Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2009; 44(1): 48-55
DOI: 10.1055/s-0028-1128186
Fachwissen
Topthema: Chronischer Rückenschmerz
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Chronischer Rückenschmerz – Operative Therapieansätze bei chronischen Rückenschmerzen

Claudius Thomé
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Publication Date:
29 December 2008 (online)

Zusammenfassung

Das entscheidende Problem in der operativen Therapie von chronischen Rückenschmerzen besteht in der häufig unklaren Ätiologie dieser Symptomatik. Ein chirurgischer Eingriff erfordert jedoch die Identifikation einer operativ sanierbaren Pathologie. Liegt also eine radiologisch eindeutige Abnormität der Wirbelsäule – beispielsweise im Sinne einer Spinalkanalstenose, Instabilität oder Deformität – vor, so besteht bei therapierefraktären Beschwerden eine Operationsindikation mit guten Erfolgsraten. Die überwiegende Mehrzahl der Patienten weist jedoch lediglich eine unspezifische segmentale Degeneration auf. Fusionsoperationen sind hier nur mäßig erfolgreich und für die Vielzahl der modernen und weniger invasiven Methoden liegen bislang keine evidenzbasierten Daten vor.

Abstract

The main challenge in the surgical treatment of chronic low back pain lies in the poor knowledge of its etiology. Surgery, however, requires the identification of a surgically curable lesion. In cases of radiologically obvious structural spinal disease like stenosis, instability or deformity, surgery is indicated after failure of conservative measures and achieves acceptable success rates. The vast majority of patients, however, demonstrates only unspecific segmental degeneration. Fusion is only somewhat effective and there is no evidence–based data for the abundant modern and less invasive techniques.

Kernaussagen

  • Häufig iahe chronischer Rückenschmerzen unklar und die Patienten weisen nur unspezifische degenerative Veränderungen auf.

  • Offensichtliche strukturelle Abnormitäten der Wirbelsäule wie beispielsweise eine Spondylolisthese können chirurgissch mit gutem Erfolg therapiert werden.

  • Prinzipiell sollte bei chronischen Rückenschmerzen erst nach Versagen einer adäquaten mehrmonatigen konservativen Therapie an eine operative Behandlung gedacht werden.

  • Die Indikation zur operativen Therapie sollte bei unspezifischen Rückenschmerzen auf dem Boden einer segmentalen Bandscheibendegeneration streng gestellt werden.

  • Bei klinischem Verdacht auf ein lumbales Facettensyndrom ist eine diagnostische Testanästhesie mit ggf. nachfolgender perkutaner Facettendenervation indiziert.

  • Für perkutane intradiskale Verfahren wie die Thermoläsion oder die Nucleoplastie fehlt bislang ein Wirksamkeitsnachweis.

  • Im Falle einer konservativ therapierefraktären Nervenwurzelkompression ist eine Dekompressionsoperation indiziert.

  • Bei Instabilitäten und Deformitäten ist das Outcome von Fusionsoperationen günstig.

  • In der Behandlung unspezifischer Rückenschmerzen weist die Fusion allenfalls marginal bessere Ergebnisse auf als eine adäquate konservative Therapie.

  • Bandscheibenprothesen werden als vielversprechende Arthroplastietechnik eingestuft, sind jedoch nur bei einem sehr kleinen Prozentsatz der Patienten indiziert und weisen aktuell nur mäßige Erfolgsraten auf.

  • Dynamische Stabilisierungsverfahren können potenziell der Degeneration entgegenwirken, ohne dass bislang ihre klinische Effektivität nachgewiesen wurde.

  • Die Zahl an modernen und minimal invasiven operativen Verfahren in der Behandlung chronischer Rückenschmerzen nimmt stetig zu. Eine evidenzbasierte Beurteilung der Verfahren ist noch nicht möglich.

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Prof. Dr. med. Claudius Thomé

Email: claudius.thome@nch.ma.uni-heidelberg.de

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