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DOI: 10.1055/s-0029-1214908
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Lungenbeteiligung bei systemischer Sklerodermie
Lung Impairment in Systemic Sclerosis
Dr. Heiko Knoop
Medizinische Klinik III – Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin
Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinik Bergmannsheil GmbH
Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Email: Heiko.Knoop@ruhr-uni-bochum.de
Publication History
eingereicht 29.5.2009
akzeptiert 4.6.2009
Publication Date:
25 August 2009 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Epidemiologie der systemischen Sklerodermie
- Lungenbeteiligung bei systemischer Sklerodermie
- Interstitielle Lungenerkrankung (ILD)
- Pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH)
- Zusammenfassung und Ausblick
- Interessenkonflikte
- Literatur
Zusammenfassung
Unter dem Oberbegriff Sklerodermie werden heterogene Autoimmunerkrankungen zusammengefasst, die verdickte, sklerotische Hautläsionen gemein haben. Die Sklerodermie zählt zum Formenkreis der Kollagenosen. Die systemische Form der Sklerodermie wird als Progressive Systemische Sklerose (PSS) oder systemische Sklerodermie (SSc) bezeichnet. Die Lungenbeteiligung bei SSc in Form von interstitieller Lungenerkrankung (ILD) und pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) ist eine der häufigsten Manifestationen der Erkrankung. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, einen Überblick über die Formen des Lungenbefalls bei SSc mit besonderem Augenmerk auf die interstitiellen Lungenerkrankungen zu geben – unter Berücksichtigung der bisher identifizierten pathogenetischen Mechanismen und der Therapieoptionen.
#Abstract
Scleroderma is a generic term for autoimmunological diseases having thickened sclerotic skin lesions in common. Scleroderma belongs to a group of connective tissue diseases. The systemic form of scleroderma is called progressive systemic sclerosis (PSS) or systemic sclerosis (SSc). Lung impairments, namely interstitial lung disease (ILD) and pulmonary arterial hypertension (PAH), are one of the most common manifestations in SSc. This article summarises the forms of lung impairment in SSc with special emphasis on interstitial lung diseases and draws attention to the so far identified pathogenetic mechanisms and the presently accepted therapeutic options.
#Einleitung
Die systemische Sklerodermie ist eine autoaggressive entzündliche Bindegewebserkrankung mit Multiorganbefall [1]. Sie umfasst eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die sich durch verdickte, sklerotische Hautläsionen auszeichnen. Der Begriff Sklerodermie wurde 1847 von Gintrac eingeführt [2]. Bei ausschließlichem Hautbefall spricht man von zirkumskripter oder umschriebener Sklerodermie. Die systemischen Formen werden als Progressive Systemische Sklerose (PSS) oder systemische Sklerodermie (SSc) bezeichnet und nach LeRoy et al. in eine limitierte und eine diffuse kutane systemische Sklerodermie (lcSSc/dcSSc) unterteilt [3] [4] [5]. Zur Aufteilung in lcSSc und dcSSc werden u. a. Unterschiede in der Organbeteiligung, Differenzen bezüglich des Antikörperprofils und des Krankheitsverlaufs herangezogen. Wesentliche Charakteristika seien kurz aufgeführt:
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lcSSc: akrales Verteilungsmuster der Hautläsionen (beschränkt auf Hände und Unterarme), CREST-Syndrom (Calcinosis cutis, Raynaud-Syndrom (s. [Abb. 1]), ösophageale Beteiligung, Sklerodaktylie, Teleangiektasien) ist möglich, selten Nierenbeteiligung, eine pulmonal-arterielle Hypertonie (mit oder ohne Lungengerüstprozess) kann ebenfalls auftreten – meistens spät im Krankheitsverlauf. Serologie: Antizentromeren-Antikörper (ACA) sind in ca. 70 % der Fälle positiv.
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dcSSc (s. [Abb. 2] ): ein Raynaud-Syndrom ist zunächst nicht selten einziges Symptom, weitere Hautveränderungen (Akren/Körperstamm) folgen in der Regel innerhalb eines Jahres. Ein Organbefall tritt früh im Krankheitsverlauf auf, schließt vor allem Lunge, Magen-Darm-Trakt, Herz und Niere ein. Serologie: Antikörper gegen das extrahierbare immunoreaktive 70kDa-Fragment (Scl-70) von Topoisomerase (TOPO) I sind in 30 % der Fälle positiv. Antikörper gegen RNA-Polymerase I, II und III in 15 % [6].
Die Autoantikörper lassen sich in antinukleäre Antikörper (ANA) und als eine Unterform in Autoantikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA) unterteilen. Zu den ENA zählen neben anti-TOPO I-Antikörpern auch die ACA mit den Unterformen CENP-A und -B (Antikörper gegen Centromer-Protein A bzw. B).
Im deutschsprachigen Raum ist die Klassifikation der Arbeitsgemeinschaft für dermatologische Forschung (ADF) etabliert [7]:
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Typ 1: Akraler Typ (häufigste Form mit betont vaskulärer Komponente)
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Typ 2: Proximal aszendierender Typ mit aszendierender Sklerosierung von Unter- und Oberarmen. Beteiligung von Verdauungstrakt, Lunge, Nieren und Leber (primär biliäre Zirrhose)
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Typ 3: Stammsklerodermie (Stammtyp) mit zentrifugaler Ausbreitung; Raynaud-Phänomen kann fehlen, Beteiligung von Gelenken und inneren Organen (Herz, Niere, Verdauungstrakt), febrile Temperatur
Typ 1 und 2 entsprechen der lcSSc, Typ 3 der dcSSc.
Zur Diagnosestellung einer Sklerodermie können nach wie vor die Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) angewendet werden [8]. Die Diagnose gilt als gesichert, wenn der Patient das Haupt- oder zwei der drei Nebenkriterien erfüllt.
Hauptkriterium: Diffuse sklerotische Hautveränderungen (Verdickung, -härtung, -steifung der Haut) am Körperstamm (proximal)
Nebenkriterien:
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Sklerodaktylie (Finger und/oder Zehen)
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Rattenbissnekrosen/Substanzverlust an den Fingerballen
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beidseitige, basal lokalisierte Lungenfibrose
Für den Erkrankten steht der Hautbefall zumeist zuerst im Fokus der Aufmerksamkeit, da er sich in der Regel früh im Krankheitsverlauf bemerkbar macht [9]. In der dermatologischen Praxis wird zur Abschätzung des Schweregrades der Hautläsionen der modifizierte Rodnan Skin Score (mRSS) angewendet [10] [11] [12] [13]. Beim mRSS werden 17 verschiedene Körperareale (Gesicht, Thorax, Abdomen, Oberarme, Unterarme, Hände, Finger, Oberschenkel, Unterschenkel, Füße) nach Palpation und Hautfältelung durch den Untersucher anhand einer Skala von 0 bis 3 beurteilt.
