Der Klinikarzt 2008; 37(7/08): 343
DOI: 10.1055/s-0028-1083738
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Magenkarzinom – Von möglichen Präventionsmaßnahmen bis zu aktuellen Behandlungsstrategien

Peter Malfertheiner
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Publication Date:
31 July 2008 (online)

Trotz sinkender Inzidenz ist das Magenkarzinom nach wie vor das zweithäufigste Tumorleiden des Gastrointestinaltraktes mit etwa 20000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland. Bei den meisten der betroffenen Patienten wird das Magenkarzinom leider erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium diagnostiziert, wenn Alarmsymptome wie Gewichtsabnahme, Appetitlosigkeit oder Anämie auftreten. Eine Heilung ist aber zu dem Zeitpunkt in aller Regel häufig nicht möglich, und die Sterblichkeit aufgrund des Magenkarzinoms innerhalb von 5 Jahren liegt bei 75 %.

An den chirurgischen Eingriff in Form der totalen oder subtotalen Magenresektion ist die größte kurative Hoffnung gebunden. Beim fortgeschrittenen Magenkarzinom ist jedoch auch trotz einer radikalen Entfernung des Tumors der Überlebensvorteil begrenzt und die Lebensqualität auch infolge der Operation selbst eingeschränkt. Zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse bei lokal fortgeschrittenem Magenkarzinom hat das neue Konzept einer neoadjuvanten Chemotherapie beigetragen, das sich sehr rasch als der neue Standard etablieren sollte. Die Bemühungen in der palliativen Chemotherapie sind groß, die Erfolge bislang aber begrenzt. Allerdings geben neu verfügbare Kombinationen von Chemotherapeutika in Verbindung mit Medikamenten, die gegen spezifische tumorrelevante Moleküle im Zellzyklus gerichtet sind, neue Hoffnung.

Wie sollen wir unsere weiteren Bemühungen im Kampf gegen das Magenkarzinom lenken? Nach dem Vorbild der inzwischen erfolgreich durchgeführten kolorektalen Karzinompräventionsstrategien müssen wir auch beim Magenkarzinom Risikogruppen der Patienten definieren und neue Methoden zur Erkennung von „Frühneoplasien” erarbeiten. Können wir Frühformen des Magenkarzinoms sicher diagnostizieren, bedeutet dies eine Chance für minimalinvasive endoskopische Methoden, wie der Mukosaresektion oder der endoskopischen Dissektion der Mukosa. Sind die Frühkarzinome auf die Magenschleimhaut (intramukosal) begrenzt und beträgt ihr Durchmesser nicht mehr als 2cm, kann die Erkrankung durch endoskopische Resektionsmethoden geheilt werden. Eine spezielle Ernährung und Medikamente (z.B. Cyclooxigenaseinhibitoren) mit dem Ziel der Magenkarzinomprävention haben trotz positiver Trends in einzelnen der durchgeführten Studien keinen Stellenwert in der Praxis erlangt.

Eine große Chance der Magenkarzinomprävention steht jedoch im Raum, sie basiert auf dem Nachweis von Helicobacter pylori und seiner Eradikation. Die rechtzeitige Behandlung der H.–pylori–Infektion kann die Magenkarzinominzidenz signifikant senken, wie in verschiedenen Studien bereits gezeigt wurde. Eine jüngst durchgeführte Metaanalyse bisheriger Untersuchungen kommt zu der wichtigen Aussage, dass es erforderlich ist, 227 Patienten (die sogenannte „number needed to treat”; NNT) zu behandeln, um den Magenkrebs bei einem Patienten zu verhindern. Eine Kosten–Nutzen–Analyse für eine solche Eradikationstherapie liegt allerdings bislang nicht vor, sie ist zudem von der regionalen Prävalenz des Magenkarzinoms abhängig. Angesichts der schweren Erkrankung erscheint sie prinzipiell als günstig – eine Chance zur Prävention von Magenkarzinomen, die wir auch in Deutschland nicht ungenutzt lassen dürfen.

Diese Ausgabe des klinikarzt präsentiert die neuen Aspekte zur Entstehung des Magenkarzinoms sowie mögliche Präventionsansätze und die Behandlungskonzepte nach dem aktuellen Kenntnisstand. Wir hoffen, mit den gewählten Themen einen Beitrag für die Optimierung des klinischen Managements der Patienten mit Magenkarzinom, aber auch eine Anregung für eine mögliche Präventionsstrategie gegeben zu haben.

Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Malfertheiner

Magdeburg