Balint Journal 2025; 26(01): 37
DOI: 10.1055/a-2536-2087
Nachruf

Nachruf Elke Kuhfahl

Am 08. Dezember 2024 verstarb unsere geschätzte Kollegin Elke Kuhfahl in Dresden im Alter von 83 Jahren. Elke Kuhfahl hat bereits in der DDR bei den Problemfallseminaren aktiv mitgewirkt und ist nach der Wende für die Gesamtdeutsche Balintgesellschaft vielseitig tätig gewesen als Balintgruppenleiterin, in der Organisation von Balinttagungen und als Leiterausbilderin.

Zum 50-jährigen Bestehen der Balintgesellschaft war sie in die Vorbereitung eingebunden und eingeladen, einen Bericht zu ihren Balint-Erfahrungen vorzutragen. Leider war sie zu diesem Zeitpunkt bereits erkrankt und konnte persönlich nicht teilnehmen. Ihr Beitrag wurde verlesen und wir drucken diesen hier in Auszügen ab. Dieser Beitrag gibt einen Einblick in die Geschichte von Elke Kuhfahls Wirken und die Entwicklung der Balintarbeit in Ost und West. Wir werden Elke Kuhfahl und ihr Wirken in dankbarer Erinnerung behalten.

Elke Kuhfahl aus Dresden wurde 1941 in Bochum geboren.

„1943 wurden meine Mutter mit uns 3 Kindern und 2 Großmüttern wegen zunehmender Bombardierung auf das Ruhrgebiet (Vater war im Krieg und Gefangenschaft, von wo er erst 1947 zurückkam) evakuiert und zogen auf ein Dorf im Vogtland, wo meine Urgroßmutter lebte.

Nach dem Abitur studierte ich von 1959 – 1965 in Leipzig Medizin.

Ein einschneidendes Erlebnis war für uns der Mauerbau in Berlin am 13. Aug. 1961. Mein Vater stammte aus der Pfalz und ein Großteil meiner Verwandten lebten in Westdeutschland, zu denen wir auch regelmäßig Kontakte hatten.

Nach Abschluss der Facharztausbildung für Innere Medizin 1971 erwarb ich 1981 den Zweitfacharzt (FÄ für Psychotherapie – nach der Wende umbenannt in FÄ für Psychotherapeutische Medizin) und arbeitete 14 Jahre bis 1987 als OÄ in einer Psychotherapeutischen Klinik im Erzgebirge, später in Dresden als Leiterin einer Psychotherapeutischen Abteilung und nach der Wende in eigener Praxis.

In den Jahren bis zum Mauerfall sind einige der in der DDR psychotherapeutisch tätigen Kolleginnen und Kollegen aus Klinik und Ambulanzen aus allen Bezirken der DDR 3 – 4x pro Jahr für ein langes Wochenende nach Uchtspringe (Bezirksnervenklinik) nahe Stendal (heute Sachsen Anhalt) gefahren, um dort unsere Problempatienten in sogenannten Problemfallseminaren (1973 von Prof. Wendt eingeführt) vorzustellen.

Der Mauerfall am 9. Nov.1989 überraschte uns während einer 1-wöchigen Fortbildungsveranstaltung der Sektion AT und Hypnose in Bad Berka, wo ich selbst auch eine Gruppe leitete. Wir verfolgten abends die Pressekonferenz im Fernsehen mit der geschichtsträchtigen Aussage von Günter Schabowski (damals Chefredakteur des ND). Die Tagung wurde vorzeitig abgebrochen und wir fuhren alle wie im Rausch in unsere Heimatorte zurück.

Wie sollte es nun weitergehen? In der Gesellschaft für ärztliche Psychotherapie (Gründungsjahr war 1960) waren zum Zeitpunkt des Mauerfalls ca 1600 Mitglieder, die in verschiedenen Arbeitsgruppen der Fachgesellschaften sich austauschten. Die Balintarbeit hatte in der DDR ihre Wurzeln in den Selbsterfahrungskommunitäten (nach Höck und Hess) und den Problemfallseminaren.

Am 27. Sept. 1990 wurde die Balintgesellschaft der DDR gegründet und ich selbst als Balintgruppenleiter vom wissenschaftlichen Beirat der Balintgesellschaft der DDR bestätigt.

Im Febr. 1992 erlebte ich die Vereinigung der beiden Gesellschaften in Hahnenklee. Ich war damals in der Leitergruppe von Dr. Trenkel.

Völlig neu waren für mich anfangs die Großgruppensitzungen mit Innen-und Außenkreis innerhalb der Balintstudientagungen Hier erlebte ich im Innenkreis, wenn ich mich hineinwagte, um einen Fall vorzustellen, Leistungsdruck gepaart mit Angst, etwas Falsches zu sagen oder mich zu blamieren. Im Laufe der Jahre, nicht zuletzt durch Heide Ottens ermutigenden Leitungsstil, hat sich die Atmosphäre in den Großgruppen spürbar verändert, ist lockerer und nicht mehr so angespannt und verkrampft.

Ich selbst habe in den letzten 30 Jahre sehr viele Balintgruppen in Form von Blockseminaren an Wochenenden geleitet, ebenso eine kontinuierliche Gruppe über viele Jahre. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Zusammensetzung der Gruppen mit Kollegen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen und in den letzten Jahren auch mit zunehmend mehr ausländischen Kollegen aus verschiedenen Ländern einen großen Einfluss auf die Effektivität der Balintarbeit hat. Sie ist bunter und interessanter geworden.

Die Balintarbeit hatte einen großen Einfluss auf meine berufliche Entwicklung, der ich bis heute sehr viel verdanke, ebenso den vielen herzlichen Begegnungen mit Freunden und Kollegen aus Ost und West, die ich auf Balintstudientagungen kennenlernen durfte.

Allen dafür ein herzliches Dankeschön!“



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
09. April 2025

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