Rehabilitation (Stuttg) 2010; 49(1): 48-54
DOI: 10.1055/s-0029-1246142
Aus der DVfR

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Behindertenrechtskonvention jetzt umsetzen! Strategien der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation

Implement the Disability Rights Convention Now! Strategies of the German Association for Rehabilitation, DVfR Deutsche Vereinigung für Rehabilitation
  • 1Deutsche Vereinigung für Rehabilitation, Heidelberg
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Publication Date:
22 February 2010 (online)

I. Begriff „Inklusion” leben

Mit dem SGB IX und dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) wurde der Paradigmenwechsel für Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen eingeleitet. Selbstbestimmung (deutsche Fassung von „Autonomie”) ist die verantwortungsbewusste Bestimmung über das eigene Schicksal von Menschen. § 1 SGB IX spricht von „gleichberechtigter Teilhabe”. Teilhabe ist die deutsche Fassung von „Participation”, dem Zentralbegriff der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF), und meint sowohl die vollständige rechtliche Einbeziehung als auch das tatsächliche Dabeisein.

In den Zusammenhang dieser Begrifflichkeiten gehören auch die Zielsetzungen von Antidiskriminierung, Gleichstellung und Barrierefreiheit.

Mit dem SGB IX wurden bereits während der Entstehungsphase der Behindertenrechtskonvention (BRK) wesentliche Elemente der BRK im deutschen Recht verankert, die sogar wegweisend für die BRK waren. Jedoch fallen unstreitig im deutschen Behindertenrecht Anspruch und Wirklichkeit noch weit auseinander. Dies gilt umso mehr, als die BRK mit den Begriffen der „Inklusion” und der „uneingeschränkten Teilhabe” (Präambel, Buchstabe m) über die Termini im deutschen Recht hinausgeht. Beide Begriffe und deren Inhalte erzeugen aus Sicht der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) wesentlichen Handlungsbedarf vor allem hinsichtlich der Überwindung von Schnittstellen im deutschen gegliederten System der Sozialleistungen. Für die Leistungsberechtigten ist immer der konkrete soziale Kontext in Verbindung mit dem zu erreichenden Teilhabeziel zugrunde zu legen.

Die BRK als geltendes Recht verpflichtet zur Einhaltung dieser Zielsetzungen. Zwar ist in erster Linie der Staat gefordert, aber die DVfR als Dachorganisation aller Beteiligter in der Rehabilitation unterstützt die Ziele der BRK und bietet konkrete Strategien an, die der Orientierung der Mitglieder und der DVfR-Fachausschüsse dienen.

Die DVfR hält zunächst eine Begriffsklärung für erforderlich. Der Teilhabebegriff des deutschen Behindertenrechts stützt sich auf die Grundrechte der Verfassung. Deshalb ist zu prüfen, wie sich der Begriff der Inklusion im Verhältnis dazu definieren und abgrenzen lässt. Auch semantisch muss der Inhalt dieses zentralen Begriffes noch erschlossen bzw. beleuchtet werden.

Erforderlich ist des Weiteren die Klärung der folgenden Fragen: Ob und inwieweit werden die Ziele der Konvention und des Teilhaberechts bei der Umsetzung aller Reha-Leistungen beachtet? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen gesundheitlicher und rehabilitativer Versorgung und sozialer Benachteiligung (Armut)? Wie werden die Menschenwürde und die gesellschaftliche Teilhabe in Pflegeeinrichtungen sichergestellt? Welchen Umsetzungsgrad hat der von allen politischen Gruppierungen akzeptierte Paradigmenwechsel tatsächlich erreicht?

Die DVfR setzt sich im Folgenden mit zentralen Handlungsfeldern der BRK auseinander – mit dem Ziel, konkrete Handlungsoptionen im Zusammenhang der Rehabilitation für ihre Mitglieder und andere Akteure zu erschließen und damit zur Umsetzung der BRK beizutragen. Die DVfR konzentriert sich hierbei auf Handlungsfelder, die im weiteren Sinne mit Rehabilitation zu tun haben, ohne dabei Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

1 Das Strategiepapier einschließlich der Anlage findet sich auf der Internetseite der DVfR unter: www.dvfr.de, Stichwort: Schwerpunktthemen.

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