Onkologische Welt 2024; 15(07): 391
DOI: 10.1055/a-2443-6221
Editorial

Wer im Rampenlicht steht

Alexander Kretzschmar
München
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Die Entwicklung von Onkologika ist aktuell das größte Entwicklungssegment in der forschenden Pharmaindustrie. „Die Präzisionsonkologie stellt die Art und Weise, wie Patient*innen behandelt werden, auf den Kopf“, jubelten die „PHARMA FAKTEN“, eine Publikation von Arzneimittelherstellern 2022 [1]. Neue Onkologika werden wie Stars behandelt, sie stehen im Rampenlicht. Um glamourös auf die Bühne glänzen zu können, benötigen sie aber viele Helferlein, die hinter dem Vorhang stehen: sozusagen persönliche Assistent*in, Visagist*in, PR-Berater*in etc.

Zu den stillen Helfern der Medizin, die leider niemals einen Oscar gewinnen wird, gehört auch die Supportivmedizin. Mit rund 1000 Seiten Umfang wurde nun die Konsultationsfassung der neuen S3-Leitlinie „Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen“ vorgestellt. Sie ist eine beeindruckende Synopsis dessen, was die Supportivmedizin heute zu leisten vermag [2].

In der Vergangenheit konnten die Leitlinien als Broschüre oder Buch erworben werden und verbrachten ihr weiteres Leben oftmals ungestört in einem Bücherregal. Heute sind die Leitlinien im Internet verfügbar, man hat dort immer die aktuelle Version zur Verfügung. Nehmen wir beispielsweise das neue Kapitel zur Prävention und Management kardiotoxischer Nebenwirkungen. Sie findet man nicht mehr nur unter Therapie mit bekannten Chemotherapie-Altsubstanzen wie Anthrazyklinen, Fluoropyridinen oder Platinderivaten. Heute muss sich die Therapie auch mit Kardiotoxizitäten neuer zielgerichteter Therapien und unerwünschten, immunvermittelten Effekten von Immuncheckpoint-Inhibitoren auseinandersetzen. Und: Im Gegensatz zu den alten Chemotherapeutika treten die irAE nicht sofort nach Therapiebeginn auf, sondern mit teilweise großer Latenz. Arzt und Patient*in müssen darauf vorbereitet sein. Das erfordert eine gute Aufklärung und eine aktive Nachfrage. Denn die Patient*innen reagieren manchmal aus ärztlicher Sicht scheinbar irrational, wenn sie Nebenwirkungen verschweigen oder herunterspielen. Dazu gehört die Angst, dass die einzige Möglichkeit, Nebenwirkungen effektiv zu begegnen, in einer Therapiereduktion oder in einem Abbruch liegt.

Unter den neuen Therapieoptionen ist die Supportivtherapie wichtiger denn je. Denn sie hört bei Therapieende nicht auf. Supportivtherapie kostet Zeit und Geld, aber sie ist jeden Euro wert. Mehr über die neue S3-Leitlinie können Sie auf Seite 405 lesen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
18. November 2024

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