Ergebnisse
Lungenfunktion
Obstruktionsparameter, Reversibilität, CO-Diffusion,
6-min-Gehtest, Compliance
Die FEV1 ist der am besten evaluierte Parameter zur
Quantifizierung einer Atemwegsobstruktion [4]. Nach
internationalen und nationalen Leitlinien stützt sich der Nachweis einer
COPD auf den Schwellenwert der FEV1/FVC
< 70 % und die Schweregradeinteilung insbesondere auf
die FEV1, angegeben in Prozent des Sollwerts [5]. Allerdings eignen sich Schwellenwerte für
Lungenfunktionsparameter wegen der altersbedingten Variabilität der
Lungenfunktion nur eingeschränkt für die Definition des
COPD-Schweregrades, denn eine FEV1/FVC
< 70 % des Solls beobachtet man teilweise auch bei
gesunden Menschen über 65 Jahre. Daher wurde schon in den 90er-Jahren eine
altersbezogene Flexibilität der Messwerte empfohlen („lower limit
of normal”, LLN), später aber wieder verworfen [6]. Ferner wurden die Schwellenwerte bisher nicht validiert
[5].
Die GOLD-Leitlinien stützen sich bei der Beurteilung der
FEV1 auf den Messwert nach Bronchodilatation, mit dem Ziel einer
geringeren Variabilität der Resultate. Es ist nicht validiert, ob diese
Auffassung zutrifft. Das Testergebnis schwankt im Krankheitsverlauf
[7] und in Abhängigkeit von den technischen
Bedingungen. Neuerdings wird die post-bronchodilatatorisch gemessene
FEV6 (forciertes exspiratorisches Volumen in 6 Sekunden) als
weiterer brauchbarer Restriktionsparameter statt der bei Obstruktion nicht
immer exakt bestimmbaren FVC diskutiert, ist aber nach neueren Daten der FVC
doch nicht überlegen [8].
Das forcierte inspiratorische Volumen (FIV1) und
andere inspiratorische Parameter (z. B. FIVC) bieten sich gegenüber
den exspiratorischen Parametern als geeignetere Parameter zur Quantifizierung
der Lungenfunktion bei COPD-Patienten an [9]. Die
inspiratorisch gemessenen Volumina liegen bei COPD über den der
entsprechenden exspiratorischen Werte. Da das prozentuale Verhältnis
etwaiger Veränderungen aber bei beiden Messmethoden vergleichbar ist,
ergibt sich z. B. zur Abschätzung einer Therapiemaßnahme kein
signifikanter Vorteil der inspiratorischen Messwerte.
Das Ausmaß der
CO-Diffusionskapazitäts-Einschränkung (DL,CO) weist auf
die Schwere eines Lungenemphysems hin; wie eine vergleichende Studie mit
HRCT-Untersuchungen zeigte, kann diese aber in der Emphysemdiagnostik nicht
ersetzen, zumal die DL,CO diversen Störgrößen
unterworfen ist [10]. Auch der 6-Minuten-Gehtest und die
maximale physische Leistungsbreite korrelierten bei schwerer Einschränkung
gut mit den DL,CO-Befunden. Sauerstoffpflichtige Patienten hatten
z. B. in einem hohen Prozentsatz auch eine pathologische
DL,CO [11].
Die Bestimmung der Lungendehnbarkeit (Compliance) ist eine
wertvolle Ergänzung der Lungenfunktionsprüfung und geeignet, bei
Patienten mit erniedrigter CO-Diffusion zwischen Lungenfibrose und Emphysem zu
differenzieren [12]. Allerdings ist die Untersuchung
für den Patienten aufwändig und belastend, denn für die
Registrierung der Druck-Volumen-Kurve zur Messung der Lungencompliance ist die
intrathorakale Druckmessung mittels eines Ösophagus-Katheters notwendig.
Aufgrund ihres technischen Aufwandes wird die Compliancemessung nur für
wissenschaftliche Fragestellungen eingesetzt.
Überblähungsparameter
Bei COPD-Patienten ist die Lungenüberblähung neben der
Atemwegsobstruktion ein wesentlicher Grund für die Dyspnoe. Die
Lungenüberblähung führt zur Abflachung und zum Tiefstand des
Zwerchfells, konsekutiv zu einer zunehmenden Einschränkung der
Atemmechanik bzw. der „Atempumpe” infolge eines
Funktionsverlustes des wichtigsten Atemmuskels. Die Atemmittellage verschiebt
sich zur Inspiration hin in Richtung der totalen Lungenkapazität TLC, und
die inspiratorische Kapazität IC bzw. die Vitalkapazität – IVC,
FVC – nehmen infolge der erhöhten funktionellen
Residualkapazität FRC bzw. des erhöhten intrathorakalen Gasvolumens
ITGV ab. Eine solche Überblähung der Lunge ist zwar nicht zwingend an
die Ausbildung eines Emphysems gebunden. Meistens ist jedoch eine
nicht-reversible Lungenüberblähung durch eine irreversible
Parenchymdestruktion bedingt. Unter Belastung kann auch ohne Emphysem eine
dynamische Überblähung auftreten, die die Belastungsfähigkeit
der Patienten entscheidend einschränkt.
Funktionsparameter können genutzt werden, um eine
Überblähung zu quantifizieren [3]. Die sichere
Bestimmung der Überblähung erfordert die Kombination von
Ganzkörperplethysmografie und Spirometrie bzw. die Bestimmung der
funktionellen Residualkapazität (FRC) mittels Helium. Das
endexspiratorische Lungenvolumen (EELV), die funktionelle
Residualkapazität (FRC/ITGV) und das Residualvolumen (RV) sind
erhöht, als indirekte Parameter sind die inspiratorische Kapazität
(IC) und die Vitalkapazität (VCmax) erniedrigt. Eine Diskrepanz
zwischen der Bestimmung des FRC mittels Helium bzw.
Ganzkörperplethysmografie gibt Hinweise auf den irreversiblen,
emphysembedingten Anteil der Lungenüberblähung. Ein Volumenbezug der
Überblähungsparameter auf die TLC ist erforderlich. Zur
Quantifizierung der Überblähung eignen sich in der Routine besonders
die Parameter RV/TLC und ITGV/TLC. Der Quotient IC/TLC gilt als signifikanter
Prädiktor der Mortalität bei COPD [3]. Zeigt
die Fluss-Volumen-Kurve einen exspiratorischen Kollaps, so weist dies auf eine
dynamische Überblähung hin. Ursache sind vorwiegend irreversible
strukturelle Änderungen von Lunge und Atemwegen mit einem Verlust der
elastischen Rückstellkräfte des Gewebes.
Die Lungenüberblähung lässt sich
medikamentös reduzieren, insbesondere mit Tiotropium [13], so dass eine Erfassung der
Überblähungsparameter wichtige zusätzliche Erkenntnisse
vermittelt.
Blutgase, Belastungstests, Atempumpe
Ein PaCO2-Anstieg im Sinne einer ventilatorischen
Insuffizienz korreliert mit dem Ausmaß der
FEV1-Einschränkung [14]. Der
PaO2 während der Nacht ist mit der Überlebensprognose
assoziiert: Patienten, bei denen während des REM-Schlafes ein relevanter
Sauerstoffabfall eintritt, leben signifikant kürzer [15]. Diese Patientengruppe profitiert auch am
stärksten von einer Sauerstofftherapie. Eine Differenzierung der Ursachen
einer nächtlichen Hypoxämie ist notwendig, um eine obstruktive
Schlaf-Apnoe von einer COPD-assoziierten Hypoventilation abzugrenzen und ggf.
jede Erkrankung angemessen zu therapieren.
Während eines Belastungstests kann ein Abfall des
PaO2 verschiedene Gründe haben: ein Missverhältnis
zwischen Ventilation und Perfusion, eine reduzierte Gasaustauschfläche,
Obstruktion/Überblähung oder muskuläre Dekonditionierung. Die
beiden letztgenannten Ursachen gehen mit einem PaCO2-Anstieg bei
zunehmender Belastung einher (ventilatorische Insuffizienz).
Veränderungen nach einer medikamentösen Behandlung
lassen sich mit den Parametern Belastungsdauer (endurance time) und maximale
Sauerstoffaufnahme erfassen [16]. So stieg nach
sechswöchiger Behandlung mit Tiotropium die Belastungsdauer um
105 + 40 s (21 %) im Vergleich zu
Plazebo [13].
Die Spiroergometrie bildet verschiedene Dimensionen ab, wie
Atemmechanik, Hämodynamik, muskuläre Funktion und
Stoffwechselkapazität. Die maximale Sauerstoffaufnahme korreliert mit der
Überlebensprognose männlicher COPD-Patienten [17]. Ein anderer signifikanter prognostischer Parameter ist
die Geschwindigkeit, mit der die belastungsinduzierte Hypoxämie auftritt
(PaO2 slope [18]).
Sowohl die Zwerchfell- als auch die Skelettmuskulatur ist bei
COPD erkrankt: der maximale exspiratorische Druck, der die generalisierte
Muskelkraft repräsentiert, ist bei COPD erniedrigt, ebenso wie der
maximale inspiratorische Druck, der die Zwerchfellfunktion und -Mechanik
reflektiert [19]
[20].
Pulmonale Hypertonie
Eine pulmonale Hypertonie wird durch eine COPD ohne
Begleiterkrankungen nicht regelhaft verursacht [21].
Leichte bis mittelgradige Erhöhungen des mittleren Pulmonalarteriendrucks
(PAP) auf > 20 mm Hg wurden bei
20 – 35 % der COPD-Patienten gefunden,
während Drucke > 40 mm Hg mit nur
7,5 % deutlich seltener waren [22]. Von
131 COPD-Patienten, die in Ruhe und unter Belastung untersucht wurden, hatten
55 weder in Ruhe noch unter Belastung PAP-Werte
> 20 mm Hg [23]. Eine relevante
pulmonale Hypertonie beeinflusst die Überlebensprognose von COPD-Patienten
ungünstig [24] und ist mit häufigeren
Exazerbationen assoziiert [25].
Um die Diagnose einer pulmonalen Hypertonie zu sichern, ist eine
invasive Messung erforderlich. Mit der Echokardiografie erhält man keine
verlässlichen Ergebnisse. Während Parameter wie FEV1,
DL,CO oder CT-Score nur schwach mit der Schwere der pulmonalen
Hypertonie korrelierten, bestand in einer aktuellen Untersuchung eine
signifikante Korrelation zwischen PAP und PaO2 [26].
Bei der Entstehung der pulmonalen Hypertonie ist nicht nur die
hypoxämisch bedingte Druckerhöhung im Sinne des
Euler-Liljestrand-Mechanismus von Bedeutung. Anatomische Faktoren treten hinzu,
insbesondere die Verringerung des Gefäßquerschnitts. Außerdem
kommt es zu Umbauvorgängen in den Blutgefäßen. Ursächlich
liegen diesem vaskulären Remodelling systemische Entzündungsprozesse
zu Grunde. Durch die Einwirkung von Zigarettenrauch wird das Endothel
geschädigt und eine Proliferation von Gefäßzellen
ausgelöst. Hyperkapnie und Azidose bewirken eine renale Salz- und
Wasserretention und damit eine Flüssigkeitsbelastung. Die genannten
Veränderungen bewirken zwar einen Druckanstieg im kleinen Kreislauf,
dieser ist jedoch von der Ausprägung her allenfalls mittelgradig. Für
die Entwicklung einer schweren pulmonalen Hypertonie sind zusätzliche
Faktoren erforderlich. Meist muss dabei von einer eigenständigen
Erkrankung ausgegangen werden, mit entscheidenden therapeutischen Konsequenzen.
Während eine spezifische Therapie der COPD-assoziierten mäßigen
Erhöhung des pulmonal-vaskulären Druckes nicht gesichert ist, besteht
bei einer eigenständigen pulmonalen Hypertonie die Indikation zur Therapie
mit modernen Vasodilatatoren.
COPD und Schlaf
Bei COPD sind Häufigkeit und Ausmaß von
nächtlicher Hypoxie und Hyperkapnie abhängig vom klinischen
Phänotyp und vom Schweregrad der COPD. Im Vergleich zu Patienten vom Typ
„Pink Puffer” sind „Blue Bloater” weitaus
stärker betroffen: Ihre Zwerchfellfunktion ist gestört, und die
Sauerstoffsättigung kann während der Nacht um bis zu
30 % abfallen [27]. Eine Verschlechterung
der Oxygenierung im Schlaf kommt bei einer FEV1 unter
60 % des Solls zwar häufiger vor [28], eine verlässliche Vorhersage der nächtlichen
Gasaustauschstörung anhand von Lungenfunktionsparametern oder der
Sauerstoffsättigung im Wachzustand ist jedoch nicht möglich. Bei
COPD-Patienten mit einer mittleren FEV1 von 32 % des
Solls verbesserte Tiotropium die Sauerstoffsättigung im Schlaf, ohne die
Schlafqualität zu verändern [29].
