JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2025; 14(01): 45
DOI: 10.1055/a-2461-2416
BHK-Mitteilungen
Mitteilungen für die Mitglieder des Bundesverband Häusliche Kinderkrankenpflege e. V.

Krankenhausstrukturreform – Auswirkung für Kinderkliniken und die nachfolgende außerklinische Versorgung von Kindern

Corinne Ruser
,
Sven Armbrust

Die Kinder- und Jugendmedizin ist eines der größten Fachgebiete der Medizin. Über viele Jahre war die gute dreijährige Ausbildung zur Kinderkrankenschwester bzw. ab und an auch zum Kinderkrankenpfleger als Lehrstelle sehr gefragt, und es gab einen hohen Anteil an Abiturienten, die sich für diese Ausbildung entschieden haben.

In der nun generalistischen Ausbildung zur Pflegefachkraft betragen die Inhalte der Kinderkrankenpflege kaum mehr ein Drittel. Die Vertiefung in der Kinderkrankenpflege kann zwar im 3. Ausbildungsjahr angeboten werden, es besteht aber leider seitens sehr vieler Krankenpflegeschulen kein Interesse, hier einen spezifischen Ausbildungszweig aufzubauen.

Dies bedeutet, dass nachrückendes Personal zunächst über einen längeren Zeitraum von 1–2 Jahren nachqualifiziert werden muss. Bereits jetzt fehlen in Deutschland im Bereich der Neonatologie und pädiatrischen Intensivpflege über 2500 Pflegekräfte, Tendenz weiterhin steigend. Die ministerielle Einschätzung, dass eine Zentralisierung zu einer Verbesserung der pflegerischen Struktur führen würde, ist in jeder Hinsicht eine Fehleinschätzung, da durch die Personaluntergrenzen die Versorgungsstruktur klar geklärt ist und ein theoretisches Mehr an Pflegepersonal durch das Mehr an Patienten zu einer bleibenden Pattsituation führt.

Die Mindestmengenregelung wird eine Konzentration der Kliniken zur Folge haben. Viele kleinere Pädiatrien werden damit schließen. Dies kann kurzfristig durch ein geringfügig erhöhtes Personalangebot an ausgewählten Fachkräften zu einer Verbesserung der Personalsituation in der ambulanten Kinderpflege führen; mittelfristig aber wird der Mangel an qualifiziertem Personal auch hier zunehmen.

Deutschlandweit betreut ein Level-1-Zentrum für Neonatologie meist auch die Betten in der pädiatrischen Intensivpflege. Die Strukturqualität hierfür ist klar vorgegeben und beinhaltet die entsprechenden Pflegepersonaluntergrenzen, den ärztlichen Schichtdienst etc. Seit 2023 werden in Deutschland flächendeckend Level-1-Neonatologien geschlossen. Viele Kliniken entscheiden sich wegen der Kosten gegen Level 2 und etablieren ein Level-3-Zentrum mit deutlicher Reduktion der Strukturqualität vor allem auch in den Bereichen des ärztlichen Dienstes und der Pflege. Dies wird nachfolgend dazu führen, dass z. B. häuslich beatmete Kinder dort nicht mehr versorgt werden können. Somit geht mittelfristig die Expertise für diese Patienten verloren, und komplex kranke Patienten, die in einem ambulanten bzw. häuslichen Setting versorgt werden, haben mittelfristig auch in der Region oder darüber hinaus keinen festen Ansprechpartner mehr. Gleichzeitig werden in den wenigen verbleibenden Zentren nicht so viele Betten aufgebaut werden, dass diese Kinder jederzeit versorgt werden können, und es wird zu relevanten Versorgungsengpässen kommen. Zusätzlich werden die Wege dadurch in Zukunft deutlich länger, mit all den damit verbundenen Problemen. Langfristig wird altersbedingt auch die Expertise der erfahrenen Kinderkrankenschwestern und -pfleger in der häuslichen Kinder(intensiv)pflege verschwinden, da das lokal ausgebildete Pflegepersonal nicht mehr über die entsprechende Erfahrung verfügt. Entsprechend erfahrenes Fachpersonal auch in die ländlichen Räume zu bringen, stellt sich bereits heute als schwierig dar.

Die Einführung von sogenannten tagesklinischen DRGs ermöglicht es zwar, bestimmte Leistungen, die in den Kliniken erbracht werden, darzustellen, jedoch führt der Druck, auch komplex kranke Kinder in dieses Schema hineinpressen zu müssen, dazu, dass diese Kinder sehr schnell entlassen werden.

Insgesamt ist zu befürchten, dass sich die fachliche Expertise für Kinder, die sich in der häuslichen ambulanten (Intensiv-)Pflege befinden, zunehmend ausdünnen wird. Auch die verlässlichen Ansprechpartner in der näheren Region werden sich reduzieren, was dazu führt, dass die Qualität der Versorgung gefährdet ist. Im schlimmsten Fall werden diese Kinder in Erwachsenenkliniken untergebracht, wo sie nicht die spezialisierte Betreuung erhalten, die sie benötigen. Diese Entwicklung ist nicht nur ein Rückschritt in der pädiatrischen Versorgung, sondern gefährdet auch das, was über Jahrzehnte hinweg mühsam aufgebaut wurde. Es ist besorgniserregend, dass wir möglicherweise in eine Zeit zurückkehren, in der die besonderen Bedürfnisse von Kindern in der Gesundheitsversorgung nicht ausreichend berücksichtigt werden.

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Redaktion BHK-Mitteilung: Corinne Ruser

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Verantwortlich für den Inhalt zeichnet der Vorstand des BHK e. V.,

i. A. Corinne Ruser.



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Article published online:
05 February 2025

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