Der Klinikarzt 2008; 37(9): 407
DOI: 10.1055/s-0028-1103006
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Standards und Innovationen in der gastroenterologischen Endoskopie

Jürgen Pohl, Christian Ell
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. Oktober 2008 (online)

Das Tempo der innovativen Entwicklungen in der gastroenterologischen Endoskopie hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, und manche endoskopischen Techniken haben sich schon kurze Zeit nach ihrer Entwicklung im klinischen Alltag etabliert. Beispielsweise war die Einführung hochauflösender Videoendoskope, die uns heute eine minutiöse Auflösung der Mukosa ermöglichen, ein echter Quantensprung für die Bildverarbeitungstechnik.

Für eine darüber hinausgehende fokussierte Detailbetrachtung auffälliger Areale wurden unterschiedliche Verfahren entwickelt, die in speziell ausgerüsteten Endoskopen auf Knopfdruck ausgewählt werden können: Die virtuelle Chromoendoskopie kann heute eine Anfärbung der Mukosa mit einer Erhöhung des Kontrasts der Oberflächenstrukturen und der kleinen Mukosagefäße simulieren. Kombiniert wird diese Technik in der Regel mit der Magnifikationsendoskopie, welche die feinen Schleimhautstrukturen bis auf mehr als das 100–Fache vergrößern kann. Damit sind natürlich harmlose Schleimhautveränderungen besser von beginnenden Neoplasien zu unterscheiden. Mit einem neuartigen Endoskop, bei dem in die Gerätespitze ein konfokales Lasermikroskop integriert ist, kann mit dem Anspruch auf eine endoskopische Histologie sogar auf zellulärer Ebene „in vivo” mikroskopiert werden. Chancen, Anwendungsbereiche und Limitationen dieser innovativen, neuen Techniken sind derzeit Gegenstand vieler Studien.

Den Kinderschuhen entwachsen sind mittlerweile die Kapselendoskopie und die Doppelballon–Enteroskopie – Verfahren, die erstmals eine nichtoperative komplette endoskopische Untersuchung des Dünndarms ermöglichten: Beide Methoden haben sich auch in Deutschland für die Diagnose und Therapie von Dünndarmerkrankungen im klinischen Alltag durchgesetzt. Da ihr Einsatz aber abgesehen von der Patientenbelastung auch personal– und kostenintensiv ist und zudem von den Krankenkassen häufig nicht kostendeckend refinanziert wird, ist der rationale Einsatz dieser Untersuchungen von höchster Bedeutung.

Die zunehmende technische „Aufrüstung” der Endoskope verbunden mit einer Miniaturisierung der Technik erschließen zudem neue Indikationsfelder aus der Chirurgie oder der interventionellen Radiologie, wie zum Beispiel die endoskopische Tumortherapie. Während in der Palliation von fortgeschrittenen Tumoren endoskopische Techniken zur Tumordestruktion, Dilatation und Stentimplantation in vielen Zentren Routineverfahren sind, spielt die Endoskopie mittlerweile auch bei der Kuration von Frühkarzinomen des Gastrointestinaltrakts eine dominierende Rolle. Bei geeigneten Tumoren kann damit eine Heilung sicher erreicht und so eine ausgedehnte Operation vermieden werden. Anfänglich von vielen Skeptikern noch für einen durch einzelne (zumeist japanische) Endoskopievirtuosen propagierten, gefährlichen „Blindgänger” gehalten, hat sich diese Technik zur Therapie der ersten Wahl bei mukosalen Frühkarzinomen in Ösophagus, Magen und Kolon fest etabliert.

In dieser Ausgabe des klinikarzt möchten wir insbesondere neue Techniken beleuchten, die bereits Einfluss auf diagnostische Pfade und Therapiealgorithmen genommen haben. Fünf Jahre nach der Initiierung des ambitionierten nationalen Programms zur Vorsorgekoloskopie wagen wir darüber hinaus eine Standortbestimmung: Was ist bereits erreicht, wo liegen noch Probleme und welche Lösungsansätze gibt es? Last but not least blicken wir in die Zukunft und stellen Ihnen ausgewählte endoskopische Innovationen mit großem Potenzial für die Zukunft vor.

PD Dr. Jürgen Pohl
Prof. Dr. Christian Ell

Wiesbaden