Komorbiditäten wie die obstruktive Schlafapnoe (OSA) haben
einen entscheidenden Einfluss auf das Ausmaß der nächtlichen
Gasaustauschstörung, und sie liefern eine plausible Interpretation
für die Unterschiede zwischen „Pink Puffern” und
„Blue Bloatern” [27]. Von den
OSA-Betroffenen haben 9 – 16 % gleichzeitig
eine COPD, und umgekehrt findet man bei
6 – 14 % der COPD-Patienten gleichzeitig eine
OSA. Dieses so genannte „Overlap-Syndrom” trägt zur
nächtlichen Hypoventilation/Hypoxie ebenso bei wie zur Entwicklung einer
respiratorischen Globalinsuffizienz. Die kardiovaskuläre Mortalität
ist am höchsten bei Männern mit schwerer OSA, d. h. mit einem
Apnoe-Hypopnoe-Index > 30/h [30]. In einer
Fall-Kontrollstudie bei Männern mit OSA war die COPD der stärkste
Prädiktor für Mortalität, gefolgt von chronischer
Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus und einem erhöhten Body Mass-Index
[31]. Dementsprechend erscheint bei COPD-Patienten mit
Schweregrad GOLD III oder IV eine Polygrafie gerechtfertigt.
Dyspnoe
Atemnot ist ein subjektives Empfinden und individuell sehr
unterschiedlich ausgeprägt. Die Einschätzung von Patienten wird in
verschiedenen Dyspnoe-Skalen abgebildet. Am bekanntesten ist die Medical
Research Council Skala (MRC), die auch Bestandteil des BODE-Index geworden ist.
Häufig verwendet werden auch Baseline und Transition Dyspnoe Indices (BDI,
TDI) und die Dyspnoe-Domäne des Chronic Respiratory Disease Questionnaire
(CRQ). Für die Einschätzung von Dyspnoe während
körperlicher Belastung eignen sich die Borg-Skala oder die Visual Analog
Skala (VAS). Dyspnoe-Skalen korrelieren nur bedingt mit anderen
Krankheitsparametern [32], fanden keine Korrelation
zwischen Dyspnoe und Veränderung der FEV1, jedoch Assoziationen
zur FIV1. Bei stabiler COPD korrelierte die Dyspnoe nicht mit der
FEV1, jedoch mit der Lebensqualität, gemessen mit dem SGRQ
[33].
In Medikamentenprüfungen verringerte sich die Dyspnoe nach
Tiotropium signifikant stärker als nach Ipratropium oder nach Plazebo
[34]
[35]. Auch für
Salmeterol wurde eine günstige Beeinflussung der Atemnot nachgewiesen
[36]. In einer vergleichenden Studie besserten sich
COPD-Patienten, die inhalative Steroide erhielten, in ihrem mittleren
TDI-Gesamtscore unter Tiotropium stärker als unter Salmeterol oder Plazebo
[37].
Lebensqualität
Zur Messung der Lebensqualität bei COPD eignen sich vor allem
krankheitsspezifische Fragebögen, wie der St. George’s Respiratory
Questionnaire (SGRQ). Hier gelten bisher Abnahmen um mindestens 4 Punkte als
relevante Verbesserungen für den Patientenalltag [3]
[38]. Signifikant stärker als
unter Plazebo verbesserte sich die Lebensqualität nach Tiotropium
[37], nach der Budesonid-Formoterol-Fixkombination
[39] und nach der Salmeterol-Fluticason-Fixkombination
[40]. Die Kombination antiobstruktiver Medikamente wurde
in einer kürzlich publizierten Studie überprüft
[41]. Der primäre Zielparameter, die Zahl der
Patienten mit Exazerbationen, unterschied sich nicht bei der Behandlung mit
Tiotropium plus Plazebo, Tiotropium plus Salmeterol oder Tiotropium plus
Salmeterol-Fluticason. Jedoch zeigte die letztgenannte Patientengruppe
signifikant bessere Ergebnisse für die Lebensqualität, neben den
Parametern Lungenfunktion und Krankenhausaufnahmen.
In COPD-Studien war die Lebensqualität bisher nur ein
sekundäres Zielkriterium. Das Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, nicht aber FDA oder EMEA, sieht die
Lebensqualität als wichtigen Parameter für die Beurteilung der
Arzneimittelwirksamkeit an. Daher sollte die Lebensqualität als
primärer Endpunkt in zukünftigen klinischen Prüfungen erfasst
werden. In der Praxis spielen die genannten Scores nur eine untergeordnete
Rolle, da praktisch alle zu komplex sind, um in den Praxisalltag integriert
werden zu können.
