Pneumologie 2024; 78(11): 830
DOI: 10.1055/a-2430-0683
Leserbrief

Antwort zu „Ist die VATS tatsächlich der Goldstandard in der Diagnostik des malignen Mesothelioms?“

Lea van der Linde
1   Institut of Pathology Medical Center Hamburg Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
Lutz Welker
1   Institut of Pathology Medical Center Hamburg Eppendorf, Hamburg, Deutschland
› Author Affiliations

Danke für Ihren kritischen Kommentar und Ihre Frage. Meine Mitarbeiterin Frau Dr. van der Linde, die Erstautorin, und ich als Letztautor tragen für den morphologischen Teil der Publikation und die Zusammenstellung der weiteren beiden Teile Verantwortung. Wir möchten gern auf Ihre Frage antworten.

  1. Das Zitieren der Leitlinie von 2010 im chirurgischen Teil der Publikation ohne die aktuellere Leitlinie von 2020 zu nennen ist in der Tat eine bedauerliche Nachlässigkeit, für die ich mich als Internist, Pneumologe und klinischer Zytologe stellvertretend entschuldigen möchte.

  2. Problem „internistische Thorakoskopie“ versus „VATS“.
    Gleiches gilt für die Verwendung des Begriffes „Goldstandard“ für die VATS zur Diagnostik des Mesothelioms. Aus meiner Sicht wäre hier die Formulierung „Standard“ angebracht gewesen.

Goldstandard kann und sollte eine möglichst wenig invasive Diagnostik des malignen Mesothelioms sein, angefangen von der Pleuraergussdiagnostik und der vorurteilslosen Akzeptanz zytologischer Mesotheliomdiagnosen bis hin zu histologisch an Stanzbiopsien oder thorakoskopisch gewonnenen Proben gewonnene Mesotheliomdiagnosen.

Wesentlicher Unterschied zwischen internistischer und chirurgischer Thorakoskopie ist die Art des jeweils gewählten Anästhesieverfahrens, Lokalanästhesie versus Vollnarkose und Einlungenventilation. Die Frage, welchen Facharzttitel ein Kollege führen sollte, der sich eines Endoskopes für die Diagnostik pleuraler Veränderungen bedient, ist für uns zunächst dagegen nachrangig. Hier sollten Engagement, erforderliche umfangreiche Kenntnisse und bioptische Fertigkeiten der einzelnen Kollegen, personelle und strukturelle Rahmenbedingungen entscheiden. Historisch hat die Einführung der internistischen Thorakoskopie durch Brandt und Loddenkemper und andere in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts die pneumologische Diagnostik unstrittig nachhaltig verbessert. In den letzten vier Jahrzehnten haben sich die unterschiedlichen Fächer Pneumologie, Thoraxchirurgie, Anästhesie und Pathologie aber nachhaltig verändert. So ist die Anzahl der Internisten und Pneumologen, die sich der internistischen Thorakoskopie zuwenden, sicher deutlich kleiner als die Zahl der Thoraxchirurgen, die regelhaft über adäquate räumliche und logistische Voraussetzungen für die Durchführung vergleichbarer Untersuchungen verfügen.

Bedauerlicherweise haben nach Einführung der DRGs in vielen deutschen Kliniken betriebswirtschaftliche Überlegungen, deren ökonomische Sinnhaftigkeit sich oft auch dem geneigten Leser nicht erschließen, mehr Gewicht als die Präferierung wenig invasiver, evidenzbasierter medizinischer Verfahren. Dieser von Ihnen angesprochene Umstand, mithin die partielle Abkehr vom „Primum non nocere“, ist der eigentliche GAU des deutschen Gesundheitswesens.

Wie sich das Fach Pneumologie entwickelt und ob die internistische Thorakoskopie weiterhin auch einen Stellwert in diesem Fach haben wird, bleibt offen.

Mit besten Grüßen

Lea van der Linde, Hamburg
PD Dr. med. Lutz Welker, Hamburg



Publication History

Article published online:
08 November 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany