PPH 2010; 16(3): 121
DOI: 10.1055/s-0030-1254508
PPH Szene
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Bruno’s Welt

Bruno Hemkendreis
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Publication Date:
28 May 2010 (online)

Therapeutisches Rauchen

Rauchen schadet bekanntlich der Gesundheit, aber wir kennen doch alle die beruhigende, deeskalierende Wirkung einer gemeinsamen Zigarette. Es soll in einigen psychiatrischen Krankenhäusern nicht mehr möglich sein, mit den Patienten „therapeutisch zu rauchen”, weil ein generelles Rauchverbot für Mitarbeiter verfügt wurde. Es ist sehr bedauerlich, wenn der Regelungswahn wirksame Interventionsmöglichkeiten unterbindet. Unter Umständen muss der Patient aus diesem Grund mehr Psychopharmaka schlucken. Das Gespräch bei einer Zigarette kann eine durchaus sinnvolle Intervention sein – allerdings nicht immer!

Frau Kurt als langjährig erfahrene Psychiatrieschwester kannte diese Wirkung gut, sie hatte sich schon so oft mit angespannten Patienten auf eine Zigarette zusammengesetzt, dabei zugehört, geredet und manch brenzlige Situation entschärft. So auch diesmal, als Herr Coberg wie ein Wolf im Käfig auf der Station hin und her lief, aggressive Selbstgespräche führte und immer lauter wurde.

„Ich würde Ihnen gerne helfen, damit es Ihnen besser geht, Herr Coberg”, hatte sie gesagt, „ kommen Sie, wir setzen uns mal zusammen und rauchen gemeinsam eine.” Herr Coberg hatte das Angebot gerne angenommen. Nach einer Viertelstunde ging es ihm tatsächlich sichtlich besser Er hatte fast ununterbrochen geredet – und das Gefühl, Frau Kurt habe ihn verstanden.

Das hielt auch für einige Stunden an, dann verspürte Herr Coberg erneut Unruhe und Angst in sich aufsteigen. Er wandte sich wieder an Frau Kurt, ob sie die Zeit habe, sich noch einmal mit ihm zusammenzusetzen, vorhin habe ihm das so gut getan.

„Nur”, fragte er dann vorsichtig, „muss ich dann wieder rauchen? Ich rauche nämlich eigentlich gar nicht.”

Bruno Hemkendreis





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