Die bipolare Erkrankung beginnt meist mit einer depressiven Phase und wird entsprechend
häufig nicht korrekt diagnostiziert. Je später eine adäquate Therapie einsetzt, desto
schlechter werden die Aussichten auf eine langfristige Stabilisierung. Besonders effektiv
ist die frühzeitige Kombination eines gut verträglichen atypischen Neuroleptikums
und eines Mood-Stabilizers.
In der Pathogenese der bipolaren Erkrankung spielen die Gene eine wichtige Rolle.
Wenn ein eineiiger Zwilling erkrankt ist, hat der andere ein Risiko von 50-60 %, ebenfalls
bipolar zu erkranken, und ein Risiko von 75 % für eine Depression. Einige involvierte
Gene dafür wurden bereits identifiziert. Im Gehirn der Patienten finden sich auch
strukturelle Besonderheiten, z.B. regionale Volumendefizite im orbitofrontalen Kortex.
Mittels funktioneller Bildgebung wurden Anomalien in der Hirnaktivierung bei kognitiven
Aufgaben beobachtet, die eine Interaktion zwischen ventral-dorsalem und präfrontalem
Kortex erfordern. Bei der bipolaren Erkrankung handele es sich pathophysiologisch
offenbar um eine Netzwerkerkrankung, wie Dr. Sophia Frangou, London, ausführte. Man
vermutet, dass kompensatorisch alternative Aktivierungswege benutzt werden, die z.B.
zu riskanteren Entscheidungen führen. Die genaue Aufklärung solcher Wege könnte in
Zukunft zu neuen Therapieansätzen führen.
Individueller Einsatz der Therapeutika
Um das Outcome zu optimieren, können die heute verfügbaren Medikamente entsprechend
dem individuellen Profil der Patienten differenziert eingesetzt werden. Atypische
Neuroleptika wirken schneller als klassische, und sie haben ein deutlich geringeres
Risiko für extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen und Spätkomplikationen wie tardive
Dyskinesien. Mit Ausnahme von Risperidon besteht auch kein Risiko für einen Prolaktinanstieg.
Solche Nebenwirkungen bestimmen den langfristigen Therapieerfolg entscheidend. Deshalb
muss daran bereits gedacht werden, wenn man eine akute Manie behandelt. Ein besonders
günstiges Nebenwirkungsprofil unter den Atypika besitzt Aripiprazol (Abilify®) und
hat sich auch in der Langzeitprävention als effektiv erwiesen. Eine langfristige Stabilität
sei allerdings durch eine frühzeitige Kombinationstherapie mit einem Mood-Stabilizer
am besten zu erreichen, wie Prof. Thomas E. Schläpfer, Bonn, ausführte.
Dr. Angelika Bischoff, Planegg
Quelle: Satellitensymposium "Finding the Balance in Bipolar Disorder: From theory
to practice" am 13. Juli 2008 im Rahmen des XXVI. Kongresses des Collegium Internationale
Neuro-Psychopharmacologicum (CINP) in München, veranstaltet von der Bristol-Myers
Squibb GmbH & Co. KGaA, München