Exazerbationsraten
Zur Definition der COPD-Exazerbation werden einerseits klinische
Symptome herangezogen, wie Zunahme von Husten, Sputum und Dyspnoe, andererseits
bezieht man sich auf Ereignisse, wie die Änderung der Medikation oder den
Besuch beim Arzt. Bisher fehlt ein Konsens darüber, ob eine Exazerbation
mehr Ereignis- oder mehr Symptom-orientiert zu verstehen ist. Der Patient nimmt
eine Exazerbation nicht immer wahr. Dies ist aber die Voraussetzung dafür,
dass seine Behandlung intensiviert werden kann. Nicht
registrierte/wahrgenommene Exazerbationen waren in einer aktuellen Untersuchung
genauso häufig wie registrierte [42]. Hier
könnte ein Patiententagebuch helfen, die Symptome genauer zu erfassen.
Für die Festlegung der Therapie spielt der Schweregrad einer Exazerbation
eine wichtige Rolle, wie er z. B. von Burge [43]
definiert wurde. Wie eine Auswertung von 22 Studien mit mehr als 17 000
Patienten zeigte, bestehen bezüglich der statistischen Auswertung von
Studienergebnissen zahlreiche Probleme [44]. Dazu
gehört, dass Patienten nicht vollständig analysiert werden, die eine
Studie vorzeitig beendet haben.
Häufigkeit und Qualität von Exazerbationen haben einen
gesicherten Einfluss auf die Mortalität der COPD. Sie sind mit einem
schlechteren BODE-Index assoziiert [45] und beeinflussen
signifikant das Überleben [46]. Risikofaktoren
für Exazerbationen und Krankenhausaufnahmen bei Männern mit COPD
wurden von Niewoehner u. Mitarb. prospektiv untersucht [47]. Höheres Alter, niedrige FEV1 und
Klinikbehandlung im letzten Jahr waren mit beiden Ereignissen assoziiert.
Produktiver Husten, Antibiotika- oder Steroidtherapie waren Risikofaktoren
für Exazerbationen, während kardiovaskuläre Erkrankungen oder
Notfallbesuche beim Arzt Prädiktoren für eine Hospitalisierung waren.
Die multivariate statistische Analyse mündete in der Berechnung eines
Risikoscores für eine Exazerbation in den kommenden 6 Monaten (7
Kriterien, maximal 500 Punkte). Für spezielle Fragen mag es sinnvoll sein,
diese Punktzahl zu ermitteln. Medikamente der COPD-Dauertherapie können
die Häufigkeit von Exazerbationen verringern. Für Tiotropium ergaben
sich Reduktionen der Exazerbationsraten, bei allerdings unterschiedlichen
Definitionen, über 6 – 12 Monate um
19 – 52 %.
Mortalität
Angaben zur Mortalität in der Literatur sind nicht immer
eindeutig zu interpretieren, da die Datenerfassung auf subjektiven
Einschätzungen der bescheinigenden Ärzte beruht. In der BRD lag im
Jahr 1999 das mediane Sterbealter von Männern mit COPD bei 76,3 Jahren und
war damit 3 Jahre höher als bei der übrigen männlichen
Bevölkerung. Dies darf nicht dahingehend fehlinterpretiert werden, dass
die COPD einen Schutzfaktor darstellt. Denn nach neueren Untersuchungen sinkt
die Überlebenswahrscheinlichkeit erheblich, wenn eine COPD vorliegt, und
insbesondere Frauen mit COPD sterben deutlich früher [48].
Vielmehr ist die Kodierung der Mortalitätsursache häufig
ungenau. In Totenscheinen aus England und Wales wurde die COPD nur halb so
häufig als primäre Todesursache genannt wie als weitere Diagnose
[49]. Nach der dänischen Kohortenstudie starben
45 % der COPD-Patienten an der COPD, 22 % an
kardiovaskulären Erkrankungen und 11 % an einem
Bronchialkarzinom [50]. Bei einem relevanten Anteil von
26 % der Patienten war die Todesursache unbekannt, besonders
dann, wenn der Tod im Schlaf eintrat [51]. Pneumonien
bzw. pulmonale Infektionen machen etwa 10 % der Todesursachen bei
COPD aus, vor allem bei schwerer COPD. Weitere wichtige Todesursachen sind
Lungenembolie und Diabetes mellitus [52]. Ein Teil der
Komorbidität lässt sich durch Alter und Tabakrauchen
erklären.
