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DOI: 10.1055/s-0028-1109471
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Elastografie in der Ultraschalldiagnostik: raus aus den Kinderschuhen?
Publication History
Publication Date:
02 June 2009 (online)
Von Zeit zu Zeit bekommt die Ultraschallfamilie „technischen Nachwuchs”, meist werden neue „US-Features” – vergleichbar einem neuen „tool” an einem Vielzweckwerkzeug im Heimwerkermarkt – unüberhörbar mit „dirty three letter words” angeboten. Und zunehmend gewinnt man den Eindruck, dass Neuentwicklungen in der Sonografie am großen Dreiländertreffen vorbeigehen: Alle verkriechen sich in ihre „Sonohöhle” und lernen endlich das, was man schon seit 10 Jahren können und wissen sollte. Immerhin ist dies gut für den Nachwuchs, da in den Kliniken niemand mehr Zeit hat, etwas zu zeigen oder zu erklären. Jeder ist genug mit Dokumentieren und Verschlüsseln beschäftigt – wer soll da noch etwas Neues ausprobieren?
Sonografie ist nach Rettenmaier die Fortsetzung der klinischen Inspektion und Palpation mit technischen Mitteln. Die Palpation unter Ultraschallsicht hat seit einigen Jahren ein neues Werkzeug bekommen: die Elastografie. Sicherlich ist die Technik noch nicht optimal ausgereift, aber ihre Brauchbarkeit hat sich bei ersten Fragestellungen erwiesen und es besteht die Chance einer Objektivierung durch quantitative, verlässlich erfassbare Parameter. Die ersten Entwicklungen reichen weit zurück [1] [2], der Begriff wurde vermutlich 1973 geprägt und hatte ursprünglich nichts mit Ultraschall zu tun [3].
Während man bei einer Literaturrecherche leicht zahlreiche Publikationen insbesondere zur Leber- und Mammadiagnostik mittels Elastografie finden kann, sind Beiträge zur Elastografie an den Dreiländertreffen und leider auch in unserer Zeitschrift rar. Immerhin gibt es auch in Deutschland einige rührige Arbeitsgruppen, deren Ergebnisse und Übersichten [4] [5] [6] [7] ich Ihnen zur Lektüre empfehlen möchte! Die sonografisch schlecht fassbare Fibrose und die schwierige frühe Diagnose einer Zirrhose wird bereits jetzt durch die Elastografie bereichert. Die Integration des „FibroScans” bzw. vergleichbarer Techniken ins Ultraschallgerät wird rasch zu einer hohen Akzeptanz dieser Messtechnik führen. Beschäftigte sich am DLT 2007 in Leipzig von ganzen 7 Beiträgen zur Elastografie kein einziger mit der Leber, so waren es in Davos 2008 immerhin 2 von 8 Beiträgen. Am ESUMB Kongress 2008 in Timişoara handelten 5 von 17 Beiträgen von der Leber, darunter auch Beiträge aus der DLT-Region. Besonders gut schält sich die Zuverlässigkeit des Verfahrens bei Fibrose und Zirrhose [8] heraus und es wird eifrig daran gearbeitet, das Ergebnis der Elastografie mit anderen Parametern zu einem „Score” zu verknüpfen [9] [10] – wenngleich, wie bei jeder Methode, auch über Fehlermöglichkeiten und Artefakte berichtet wird [11] [12]. Mit Erstaunen und Zurückhaltung ist ein Beitrag zur Differenzierung von HCC (< 3 cm) in zirrhotischen Lebern zu bewerten [13]. Frau Friedrich-Rust berichtete in Davos – ein „Highlight” der wissenschaftlichen Sitzungen – für die führende deutsche Arbeitsgruppe über eine Vergleichsstudie an 89 Patienten zur Beurteilung des Fibrosestadiums bei viraler Hepatitis. Sie verglich das Fibroscanverfahren mit einem vergleichbaren alternativen Verfahren (ARFI, Acuson-Siemens) und sehr gut übereinstimmende Ergebnisse [14]. Nicht ganz unerwartet erweist sich die hepatische Transitzeitbestimmung mit Sonovue für die Beurteilung der Leberfibrosestadien als ungeeignet [15].
