stark an Bedeutung, da sie die charakteristischen fluid-fluid-levels innerhalb der blutgefüllten Hohlräume der multipel septierten Knochenzysten in den zumeist aufgetriebenen Kieferknochen nachweisen kann [35]. Gelingt der Nachweis dieser MR-tomografischen Zeichen, so gilt die Diagnose bereits bildgebend als weitgehend gesichert, insbesondere bei jungen Patienten. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass es sich – wie auch an anderen Stellen des menschlichen Skeletts – nicht etwa um eine sekundäre AKZ handelt, insbesondere in Verbindung mit Riesenzelltumoren, Osteo- und Chondroblastomen, aber auch des Osteosarkoms des Kiefers. Daher ist es zwingend, die AKZ nach möglichen soliden Tumoranteilen in der kontrastmittelunterstützten MRT abzusuchen und – auch im Zweifelsfall – zu biopsieren. Hilfreich ist hier der molekulargenetische Nachweis des USP6-Rearrangements, welcher eine primäre AKZ beweist; der fehlende Nachweis allerdings nicht automatisch für eine sekundäre AKZ spricht [36].
An dieser Stelle sei eine kurze Bemerkung zur sog. soliden AKZ eingefügt: Freyschmidt sagte bereits 2009, dass „der Begriff des reparativen Riesenzellgranuloms der Extremitätenknochen synonym mit dem der soliden AKZ gebraucht (wird)“ und führt weiter aus, dass dies in Analogie natürlich auch für das reparative Riesenzellgranulom des Kiefers gilt [37]. Wichtig zu wissen ist, dass diese riesenzellhaltigen Läsionen nicht-neoplastischer Natur sind und histologisch prinzipiell nicht von sog. Braunen Tumoren bei Hyperparathyreoidismus zu unterscheiden sind. Allerdings – und darauf verweist Freyschmidt ebenfalls – muss z.B. die osteoklastenreiche Form eines Osteosarkoms sorgfältig ausgeschlossen werden [37].
Die solitäre Knochenzyste des Kiefers stellt gewissermaßen das gnathische Pendant zur juvenilen Knochenzyste der langen Röhrenknochen dar. Auch hier sind junge Patienten betroffen, oft mit einem vorausgegangenem Kiefertrauma. Es sind solitäre, mitunter große einkammrige Zysten im Kinn- oder Corpusbereich des Unterkiefers. ([Abb. 14]) Die größte Herausforderung für den Radiologen besteht darin, diese gutartigen Knochenzysten von all den anderen, bereits genannten und sehr zahlreichen Zysten oder zystenartig imponierenden Tumoren des Kiefers abzugrenzen, insbesondere aber vom Ameloblastom und der Keratozyste als den beiden häufigsten zystenartigen osteolytischen Tumoren des Kiefers [38].
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Nicht-odontogene Zysten des Kiefers unterscheiden sind zwar prinzipiell nicht von ihren identischen Vertretern am übrigen Skelett, stellen aber aufgrund des odontogenen und fissuralen „Zystenreichtums“ am Kiefer eine differenzialdiagnostische Herausforderung dar.
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Reparative Riesenzellgranulome sind eine kiefertypische Eigenheit, die aufgrund ihres radiologischen Destruktionsmusters gegen maligne Tumoren abgegrenzt werden müssen.
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Correspondence
Publication History
Received: 14 May 2024
Accepted: 20 August 2024
Article published online:
25 November 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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