Ebenfalls schwierig zu interpretieren ist der Zusammenhang
zwischen Pharmakotherapie und COPD-Morbidität. So war in einer
epidemiologischen Studie das Risiko für eine Hospitalisation signifikant
höher, wenn Patienten medikamentös behandelt worden waren
[53]. Hier kann man die Pharmakotherapie als Indikator
für den Schweregrad der Erkrankung auffassen. Inhalative Steroide
reduzierten bei COPD nach einer post hoc Analyse von Sin [54] Todesfälle an kardiovaskulären oder malignen
Erkrankungen. In einer 3-jährigen Studie war die All Cause Mortality unter
inhalativen Steroiden allerdings leicht erhöht [55]. Nach Tiotropium ergab sich ein geringeres relatives
Risiko, an kardiovaskulären oder pulmonalen Ursachen oder an einer
Pneumonie zu versterben [56]. Generell sollten bei der
COPD keine Medikamente verordnet werden, die für die Komorbidität
ungünstig sind.
Konsequenzen der systemischen Effekte der COPD
In den letzten Jahren wurde die COPD als Systemerkrankung
begriffen. Mit dem Ziel, einen integrativen Parameter zu entwickeln, entstand
der BODE-Index mit den Kriterien Body Mass-Index, Obstruktion, Dyspnoe und
Belastbarkeit [57]. Er eignete sich besser als die
FEV1 oder der Quotient IC/TLC zur Vorhersage der Mortalität
[58].
In der TORCH-Studie waren nur 36 % der
Todesfälle durch eine pulmonale Erkrankung bedingt, während
Herzerkrankungen (27 %) und Tumoren (22 %) weitere
wichtige Todesursachen waren [55].
Umgekehrt beeinflusst die Komorbidität COPD den Verlauf
anderer Erkrankungen erheblich: alle wichtigen Krankheiten, die zur
Hospitalisation führen, sind ernster zu nehmen, wenn der Patient
gleichzeitig eine COPD hat [59]. Eine aktuelle Analyse
zum Zusammenhang zwischen Raucherstatus, kardiovaskulärer Mortalität
und FEV1 ergab zwar bei Rauchern in jeder
FEV1-Schweregrad-Gruppe ein erhöhtes Risiko [60]. Jedoch hatten Nichtraucher mit einer FEV1
unter 80 % des Solls ein größeres Risiko als Raucher
mit normaler FEV1. Demnach ist die FEV1 als Marker
für die globale Mortalität anzusehen.
Regelmäßige körperliche Aktivität reduziert
bei COPD sowohl die Hospitalisationsrate als auch die Mortalität
[61]. Um das Ausmaß der körperlichen
Aktivität als globalen Parameter genauer zu evaluieren, erfasste eine
Studie aus Großhansdorf mithilfe des SenseWea® Pro Armbands die Zeit
körperlicher Aktivität, die Schrittzahl und den Energieverbrauch
[62]. Sowohl die Schrittzahl als auch die Dauer der
täglichen Bewegungsaktivität verringerten sich mit zunehmendem
GOLD-Schweregrad. Patienten mit Zeichen der systemischen Entzündung
(Fibrinogen > 436 mg/dl) hatten in den jeweiligen GOLD-Stadien
eine geringere körperliche Aktivität als solche mit normalen Werten.
Ähnlich war die Situation bei Patienten mit Hinweis auf
linksventrikuläre Dysfunktion (NT-pro-BNP > 67,3 pg/ml).
Um Patienten zu vermehrter körperlicher Aktivität zu ermuntern,
reichen relativ einfache Interventionen aus, wie regelmäßige
Telefonanrufe beim Patienten zu Haus [63].
Welche Parameter werden von den aktuellen COPD-Leitlinien
besonders berücksichtigt?
Als aktuelle Leitlinien sind von besonderer Bedeutung 1. die
GOLD-Leitlinie [5], 2. die COPD-Leitlinie der Deutschen
Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin [64] und 3. die Nationale
Versorgungsleitlinie COPD [65]. Für die
Diagnosestellung und zur Einschätzung des Schweregrades der stabilen COPD
verwenden alle Leitlinien die (postbronchodilatatorische) FEV1 bzw.
die Relation FEV1/VC. Die DGP-Leitlinie berücksichtigt
außerdem das Emphysem mit den Kenngrößen FRC und
CO-Diffusionskapazität DL,CO.