Wer mit Ultraschall arbeitet, ist gewohnt, Barrieren zu überwinden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass über teils vielversprechende, teils ungewöhnliche Anwendungsmöglickeiten der Elastografie bei der EUS berichtet wird. Eine sehr gute Übersicht findet man bei Janssen [7], eine Originalarbeit mit ersten Erfahrungen, bei der EUS mittels Elastografie die verdächtigsten Lymphknoten für die Biopsie auszuwählen bei Saftoiu [16]. Erwartungsgemäß zeigen Pankreaskarzinom und chronische Pankreatitis andere Elastizitätswerte als ein gesundes Organ und natürlich ist man nicht überrascht, dass sich das Karzinom in der chronischen Pankreatitis auch der Elastografie entzieht [17]. Erwartet limitiert sind die Ergebnisse der transkutanen Elastografie des Pankreas – sehr mutig etwa die Behauptung, gerade die seltene Autoimmunpankreatitis charakterisieren zu können [18]. Exotisch, aber durchaus nachvollziehbar, ist die elastografische Beurteilung des Analsphinkters [19]. Diese diagnostisch schwierige und klinisch vernachlässigte Region könnte ein neues Werkzeug durchaus gebrauchen.
Für die Elastografie gut geeignete Organe liegen relativ oberflächlich und bestehen aus Weichteilgewebe oder Parenchym, wie Lymphknoten, Mamma oder Schilddrüse. Während erste Studien zur Unterscheidung von malignen und benignen Schilddrüsenknoten mit vielversprechenden Ergebnissen publiziert wurden [20] [21], sind die die in Leipzig und Davos vorgetragenen Ergebnisse zweier Studien ohne großen Erkenntniswert [22] [23]. Es ist zu erwarten, dass das Verfahren bei sehr bindegewebsreichen Malignomen, wie beim papillären Karzinom – häufig ein solitärer Knoten bei jungen Menschen – erfolgreich eingesetzt werden kann. Schwierigkeiten sind bei der Knotenstruma mit ihren regressiven Veränderungen und sehr niedrigen Inzidenz an Malignomen vermutlich vorprogrammiert. Nach anfänglich optimistischen Veröffentlichungen zum Prostatakarzinom wurden nur 2 urologische Beiträge vorgetragen [24] [25]. Ferner wurden Pilotstudien zu Parotistumoren [26], Achillessehnenschäden [27], diversen Muskelläsionen [28], Arteriosklerose [29], Venenthrombose [30] und oberflächlichen Lymphknoten [31] vorgestellt. Abschließend ist auf die relativ hohe Anzahl an Arbeiten zur Elastografie der Mamma hinzuweisen [32] [33] [34] [35] [36] [37] [38] [39] [40] [41] [42] [43] [44] – der Haupttenor liegt auf der ergänzenden Information und der vergleichsweise geringen Interobservervarianz.
Fazit: Die Beurteilung des Leberfibrosegrads durch Elastografie ist wissenschaftlich etabliert, sie wird sich rasch in der klinischen Praxis durchsetzen. Alle anderen Anwendungsbereiche bedürfen weiterer umfangreicher Studien – es gibt hier noch zahlreiche wissenschaftliche Herausforderungen!