#Epidemiologie der systemischen Sklerodermie
Die Angaben zur Inzidenz schwanken abhängig vom Studiendesign, aber auch von genetischen und ethnischen Unterschieden. In den USA variiert die Inzidenz von ungefähr 4 bis 19 pro 1 Million Einwohner pro Jahr. Die Prävalenz liegt in den Vereinigten Staaten stabil bei ca. 240 Patienten pro 1 Million Einwohner in den letzten 20 Jahren [14] [15]. Für Europa existieren Angaben aus den Niederlanden: hier beträgt die Prävalenz 8,9 pro 100 000 Einwohner, die Inzidenz 0,77 pro 100 000 [16]. Menschen mit dunkler Hautfarbe erkranken häufiger als Weiße [17]. Frauen sind deutlich häufiger betroffen (ca. 5 : 1 in Ergebnissen der EULAR (European League Against Rheumatism) und des German Network for Systemic Sclerosis) [18] [19]. Das Durchschnittsalter bei Erkrankungsbeginn beträgt ca. 44 Jahre [18] [19]. Der wichtigste, bisher identifizierte Risikofaktor, an SSc zu erkranken, ist eine positive Familienanamnese [20].
#Lungenbeteiligung bei systemischer Sklerodermie
Es existieren mindestens vier unterschiedliche Formen der Lungenbeteiligung:
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interstitielle Lungenerkrankung (Interstitial Lung Disease, ILD) (s. [Abb. 3]) inklusive Kapillaritis mit diffuser Hämorrhagie
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pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH)
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Aspirationspneumonie und Bronchiektasenbildung infolge schwerer ösophagealer Dysmotilität mit daraus resultierendem gastroösophagealen Reflux und ggf. morphologischen Veränderungen (Ösophagitis/Barrett-Ösophagus)
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Bronchialkarzinom (v. a. bronchiolo-alveoläres Karzinom) [1]
Eine pulmonale Hämorrhagie mit akutem Nierenversagen und diffuser alveolärer Hämorrhagie wurde selten beschrieben [21]. Die gehäuft bei systemischer Sklerodermie vorkommenden Bronchialkarzinome wurden als Narbenkarzinome bei fortschreitender Lungenfibrose interpretiert. Eine neuere Untersuchung zeigt aber, dass das Risiko für ein Bronchialkarzinom nicht durch die Lungenfibrose oder den Nachweis von anti-TOPO I-Antikörpern erhöht wird, sondern durch das inhalative Zigarettenrauchen bestimmt wird [22].
Lungenfibrose als eine Form einer ILD wird als ACR-Nebenkriterium genannt und belegt so die Bedeutsamkeit dieser Organmanifestation. Dies spiegelt sich auch in der Untersuchung der häufigsten Todesursachen bei SSc-Patienten wider: seit Einführung der ACE-Hemmer im Jahr 1980 lässt sich die SSc-bedingte Nierenbeteiligung wirksam behandeln [23]. Die pulmonalen Krankheitsfolgen ILD und PAH sind zur Haupttodesursache avanciert und nach dem gastrointestinalen Befall die zweithäufigste Organbeteiligung [19] [24] [25]. In der Vergangenheit konnten keine zuverlässigen Aussagen zur Häufigkeit von ILD und PAH bei SSc-Patienten getroffen werden, da systematische Screeninguntersuchungen nicht durchgeführt wurden. Man weiß inzwischen, dass ein Großteil der Patienten eine solche Organmanifestation entwickelt. Die Angaben variieren zwischen 70 und 100 % [26] [27] [28] [29]. Als Nachweisverfahren dienten Autopsie und CT-Thorax. Eine Unterscheidung der Lungenbeteiligung in PAH und ILD ist schwierig, da viele Patienten an beiden Krankheitsformen leiden. Eine signifikante Lungenbeteiligung kann bei 25 % der Patienten bereits früh im Krankheitsverlauf beobachtet werden [30]. Dementsprechend werden heutzutage ein frühes Screening sowie engmaschige Kontrolluntersuchungen empfohlen [31].
#Sinnvolle Screeninguntersuchungen auf ILD/PAH bei SSc-Patienten
Zur Beurteilung interstitieller Lungenveränderungen ist zunächst der bildmorphologische Befund von Interesse. Dank des technischen Fortschritts im Bereich der CT-Technik ist die Beurteilung im hochauflösenden CT (HR-CT) des Thorax in den letzten 20 Jahren zum Goldstandard geworden [32]. Zur Quantifizierung des Ausmaßes der beobachteten Veränderungen und zur Beantwortung der Frage nach dem Anteil von milchglasartigen Trübungen sowie nach Veränderungen im zeitlichen Verlauf werden in der internationalen Praxis semiquantitative Score-Systeme verwendet [33] [34] [35]. Milchglasartige Trübungen wurden früher in Zusammenhang mit florider Entzündungsaktivität (Alveolitis) gebracht. Sie sind jedoch nicht sehr spezifisch, sodass als weitere Diagnostik eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL) sinnvoll ist [27] [36]. Mit den üblichen funktionellen Untersuchungen lässt sich objektivieren, welche Funktionsausfälle durch eine ILD oder PAH hervorgerufen werden [37]. Zu erwarten sind – auch bereits bei noch asymptomatischen Patienten mit SSc-ILD – restriktive Ventilationsstörungen [38], die sich entsprechend vor allem in einer Verminderung von TLC und FVC widerspiegeln – ebenso wie eine Verminderung der TLCO [37]. Auch infolge einer PAH kann es zu einer Verminderung der TLCO kommen, sodass zur weiteren Differenzierung die Berechnung des Quotienten FVC/TLCO (jeweils in % vom Soll) empfohlen wird [27]. Aufgrund der Volumenabhängigkeit der TLCO ist aus unserer Sicht der Krogh-Index (TLCO/Alveolarvolumen in Prozent vom Soll) die geeignetere Beurteilungsgröße. Die genannten Parameter eignen sich ebenso wie die Blutgasanalyse in Ruhe und unter Belastungsbedingungen (6-Minuten-Gehtest (6-MWT) mit Längenangabe der Gehstrecke) für die Verlaufsbeurteilung [39]. Allerdings wurde in einer retrospektiven Untersuchung gezeigt, dass Schmerzen in den unteren Extremitäten bei Patienten mit SSc-ILD und -PAH dazu führten, dass eine Belastungsgrenze hinsichtlich der Luftnotsymptomatik beim 6-MWT nicht erreicht werden konnte [40]. Versuche, die bildgebenden Befunde mit den Ergebnissen der Funktionsuntersuchungen zu korrelieren und daraus ein Staging-System zu entwickeln, sind ebenso beschrieben [41] [42]. Zur Diagnosesicherung ist prinzipiell eine Biopsie zur genaueren histologischen Einordnung wünschenswert (Biopsie im Rahmen einer videoassistierten Thorakoskopie (VATS) oder transbronchialen Biopsie). Die VATS ist der offenen Lungenbiopsie im Rahmen einer Thorakotomie überlegen [43], da sie weniger invasiv ist und damit weniger Risiken birgt. Im Vergleich zur transbronchialen Biospie liefert sie qualitativ bessere Proben und gilt daher als Goldstandard zur Diagnosesicherung [27]. Bei koexistierender PAH werden Lungenbiopsien wegen des erhöhten Blutungsrisikos nicht empfohlen [44].
Zur Klärung der Frage einer PAH ist die jährliche transthorakale Echokardiografie als Screeningmethode angezeigt [45]. Als weitere Diagnostik sollte ggf. eine Einschwemmkatheteruntersuchung angeschlossen werden.
Des Weiteren sind wie bei jedem SSc-Patienten Laboruntersuchungen (inklusive Bestimmung von C-reaktivem Protein, Blutbild, Autoantikörpern) zu empfehlen.
#Interstitielle Lungenerkrankung (ILD)
[Abb. 4] gibt eine Übersicht über die systematische Einteilung der ILD. Entsprechend dem Consensus Statement der American Thoracic Society (ATS) und European Respiratory Society (ERS) werden idiopathische interstitielle Pneumonien (IIP) in die idiopathische Lungenfibrose (idiopathic pulmonary fibrosis, IPF) und non-IPF IIP unterschieden [46]. Die IPF stellt die häufigste Form der Lungenfibrosen dar [46]. Vor allem in Großbritannien findet darüber hinaus auch der Begriff kryptogen fibrosierende Alveolitis als Form einer IIP Anwendung [47]. Das histologische Korrelat zum klinischen Begriff IPF ist die Usual Interstitial Pneumonia. Die non-IPF IIP umfassen verschiedene klinische und histomorphologische Begriffe. Hierzu zählt auch die histologische Beschreibung Nonspecific Interstitial Pneumonia (NSIP). Dieser von Katzenstein und Fiorelli [48] eingeführte Begriff umfasst eine Gruppe von nicht-klassifizierbaren interstitiellen Pneumonien. In Abgrenzung zu den IIP werden die interstitiellen Pneumonien bei Systemerkrankungen, z. B. SSc gesehen. Der vorherrschende histologische Typ bei SSc-ILD ist die NSIP [49] [50]. Im Vergleich mit der idiopathischen NSIP zeigte sich bei SSc-NSIP ein deutlich stärkerer fibrotischer Prozess in Form einer höheren Dichte von Kollagenfasern im septalen Interstitium sowie einer höheren Dichte von elastischen Fasern entlang der septalen Interstitien und in den Gefäßwänden. Der Krogh-Index war bei den SSc-Patienten stärker eingeschränkt. Dennoch gab es hinsichtlich des Überlebens keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen [51].
#Pathogenese
Die Pathogenese der SSc-ILD ist komplex. Sie umfasst immunologische Aktivierung, Entzündungsprozesse sowie Gefäßverletzung. [Abb. 5] gibt einen Überblick über mögliche pathogenetische Zusammenhänge, wobei die zeitliche Abfolge der Ereignisse unklar ist. Für die Pathogenese der SSc wird allgemein angenommen, dass eine Gefäßverletzung (durch Viren oder Autoantikörper) ein frühes Ereignis im Rahmen einer chronischen Entzündungsreaktion darstellt. Bei der SSc-ILD scheinen chronische Entzündungsprozesse ebenfalls eine besondere Rolle hinsichtlich des fibrotischen Umbauvorganges zu spielen. Hier wird der Entzündungsprozess möglicherweise durch eine unbekannte Gewebsverletzung – denkbar sind rezidivierende Aspirationen bei koexistierender Ösophagusbeteiligung – getriggert: neben dem Zusammenhang zwischen Ösophagitis/Barrett-Ösophagus und schwerer Ösophagusmotilitätsstörung konnte auf eine Korrelation zwischen schwerer Ösophagusmotilitätsstörung und SSc-ILD geschlossen werden [52] [53]. Ferner haben Patienten mit SSc-ILD mehr gastroösophageale Refluxepisoden und mehr Refluat, das den proximalen Ösophagus erreicht [54]. Durch die Gewebsverletzung in der Lunge kommt es zur Apoptose und Aktivierung von Epithelzellen, die über eine Freisetzung von Zytokinen (Interleukinen) wiederum eine Entzündungsreaktion und Aktivierung von T- und B-Zellen sowie Makrophagen auslösen. Durch die Freisetzung von Zytokinen (Interleukinen, Interferonen) und Wachstumsfaktoren (Transforming Growth Factor (TGF)-β, Connective-Tissue Growth Factor (CTGF)) kommt es zur Aktivierung von Fibroblasten. Diese Aktivierung führt einerseits zur Akkumulation von Bestandteilen der extrazellulären Matrix (ECM) wie Proteoglykanen und Kollagen, andererseits unter Einfluss von TGF-β zur Umwandlung der Fibroblasten zu Myofibroblasten. Diese ähneln Zellen der glatten Muskulatur und tragen über eine Verfestigung der extrazellulären Matrix zum fibrotischen Prozess bei. Myofibroblasten können auch durch EMT (Epithelial-Mesenchymal Transition) unter Einwirkung von TGF-β und Endothelin-1 (ET-1) aus Epithelzellen entstehen [55].
Im Folgenden werden einzelne Studien zur Pathogenese der SS-ILD vorgestellt.