Für den Wirksamkeitsnachweis bestimmter Therapieoptionen eignen
sich u. a. die Parameter FEV1, Überblähung,
Dyspnoe, Lebensqualität oder Häufigkeit von Exazerbationen. Nicht nur
durch Medikamente, sondern auch durch pulmonale Rehabilitation lassen sich
diesbezüglich Verbesserungen erreichen. Gute Effekte zeigten sich auch
durch Kombination verschiedener Therapieoptionen, wie körperliches
Training plus Tiotropium-Medikation [66].
Die an den Schweregrad der COPD angepasste Therapie unterscheidet
sich kaum zwischen den Leitlinien. Lang wirksame Bronchodilatatoren und
Rehabilitation werden ab Grad II empfohlen, inhalative Steroide bei
wiederkehrenden Exazerbationen ab Grad III, und bei sehr schwerer COPD
(Schweregrad IV) kommen Langzeitsauerstofftherapie und chirurgische Eingriffe
in Betracht. Exazerbationen sind charakterisiert durch vermehrte Symptome und
auffällige Blutgase. Die Notwendigkeit einer nicht-invasiven Beatmung wird
an den Blutgasen festgemacht (pH < 7,35, PaCO2
> 45 oder 50 mm Hg).
Unter suffizienter medikamentöser Dauertherapie der COPD
konnten respiratorische Exazerbationen um
20 – 30 % reduziert werden
[67]. Eine strukturierte Patientenschulung zeigte
diesbezüglich ebenfalls gute Effekte [68].
Leitlinien sind ein wichtiges Instrument des
Qualitätsmanagements. Sie müssen den regionalen Gegebenheiten
angepasst und in die Alltagsarbeit implementiert werden. Die
Versorgungsforschung sollte Qualitätsindikatoren definieren und
nachweisen, dass sich die Patientengesundheit durch Anwendung von Leitlinien
verbessern lässt.
Diskussion
Es gibt eine Reihe neuer Publikationen zur Frage, welche
Outcome-Parameter am besten für COPD-Studien geeignet sind. Vestbo u.
Mitarb. [77] haben in 2008 das Protokoll der
ECLIPSE-Studie zur Identifikation von prädiktiven Surrogatparametern bei
COPD veröffentlicht und stellten fest, dass die FEV1 der am
besten dokumentierte Beurteilungsparameter ist. In der ECLIPSE-Studie werden
zahlreiche weitere Parameter über 3 Jahre auf ihre Eignung als
prädiktive Surrogatparameter untersucht, da die Aussagekraft der
FEV1 im Hinblick auf die Prognose und die Differenzierung
unterschiedlicher Formen der COPD begrenzt ist.
Gillissen u. Mitarb. [2] haben dargestellt,
welche Schwellenwerte für die Bewertung unterschiedlicher Parameter bei
COPD notwendig sind, um als Erfolgsparameter einer Intervention gelten zu
können. Als geeignete Parameter werden benannt: FEV1,
submaximaler Belastungstest, 6-Minuten-Gehtest, Transition-Dyspnoe-Index (TDI),
Borg-Skala, Visual Analog-Skala, St. George’s Respiratory Questionnaire,
Chronic Respiratory Questionnaire (CRQ), Quality of well-being-Skala und
Exazerbationen.
Die umfassendste Darstellung der Outcome-Parameter bei COPD-Studien
der ATS/ERS-Task Force [3] gelangt ebenfalls zu dem
Schluss, dass Veränderungen der FEV1 nicht gleichbedeutend sind
mit Änderungen von Dyspnoe, Leistungsfähigkeit oder
Lebensqualität. Empfohlen wird neben der Bestimmung der FEV1
die Messung weiterer Funktionsparameter, wie FVC, IC/TLC und die Erfassung von
Dyspnoe, Gesundheitszustand, Lebensqualität und körperlicher
Leistungsfähigkeit. Häufigkeit und Schweregrad von Exazerbationen
werden als weitere wichtige COPD-Parameter bewertet. Mortalität, Dyspnoe
und Lebensqualität werden als die bedeutendsten und belastbarsten
Outcome-Parameter bezeichnet.