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DOI: 10.1055/s-0029-1239552
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Wissenschaftliche Fachgruppe RehaFutur
Scientific Expert Group RehaFuturPublication History
Publication Date:
21 October 2009 (online)

Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Oktober 2007 beauftragte wissenschaftliche Fachgruppe RehaFutur hat Anfang August 2009 Bundesminister Olaf Scholz ihre Stellungnahme zur Zukunft der beruflichen Rehabilitation in Deutschland überreicht. Auftrag der wissenschaftlichen Fachgruppe war es, mittel- und langfristig relevante Eckpunkte für die berufliche Rehabilitation erwachsener behinderter Menschen zu entwickeln und diese in eine zukunftsorientierte Gesamtkonzeption zu integrieren. Für die organisatorische Umsetzung des Auftrags war die Deutsche Akademie für Rehabilitation e. V., Bonn, verantwortlich.
Die wissenschaftliche Fachgruppe RehaFutur hat sich ihrer Aufgabe von zwei Seiten genähert. Zum einen suchte sie aus der Perspektive der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung eine Antwort auf die Frage: „Welche Funktion soll berufliche Rehabilitation in einer dienstleistungs- und wissensorientierten Arbeitswelt haben, die zunehmend stärker durch demografischen Wandel geprägt ist?” Der zweite Zugang erfolgte über eine sozialpolitische Einordnung der beruflichen Rehabilitation als Hilfe zur Eingliederung für behinderte Menschen. Aus rechtlich-normativer Betrachtung berührt dies die Fragen: „Wie kann das grundrechtlich und gesetzlich verbriefte Recht behinderter Menschen zur Teilhabe am Arbeitsleben mittels beruflicher Rehabilitation auch zukünftig bedarfsgerecht eingelöst werden? Wie können selbstbestimmtes Handeln auf der einen Seite und die erforderliche Aktivierung und Selbstverantwortlichkeit der behinderten Menschen auf der anderen Seite besser in Einklang gebracht werden?”
Vor diesem Hintergrund hat die wissenschaftliche Fachgruppe RehaFutur die aktuellen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren beschrieben sowie folgende acht Handlungsfelder für eine zukunftsfähige berufliche Rehabilitation entwickelt: Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Leistungsberechtigten fördern, Bekanntheitsgrad verbessern – Akzeptanz stärken – Zugang erleichtern, unabhängige Berufs-, Bildungs- und Lebensberatung etablieren und flächendeckend einführen, am System der beruflichen Bildung orientieren, berufliche Rehabilitation individualisieren und flexibilisieren, systematische Vernetzungen mit der Arbeitswelt realisieren, Gesamtprozess steuern, Qualität sichern sowie Entwicklungsfähigkeit stärken.
Drei zentrale Schlussfolgerungen der Stellungnahme lauten:
Eine zukunftsfähige berufliche Rehabilitation zeichnet sich inhaltlich dadurch aus, dass sie die Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Menschen mit Behinderung gezielt fördert und deren eigenständige Lebensgestaltung stärkt, die gesellschaftliche Teilhabe durch inklusive Strukturen gewährleistet und die Teilhabe am Arbeitsleben durch nachhaltige Bildung mit ganzheitlicher Entwicklung der fachlichen und personalen Kompetenz, ausgerichtet auf die individuellen Ressourcen und Potenziale, ermöglicht und durch systematische Vernetzungen mit Unternehmen absichert. Die Optimierung von Teilsystemen führt nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung des Gesamtsystems. Ein stringenter „roter Faden” im Sinne der geforderten Ausrichtung auf Teilhabe und Selbstbestimmung erfordert abgestimmte Prozess- und Strukturveränderungen bei allen Beteiligten. Damit ist eine entsprechende Veränderungs- und Kooperationsbereitschaft aller Akteure gefordert. Die Koordinierungs- und Kooperationsstrukturen der beruflichen Rehabilitation sind im Sinne eines lernenden Systems weiterzuentwickeln. Eine innovative Überarbeitung des Systems der beruflichen Rehabilitation erfordert den systematischen Einsatz von Forschung und Entwicklung. Der Einsatz von Forschung ist auch zwingend erforderlich zur Legitimierung von finanziellen Aufwendungen. Wie andere Versorgungssysteme auch muss die berufliche Rehabilitation ihre Wirksamkeit wissenschaftlich fundiert belegen können.
Die Stellungnahme der wissenschaftlichen Fachgruppe kann auf der Internetseite des BMAS heruntergeladen werden unter: http://www.bmas.de/coremedia/generator/34582/property=pdf/2009__08__05__rehafutur__bericht.pdf
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Hans-Peter Riedel
Deutsche Akademie für Rehabilitation e. V.
c/o Reha-Zentrum Godeshöhe
Waldstraße 2–10
53177 Bonn
Email: pitriedel@gmx.de