#Tiermodelle
Wesentliche Erkenntnisse über die Pathogenese von Lungenfibrose im Allgemeinen stammen aus Tiermodellen, bei denen Mäuse nach intratrachealer Bleomycingabe an Lungenfibrose erkrankten [56]. Eine britische Arbeitsgruppe entwickelte ein Modell mit transgenen Mäusen (TβRIIΔk-fib) [57], die einen mutierten TGF-β-Rezeptor Typ II in Fibroblasten exprimierten. Diese Mutation bewirkt eine Liganden-abhängige Aktivierung von nachgeschalteten Signalwegen und erhöht die extrazelluläre Bioaktivität von TGF-β. TGF-β ist ein Schlüsselmediator bei der Entstehung von Fibrose, und eine anhaltende Aktivierung von TGF-β wird mit der Pathogenese der SSc in Verbindung gebracht [58]. Eine erhöhte Expression von TGF-β1 und TGF-β2 in Lungenbiopsien wurde ebenfalls beschrieben [59]. TβRIIΔk-fib-Mäuse und Bleomycin-behandelte Wildtyp-Mäuse zeigten in der Elektronenmikroskopie Schädigungen der Alveolarepithelzellen, erhöhte Kollagenanteile und Fibrosierung. Im Vergleich mit den gleichermaßen behandelten Wildtyp-Tieren zeigten die Bleomycin-behandelten transgenen Mäuse schwerere Schäden. Die morphologischen Veränderungen von mit Kochsalz behandelten transgenen Mäusen glichen denen von Wildtyp-Mäusen, die mit Bleomycin behandelt wurden. Es wurde geschlussfolgert, dass die Störung des Fibroblasten-spezifischen TGF-β-Signalweges bereits bei kleineren Gewebsverletzungen eine signifikante Fibrosierung herbeiführt.
Inwieweit die Ergebnisse der Tiermodelle auf den Menschen übertragbar sind, bleibt wie bei jedem Tiermodell unklar. Ein erster Ansatzpunkt für In-vivo-Untersuchungen ergab sich mithilfe der Positronen Emissionstomografie (PET), bei dem für Patienten mit SSc-ILD tendenziell ein reduzierter Liganden-Uptake in Makrophagen bei erhöhter Dichte des Lungengewebes nachgewiesen wurde [60].
#Genetische Untersuchungen
Es existieren umfassende genetische Untersuchungen im Zusammenhang mit SSc – die meisten überprüfen aber nicht den Zusammenhang mit SSc-ILD, sondern mit dcSSc/lcSSc oder verschiedenen Autoantikörpern [61] [62]. Im Zusammenhang mit SSc-ILD wurden nachfolgende Gene identifiziert:
CTGF kodiert für Connective-tissue growth factor (CTGF), einen Wachstumsfaktor, dem eine Bedeutung bei der Fibroblasten-Proliferation, der Bildung von extrazellulärer Matrix sowie von Adhäsions- und Granulationsgewebe zukommt. Ein single-nucleotide Polymorphismus (SNP) in der Promotorregion von CTGF (G-945C) zeigte eine Assoziation mit SSc: das Vorhandensein eines C-Allels ist bedeutsam für die Unterdrückung der Transkription von CTGF. Homozygote G-Allel-Träger wiesen darüber hinaus vermehrt spezifische Antikörper (anti-TOPO I-Antikörper und ACA) sowie ein höheres Risiko einer ILD auf [63]. Eine weitere Assoziation konnte hergestellt werden zwischen Polymorphismen in NRAMP1 (INT4 (469 + 14G/C) und 5‘(GT)n) und SSc-ILD. NRAMP1 kodiert für das Natural Resistance Associated Macrophage Protein 1 (NRAMP1), das über verschiedene Mechanismen (u. a. Hochregulieren von Chemo-/Zytokin-Genen, Tumor Nekrose Faktor α, Interleukin 1-b) zur Aktivierung von Makrophagen beiträgt [64]. Protektiv ist das Vorliegen eines SNP im Surfactant Protein B-Gen (SP-B): In einem japanischen Untersuchungskollektiv kam der T/T-Genotyp in SP-B (1580 C/T (Thr131Ile)) bei SSc-Patienten mit ILD signifikant seltener als bei denen ohne ILD vor [65]. Dieudé et al. [66] zeigten einen Zusammenhang zwischen einem SNP im IRF5-Gen und systemischer Sklerodermie. Das IRF5-Gen kodiert für einen Interferon (IFN)-Regulationsfaktor, der eine wichtige Rolle bei der virus-induzierten Immunaktivierung und der Regulation von IFN Typ 1 spielt. IFN Typ 1 bezeichnet eine Familie von Interferonen (Interferon α, β, δ, ο, τ), die einen wichtigen Mediator des angeborenen Immunsystems darstellen. So stimuliert IFN Typ 1 die Reifung von Monozyten zu dendritischen Zellen ebenso wie die von Plasmazellen, den Switch von Immunglobulinen innerhalb der verschiedenen Immunglobulinklassen, die Aktivität von zytotoxischen T- und natürlichen Killerzellen sowie die Sekretion von Chemokinen. Für das IRF5-Gen wurde für das T-Allel von rs2004640 zuvor bereits ein Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen gezeigt. Die Untersuchung von Dieudé et al. konnte darüber hinaus eine signifikante Assoziation zwischen dem T-Allel und SSc-ILD nachweisen. Ein signifikanter Zusammenhang konnte darüber hinaus hergestellt werden zwischen zwei Polymorphismen (+ 785 CC und + 1208 TT) in CXCR-2 (chemokine (c-x-c) motif receptor-Gen entspricht Interleukin-8-Rezeptor-Gen) und dem Auftreten von SSc sowie SSc-ILD. CXCR-2 kodiert für einen Interleukin-8 Rezeptor, über den Interleukin-8 seine Wirkung als potentes Chemokin auf Neutrophile ausübt [67]. Ferner wurde eine Assoziation zwischen IL10 (Interleukin 10-Gen) Polymorphismen und SSc-ILD hergestellt (1082 G/A Allele oder Haplotypen, die diese Allele enthalten) [68]. Eine brasilianische Arbeitsgruppe untersuchte ferner Varianten in Gensegmenten von TCRBV3S1 (T-cell receptor beta variable 3 – 1-Gen), das für eine variable Region der β-Kette des T-Zellrezeptors kodiert. Allel 1 von TCRBV3S1 steht im Bezug zu einer geringen Häufigkeit von Vbeta3.1-positiven T-Zellen. Träger dieses Allels hatten eine höhere Prävalenz für SSc-ILD, sodass die Autoren von einem protektiven Effekt der genannten T-Zellen ausgehen [69]. Zusammenfassend konnte bisher vor allem für Mediatoren bzw. Rezeptoren, die in immunologischen und Entzündungsprozessen eine Rolle spielen, eine genetische Prädisposition für eine SSc-ILD gezeigt werden. Diese Ergebnisse belegen einerseits die Bedeutsamkeit jedes einzelnen dieser Mediatoren/Rezeptoren für die Pathogenese der SSc-ILD. Andererseits wird deutlich, dass die Erkrankung multifaktoriell bedingt ist und weitere Studien notwendig sind, um das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren besser zu verstehen.
