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DOI: 10.1055/s-0029-1185800
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Notfallversorgung bei Mund-Kiefer-Gesicht-Verletzungen
Publication History
Publication Date:
26 June 2009 (online)


Kernaussagen
Epidemiologie
Durch die Zunahme des Straßenverkehrs und der Mobilität und die Zunahme von Hochgeschwindigkeits-Freizeitaktivitäten hat die Häufigkeit von Verletzungen und Frakturen im Gesichtsbereich zugenommen. Bei bis zu 15 % aller Traumapatienten findet sich daher eine zusätzliche Verletzung im Mund-Kiefer-Gesicht-Bereich.
Notfalldiagnostik und initiale Therapie
Die Sicherung der Atemwege sowie das Management starker Blutungen im Gesichtsbereich zählen zu den wichtigsten Maßnahmen bei der initialen Therapie von Traumapatienten. Bei der Sicherung der Atemwege müssen Fremdkörper entfernt und gegebenenfalls Skelettanteile reponiert und gesichert werden.
Nach der Sicherung der Atemwege können starke Blutungen am Unfallort durch Tamponaden der Mundhöhle vorübergehend therapiert werden. Bei Blutungen aus dem Mittelgesichtsbereich kann mit Tamponaden der Nasenhaupthöhle durch Vaselinetamponaden oder Bellocq- bzw. Blasenkatheter eine Blutstillung bewirkt werden.
Sehbahnstörung
Bei Störungen der Sehbahn ist eine sofortige Therapie notwendig. Je nach zugrunde liegender Verletzung ist eine medikamentöse Therapie mit Steroiden, gegebenenfalls in Kombination mit einer operativen Dekompression der Orbita oder einer Dekompression des Sehnervs, indiziert.
Timing
Bei Verletzungen im Gesichtsbereich werden Frakturen in der Regel erst nach der allgemeinen Stabilisierung des Patienten versorgt (verzögerte Versorgung). Dagegen soll die Weichgewebeversorgung zur Vermeidung einer ausgeprägten Narbenbildung möglichst früh durchgeführt werden.
Wundverschluss
Der Wundverschluss wird dabei möglichst atraumatisch mit feinem Nahtmaterial durchgeführt.
Verbrennungen
Bei oberflächlichen Verbrennungen im Gesichtsbereich sind topische Antibiotika-Salben indiziert. Tiefere Verbrennungen werden mit Spalthaut versorgt.
Frakturen im Mund-Kiefer-Gesicht-Bereich
Leitsymptom der Kieferfrakturen sind Störungen der Verzahnung. Jochbein-Orbita-Frakturen werden durch die Schwellung im Gesichtsbereich zunächst meist maskiert und daher oft nicht erkannt. Während bei Unterkieferfrakturen die konventionelle Radiologie zur Diagnosesicherung oft ausreicht, ist bei Frakturen des Mittelgesichts, der Orbita und des oberen Gesichtsdrittels die Computertomografie das Mittel der Wahl.
Eine Ruhigstellung von Unterkieferfrakturen ist durch eine mandibulomaxilläre Fixation möglich. Die Versorgung von Frakturen erfolgt in der Regel verzögert.
Verletzungen der Zähne
Vollständige Luxationen von Zähnen machen ein sofortiges Handeln nötig. Avulsierte Zähne müssen möglichst sofort in geeigneten Flüssigkeiten wie kalter H-Milch oder einer speziellen Nährlösung bis zur Replantation gelagert werden. Luxierte Zähne werden durch Schienungen stabilisiert.