Notfall & Hausarztmedizin 2008; 34(7): 390-391
DOI: 10.1055/s-0028-1082159
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Rosazea - oft einfach zu erkennen

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Publication Date:
06 August 2008 (online)

 
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    Eine Rosazea lässt sich in den meisten Fällen einfach diagnostizieren. Oft reicht das Anschauen der Effloreszenzen und eine kurze Anamnese völlig aus, wie Prof. Martin Schaller, leitender Oberarzt der Universitäts-Hautklinik Tübingen erläutert.

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    ? Herr Prof. Schaller, wie oft lässt sich eine Rosazea eindeutig diagnostizieren? Wie oft bleibt es lediglich bei einer Verdachtsdiagnose?

    Schaller: Zwar gibt es keinen speziellen Test oder festen Parameter zur Diagnose einer Rosazea, dennoch lässt sich die Erkrankung bei circa 90% aller Betroffenen eindeutig anhand des klinischen Erscheinungsbildes diagnostizieren. Zusatzuntersuchungen sind nicht erforderlich - weder histologisch noch Blutwerte.

    Wird Metronidazol nicht vertragen, bietet sich als Alternative Azelainsäre an, die in Studien eine Ähnliche Wirksamkeit wie Metronidazol gezeigt hat. Zwar gibt es Untersuchungen, in denen Azelainsäure etwas besser abgeschnitten hat als Metronidazol. Nach Worten des Hautspezialisten dürften diese Vorteile aber am ehesten studientechnisch bedingt sein. "Der Nachteil ist, dass Azelainsäure die Haut stärker reizt als Metronidazol, weshalb Azelainsäure in den meisten Zentren nicht die erste Wahl darstellt."

    Typisches Erkennungszeichen ist das zentrofaziale, meist symmetrische Auftreten von teleangiektatischen Erythemen, Papeln und Pusteln, die durch Triggerfaktoren zum Beispiel Sonnenlicht, emotionaler Stress, heiße Getränke, scharfe Speisen, minimale Mengen von Alkohol oder Temperaturunterschiede, etwa beim Hereinkommen aus der Kälte in die warme Wohnung, schlechter werden.

    ? Welche Differenzialdiagnosen muss man bei dem erythematösen Subtyp in Betracht ziehen?

    Schaller: Eine klassische Fehldiagnose ist der systemische Lupus erythematodes, dessen Schmetterlingserythem sehr einer erythematösen Rosazea ähneln kann und der sich ebenfalls unter Sonnenlicht oft verschlechtert. Auch histologisch lassen sich beide Krankheitsbilder kaum unterscheiden. Ebenso wenig sind antinukleäre Antikörper hilfreich, die zu den Diagnosekriterien des Lupus zählen. Denn antinukleäre Antikörper finden sich bei rund 40% aller Frauen über 60 Jahre, ohne dass dies einen Krankheitswert hätte. Richtungsweisend können jedoch Teleangiektasien sein, die beim systemischen Lupus erythematodes typischerweise genauso fehlen wie Papeln und Pusteln. Zudem sprechen systemische Begleitbeschwerden wie etwa Gelenkentzündungen, Fieber oder Krankheitsgefühl für einen systemischen Lupus beziehungsweise eine narbige Abheilung der Dermatose für einen diskoiden Lupus.

    ? Welche Differenzialdiagnosen sind bei der papulopustulösen Rosazea auszuschließen, bei der viele wegen der Eiterbläschen zuerst an eine Akne denken?

    Schaller: Die Unterscheidung zwischen Akne und Rosazea ist normalerweise nicht schwierig. Schon allein das Lebensalter gibt gute Hinweise, welche der beiden Erkrankungen vorliegt. Während die Rosazea meist erst ab dem 40. Lebensjahr beginnt, nimmt die Akne ihren Ursprung typischerweise in der Pubertät. Außerdem zeigen die Effloreszenzen bei genauem Hinsehen deutliche Unterschiede. Im Gegensatz zur Rosazea finden sich bei der Akne offene und geschlossene Komedonen beziehungsweise Mitesser. Zudem verschlechtert sich die Rosazea sehr häufig unter Sonneneinstrahlung, wohingegen die Akne durch UV-Licht in vielen Fällen deutlich besser wird.

    ? Wie lässt sich die periorale Dermatitis abgrenzen?

    Schaller: Die periorale Dermatitis ist oft schon am Klientel zu erkennen. Betroffen sind typischerweise Frauen im dritten oder vierten Lebensjahrzehnt, die großen beziehungsweise übertriebenen Wert auf die Pflege ihrer Haut legen. Denn eine periorale Dermatitis ist typischerweise die Folge von zu häufigem Eincremen im Sinne einer Kosmetika-Unverträglichkeit. Darüber hinaus können für eine periorale Dermatitis auch Kortikoide verantwortlich sein, die über längere Zeit im Gesicht angewendet werden und nach dem Absetzen zu einer Steroidentzugsdermatitis führen, was sich allerdings anamnestisch leicht klären lässt. Typisch ist für die periorale Dermatitis auch ein diskreter effloreszenz-freier Saum um den Mund, der sich bei der Rosazea nicht findet.

    ? Bei der Rosazea zählt Doxyzyklin zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten. Welche Dosierungen sind zu empfehlen?

    Schaller: Für Doxyzyklin ist eine Dosierung von 2 x 50 mg pro Tag über drei Monate zu empfehlen. Liegt außerdem eine Augenbeteiligung vor, wird von ophthalmologischer Seite sogar ein halbes Jahr empfohlen.

    Nicht vergessen sollte man, dass unter Doxyzyklin die Gefahr einer phototoxischen Dermatitis höher ist als unter Minocyclin und deshalb während der Therapie konsequent Sonnencremes mit einem Lichtschutzfilter ab 15 zu verwenden sind. Außerdem empfiehlt es sich unter Doxyzyklin alle vier bis acht Wochen die Leberwerte und das Blutbild zu kontrollieren.

    ? Wie sollte Metronidazol angewendet werden?

    Schaller: Zu empfehlen ist 0,75%iges Metronidazol, das einmal täglich aufgetragen wird und sich in Studien genauso wirksam erwiesen hat wie 1%ige Präparate. Eine zweimal tägliche Anwendung hat in Studien keine Vorteile gebracht und ist daher nicht notwendig.

    Keine Rolle spielt es, ob man Metronidazol als Gel, Lotion oder Creme anwendet. Alle drei Applikationsformen sind gleich wirksam, wie sich in Untersuchungen gezeigt hat. Am besten man orientiert sich am jeweiligen Patientenwunsch. Beginnen kann man beispielsweise mit der Gelform, und wenn das Betroffenen zu trocken ist beziehungsweise wenn etwas fettigeres gewünscht wird, wechselt man eben auf eine Creme. Sinnvoll ist, dass Metronidazol im Gegensatz zum systemischen Doxyzyklin nicht nur über einen kurzen Zeitraum zum Einsatz kommt, sondern zur Rezidivprophylaxe dauerhaft über Jahre eingesetzt werden kann.

    Herr Prof. Schaller, wir bedanken uns für das Gespräch!

     
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