Rofo
DOI: 10.1055/a-2446-0749
Guideline

Das Beckenvenensyndrom der Frau – Diagnose und Therapie

Article in several languages: English | deutsch
Tobias Paulus
1   Institute for Diagnostic, Interventional Radiology and Nuclear Medicine, Marien Hospital Herne Academic Teaching Hospital of the University Bochum, Herne, Germany (Ringgold ID: RIN169393)
,
Peter Minko
2   Department of Diagnostic and Interventional Radiology, University Hospital of Düsseldorf, Dusseldorf, Germany (Ringgold ID: RIN39064)
,
Tim-Ole Petersen
3   Clinic for Diagnostic and Interventional Radiology, Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara, Halle/Saale, Germany
,
Ralf-Thorsten Hoffmann
4   Institute and Policlinic for Diagnostic and Interventional Radiology, Medizinische Fakultaet Carl-Gustav-Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany
,
Peter Kern
5   Clinic for Gynecology and Obstetrics, Katholisches Klinikum Bochum Sankt Elisabeth-Hospital, Bochum, Germany (Ringgold ID: RIN38163)
,
6   Institute for Diagnostic and Interventional Radiology, Klinikum Bielefeld gemGmbH, Bielefeld, Germany (Ringgold ID: RIN14970)
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Der chronische Beckenschmerz bedeutet für die betroffenen Frauen eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität, das Ausmaß der Einschränkung wird durch Ärzte häufig unterschätzt. Im Rahmen der Chronifizierung des Schmerzes können ggf. lebenslange Problemen entstehen. Aktuell ist das PCS – eine wichtige Ursache des chronischen Beckenschmerzes der Frau – wahrscheinlich erheblich unterdiagnostiziert. Für die Diagnose des PCS müssen andere häufige Ursachen des chronischen Beckenschmerzes ausgeschlossen und gleichzeitig typische Veränderungen des Beckenvenensyndroms idealerweise mittels MR-Phlebografie nachgewiesen werden. Bei korrekter Indikationsstellung und Durchführung – am besten durch erfahrene und nach DeGIR/EBIR-zertifizierte Interventionalist*innen – können die Symptome langfristig mit hoher Erfolgsrate und komplikationsarm beseitigt werden. Die gleichzeitige psychotherapeutische Behandlung sollte immer mit den Patientinnen besprochen werden.

Kernaussagen

  • Das PCS ist eine häufige Ursache des chronischen Beckenschmerzes der Frau.

  • Die bildgebende Diagnostik erfolgt mit der Dopplersonografie und der kontrastmittelverstärkten Magnetresonanzangiografie.

  • Bei typischen Beschwerden bilden erweiterte Beckenvenen (>8 mm) die Indikation zur interventionellen Therapie.

  • Die pathologischen Beckenvenen werden mit Coils und Alkoholschaum embolisiert.

  • Publizierte technische Erfolgsraten und Langzeitergebnisse sprechen für die konsequente Anwendung des Verfahrens.

Zitierweise

  • Paulus T, Minko P, Petersen T et al. Pelvic venous disorders in women – diagnosis and therapy. Fortschr Röntgenstr 2024; DOI 10.1055/a-2446-0749


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Einleitung

Chronische Unterbauch- bzw. Beckenschmerzen werden zunehmend als wichtige Ursache fortschreitend eingeschränkter Lebensqualität bei Frauen wahrgenommen. Verschiedene Erkrankungen der Beckenvenen sind wichtige Verursacher solcher Symptome und werden heute international unter dem Begriff Pelvic Venous Disorder (PVD) zusammengefasst. Im deutschen Sprachraum wird vor allem noch die Bezeichnung Pelvic Congestion Syndrome (PCS) verwendet. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Erkrankungen, die eine aktuell noch wenig berücksichtigte Ursache für den chronischen Unterbauch-/Beckenschmerz der Frau darstellen. Weltweit tritt der chronische Beckenschmerz der Frau mit einer Häufigkeit von bis zu 27% [1] auf und in bis zu 30% der Fälle [2] liegt mit dem PCS eine einfach behandelbare Ursache dieses Symptomenkomplexes vor. Die weltweite Prävalenz des PCS liegt bei bis zu 44% der Frauen. Deshalb kommt der korrekten Diagnosestellung des PCS eine hohe Bedeutung im Rahmen der Versorgung von Patientinnen mit chronischem Beckenschmerz zu. Während die Bedeutung sozialer und sozioökonomischer Faktoren bei der Entstehung chronischer Beckenschmerzen in epidemiologischen Studien untersucht wurde, sind die vermutlich immensen ökonomischen Folgen weder des chronischen Beckenschmerzes noch des PCS untersucht.

Das PCS als Erkrankung der pelvinen Venen wurde in der medizinischen Literatur bereits vor etwa 150 Jahren erstmals beschrieben [3] [4], etwa seit Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts wird der Begriff PCS verwendet, seit den 50er Jahren ist der Zusammenhang mit dem chronischen Beckenschmerz erkannt [5] [6].

Für die Anleitung von Ärztinnen und Ärzten, die Frauen mit chronischem Unterbauchschmerz betreuen, wurde im Jahr 2022 die S2k-Leitlinie im Leitlinienprogramm der AWMF aktualisiert [7]. Auch wenn in der internationalen Literatur der chronische Unterbauchschmerz der Frau uneinheitlich definiert wird, sind folgende Symptome konsentiert: Die Schmerzen bestehen über mehr als 6 Monate, können intermittierend, aber auch zyklisch auftreten und die Lebensqualität der betroffenen Frauen ist beeinträchtigt. Die Schmerzen können nach ihren Ursachen in drei große Gruppen eingeteilt werden:

  1. Durch somatische Ursachen bedingte Schmerzen

  2. Durch somatische und psychische Ursachen bedingte Schmerzen

  3. Durch psychische Ursachen bedingte Schmerzen [7].

Für die Patientinnen mit PCS ist – wenn konservative Therapiemethoden versagen – die Katheter-angiografische, minimal-invasive Embolisationstherapie als am wenigsten invasives Verfahren die Methode der ersten Wahl.


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Diagnostik

Vor der Diagnosestellung eines PCS bzw. einer PVD sind somatische und psychische Differenzialdiagnosen in interdisziplinärer Zusammenarbeit auszuschließen ([Tab. 1]). Die wahrscheinlichsten Differenzialdiagnosen sind die Endometriose, Entzündungen der Adnexe und der Harnblase, Tumore des inneren Genitals und des Darmes, chronische Darmerkrankungen und psychosomatische Erkrankungen. Entsprechend sind in der Diagnostik somatischer Ursachen verschiedene Fachdisziplinen wie Allgemeinmedizin, Gynäkologie, Chirurgie/Proktologie, Gastroenterologie, Urologie, Orthopädie etc. beteiligt. Schon in der Diagnostik ist unbedingt zu berücksichtigen, dass die meisten Patientinnen bereits eine lange Leidensgeschichte durchlebt haben. Häufig werden die Beschwerden dieser Frauen von ihren primären ärztlichen Ansprechpartnern nicht ausreichend gewürdigt, sodass es wiederholt zu frustrierend verlaufenden Arztkontakten aus unterschiedlichen Fachgruppen kommt. Weil durch eine Konzentration auf somatische Ursachen potenzielle psychische Krankheitsauslöser übersehen werden können und evtl. eine Fixierung der Patientinnen auf ein somatische Genese erfolgt, sollte analog zur Nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische koronare Herzkrankheit (KHK)“ die Abklärung psychischer Ursachen parallel zur somatischen Ursachensuche erfolgen [8]. Durch die Psychotherapie können auch chronifizierte Schmerzen behandelt werden, die selbst nach Beseitigung einer somatischen Ursache die Lebensqualität der betroffenen Frauen langfristig einschränken können [7].

Tab. 1 Somatische Ursachen des chronischen Beckenschmerzes der Frau nach [1].

Gynäkologisch

Urologisch

Gastrointestinal/proktologisch

Muskuloskelettal

Endometriose

Entzündliche bzw. infektiöse Erkrankungen der Nieren und ableitenden Harnwege

Obstipation, Reizdarmsyndrom

Fibromyalgiesyndrom, myofasziales Schmerzsyndrom, Kokzygodynie

Adenomyose

Blasenfunktionsstörungen, Blasenschmerzsyndrom

Intestinale Malabsorption

Narbenschmerzen

Entzündungen und Infektionen der Ovarien/Adnexe

Interstitielle Zystitis

Hernien

Chronische Rückenschmerzen

Uterusfehlbildungen

Maligne urologische Erkrankungen

Benigne und maligne Obstruktionen und Stenosen des Gastrointestinaltraktes

Maligne Erkrankungen des regionalen Muskel- und Skelettsystems sowie des Bindegewebes

Pelvic inflammatory disease

Radiozystitis

Divertikulose, Divertikulitis, Appendizitis

Neuralgien

Adhäsionen

Harnstauung, Restharn

Morbus Crohn, Colitis ulcerosa

Hernien

Benigne und maligne Raumforderungen von Uterus und Ovarien

Urolithiasis

Gastroenteritiden, Colitiden anderer Ursache

Nervenkompressionssyndrome

Gestaute Beckenvenen, Beckenvarizen

Urethralsyndrom

Paralytische Darmmotilitätsstörungen

Haltungs- und Bewegungsveränderungen

Aktinomykose

Gefäßbedingte Darmerkrankungen

Erhöhte Spannungszustände der Beckenbodenmuskulatur, Beckenbodendysfunktion

Vulvodynie, Sexuelle Dysfunktionen

Fissuren und Fisteln in der Anal- und Rektalregion

Proktalgia fugax

Bei der Anamnese berichten die meist zwischen 20 und 50 Jahre alten Frauen über mehrere Schwangerschaften/Geburten. Die aktuellen Symptome sind unspezifisch, oft wird ein dumpfer Schmerz und/oder Völlegefühl im Becken oder Rücken beschrieben. Auch vertebragen anmutende Rückenschmerzen sind nicht selten. Diese Beschwerden verschlimmern sich meist durch langes Stehen, Sitzen, bei körperlicher Belastung und in der Schwangerschaft. Zusätzliche Symptome sind oft Dyspareunie, Dysmenorrhoe, Dysurie bzw. Blasenirritationen. Hinzukommen können psychische Symptome mit depressiver Stimmungslage und allgemeine Abgeschlagenheit. Die klinische Untersuchung kann weitgehend unauffällig sein. Möglicherweise finden sich Varizen am äußeren Genitale, am proximalen Oberschenkel und am Gesäß. Diese Varizen haben ein untypisches Verteilungsmuster im Vergleich zu solchen bei extrapelvinen Erkrankungen. Manchmal berichten die Patientinnen über klaren Fluor vaginalis [9] [10] [11].

Nicht nur um die Differenzialdiagnosen auszuschließen, sondern auch um das PCS zu belegen, kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Hierbei haben sich die transvaginale Sonografie mit der Bewertung der Änderung der Weite der Beckenvenen im Liegen und im Stehen, ggf. ergänzt um die abdominelle Sonografie, und die MRT (Magnetresonanztomografie) mit MR-Phlebografie ([Abb. 1]) als am nützlichsten herausgestellt [7]. Da allerdings bei 25% aller Frauen, die – unabhängig von der Verdachtsdiagnose untersucht werden – erweiterte pelvine Venen festgestellt werden [12], ist der alleinige morphologische Befund für die Diagnosestellung nicht ausreichend. In der Literatur wird vielfach noch die Katheter-basierte Phlebografie der Venen der Parametrien und des Uterus als diagnostischer Goldstandard angesehen. Da aus rein diagnostischen Gründen bei Frauen mit potenziell bestehendem Kinderwunsch jede Strahlenexposition so weit als möglich zu vermeiden ist, werden typischerweise die Duplex-Sonografie und die MR-Phlebografie eingesetzt. In den letzten Jahren entstanden neben der zunehmend klinischen Evidenz auch Studiendaten, die nahelegen, dass die MRT für die Abbildung möglicherweise bestehender intrapelviner Varizen gut geeignet ist. Die MR-Phlebografie ermöglicht ohne Strahlenexposition – genauso wie die Katheter-basierte Phlebografie – die zeitaufgelöste Darstellung der venösen Durchblutungsdynamik im Abdomen und Becken [9] [13]. Auch der Abstrom nach zentral (Venae ovaricae, Venae femorales) und die „Femoralis-Crosse“ werden gleichzeitig dargestellt [9]. Die diagnostischen Kriterien sind [14]:

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Abb. 1 Frühe Phase einer kontrastmittelverstärkten MR-Angiografie einer Patientin mit PCS und Ovarialveneninsuffizienz links. Arterien, Pfortader und – bedingt durch den Abstrom des Blutes aus der linken Nierenvene – die linke Vena ovarica sind kontrastiert. Deutliche Erweiterung (12 mm) und Elongation der linken Vena ovarica, medial davon ist zusätzlich ein verzweigtes venöses Kollateralsystem mit Kontakt zu lumbalen Venen zu erkennen. In späteren KM-Phasen kommt das Ausmaß der Stauung der parapelvinen Venenplexus zur Darstellung.
  1. Nachweis von mehr als vier gewunden verlaufenden, unmittelbar parametran gelegenen Venen mit Durchmessern über 4 mm

  2. Erweiterung des Durchmessers der Vena ovarica – meist linksseitig – auf über 8 mm

  3. Füllung der rechtsseitigen parametranen Venen aus der linken Vena ovarica in der dynamischen MR-Phlebografie.

Mit der transvaginalen Duplexsonografie gelingt der Nachweis des Refluxes in die Ovarialvenen und die massive Erweiterung der parametranen Venen beim Hinstellen. Genau dieser Befund zeigt die häufigste Ursache für das PCS. Diese Methode setzt beim Untersucher nicht nur eine große Erfahrung, sondern auch Einfühlsamkeit und technische Kenntnisse voraus und wird – trotz der hohen Validität – kaum eingesetzt.

Für die MR-Phlebografie wird eine Körperoberflächenspule verwendet, mit der ein ausreichend großes Field-of-View möglich ist – dieses muss vom Oberrand der linken Niere bis zum mittleren Oberschenkeldrittel reichen. So können nicht nur die Ovarialvenen mit deren Kollateralsystemen dargestellt werden, sondern auch die bilateralen parametranen Venen, die Verbindungen zum Iliaca-interna-System und erweiterte Venen der Scheidenregion und am proximalen Oberschenkel. Die dynamische Darstellung mit Kontrastmittel (KM) und die Beurteilung all dieser Regionen sind für die Festlegung einer suffizienten interventionellen Therapiestrategie von großer Bedeutung. Zum Einsatz kommen subtrahierte T1-gewichtete dreidimensionale Gradientenechosequenzen mit Fettsuppression mit einer räumlichen Auflösung von 1,5–2 mm in allen drei Raumrichtungen. Die zeitliche Auflösung sollte zwischen 10 und 15 Sekunden liegen. Bei einer Gesamtmesszeit von ca. 5 Minuten und jeweils etwa 5 Sekunden Pause zum Atmen zwischen den einzelnen Atemstopps zur Messung werden so ungefähr 15 KM-Phasen akquiriert. Die intravenöse KM-Applikation (2 ml/s) erfolgt in der Ellenbeuge und mit einem Delay, das einen initialen nativen Datensatz erlaubt. Von der Durchführung von Valsalva-Manövern ist aufgrund der meist deutlich reduzierten Bildqualität abzusehen. Von großer Bedeutung sind bei den meisten Patientinnen die frühen KM-Phasen, in denen der Nachweis des KM-Abstrom aus der früh gefüllten Nierenvene nach kaudal in die Vena ovarica – häufig mit bereits erweiterten Kollateralen – gelingt. Die anschließenden Phasen zeigen die gestauten parametranen Venenkonvolute und potenzielle hämodynamisch relevante Kurzschlussverbindungen zum Iliaca-interna-System. Zur Evaluation der in diesen Spätphasen nachweisbaren Pathologien lohnt häufig die Subtraktion der frühen KM-Phasen von den späten KM-Phasen, um die Beckenvenen ohne das arterielle Gefäßsystem darzustellen. So werden KM-Übertritte, z.B. aus den parametranen Venen in das Iliaca-Interna-System besser detektierbar. Für die genauere Beschreibung der Befunde bei Verdacht auf PCS wurden verschiedene Scoring-Systeme zur Standardisierung der Diagnostik vorgeschlagen, diese sind aktuell noch nicht ausreichend validiert und werden deswegen nicht allgemein angewandt [13].

Pathophysiologisch müssen vier Gruppen von Mechanismen unterschieden werden, die zu einem PCS führen können. Die wohl häufigste Ursache für die Dilatation der pelvinen Venen stellen (1) die postpartalen Klappeninsuffizienzen der ovarialen Venen dar – insbesondere aufgrund der Dilatation der Venen um das bis zu 60-fache in der Schwangerschaft. Auch wenn eine irreversible dilatierende Wirkung von Progesteron auf die Venenwand in dieser Zeit vermutet wird, ist die Pathophysiologie dieses sogenannten primären PCS noch nicht ausreichend verstanden [13]. Gelegentlich entstehen ähnliche intrapelvine Venenmorphologien bei Insuffizienzen der internen Beckenvenen (2) mit Kommunikation zur Krosse (sapheno-femorale Verbindung), die bei einer Varikose der Beinvenen auftreten kann. Daneben gibt es Kompressionssyndrome (3) wie das May-Thurner- und das Nutcracker-Syndrom, die ebenfalls sekundär zu einer Erweiterung der Ovarial- und Beckenvenen führen können. Aufgrund der Genese und daher unterschiedlichen Therapie müssen diese genauso vom primären PCS unterschieden werden wie vermehrter pelviner Blutfluss (4) durch AV-Fisteln oder andere Gefäßmalformationen und -missbildungen [11].

Die anatomische Variabilität der venösen Gefäßsysteme im Becken kann die nichtinvasive Diagnostik der Beckenvenen erschweren. Komplizierend können sich auch die unterschiedlich langen klinischen Verläufe vom Auftreten erster Symptome bis zur Diagnosestellung der Erkrankung auswirken, speziell wenn in der Zwischenzeit durch eine Schwangerschaft das venöse System des Beckens vor weitere Herausforderungen gestellt wird. Dementsprechend können Ausmaß und Schweregrade der venösen Insuffizienzen sehr unterschiedlich sein. Die Ausdehnung der bildmorphologisch fassbaren Befunde korreliert dabei nicht immer mit den wahrgenommenen Beschwerden. Bei Hinweisen auf komplexere venöse Veränderungen, die nicht-invasiv nicht hinreichend zu beurteilen sind, ist die präinterventionelle Diagnostik durch die invasive Beckenvenenphlebografie mit Darstellung aller Systeme zu ergänzen. Diese sollte in gleicher Sitzung wie die interventionelle Therapie stattfinden.


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Therapie

Nach dem Ausschluss anderer somatischer Ursachen steht am Anfang der Therapie – auch wenn die Diagnose eines PCS noch nicht gestellt ist – immer ein konservativer Versuch mit NSAIDs, Medroxyprogesteronacetat oder Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)-Agonisten [15]. Diese somatische Behandlung sollte bei den meist chronischen Schmerzpatientinnen von einer psychosomatischen Therapie begleitet werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Beschwerden innerhalb von Monaten auch ohne spezifische Therapie sistieren können [7].

Führt die konservative Therapie nicht zu einer ausreichenden und langfristigen Besserung der Beschwerden und wird die Diagnose eines PCS bestätigt, dann ist die Katheter-basierte interventionelle Therapie indiziert. Bereits vor mehr als 20 Jahren konnte gezeigt werden, dass für das primäre PCS die Embolisation der varikösen Gefäße einer operativen Versorgung mit Hysterektomie und ein- oder beidseitiger Ovarektomie im Hinblick auf die Besserung der Symptomatik überlegen ist und gleichzeitig eine geringere Komplikationsrate aufweist [16]. Diese Ergebnisse konnten auch in aktuelleren Arbeiten im Vergleich zur laparoskopischen Resektion der V. ovarica bestätigt werden [17]. Insgesamt liegen für alle Therapieformen des PCS aktuell nur eingeschränkte und schlecht vergleichbare Studienergebnisse vor [13]. Dies muss in einem persönlichen Aufklärungsgespräch mit den Patientinnen ausführlich diskutiert werden. Aufgrund der chronischen Beschwerden der Patientinnen mit vielfachen und evtl. nicht positiv erinnerten Arztkontakten sollten diese Gespräche von erfahrenen interventionell tätigen Radiolog*innen geführt werden.


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Kernpunkte der interventionellen Therapie beim PCS

Das wesentliche Ziel der Beckenvenenembolisation (Pelvic Vein Embolization, PVE) ist es, den pathologischen Fluss in den Ovarial- und Beckenvenen aber auch in dadurch verursachten Varizen zu beseitigen. Dies geschieht durch Verschluss der entsprechenden Venen.

Nach Versagen der konservativen Therapie und Planung der Intervention durch die vor Ort üblichen Methoden (zumeist transvaginaler Ultraschall und/oder MRT mit MR-Phlebografie [7]) wird falls erforderlich zunächst die diagnostische Phlebografie der Ovarial- und Beckenvenen auf beiden Seiten mit und ohne Funktionstests durchgeführt. Auf der Basis der Ergebnisse aller dann vorliegender Erkenntnisse schließt sich in gleicher Sitzung die Embolisation der entsprechenden Venen (PVE) an. Aktuell wird heute in Deutschland diese Intervention zumeist noch über einen transfemoralen Zugang durchgeführt. Aus Sicht des Komforts für die Patientinnen und des Strahlenschutzes für die Durchführenden sollte in Zukunft ein rechts transjugulärer Zugang oder auch ein transbrachialer favorisiert werden. Wie bei allen Patientinnen zur Behandlung mit interventionellen Prozeduren in der Radiologie soll auch der Versorgung von Patientinnen mit PVS das CIRSE Clinical Practice Manual zugrunde gelegt werden [18]. Um eine einheitliche, hohe Behandlungsqualität zu gewährleisten, sollte die Therapie von erfahrenen und bestenfalls zertifizierten Interventionalistinnen und Interventionalisten (DeGIR, EBIR) mit ausreichender Erfahrung in der Behandlung von Patientinnen mit PCS durchgeführt werden. Nach informierter Einwilligung der Patientin sollte neben der Teilnahme am DeGIR-Register für Interventionen auch die Dokumentation in der im Aufbau befindlichen PCS-Registerstudie der DeGIR erfolgen.