#Untersuchungen der BAL
Neben diesen genetischen Studien finden sich in der Literatur zahlreiche Publikationen zur BAL-Flüssigkeit (BALF) bei SSc-ILD: Es wurde eine Korrelation zwischen der Zellzusammensetzung in der BALF und der Mortalität, Lungenfunktionsmessungen im Längsschnitt und der Dauer des progressionsfreien Intervalls untersucht [70]. Es zeigte sich zwar, dass eine hohe Entzündungsaktivität in Form einer Neutrophilie in der BALF mit einer frühen Mortalität verknüpft ist. Weitere Zusammenhänge zur Dauer des progressionsfreien Intervalls oder zur Geschwindigkeit der Verschlechterung der Lungenfunktion ließen sich jedoch nicht ableiten. Die Autoren folgerten, dass der Wert der BAL für die Definition von Krankheitsaktivität bei SSc-Patienten mit ILD fraglich ist. In der BALF von 18 SSc-Patienten [71] konnten neben einer erhöhten Gesamtzellzahl und einem erhöhten Anteil von Neutrophilen im Vergleich zu den 10 Kontrollen eine höhere Konzentration des löslichen Interleukin-2-Rezeptors (sIL-2R) nachgewiesen werden. Interessanterweise konnten keine Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne SSc-ILD gezeigt werden. Dies wurde als Ausdruck einer ständigen subklinischen pulmonalen Entzündungsreaktion gewertet. Interleukin-2 wurde nicht nachgewiesen. Im Rahmen einer weiteren Studie zur BALF-Zusammensetzung wurden die Konzentrationen von Matrix Metalloprotease-9 (MMP-9), der Vorstufe pro-MMP-9 und dem natürlichen Inhibitor (Tissue Inhibitor of Matrix Metalloproteinase-1, TIMP-1) bestimmt. MMP dienen dem effizienten Abbau von Kollagen und aktivieren Tumor Nekrose Faktor (TNF) α. Die Konzentrationen von MMP-9 und seiner Vorstufe waren signifikant erhöht bei Patienten mit SSc-ILD, verglichen mit SSc-Patienten ohne ILD und gesunden Kontrollen. Ferner korrelierten die Konzentrationen von aktivem MMP-9, seiner Vorstufe und die Gesamtkonzentration beider MMP-9-Formen invers mit der totalen Lungenkapazität – ebenso wie die Quotienten aus pro-MMP/TIMP-1 und MMP9/TIMP-1 [72]. Eine schwedische Arbeitsgruppe isolierte Fibroblasten aus der BALF von Patienten mit SSc-ILD (Alveolitis) und Kontrollen und verglich diese hinsichtlich ihrer Proliferation, Migrationsfähigkeit, stress fibers und Proteoglykan-Synthese mit Fibroblasten, die im Rahmen von Lungenbiopsien bei denselben Untersuchungsgruppen gewonnen wurden. Stress fibers sind lange Aktinbündel, die von der Zellmitte in Bewegungsrichtung ausgehen und für Adhäsion und Zusammenhalt der Fibroblasten wichtig sind. Bei vier von 10 untersuchten Patienten gelang die Isolierung von Fibroblasten und damit insbesondere bei den Patienten, die verglichen mit den Kontrollen einen bemerkenswert hohen Eosinophilenanteil in der BALF zeigten. Die Höhe des prozentualen Anteils an Eosinophilen korrelierte mit der Konzentration an Granulozyten-Makrophagen Kolonie-stimulierendem Faktor (GM-CSF). Die BALF-Fibroblasten waren länger und mobiler als die Fibroblasten in den Lungenbiopsien und zeigten eine höhere Proteoglykansynthese. Eine Interaktion zwischen Eosinophilen und Fibroblasten könnte eine Rolle bei der Entstehung einer SSc-ILD spielen [73].
Die Zellzusammensetzung in der BALF wurde ferner hinsichtlich ihres prädiktiven Wertes für den Krankheitsprogress und das Therapieansprechen auf Cyclophosphamid untersucht. Zwar zeigte die BALF in 71,6 % der untersuchten Patienten mit SSc-ILD eine pathologische Zellzusammensetzung und definierte so eine Subgruppe mit einem höheren Anteil an männlichen Patienten, schlechterer Lungenfunktion (TLC, FVC, TLCO), Milchglastrübungen sowie mehr fibrotischen Veränderungen im Lungenmittellappen im CT. Dennoch ist die pathologische Zellzusammensetzung in der BALF kein unabhängiger Prädiktor für den Krankheitsverlauf oder das Ansprechen auf Cyclophosphamid nach einjähriger Therapie [74].
#Autoantikörper und Biomarker
Es gibt zahlreiche Untersuchungen zu den Autoantikörpern bei SSc [75] – auch bezüglich ihrer Verbindung zu bestimmten Formen der Lungenbeteiligung [25]. Das Vorhandensein von anti-TOPO I-Antikörpern scheint mit einem erhöhten Risiko für ILD verbunden zu sein [76] und eine Bedeutung für die Mortalität der SSc zu haben [77]. Eine direkte Beteiligung der Autoantikörper an der SSc-Pathogenese ist nicht bewiesen [78]. Die Sensitivität und Spezifität der Autoantikörper und die fehlende Möglichkeit, durch Bestimmung des Titers valide Aussagen über die Krankheitsaktivität treffen zu können, hat die Suche nach zuverlässigen Biomarkern gestärkt. Sie wird vor allem von dem Wunsch getrieben, ein nicht-invasives Untersuchungsverfahren zu etablieren, mit dem sich Aussagen zur Krankheitsaktivität machen lassen. Untersucht wurden Serumkonzentrationen von Surfactant-Proteinen [79] und des Mucin-assoziierten Antigens KL-6 (Krebs von den Lungen-6) [80] [81]. In einer neueren Untersuchung wurden erhöhte Serumkonzentrationen von polymorph-nukleärer neutrophiler Leukozyten Elastase (PMN) bei SSc-Patienten gemessen. Es zeigte sich darüber hinaus ein Trend zu höheren Werten bei Patienten mit SSc-ILD[82]. Unterschiede in den Serumkonzentrationen von Interleukin-8, löslichem (s)ICAM-1 (intracellular adhesion molecule) und sVCAM-1 (vascular cell adhesion molecule) ließen sich im Vergleich von SSc-Patienten mit und ohne ILD und Kontrollen nicht nachweisen [83].
