Leserbrief zum Beitrag von Frau Prof. Dr. med. Petra Gastmeier et al. Die Antibiotikaresistenzstrategie - Verbesserung in Aus-, Weiter- und Fortbildung in Krankenhäusern. klinikarzt 2009; 38 (12): 562-565
In diesem wichtigen Beitrag zur Versorgungssituation von Krankenhäusern mit Fachpersonal für Infektionsprävention und zu "Antibiotic stewardship" stellt Frau Prof. Gastmeier neue Fort- und Weiterbildungskonzepte als ein Element der DART-Initiative des Bundesministerium für Gesundheit vor. Die Bereitstellung von personellen Ressourcen vor Ort für die flächendeckende Unterstützung von Krankenhäusern bei der Verhütung von Infektionen und damit für die Reduzierung des verbrauchsassoziierten Selektionsdruckes wird darin zu Recht als eine der strukturellen Maßnahmen mit hohem Potenzial für die Vermeidung von Antibiotikaresistenz beschrieben.
Auf der anderen Seite wird der von verschiedenen internationalen Gesellschaften geprägte Begriff "Antibiotic stewardship" angesprochen (engl. stewardship für Verwalteramt, Verantwortung). Darunter werden Strukturen und Teams subsumiert, welche die Implementierung von Leitlinien zur effizienten Anwendung von Antiinfektiva umsetzen [1]. Auch die DART-Initiative verfolgt in Kapitel 5.2 die Förderung von Strukturen zur Anwendung von Leitlinien und Empfehlungen und nimmt dabei die zentralen Elemente internationaler Empfehlungen auf (z. B. ISDA, EU) [2], [3], [4].
Für die Praxis in der Klinik bedeutet dies, den Wissenstransfer aus der Forschung an das Krankenbett zu fördern und die notwendige Expertise immer dann zur Verfügung zu stellen, wenn Entscheidungen zur Antiinfektivatherapie getroffen werden müssen: im intensivstationären Umfeld, also 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass für den individuellen Patienten mit einer Infektion der unverzügliche, leitliniengerechte Therapiebeginn die entscheidende Größe für den Therapieerfolg darstellt [5], [6]. Damit verbunden sind weiterhin eine richtige initiale Diagnostik zur Erregeridentifikation und eine konsequente Deeskalation auf erregeradaptierte Therapieschemata, wofür regelmäßige, interdisziplinäre Visiten mit Mikrobiologen, Hygienikern - und zukünftig auch ABS-geschultem Fachpersonal - ein effektives Konzept sind [7].
Für die Unterstützung der effektiven antiinfektiven Initialtherapie und geeigneter diagnostischer Maßnahmen steht bereits seit 3 Jahren für deutsche Intensivstationen eine webbasierte Plattform zur Verfügung, welche das notwendige, interdisziplinäre Wissen aus Infektiologie, klinischer Pharmakologie, und Mikrobiologie bündelt und für den klinisch tätigen Arzt als Entscheidungsunterstützung rund um die Uhr abrufbar ist. In diesem kostenfrei nutzbaren Service unter dem Titel "ABx" werden evidenzbasierte Informationen frei von monetären Interessen aufbereitet und können einen Beitrag zum effektiven Einsatz von Antibiotika und Antimykotika auf Intensivstationen leisten (für weitere Informationen siehe http://www.dgai-abx.de, [8], [9]).
Diese und andere Elemente nationaler und internationaler Bemühungen sind praktikable Antworten auf die Herausforderungen, die die dynamische Entwicklung der Resistenzsituation mit sich bringt. Die DART-Initiative sollte vor diesem Hintergrund in Zusammenarbeit mit den beteiligten Disziplinen weiter vorangetrieben und zudem wissenschaftlich begleitet werden, um neben den ganz praktischen positiven Effekten auf lokale und nationale Resistenzdaten auch die notwendige Evidenz für die weitere Verbreitung der Strategien festzuhalten.
Prof. Dr. med. Claudia Spies, Universitätsklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Campus Charité Mitte und Campus Virchow Klinikum, Berlin