Nach Schaffung steriler Kautelen und Lokalanästhesie wird die gewählte Vene, eventuell nach Erweiterung durch vermehrte Blutfüllung bei entsprechender Körperlagerung, unter Ultraschallkontrolle punktiert und eine Gefäßschleuse (4–5F) eingebracht. Als Richtschnur für die Vorbereitung und Durchführung der Punktion können die Practice Guidelines for Central Venous Access der American Society of Anesthesiologists [19] dienen.

Nach der Komplettierung der invasiven Diagnostik (siehe oben) wird beim klassischen PCS mit Reflux von venösem Blut in die linke Vena ovarica dieses Gefäß, z.B. mit einem Vertebralis-Katheter, sondiert und phlebografisch evtl. auch unter Valsalva-Manöver dargestellt. Anschließend wird diese nach distal hin sondiert und gegebenenfalls unter Verwendung eines Mikrokatheters direkt von peripher nach zentral verschlossen oder zuerst möglicherweise bestehende Varizen, z.B. zu den Labien, ebenfalls sondiert und selektiv verschlossen. Ein primärer Verschluss der Vena ovarica dextra erfolgt nur bei eindeutiger rechtsseitiger Varikose [20]. Es ist notwendig, dass alle pathologisch veränderten Venen verschlossen werden aber gleichzeitig genug venöser Abstrom nach zentral verbleibt. Deswegen sollte im Zweifelsfall eher zurückhaltend embolisiert und nur bei fortbestehenden Beschwerden weitere Gefäße in einer zweiten Sitzung behandelt werden. Insbesondere im Abstromgebiet der Vena iliaca interna muss mit Kollateralen zur Vena iliaca communis oder auch zur Vena femoralis gerechnet werden. Ein versehentlicher Verschluss dieser Venen muss aufgrund der daraus folgenden schwerwiegenden und kaum behandelbaren Komplikationen unbedingt vermieden werden.

In den vergangenen Jahren wurden für den Verschluss der Vena ovarica häufig weiche lange Metallspiralen (Coils) eingesetzt ([Abb. 2]). Inzwischen und abhängig von der Erfahrung der Interventionalist*innen werden für die venöse Embolisation neben Coils auch zunehmend gefäßwandaktive/sklerosierende, meist geschäumte Flüssigkeiten eingesetzt [13]. Bei Coils ist zu beachten, dass die aus dem arteriellen System bekannten Standardcoils eine deutlich höhere Aufstellkraft besitzen und deswegen in Einzelfällen – speziell bei zu stark überdimensioniertem Durchmesser – zu Perforationen führen können [21]. Deswegen sollten trotz des höheren Preises sog. Volumen-Coils zum Einsatz kommen, die eine deutlich geringere Radialkraft besitzen und eine deutlich lockerere Packung erlauben. Um eine Dislokation unter Umständen bis in die Pulmonalarterien zu vermeiden, müssen die Coils zum einen ausreichend groß gewählt werden und zum anderen sollten ablösbare Coils bevorzugt werden. Unabhängig vom verwendeten Coil ist die Rate von Coil-Dislokationen mit ca. 1,4% niedrig (meist unterdimensionierte Coils), insbesondere wenn man berücksichtigt, dass nur etwa die Hälfte der dislozierten Coils an Stellen zu liegen kommen, aus denen sie mittels Snare o.ä. geborgen werden müssen [22]. Bei sklerosierenden Flüssigkeiten kommt es häufiger zu Schmerzen und einem Postembolisationssyndrom als bei Coils [22]. Zur Anwendung kommen Macrogollaurylether (z.B. Polidocanol oder Lauromacrogol), diese können mit einem zusätzlichen Lokalanästhetikum gemischt werden. Zu beachten ist hierbei die mit dem Valsalva-Manöver der Patientin zu koordinierende Applikation des Sklerosans, um nicht korrigierbare Fehlembolisationen zu vermeiden. Aufgrund des deutlich kürzeren Eingriffs mit reduzierter Strahlenexposition und ökonomischer Vorteile setzt sich die Anwendung von Schaum zur Embolisation immer mehr durch ([Abb. 3]). In der aktuellen Diskussion wird für langstreckige venöse Verschlüsse der Applikation von geschäumten Sklerosanzien, ergänzt durch einzelne kürzere Coils am Anfang und am Ende der Embolisationsstrecke der Vorzug gegeben ([Abb. 4]). Dies ist auch für den Verschluss von Kollateralsystemen möglich. Vascular-Plugs, Kopolymere und Gewebekleber spielen in der Versorgung des PCS heute keine Rolle mehr, denn die raumfordernde Wirkung der gestauten Venen wird als eine wesentliche Ursache für die Entstehung der Symptome der Patientinnen vermutet. Diese Raumforderung bleibt als starres Gebilde bestehen, wenn die Venen durch Ausgießen mit einem erstarrenden Cast oder durch große steife Plugs verschlossen werden. Unabhängig vom gewählten Verfahren ist es wichtig, nicht nur die primär insuffiziente Vene vollständig zu verschließen, sondern auch die kommunizierenden Kollateralsysteme zu erreichen, um das Rezidivrisiko möglichst klein zu halten.