Keiner der Marker konnte studienübergreifend eine hohe Sensitivität und Spezifität nachweisen. Die Aussagekraft der Studien war durch geringe Patientenzahlen limitiert. Als weiteres nicht-invasives Untersuchungsinstrument wurde die Bestimmung von Stickstoffmonoxid (NO) in der Ausatemluft überprüft. SSc-Patienten wurden mittels transthorakaler Echokardiografie, HR-CT und Lungenfunktionsprüfung untersucht und in zwei Gruppen (SSc-ILD+ und −) aufgeteilt. Es konnte gezeigt werden, dass die aus der Ausatemluft berechnete alveoläre Konzentration von NO (CA,NO) bei SSc-Patienten höher war als bei Kontrollen, und – im Gegensatz zu einer anderen Untersuchung [84] – in der SSc-ILD+-Gruppe signifikant höher war als in der SSc-ILD--Gruppe. Darüber hinaus ergab sich eine inverse Korrelation zwischen der CA,NO zur TLC und TLCO sowie eine direkte Korrelation zum CT-Fibrosescore. Es wurde gefolgert, dass die erhöhte CA,NO entweder den Schweregrad der Lungenerkrankung widerspiegelt oder sogar zur Verschlechterung beiträgt [85].
#Therapie
Es gibt bislang keine sicher wirksame Therapie. Die Behandlung der SSc-ILD besteht weiterhin in erster Linie aus den immunmodulatorischen Substanzen Cyclophosphomid (CYC), Azathioprin (AZA) und Glukokortikosteroiden. Für keines der genannten Präparate existiert die nötige Evidenz, um eine Empfehlung zur Standardtherapie auszusprechen.
In der Scleroderma Lung Study (SLS) wurde CYC per os (p. o.) bei Patienten mit SSc-ILD gegen Placebo untersucht [86]. Die 145 eingeschlossenen Patienten erhielten CYC bzw. Placebo für mindestens ein halbes Jahr. Primärer Endpunkt der Studie war die FVC nach 12 Monaten. Es zeigte sich ein signifikanter, aber moderater Therapieerfolg in Form einer Verbesserung der FVC um 2,53 Prozent im Vergleich zwischen CYC- und Placebogruppe. Die besten Effekte zeigten sich bei Patienten mit im HR-CT gesicherter ausgedehnter Lungenfibrose. 12 Monate nach Beendigung der oralen CYC-Therapie konnten die Behandlungseffekte nicht mehr nachgewiesen werden [87], sodass eine Dauertherapie sinnvoll scheint. Ferner wurde die Wirksamkeit von CYC in der intravenösen (i. v.) Darreichungsform anhand von Lungenfunktionsparametern (FVC/%Soll, TLCO/%Soll) überprüft: von 59 Patienten mit SSc-ILD erhielten 29 intravenös CYC, 18 zusätzlich eine hochdosierte und 41 ebenfalls zusätzlich eine niedrigdosierte Prednisolon-Therapie [88]. Nach Gabe von hohen CYC-Dosen (mehr als 12 Gramm) zeigte sich eine sechsfach höhere Wahrscheinlichkeit zur Verbesserung der FVC (= Anstieg um mehr als 10 Prozent vom Soll) als zur Verschlechterung oder Stagnation. Für Steroide war kein positiver Effekt nachweisbar. Ferner zeigte eine Behandlungsdauer von mehr als einem Jahr eine höhere Wahrscheinlichkeit zur Verbesserung der Lungenfunktion.
Eine weitere Studie untersuchte die Wirksamkeit von 6 i. v.-Gaben von CYC in der Kombination mit einer niedrig-dosierten Prednisolontherapie p. o. gefolgt von AZA p. o. oder Placebo [89] bei SSc-Patienten mit Lungenfibrose. Primäre Endpunkte waren Veränderungen der FVC/% vom Soll und der TLCO, sekundäre Endpunkte morphologische Veränderungen im HR-CT sowie Dyspnoe-Scores. Es ergab sich keine statistische Signifikanz hinsichtlich beider Endpunkte. Einzig für die FVC zeigte sich ein Trend zu Gunsten der AZA-Gruppe. Eine andere Untersuchung überprüfte die Wirksamkeit einer sechsmonatigen i. v. CYC-Therapie, gefolgt von einer achtzehnmonatigen AZA-Behandlung p. o. bei SSc-ILD[90]. Hier zeigte sich nach einem halben Jahr bei 70 % der Patienten eine Stabilisierung oder Verbesserung der FVC, nach 2 Jahren bei 51,8 % der Patienten. AZA als Monotherapie oder – bei klinischer Verschlechterung – in Kombination mit Prednison wurde ebenfalls bei SSc-Patienten mit ILD untersucht [91]. Ein Therapieansprechen wurde anhand der FVC eingeschätzt. Eine Verbesserung wurde als Anstieg der FVC von mehr als 10 %/Soll im Vergleich zum Vorwert definiert. Ein stabiler Zustand als Veränderung von weniger als 10 %/Soll im Vergleich zur jeweiligen Voruntersuchung. Von 11 Patienten zeigten fünf eine Verbesserung und 3 eine Stabilisierung, sodass AZA eine Wirksamkeit zugestanden wurde.
Eine aktuelle Untersuchung [92] überprüfte die Wirksamkeit einer Kombinationstherapie aus CYC und dem Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib bei fünf Patienten mit SSc-ILD. Imatinib blockiert PDGFR (platelet derived growth factor receptor) und wird u. a. in der Behandlung der chronisch-myeloischen Leukämie eingesetzt. Darüber hinaus wurde der Einsatz bei rheumatoider Arthritis beschrieben [93]. Bei SSc-Patienten wurden stimulierende Antikörper gegen PDGFR nachgewiesen, die zu einer vermehrten Genexpression von Kollagen Typ I und zur Konversion von Myofibroblasten zu „normalen” Fibroblasten führten [94]. Von den fünf Patienten zeigten vier eine schwer- und einer eine mittelgradige restriktive Ventilationsstörung. Eine klinische Verbesserung ergab sich lediglich für den Patienten mit der mittelgradigen restrikten Ventilationsstörung. Aktuell wird durch die University of California bei Patienten mit SSc-ILD eine Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Imatinib durchgeführt. Geplant ist der Einschluss von 20 Patienten (http://www.clinicaltrials.gov).