Literatur
- 1 Céspedes I, Ophir J, Ponnekanti H. et al . Elastography: elasticity imaging using ultrasound with application to muscle and breast in vivo. Ultrason Imaging. 1993; 15 73-78
- 2 Parker K J, Lerner R M. Sonoelasticity of organs: shear waves ring a bell. J Ultrasound. 1992; 11 387-392
- 3 Haas R, Altaras J, Rossmeisl D. et al . Mammo-Elastografie. Fortschr Röntgenstr. 1973; 138 S198-S199
- 4 Friedrich-Rust M, Ong M F, Martens S. et al . Performance of transient elastography fort he staging of liver fibrosis: a metaanalysis. Z Gastroenterol. 2008; 134 960-974
- 5 Friedrich-Rust M, Ong M F, Herrmann E. et al . Real-time elastography for non-invasive assessment of liver fibrosis in chronic viral hepatitis. Am J Roentgenol. 2007; 188 758-764
- 6 Friedrich-Rust M, Zeuzem S. Transient elastography (FibroScan) for the non-invasive assessment of liver fibrosis: current status and perspectives. Z Gastroenterol. 2007; 45 387-394
- 7 Janssen J. (E)US: elastography current status and perspectives. Z Gastroenterol. 2008; 46 572-579
- 8 Ratiu I, Sporea I, Sirli R. et al . The value of liver stiffness measurement using fibroscan for the evaluation of liver cirrhosis. Ultraschall in Med. 2008; 29 S12
- 9 Lupsor M, Floares A, Stefanescu H. et al . Intelligent system for fibrosis stage prediction in chronic hepatitis C patients, combining ultrasonic transient elastography, usual ultrasonografic parameters and laboratory tests. Ultraschall in Med. 2008; 29 S69-S70
- 10 Gheonea D I, Saftoiu A, Ciurea T. et al . The role of real-time elastography in the non-invasive assessment of fibrosis in diffuse hepatopathies. Ultraschall in Med. 2008; 29 S75
- 11 Sirli R L, Deleanu A, Sporea I. et al . Factors associated with failure of liver stiffness measurement using the fibroscan. Ultraschall in Med. 2008; 29 S3
- 12 Camen D, Camen G, Donoiu L E. et al . Errors and artifacts in ultrasound elastography. Ultraschall in Med. 2008; 29 S71
- 13 Gheorghe L, Iacob S, Lupescu I. et al . Early and non-invasive diagnosis of small hepatocellular carcinoma using real-time elastography. Ultraschall in Med. 2008; 29 S15-S16
- 14 Friedrich-Rust M, Wunder K, Sotoudeh F. et al . Nicht-invasive Beurteilung des Leberfibrosestadiums bei viraler Hepatitits: eine Vergleichsstudie der Neuen Acoustic Radiation Force Elastografie mit dem FabroScan. Ultraschall in Med. 2008; 29 S138
- 15 Michaeli P, Strobel D, Haendl T. et al . Sonovue® eignet sich nicht zur nichtinvasiven Bestimmung des Leberfibrosestadiums bei chron. Hepatitis C. Ultraschall in Med. 2008; 29 S140
- 16 S█ftoiu A, Vilmann P, Hassan H. et al . Analysis of Endoscopic Ultrasound Elastography Used for Characterisation and Differentiation of Benign and Malignant Lymph Nodes. Ultraschall in Med. 2006; 27 535-542
- 17 Saftoiu A, Vilman P. Endoscopic ultrasound elastography – a new technique for the visualization of tissue elasticity distribution. J Gastrointestin Liver Dis. 2006; 15 161-165
- 18 Ignee A, Hirche T O, Barreiros A P. et al . Indications and limitations of tissue real-time elastography using endoscopic ultrasound in pancreatic disease. Ultraschall in Med. 2008; 29 S7
- 19 Allgayer H, Dietrich C F. Endosonografische Elastografie des Analsphinkters – eine prospektive Pilotstudie. Ultraschall in Med. 2007; 28 S6
- 20 Lyshchik, Hihashi T, Asato R. et al . Thyroid gland tumor diagnosis. US elastography Radiology. 2005; 237 202-211
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- 22 Goetzberger M, Kaiser C, Reincke M. et al . Pilotstudie zur Realtime-Sono-Elastografie der Schilddrüse: Evaluation von Normwerten für Elastogramm und Elastizitätskoeffizienten. Ulraschall in Med. 2007; 28 DOI: 10.1055 /s-2007-989 019
- 23 Saalabian S, Wolff J, Vorländer C. et al . Ist die Elastografie an der Schilddrüse eine sinnvolle Ergänzung der Diagnostik von kalten Knoten?. Ultraschall in Med. 2008; 29 S148
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- 27 Sconfienza L M, Cimmino M A, D’auria M C. et al . Evaluation with sonoelastography of Achilles tendon damage. Ultraschall in Med. 2008; 29 S51
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- 39 Isermann R, Grunwald S, Zygmunt M. et al . Betrachtung der Wertigkeit von B-Bild und Sonoelastografie bei der präoperativen Größenbestimmung von intramammärer Läsionen – eine prospektive Untersuchung. Ultraschall in Med. 2008; 29 S167
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S. Seitz
Innere Medizin, Kreiskrankenhaus Sigmaringen, Hohenzollernstr. 40, 72488 Sigmaringen