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Abb. 2 Coilverschluss der Vena ovarica links und kommunizierender Kollateralsysteme, hier mit langen weichen Volumencoils. Im Gegensatz zum arteriellen System gelingt auch mit lockerer Packung der Metallspiralen der langfristige und vollständige Verschluss der behandelten Venen. Kürzere und zu stark überdimensionierte Spiralen erhöhen das Risiko einer Perforation der Venenwand.
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Abb. 3 Spastische Venen nach Applikation von 5 ml aufgeschäumtem Sklerosans, hergestellt mit 2%igem Polidocanol. Aufgrund der schnellen Reaktion der Gefäßwand mit dem sklerosierenden Agens kommt es unmittelbar nach Applikation zum Verschluss der Venen. Am distalen Ende der Embolisationsstrecke können zur Risikoreduktion einer Fehlembolisation von Flüssigkeiten kurze weiche Coils zur Flussreduktion eingesetzt werden. Am proximalen Ende der Embolisationsstrecke können Coils die Wahrscheinlichkeit von Rezidiven durch Rückstrom in die Mündungsregion der Vene mit Ausbildung neuer Kollateralen reduzieren.
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Abb. 4 Verschluss der Mündung der linken Vena ovarica mit einem Tornado-Coil unmittelbar proximal des langstreckigen Verschlusses der weiter distal gelegenen Vena ovarica mit Alkoholschaum (nicht abgrenzbar). Lateral davon kontrastierter Ureter fissus.

Nach Ende der Behandlung wird die Schleuse entfernt und eine sanfte manuelle Kompression bis zur sicheren Blutstille durchgeführt. Auf einen vom arteriellen System bekannten Druckverband kann verzichtet werden, nach transfemoralem Zugang ist aber zunächst Bettruhe einzuhalten.

Falls die Patientin nach der Embolisation über ein pelvines Druckgefühl oder Schmerzen im Becken berichtet, werden diese kurzfristig mit NSAID behandelt. Solche Symptome sind in einer Analyse von 2038 Frauen mit unter 4% die häufigsten Komplikationen dieser Intervention [22] und verschwinden innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen.


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Nachsorge und Prognose

Auch wenn in Deutschland die Nachsorge vieler Patient*innen meist durch die Zuweisenden erfolgt, sind im Verlauf auch Konsultationen der Behandelnden erforderlich. In der Literatur wird die interventionell-radiologische Nachsorge 4–6 Wochen nach dem Eingriff empfohlen [18]. Hierbei wird das Behandlungsergebnis überprüft und bei Beschwerdepersistenz kann eine eventuell notwendige erneute PVE besprochen werden.

In einer Cochrane-Analyse aus 13 randomisiert-kontrollieren Studien konnten Cheong et al. 2014 zeigen, dass bei Patientinnen mit chronischem Unterbauchschmerz und ausgeschlossener Endometriose oder akuter Entzündung mit einer nicht-chirurgischen Therapie mit Progesteron eine für 9 Monate anhaltende Schmerzreduktion um bis zu 50% erreicht werden konnte [23].

Eine weitere Cochrane-Analyse zur chirurgischen Therapie des chronischen Beckenschmerzes von Leonhardi et al. im Jahr 2021 ergab eine allenfalls geringe Evidenz für eine Verbesserung der Symptome [24]. Ähnliche Ergebnisse fanden sich auch für die Ablation der Beckennerven [25].

Eine Metaanalyse zur PVE von Champaneria et al. aus dem Jahr 2016 ergab, dass in den betrachteten Studien 75% der Frauen eine moderate bis exzellente Verbesserung der Symptome und insbesondere der Schmerzen nach PVE berichteten. Bei 2,2–11% der Frauen kam es hingegen nur zu einer geringen Verbesserung oder keiner Änderung der Symptome [13]. Zusätzlich konnten Kashef et al. in ihrer Studie aus dem Jahr 2023 zeigen, dass bei PVE im Rahmen eines PCS technische Erfolgsraten von 96–100% und klinische Erfolgsraten von 70–90% im Follow-up von bis zu über drei Jahren erreicht werden [26]. In einer Metaanalyse von 1466 Patientinnen wurde eine Rezidivrate nach Embolisation von 8% gefunden, die bei 4% der Frauen zu einem zweiten Embolisationseingriff führte [22].

Für das PCS ist die interventionelle Therapie das erfolgversprechendste, am wenigsten invasive und komplikationsärmste Verfahren, das derzeit zur Verfügung steht. Aber auch nach dieser Behandlung werden nicht alle Frauen vollständig beschwerdefrei – dieser Umstand muss bereits bei der ersten Aufklärung mit den Frauen besprochen werden. Es gibt unterschiedliche Gründe, die für weniger erfolgreiche Behandlungen in Frage kommen:

  1. Bei der Diagnostik und während der Intervention werden nicht alle die Beschwerden verursachenden Pathologien entdeckt. Nach der PVE sollten aber die wesentlichen Befunde behandelt sein, sodass in solchen Fällen die klinischen Symptome deutlich rückläufig sein werden. Wenn die Patientin nach sechs Monaten nach der Intervention weiterhin keine ausreichende Besserung empfindet, sollte die Diagnostik wiederholt werden und abhängig von den erhobenen Befunden eine neue Therapieentscheidung getroffen werden. Dies betrifft häufig Kollateralen im kleinen Becken.

