Zusammenfassung
Einleitung
In Praxen der hausärztlichen Versorgung nehmen Ärzt*innen täglich soziale
Probleme bei ihren Patient*innen wahr. Ärzt*innen können diese Patient*innen
zu sozialen Angeboten verweisen, um deren Gesundheit zu verbessern und das
medizinische Versorgungssystem zu entlasten. Offene Fragen sind, wie sich
diese Vermittlungspraxis gestaltet und welche Verbesserungspotentiale
bestehen.
Methodik
Es wurde eine Online-Befragung hausärztlich tätiger Ärzt*innen (inkl.
Pädiater*innen) in Bremen mit 21 geschlossenen oder offenen Fragen
durchgeführt. Bei Daten aus geschlossenen Fragen wurde die
Häufigkeitsverteilung analysiert, offene Fragen wurden mittels qualitativer
Inhaltsanalyse kodiert und interpretiert.
Ergebnisse
Von den 580 hausärztlich tätigen Ärzt*innen in Bremen nahmen 45 (8%) an der
Befragung teil. Die überwiegende Mehrheit der Antwortenden fand die
Möglichkeit wichtig, Patient*innen an Unterstützungsangebote außerhalb des
medizinischen Versorgungssystems vermitteln zu können. Die Ärzt*innen
vermittelten im Median 10% von den Patient*innen weiter, bei denen sie einen
sozialen Unterstützungsbedarf feststellten. Die häufigsten Gründe nicht zu
vermitteln waren, kein passendes Angebot zu kennen, bzw. dass es dieses
nicht gab, und fehlende Zeit. Von den Ärzt*innen fühlten sich 33 (73%) stark
belastet, wenn sie nicht vermittelt konnten. Es erwarteten 34 (76%) einen
großen Einfluss auf ihre Arbeitszufriedenheit, wenn es eine zentrale
Anlaufstelle gäbe, an die sie bei sozialen Problemen verweisen könnten. Mehr
Hausärzt*innen als Pädiater*innen hielten Unterstützungsangebote zu
Finanzen, Arbeitslosigkeit und Wohnsituation für wichtig, während mehr
Pädiater*innen offen für externe soziale Beratung in der eigenen Praxis oder
die Nutzung eines Gesundheitskiosks waren.
Schlussfolgerung
Dies ist die erste Studie, die Hausärzt*innen und Pädiater*innen in Bezug auf
soziale Probleme vergleichend untersucht. Aufgrund des geringen Rücklaufs
sind die Ergebnisse vorsichtig zu interpretieren. Hervorzuheben ist, dass
Ärzt*innen die meisten Patient*innen, bei denen sie einen Bedarf erkannten,
nicht vermittelten und dies als Belastung wahrnahmen. Die Mehrheit der
Ärzt*innen gab an, dass sie bei entsprechenden Angeboten verschiedene Formen
der Zusammenarbeit mit sozialen Angeboten nutzen würden.
Abstract
Introduction
Physicians in primary care practices encounter social problems among their
patients on a daily basis. Physicians can refer these patients to social
services to improve their health and reduce pressure on the health care
system. Open questions remain about how these referral practices are carried
out and what areas have potential for improvement.
Method
An online survey with 21 closed or open-ended questions was conducted among
primary care physicians (general practitioners and paediatricians) in
Bremen, Germany. Data from closed questions were analysed for frequency
distributions, while responses to open-ended questions were coded and
interpreted using qualitative content analysis.
Results
Out of 580 primary care physicians in Bremen, 45 (8%) participated in the
survey. Most of the respondents considered it important to be able to refer
patients to support services outside the medical care system. Physicians
referred a median of 10% of patients for whom they identified a need for
social support. The most common reasons for not referring patients included
a lack of knowledge about available services or the absence of such
services, as well as time constraints. A total of 33 physicians (73%)
reported feeling highly burdened when unable to refer patients. Furthermore,
34 respondents (76%) anticipated that a central contact point for social
issues would greatly improve their job satisfaction. More general
practitioners than paediatricians considered support services related to
finances, unemployment, and housing to be important, while paediatricians
were more open to providing external social support services in their own
practices or using a “Gesundheitskiosk” (health kiosk).
Conclusion
This is the first study to compare general practitioners and paediatricians
regarding social issues in patient care. Given the low response rate, the
results should be interpreted with caution. Notably, physicians reported
that they did not refer most patients with identified social needs and
experienced this as a burden. The majority indicated that, if available,
they would use various forms of collaboration with social services.
Schlüsselwörter soziale Probleme - Primärversorgung - Versorgungsforschung - Fragebogenerhebung - interprofessionelle Zusammenarbeit
Keywords social problems - primary care - interprofessional collaboration - health services research - survey