Die Intensivmedizin stellt einen wesentlichen Kernbereich in der
Versorgung polytraumatisierter Patienten dar. Dies wird anhand der Daten des
Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU)
deutlich, die eine durchschnittliche Beatmungszeit von 9,2 Tagen und eine
mittlere Intensivstationsliegedauer von 10,6 Tagen nach Polytrauma
beschreiben.
Internationale Untersuchungen konnten zeigen, dass die Einrichtung
von Traumazentren mit einer speziellen traumatologischen Intensivstation zu
einer deutlichen Verbesserung der Behandlungsergebnisse führt. So konnte
durch diese Maßnahmen neben einer signifikanten Reduktion der
Letalität eine deutliche Verminderung der Liegedauer auf der
Intensivstation erreicht werden. Diese Ergebnisse bestätigen, dass eine
Spezialisierung im Bereich der Traumaversorgung für Patienten mit
signifikanten Vorteilen assoziiert ist. Die Verbesserungen in der
Behandlungsqualität durch spezialisierte traumatologische
Intensivstationen sind nach anderen Untersuchungen dabei auch mit positiven
ökonomischen Aspekten vergesellschaftet.
Das Konzept eines Traumazentrums und die damit verbundene
Spezialisierung in der Behandlung wird am besten gewährleistet, wenn die
Behandlung des polytraumatisierten Patienten von der ersten Phase im Schockraum
über die Operationsphase, die Behandlung auf der Intensivstation bis zur
Überleitung in die Rehabilitation in (unfall)chirurgischer Hand liegt.
Nach einem Polytrauma ergeben sich im Rahmen der
intensivmedizinischen Behandlung spezifische Probleme sowohl durch die
verletzungsassoziierten Störungen und Komplikationen der traumatisierten
Organe und Extremitäten als auch durch die Auswirkungen der systemischen
Entzündungsreaktion auf die Funktion primär unverletzter Organe.
Somit ist in der frühen intensivmedizinischen Phase nach Ende der
Schockraum- bzw. der frühen Operationsphase die Fortführung der
Stabilisierung der vitalen Regelkreise von oberster Priorität. Hierbei
müssen zunächst die respiratorischen und hämodynamischen
Organdysfunktionen therapiert werden und somit die Wiederherstellung einer
suffizienten Oxygenierung und Mikrozirkulation mit Durchbrechen des
Schockzustands erreicht werden. Nach Erreichen dieser Ziele treten die
Unterstützung der Organfunktionen und die eventuell notwendige weitere
operative Versorgung in den Vordergrund. Die Behandlungspriorität im
Rahmen der intensivmedizinischen Therapie kann dabei wie folgt klassifiziert
werden:
1. Atemwege und Beatmung
2. Kreislauf
3.
zentrales Nervensystem (Schädel-Hirn-Trauma)
4. Metabolismus
(renale, hepatische, gastrointestinale und endokrine Funktionen)
5.
Immunsystem (Infektion, systemische Entzündungsreaktion)
Die intensivmedizinische Behandlung des polytraumatisierten
Patienten soll im Folgenden anhand dieser Klassifizierung dargestellt werden.
Allgemeine Maßnahmen bei Aufnahme und das Basismonitoring des
polytraumatisierten Patienten auf der Intensivstation sind in den
Tab. [1] und [2]
zusammengefasst.
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Priv.-Doz. Dr. med. Frank Hildebrand
Oberarzt der Unfallchirurgischen
Klinik
Geschäftsführer der Zentralen
Notaufnahme
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover
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