  2. Trotz suffizienter Therapie und initialer Symptombeseitigung entwickeln sich nach längerer Zeit neue Beschwerden. Ursache hierfür sind meist in der initialen Diagnostik noch nicht wahrnehmbare venöse Insuffizienzen, die nach Behandlung des Hauptbefundes in den Vordergrund treten oder neue Varizen, die sich mit und ohne erneute Schwangerschaft entwickeln können. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Entwicklung einer insuffizienten Vena ovarica rechts nach erfolgreicher PVE der initial isoliert insuffizienten Vena ovarica links. Auch hier erfolgt nach erneuter nicht-invasiver Diagnostik die interventionelle Therapie.

  3. Mit der langstreckigen PVE – typischerweise der linken Vena ovarica – in Kombination von Coils und Sklerosanzien sollten alle Zugänge zu vorhandenen Kollateralsystemen, z.B. nach paralumbal oder pelvin, verschlossen werden. Gelingt das im ersten Eingriff nicht, können sich auf der Basis dann neu entstehender, ektatischer venöser Kollateralsysteme wieder ähnliche Beschwerden entwickeln, die nach dem Ersteingriff verschwunden waren. In solchen Fällen kann das Erreichen der pathologischen Venen mit interventionellen Verfahren deutlich erschwert sein. Deshalb sollte bereits die erste Intervention in Bezug auf Kollateralsysteme nicht zu zurückhaltend ausgeführt werden.

  4. Bei sehr langen Verläufen vor Diagnosestellung leiden die Patientinnen unter Umständen über Jahre unter chronischen (Becken-) Schmerzen. Hierbei kann es zur Verselbstständigung der Schmerzwahrnehmung kommen, die sich zunehmend von der ursächlich somatischen Schmerzursache entkoppelt. Das Nervensystem kann ein „Schmerzgedächtnis“ entwickeln und selbst kleinste und von dem ursprünglichen Verursacher unabhängige Auslöser können zu heftigsten Beschwerden führen. Auch allein die Angst vor erneut auftretenden Schmerzen kann solche Prozesse hervorrufen oder verstärken. In solchen Fällen führt nach interventioneller Behandlung der ursächlichen Störung nur eine – evtl. langfristige – Psychotherapie zur Unterbrechung der „Eigendynamik“ der Schmerzkaskaden und zu einer Schmerzlinderung.

Aufgrund der bei Patientinnen mit chronischem Beckenschmerz und PCS häufig lange bestehenden Beschwerden empfiehlt es sich, bereits bei der ersten Aufklärung auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass mit ergänzenden Embolisationen eine weitere Beschwerdebesserung erreicht werden kann. Vor einer weiteren Intervention ist unbedingt der supportive Nutzen einer Psychotherapie zu bedenken, die – falls noch nicht erfolgt – interdisziplinär besprochen und gegebenenfalls den Frauen in einer solchen Situation empfohlen werden sollte.


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Ausblick

Bisher liegen keine randomisierten Studien mit großen Patientinnenzahlen zur Therapie des PCS vor, auch nicht zur PVE. Die zunehmende Bekanntheit und Wahrnehmung dieser Erkrankungsgruppe erhöhen die Möglichkeit solche prospektiv randomisierten Studien aufzulegen. Unabhängig davon sollte immer die Dokumentation jedes einzelnen Eingriffs zur Auswertung in der Interventionsdatenbank der DeGIR erfolgen.

Die vorliegende umfangreiche wissenschaftliche Literatur, die AWMF-Leitlinie zum chronischen Beckenschmerz der Frau und die Erfahrungen deutscher DeGIR-Zentren ermöglichten die Erstellung dieser Leitlinie. So ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der interdisziplinären Patientenversorgung getan und Patientinnen und deren Hausärzte, sowie andere mit dem chronischen Beckenschmerz der Frau beschäftigte Fachdisziplinen können nun darauf zurückgreifen. Wir erhoffen uns eine Verbesserung des Managements der Erkrankung, insbesondere die frühere diagnostische Abklärung im Symptomverlauf und die weitere Standardisierung von Diagnostik und Therapie.

Auf der Basis der vorliegenden Publikation und nach einer aktuellen Umfrage unter interventionell tätigen Radiologinnen und Radiologen wird in der DeGIR derzeit am Aufbau einer deutschlandweiten Registerdatenbank zum PCS gearbeitet, die die speziellen Herausforderungen der Erkrankungen der Beckenvenen berücksichtigt. Darin werden Einzelheiten zur interdisziplinären Diagnostik, zur präinterventionellen Bildgebung, zur interventionellen Therapie und insbesondere zu technischen Erfolgsraten und zur Langzeitprognose erhoben. Ziel ist es, die Wissensbasis zum besprochenen Krankheitsbild weiter zu erhöhen, um die bekannten Fakten mit den Erfahrungen vieler interdisziplinär arbeitender Therapiezentren zu erweitern. So können die Ergebnisse der einzelnen auf diesem Gebiet bereits interventionell tätigen Gruppen anhand externer Daten validiert werden. Auch europaweit bestehen Bestrebungen, solche Register zu etablieren. Wir erhoffen uns eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität unserer Patientinnen.

