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DOI: 10.1055/s-0029-1185296
© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG
Biotin
Publication History
Publication Date:
04 March 2009 (online)
Biotin, auch als Vitamin H bezeichnet, gehört zur Gruppe der wasserlöslichen B-Vitamine. Es ist Koenzym bei Carboxylierungsreaktionen (Mitochondrien), in deren Verlauf Biotin ATP-abhängig carboxyliert wird und als Carboxylierungsmittel fungiert. In seiner aktiven Form ist Biotin kovalent an Enzymproteine gebunden (prosthetische Gruppe).
Im menschlichen Organismus ist Biotin ein essenzieller Kofaktor von 4 Carboxylasen, welche die Bindung von Bicarbonat an organische Säuren katalysieren:
Acetyl-CoA-Carboxylase (Startreaktion bei der Fettsäurebiosynthese) Pyruvatcarboxylase (Bereitstellung von Metaboliten des Citratzyklus) Propionyl-CoA-Carboxylase (Glucoseproduktion und Energieversorgung) 3-Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase (Abbau der verzweigtkettigen Aminosäure Leucin)
Biotin ist somit an einer Vielzahl von Stoffwechselprozessen im Intermediärstoffwechsel beteiligt wie der Glukoneogenese (= Neubildung von Glukose aus Nichtzuckern, z. B. Aminosäuren), der Synthese langkettiger ungesättigter Fettsäuren und dem Aminosäurestoffwechsel.
Nahrungsbiotin wird in biotinhaltige Peptide zerlegt, insbesondere Biocytin (Biotinyl-ε-Lysin), für dessen Spaltung das ubiquitäre Enzym Biotinidase erforderlich ist. Ein Mangel an Biotinidase führt zu Biotinmangel. Die Biotinidase hat eine weitere Funktion als Biotin-Transferase, die Histone (= basische DNA-bindende Proteine) biotinyliert und debiotinyliert und damit die Chromatinstruktur, die DNA-Reparatur und die Genexpression beeinflusst. Daneben wird Biotin auch für die Proliferation der T-Zellen und der Antikörperproduktion benötigt.
Funktionen:
Pyruvatcarboxylase: a) Schlüsselenzym der Glukoneogenese (Leber, Nieren): mitochondriales Enzym, das Pyruvat zu Oxalacetat carboxyliert und an der Regulierung des Blutzuckerspiegels beteiligt ist; b) Lipogenese (Fettgewebe): Fettsäuresynthese (Bereitstellung von Zitrat für Lipogenese), Aufrechterhaltung und Regulierung des Zitratzyklus; c) Gehirn: Fixierung von CO2, Ausreifung des Gehirns Propionyl-CoA-Carboxylase (Energieversorgung, Glukosesynthese): Carboxylierung von Propionyl-CoA zu Methylmalonyl-CoA. Propionsäure stammt aus der Oxidation ungeradzahliger Fettsäuren und dem Abbau von L-Methionin, L-Isoleucin und L-Valin. 3-Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase: Abbau der verzweigtkettigen Aminosäure L-Leucin Acetyl-CoA-Carboxylase (Fettsäure-, Prostaglandinsynthese): Carboxylierung von Acetyl-CoA zu Malonyl-CoA, der erste Schritt für die Fettsäuresynthese, und Verlängerung langkettiger ungesättigter Fettsäuren, Vorläufer der Prostaglandine Biotinylierung (durch Biotindase) von Histonen: DNA-Replikation/-Transkription, Einfluss auf Chromatinstruktur, DNA-Reparatur und Genexpression weitere Effekte: Stimulierung der Glucokinase in Leberparenchymzellen (→ Leber: Steigerung der Glykogensynthese = Speicherform der Glukose), Stimulierung der Insulinsekretion (→ Pankreas), Interaktion mit zellulären Glukosetransportern (GLUTs)
Empfohlene Zufuhr (laut D‐A‐CH): Jugendliche, Erwachsene, Schwangere und Stillende 30–60 µg/d
Biotin-Status:
a) Serum: Mangel: < 0,2 µg/l; b) Biotin-Exkretion im Urin Normalwert: 25–50 µg/24 h, marginales Defizit: 10–25 µg/24 h
Hinweis: Keine besondere Probenvorbereitung notwendig, venöse Blutentnahme (12 h Nahrungskarenz), Serum durch Zentrifugieren gewinnen