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DOI: 10.1055/a-2503-0120
Kommentar

Nach ihrer klinischen Einführung in den 1980er-Jahren fand die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) zur nicht-invasiven Behandlung der Urolithiasis zunächst weite Verbreitung. Aufgrund verschiedenster Faktoren, wie zum Beispiel einer deutlichen Zunahme symptomatischer Harnleitersteine und der stetigen Weiterentwicklung und Verbesserung endourologischer Operationstechniken, hat sie in den letzten Jahren jedoch einen erheblichen Rückgang erfahren und rangiert als primäre Therapieoption mit ihren Behandlungszahlen mittlerweile weit hinter der Ureterorenoskopie (URS) und der perkutanen Nephrolitholapaxie (PCNL) [1].
Die ESWL könnte durch die Innovation der sogenannten Burst Wave Lithotripsy oder Brake Wave Lithotripsy (BWL) zukünftig aber wieder einen Aufschwung erfahren. Bei der ultraschallgesteuerten Technologie der BWL erzeugen piezoelektrisch fokussierte Ultraschallwandler sinusoidale Pulswellen, die im Stein akkumulieren und zu einer raschen Fragmentierung führen.
Die nordamerikanische prospektive, multizentrische, klinische Studie von Chew et al. [2] untersuchte die BWL kürzlich erstmals an 44 Patientinnen und Patienten unter Verwendung des SonoMotion Geräts der Firma San Mateo, California und zeigt ihr innovatives Potenzial auf. Ein wesentlicher Vorteil der BWL-Technologie liegt darin, dass die Therapiesitzungen größtenteils gänzlich ohne oder nur mit minimaler Anästhesie erfolgen können. So erhielten in dieser Untersuchung immerhin die Hälfte der Patientinnen und Patienten während der Behandlung keinerlei Medikamente, ein Drittel (36%) eine leichte Analgesie, 5% eine Sedierung und nur 9% eine Vollnarkose. Die Möglichkeit, die BWL somit in einem ambulanten Setting durchzuführen, ist gerade in der aktuellen gesundheitspolitischen Situation von besonderer Relevanz und könnte Steinpatientinnen und -patienten einen schnelleren und einfacheren Zugang zu einer vielversprechenden Therapie ermöglichen. Die verhältnismäßig kurze Behandlungsdauer von 30 Minuten und das überschaubar notwendige Instrumentarium mit einem mobilen Ultraschallgerät erleichtern ebenfalls die Durchführung der Intervention in einem ambulanten Rahmen. Die Einsparung von Röntgendurchleuchtung bietet einen weiteren wichtigen Vorteil gegenüber der konventionellen ESWL, vor allem bei der Therapie des Harnsteinleidens bei Kindern.
In der Studie von Chew et al. [2] erreicht die BWL mit einer Steinfragmentierungsrate von 88% eine zufriedenstellende Effektivität. 70% der Patientinnen und Patienten hatten nach einer einzelnen Therapiesitzung Restkonkremente ≤4 mm, 51% hatten Restfragmente ≤2 mm und 49% waren komplett steinfrei. Auch das Sicherheitsprofil der BWL scheint gemäß dieser ersten größeren Untersuchung am Menschen günstig zu sein und der herkömmlichen ESWL keineswegs unterlegen zu sein [3]. So musste keine der Behandlungen vorzeitig abgebrochen werden und postoperativ traten ausschließlich leichtgradige und selbstlimitierende Komplikationen (Clavien Dindo Grad I) auf, die keine Rehospitalisierung erforderten.
Anzumerken ist jedoch, dass im Rahmen der Studie lediglich kleine Steine mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 6,1±1,5 mm und Patientinnen und Patienten mit einem Body-Mass-Index von 28±5 kg/m2 (Haut-Stein-Distanz 10,4±1,7 mm) behandelt wurden. Weitergehend lässt die Studie keine Aussage zu, wie effektiv proximale oder mittlere Harnleitersteine und Konkremente der oberen Kelchgruppe, bei denen die rein ultraschallgesteuerte Steinidentifikation deutlich erschwert sein kann, mit der BWL behandelt werden können. Somit bleibt trotz der vielversprechenden Ergebnisse abzuwarten, ob die BWL ihre Effektivität und Sicherheit auch in größeren Studien an heterogeneren Patientenkollektiven mit komplexeren Steinsituationen unter Beweis stellen kann.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
06. Februar 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Knoll T, Fritsche H-M, Rassweiler J. Aktuelle medizinische und ökonomische Aspekte der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie. Aktuel Urol 2011; 42: 363-367
- 2 Chew BH, Harper JD, Sur RL. et al. Break Wave Lithotripsy for Urolithiasis: Results of the First-in-Human International Multi-Institutional Clinical Trial. J Urol 2024; 212: 580-589
- 3 Tzelves L, Geraghty R, Mourmouris P. et al. Shockwave Lithotripsy Complications According to Modified Clavien-Dindo Grading System. A Systematic Review and Meta-regression Analysis in a Sample of 115 Randomized Controlled Trials. European Urology Focus 2022; 8: 1452-1460