Notfall & Hausarztmedizin 2008; 34(8/09): 457
DOI: 10.1055/s-0028-1091324
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Männer sind suggestibel, Frauen sind konditionierbar - Unterschiede beim Placeboeffekt

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Publikationsdatum:
17. Oktober 2008 (online)

 
Inhaltsübersicht

    Aktuelle Ergebnisse zur Placeboforschung am Tübinger Uniklinikum zeigen: Frauen reagieren auf ihre Umwelt eher aus dem bisherigen Erfahrungsschatz heraus, Männer lassen sich eher durch Suggestion beeinflussen. Im Versuchsaufbau wurden die Probanden in einen Drehstuhl gesetzt, der Übelkeit auslöst (motion sickness). Parallel dazu erhielten sie einen kurzen Geschmacksreiz - nur die eine Hälfte gekoppelt mit der Information, dass es ihnen bei dem Geschmacksreiz deutlich übel würde. Besonders Männer zeigten sich anfällig für diese suggestive Beeinflussung. In einer 2. Gruppe wurde derselbe Versuch über 3 Wochen erlernt. Hier zeigten sich vor allem Frauen anfälliger für die Übelkeit, sie verwerten offensichtlich einmal erlernte Erfahrungen anders als Männer.

    Im Endergebnis waren beide Effekte gleich, kamen aber offenbar auf unterschiedliche Weise zustande. Placebo- und Noceboeffekte (negative Wirkungen unter einer Placebobehandlung) können also auch in klinischen Medikamentenversuchen auf unterschiedliche Weise entstehen: Durch Konditionierung (Lernen), bei dem eine frühere, positive wie negative Erfahrung mit Medikamenten eine Rolle spielt, und durch aktuelle Erwartungen, die durch suggestive Informationen genährt werden, wie sie etwa auf Beipackzetteln stehen. Noceboeffekte folgen den gleichen Regeln. Der Placeboeffekt ist also wesentlich komplexer als bislang angenommen.

    Quelle: idw-online, Enck P, Benedetti F, Schedlowski M. Neuron 2008; 59: 195-206