RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0028-1082346
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Neuronales Netzwerk und Lernfähigkeit - Neue Zellen im Gehirn - viel hilft nicht immer viel
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
31. Juli 2008 (online)
Das Gehirn ändert sich ein Leben lang. Ständig werden die Verbindungen zwischen den Zellen umorganisiert und neu entstandene Zellen in das Netzwerk integriert. Viele kognitive Prozesse sind darauf angewiesen, dass das Gehirn ständig neue Zellen produziert. Wissenschaftler haben deshalb bislang angenommen, dass neue Zellen grundsätzlich die Fähigkeit des Gehirns, sich zu reorganisieren und damit die Lernfähigkeit erhöhen. Wissenschaftler um Markus Butz, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation, Göttingen, haben jetzt entdeckt, dass zusätzliche Gehirnzellen nicht immer die Lernfähigkeit erhöhen. Die Ergebnisse stammen aus einer Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Zellteilung und der Entstehung neuronaler Verknüpfungen im Hippokampus von Wüstenrennmäusen. Der Hippokampus ist für die Übermittlung von Informationen in das Langzeitgedächtnis zuständig. Er zeichnet sich dadurch aus, dass hier ein Leben lang sehr viel Zellteilung und neuronale Reorganisation stattfindet.
#Zu starke Zellteilung behindert neuronale Verknüpfung
Wenn Wüstenrennmäuse isoliert und mit wenig Anregung großgezogen werden, entwickeln sie Verhaltensstörungen: Sie sind ängstlich und zeigen stereotypes Verhalten. Das geht einher mit anatomischen Anomalien in der Struktur des Gehirns, da aufgrund der übermäßigen Zellteilung nicht genügend neue Verbindungen geknüpft werden. Die Göttinger Forscher konnten zeigen, dass sich strukturelle Reorganisation im Gehirn auf ein Normalmaß steigern lässt, wenn die Zellteilung künstlich verringert wird. Welcher Mechanismus dieser Behinderung neuronaler Reorganisation durch überschüssige neuronale Zellen zugrunde liegt, untersuchten sie im Computermodell.
Freie neuronale Kontakte sind eine Voraussetzung dafür, dass sich das Netzwerk umorganisieren kann. Neue Zellen, die gerade erst aus einer Zellteilung hervorgegangen sind, produzieren neurotrophe Faktoren, die solche Kontakte anziehen und so neue Zellen in das Netzwerk integrieren. Gibt es jedoch zu viele neue Zellen, werden alle vorhandenen Kontaktstellen besetzt - eine anschließende Reorganisation zwischen den bereits bestehenden Zellen wird behindert. Eine solche Fehlorganisation, so spekulieren die Forscher, kann auch zu Epilepsie führen.
Quelle: Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft vom 13. Juni 2008
#