Der Einsatz von Glukokortikosteroiden erfolgt vor allem bei Hinweisen auf Alveolitis in der BAL oder im HR-CT, wobei bereits darauf hingewiesen wurde, dass die Sensitivität des CTs für die Diagnose einer Alveolitis eingeschränkt ist und die Diagnose einer Alveolitis anhand der BALF nicht zwingend eine Aussage zur Krankheitsaktivität zulässt [70]. Darüber hinaus ist die Wirksamkeit von Glukokortikosteroiden nicht eindeutig belegt [88]. Eine Langzeittherapie mit dieser Substanzklasse kann den Verlauf eher ungünstig beeinflussen, und Fälle von akutem Nierenversagen bei SSc-Patienten sind unter dieser Medikation beschrieben [95]. Es gibt keinen Beleg für die Wirksamkeit des zur Behandlung der Hautläsionen oft verwendeten Methotrexat (MTX) auf die ILD-SSc [96]. Da MTX darüber hinaus selbst eine Pneumonitis hervorrufen kann [97], wird es nicht für die Behandlung der ILD-SSc empfohlen.
Die Anwendung anderer Präparate ist Gegenstand von Untersuchungen: beispielsweise wird Mycophenolat-Mofetil (MMF) gegenwärtig im Rahmen einer randomisierten doppelblinden kontrollierten Studie von der SLS-Forschergruppe hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit in der Anwendung gegen CYC p. o. verglichen [98]. MMF ist ein Inosinmonophosphat-Dehydrogenase-Inhibitor, der die De-novo-Synthese von Guanosinnukleotiden, die Proliferation von T- und B-Lymphozyten und auch die Antikörperproduktion hemmt.
Bei SSc-Patienten mit schlechter Prognose wurde ferner im Rahmen einer einarmigen Phase 2-Studie die Wirksamkeit einer hochdosierten immunsuppressiven Therapie (HDIT) und autologen CD34-selektionierten hematopoetischen Zelltransplantation überprüft [99]. Die HDIT beinhaltete eine Bestrahlungstherapie der Lunge sowie medikamentöse Therapie mit CYC und equinem (vom Pferd) Antithymozyten-Globulin. 17 von 27 Patienten, die mindestens ein Jahr überlebten, zeigten im Verlauf anhaltende Therapieeffekte. Diese Effekte spiegelten sich vor allem in einer auch histologisch gesicherten Verbesserung des Hautbefundes sowie des Wohlbefindes (Fragebogenanalyse) wider. Hinsichtlich der Lungenbeteiligung konnte ein stabiler Zustand erzielt werden. Eine japanische Arbeitsgruppe veröffentlichte einen Case-Report über einen Patienten mit SSc-ILD, bei dem ebenfalls nach non-myeloablativer allogener hematopoetischer Stammzelltransplantation eine Stabilisierung der Lungenfunktion beobachtet werden konnte [100]. Aktuell wird eine kontrollierte prospektive Multicenter-Studie zum Vergleich der autologen Stammzelltransplantation mit der i. v. CYC-Stoßtherapie bei Patienten mit schweren Formen der systemischen Sklerodermie durchgeführt (Autologous Stem Cell Transplantation International Scleroderma Trial, ASTIS, http://www.astistrial.com/ASTIShome.HTM).
In Abwesenheit eindeutig wirksamer medikamentöser Therapieansätze ist die Lungentransplantation (LTx) als letzte Therapieoption zu nennen [101] [102].
#Pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH)
Eine manifeste PAH liegt vor bei einer Erhöhung des pulmonal-arteriellen Mitteldrucks (PAPm) in Ruhe ≥ 25 mmHg mit pulmonal-kapillärem Wedge-Druck (PCWP) ≤ 15 mm Hg und pulmonal-vaskulärem Widerstand (PVR) ≥ 3 Wood-Einheiten (entspricht 240 dyn/s/cm5) [103]. Nach der Venedig-Klassifikation aus dem Jahr 2003 bildet die PAH die Gruppe 1, die PAH, assoziiert mit Bindegewebserkrankungen (APAH-CTD) ohne ILD, wird der Gruppe 1.3.1 zugerechnet [104]. Eine Erneuerung dieser Klassifikation wurde im Rahmen des 4. „World Symposium on Pulmonary Hypertension” in Dana Point im Februar 2008 besprochen, aber noch nicht publiziert.
Lungenhochdruck bei SSc ist eine Komplikation, die isoliert (APAH) oder in Kombination mit einer ILD (PH, Gruppe 3 nach Venedig-Klassifikation) auftreten kann. Der Krankheitsverlauf ist progredient. Die mittels Einschwemmkatheteruntersuchung ermittelte Prävalenz der APAH liegt bei ca. 8 % der SSc-Patienten[105].
#Pathogenese
Die Pathogenese der PAH ist nicht vollständig geklärt. Bisher sind Störungen in drei Achsen identifiziert: Endothelin (ET)-, NO- und Prostazyklin (PGI2)-Signalweg (s. [Abb. 6]). Durch eine Überexpression von ET-1 kommt es zur vermehrten Vasokonstriktion, Zellproliferation und Hypertrophie sowie Erhöhung des Gefäßtonus. Durch die Verminderung von NO und PGI2 kommt es jeweils zur Herabsetzung von Vasodilatation, verminderter Antiproliferation und -inflammation, Hemmung der Thrombozytenfunktion und Gefäßremodeling sowie vermehrten Rechtsherzhypertrophie. Zusammenfassend entsteht also ein Ungleichgewicht zwischen Vasokonstriktoren und -dilatatoren bzw. proliferativ und antiproliferativ wirksamen Substanzen. Die Kenntnisse über die Signalwege – insbesondere auch über die Endothelinrezeptoren [106] – haben die Grundlage für neue zielgerichtete Therapieformen geliefert.
In einer aktuellen Untersuchung wurden die profibrotischen Eigenschaften von ET-1 näher überprüft: es fanden sich Hinweise, dass ET-1 und TGF-β über unterschiedliche Signalwege die Apoptose von Lungenfibroblasten hemmen [107]. Die Kenntnisse über die profibrotischen Eigenschaften von ET-1 haben dazu geführt, dass die Wirksamkeit von Bosentan im Rahmen der BUILD-Studien (Bosentan Use in Interstitial Lung Disease; BUILD-1: bei IPF, BUILD-2: bei SSc-ILD) überprüft wurden: zusammenfassend zeigte sich kein signifikanter Vorteil dieses Behandlungskonzeptes [108] [109]: es zeigte sich lediglich ein Trend zur Verzögerung des Krankheitsprogresses bzw. Todeseintritts unter Bosentan.