Nach PVE ist eine intensive Kommunikation der Ergebnisse sowohl mit den Patientinnen als auch mit den Zuweisenden wichtig. Dabei muss auch die evtl. noch erforderliche, weitere psychotherapeutische Behandlung berücksichtigt werden. Wir empfehlen die weitere Nachsorge zusätzlich zu dem Termin nach 6 Wochen auch nach 6 Monaten und einem Jahr durchzuführen – dies dient der optimierten Betreuung und der besseren Patientinnenbindung. Generell (und im Besonderen für die Betroffenen bei chronischen Beckenschmerzen) sollte die interventionelle Radiologie sowohl für Zuweisende als auch für die Patientinnen in der Vorbereitung und der Nachsorge von Eingriffen eine erhöhte Sichtbarkeit anstreben. Dies gelingt am besten durch den Aufbau eigener interventionell-radiologischer Ambulanzen und einer erhöhten und verbesserten „digitalen“ Wahrnehmbarkeit.


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Abkürzungen

CT: Computertomografie
DeGIR: Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie
DSA: Digitale Subtraktionsangiografie
EBIR: European Board for Interventional Radiology
KM: Kontrastmittel
MRT: Magnetresonanztomografie
NSAID: „non-steroidal anti-inflammatory drug“, nichtsteroidale Schmerzmittel
PCS: pelvic congestion syndrome, syn. Beckenvenen- (stauungs-) Syndrom
PVD: pelvic venous disorder, syn. Beckenvenenerkrankung
PVI: pelvic venous insufficiency
PVE: pelvic vein embolization, syn. Beckenvenenembolisation


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Danksagung

In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR). Die Autoren danken folgenden Personen für die Unterstützung und die Mitarbeit an der Erstellung dieser Leitlinie: Cornelia Dewald, Gerd Grözinger, Natascha Platz-Batista-da-Silva, Boris Radeleff, Frank Wacker, Claudia Widlöcher.

  • References

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Correspondence

Prof. Dr. med. Nasreddin Abolmaali
Institute for Diagnostic and Interventional Radiology, Klinikum Bielefeld gemGmbH
Bielefeld
Germany   

Publication History

Received: 13 July 2024

Accepted after revision: 02 October 2024

Article published online:
20 November 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany

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Fig. 1 Early phase of contrast-enhanced MR angiography of a patient with PCS and left ovarian vein insufficiency. Contrast enhancement of the arteries, the portal vein, and – depending on the outflow of the blood from the left renal vein – the left ovarian vein can be seen. Significant dilation (12 mm) and elongation of the left ovarian vein; medial therefrom a branched venous collateral system with contact to the lumbar veins can also be seen. In later contrast phases, the extent of the congestion of the parapelvic venous plexus can be seen.
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Fig. 2 Coil occlusion of the left ovarian vein and communicating collateral systems. Long soft volume coils are used here. In contrast to the arterial system, long-term complete occlusion of the treated veins can also be achieved with loose packing of the coils. Shorter and oversized coils increase the risk of perforation of the venous wall.
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Fig. 3 Vascular spasms after application of 5 ml of a foaming sclerosing agent made with 2% polidocanol. Due to the quick reaction of the vascular wall to the sclerosing agent, the veins are occluded immediately after application. Short soft coils can be used at the distal end of the embolization area for flow reduction to reduce the risk of unintended embolization of fluids. Coils at the proximal end of the embolization area can reduce the probability of recurrence due to reflux into the mouth of the vein resulting in the formation of new collaterals.
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Fig. 4 Occlusion of the mouth of the left ovarian vein with a tornado coil immediately proximal to the occlusion of a long stretch of the distal ovarian vein with alcohol foam (not able to be shown). Bifid ureter with contrast enhancement lateral thereto.
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Abb. 1 Frühe Phase einer kontrastmittelverstärkten MR-Angiografie einer Patientin mit PCS und Ovarialveneninsuffizienz links. Arterien, Pfortader und – bedingt durch den Abstrom des Blutes aus der linken Nierenvene – die linke Vena ovarica sind kontrastiert. Deutliche Erweiterung (12 mm) und Elongation der linken Vena ovarica, medial davon ist zusätzlich ein verzweigtes venöses Kollateralsystem mit Kontakt zu lumbalen Venen zu erkennen. In späteren KM-Phasen kommt das Ausmaß der Stauung der parapelvinen Venenplexus zur Darstellung.
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Abb. 2 Coilverschluss der Vena ovarica links und kommunizierender Kollateralsysteme, hier mit langen weichen Volumencoils. Im Gegensatz zum arteriellen System gelingt auch mit lockerer Packung der Metallspiralen der langfristige und vollständige Verschluss der behandelten Venen. Kürzere und zu stark überdimensionierte Spiralen erhöhen das Risiko einer Perforation der Venenwand.
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Abb. 3 Spastische Venen nach Applikation von 5 ml aufgeschäumtem Sklerosans, hergestellt mit 2%igem Polidocanol. Aufgrund der schnellen Reaktion der Gefäßwand mit dem sklerosierenden Agens kommt es unmittelbar nach Applikation zum Verschluss der Venen. Am distalen Ende der Embolisationsstrecke können zur Risikoreduktion einer Fehlembolisation von Flüssigkeiten kurze weiche Coils zur Flussreduktion eingesetzt werden. Am proximalen Ende der Embolisationsstrecke können Coils die Wahrscheinlichkeit von Rezidiven durch Rückstrom in die Mündungsregion der Vene mit Ausbildung neuer Kollateralen reduzieren.
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Abb. 4 Verschluss der Mündung der linken Vena ovarica mit einem Tornado-Coil unmittelbar proximal des langstreckigen Verschlusses der weiter distal gelegenen Vena ovarica mit Alkoholschaum (nicht abgrenzbar). Lateral davon kontrastierter Ureter fissus.