#Therapie
Die Behandlung einer PAH umfasst supportive (u. a. Langzeitsauerstoff-, Diuretikatherapie) und spezifische medikamentöse Maßnahmen, die gezielt in die Regulation des Gefäßtonus eingreifen. Grundsätzlich wird für APAH-SSc eine Antikoagulation empfohlen [104]. Zur Abschätzung der Indikation für eine spezifische Therapie dienen die vier Funktionsklassen (FC) nach NYHA/WHO, die mit der Überlebenszeit korrelieren [110]. In Deutschland sind für die Behandlung der APAH-CTD die Endothelinrezeptorantagonisten (ERA) Bosentan [111] [112], Sitaxsentan [113] [114] [115], Ambrisentan [116] sowie der Phosphodieasterase-5-Hemmer (PDE5i) Sildenafil [117] zugelassen. Bosentan wirkt unselektiv auf Endothelinrezeptoren, Sitaxsentan und Ambrisentan über den Endothelinrezeptor A (ETA).
Die Studien haben positive Therapieeffekte vor allem hinsichtlich der Belastbarkeit (Verlängerung der Gehstrecke im 6-min-Gehtest) [111] [113] [114] [116] [117], Verbesserung der FC [113] [116] [117], Dauer des progressionsfreien Intervalls [116], der Mortalität [115] sowie der BNP-Konzentration [116] belegt. Nach den Dana-Point-Empfehlungen sollte bereits ab FC II eine spezifische medikamentöse Behandlung mit einem ERA oder Sildenafil erfolgen. In der EU sind bislang nach den Ergebnissen der EARLY-Studie [118] Bosentan sowie Ambrisentan [116] ab dieser FC zugelassen, die anderen Präparate ab FC III. Für schwere Fälle (FC III/IV) kann grundsätzlich alternativ oder zusätzlich als Prostatazyklin-Analogon inhalatives Iloprost zur Anwendung kommen [119]. Kalziumantagonisten spielen eine untergeordnete Rolle. Bei Therapieversagen sind zunehmend Kombinationstherapien vielversprechend, z. B. mit ERA und PDE5i [120] [121]. Vor Einleitung einer Kombinationstherapie wird in vielen Zentren eine erneute Rechtsherzkatheteruntersuchung vorgenommen. Die Rolle von NT-proBNP (N-terminales pro-Brain Natriuretic Peptide) als Verlaufsparameter unter medikamentöser Therapie wird diskutiert [122]. Als letzte Therapieoptionen bleiben Ballonatrioseptostomie und LTx [102].
Die Dringlichkeit einer Therapie der PH bei Patienten mit SSc-ILD wird dadurch verschärft, dass diese Patienten eine schlechtere Prognose aufweisen als diejenigen ohne PH [123] [124]. Darüber hinaus haben SSc-Patienten mit PAH eine schlechtere Prognose als Patienten mit idiopathischer PAH [125]. Eine latente PAH (PAH unter Belastung) als Ausdruck einer frühen PAH scheint eine häufige Diagnose bei SSc-Patienten zu sein [126] [127], sodass die Prävalenz der PAH bei SSc (manifest und latent) höher liegen dürfte als bisher angenommen.
#Zusammenfassung und Ausblick
Die Lungenbeteiligung bei systemischer Sklerodermie stellt eine wesentliche Organmanifestation dar. Sie hat eine erhebliche Relevanz für die Prognose der Erkrankung und ist unabhängig vom Ausmaß der Hautmanifestationen [128]. Mittlerweile wird der Bedeutung der Lungenbeteiligung Rechnung getragen, indem frühzeitige und regelmäßige Screening-Untersuchungen im Rahmen eines interdisziplinären Behandlungskonzeptes empfohlen werden. Doch auch bei frühzeitiger Diagnosestellung bleibt die Therapie schwierig: während durch Einführung spezifischer Behandlungsstrategien Erfolge in der PAH-Therapie vorliegen, existiert hinsichtlich der ILD keine sicher wirksame Behandlung.
Bessere Kenntnisse über die Pathophysiologie haben zu Untersuchungen geführt, die antifibrotische oder cytokinmodulierende Ansätze in den Mittelpunkt stellen:
Ein rekombinanter humaner anti-TGF-β1-Antikörper (CAT-192) wurde im Rahmen einer randomisierten, placebo-kontrollierten Multicenterstudie (Phase 1/2) bei Patienten mit einer Frühform einer dcSSc untersucht [129]. Die Therapie mit Dosierungen bis zu 10 mg/kg Körpergewicht zeigte allerdings keine Wirksamkeit bei den eingeschlossenen 45 Patienten.
Ziel von gerichteten Therapieversuchen ist ferner Interleukin 13 (IL-13), das die Proliferation von B-Zellen und Antikörperproduktion induziert. Ferner fördert es die Differenzierung von Monozyten und hemmt die Bildung von inflammatorischen Zytokinen, wie z. B. Interleukin-1β. IL-13 mRNA konnte in Alveolarmakrophagen von Gesunden und Patienten mit Lungenfibrose nachgewiesen werden. Es wurde vermutet, dass die Synthese von Interleukin-13 im Rahmen von entzündlichen Lungenerkrankungen hochreguliert wird [130]. Aktuell wird eine Studie durchgeführt, die placebo-kontrolliert den monoklonalen IL-13-Antikörper QAX576 bei Patienten mit SSc-ILD hinsichtlich der Wirksamkeit (inklusive Lungenfunktionsprüfung) und Verträglichkeit untersucht (http://clinicaltrials.gov). Dieser Antikörper könnte einen besonderen Therapieansatz darstellen, da Polymorphismen (rs638376G bzw. rs5946040G) im IL-13Rα2-(α2-Kette des IL-13-Rezeptors)Gen mit SSc bzw. dcSSc assoziiert sind [131].
Perspektiven sind also gegeben – eine weitere Erforschung der Pathogenese der Erkrankung ist aber unabdingbar, um aus dem besseren Verständnis der Erkrankung weitere Behandlungsstrategien abzuleiten.
#Interessenkonflikte
Für keinen der Autoren des vorliegenden Artikels besteht ein Interessenkonflikt.
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Dr. Heiko Knoop
Medizinische Klinik III – Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin
Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinik Bergmannsheil GmbH
Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Email: Heiko.Knoop@ruhr-uni-bochum.de
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Dr. Heiko Knoop
Medizinische Klinik III – Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin
Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinik Bergmannsheil GmbH
Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
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44789 Bochum
Email: Heiko.Knoop@ruhr-uni-bochum.de