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DOI: 10.1055/s-0030-1255639
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Keratosis palmoplantaris maculosa seu papulosa Buschke-Fischer-Brauer
Imposante klinische Manifestation bei einem erwachsenen MannPunctate Keratosis of the Palms and Soles – Buschke-Fischer-Brauer Disease – in an Adult Male
Dr. med. Cornelia S. L. Müller
Universitätsklinikum des Saarlandes
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Kirrberger Str. 1
66421 Homburg/Saar
Email: cornelia.mueller@uks.eu
Publication History
Publication Date:
29 July 2010 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Anamnese
- Erst-/Aufnahmebefund
- Dermatopathologischer Befund
- Therapie und Verlauf
- Diskussion
- Danksagung
- Literatur
Zusammenfassung
Die Palmoplantarkeratosen sind hereditäre Genodermatosen, welche selten im klinischen Alltag beobachtet werden. Hierdurch ist die genaue nosologische Einordnung der jeweilig beobachteten Erkrankung in die korrekte Entität oft erschwert. Wir stellen einen klinisch eindrucksvollen Fall einer palmoplantaren Keratose bei einem erwachsenen Mann vor, welche in Zusammenschau aller anamnestischen, klinischen und feingeweblichen Befunde als Keratosis palmoplantaris maculosa seu papulosa Typ Buschke-Fischer-Brauer eingeordnet wurde. Es werden die wesentlichen klinischen Differenzialdiagnosen vorgestellt und therapeutische Optionen diskutiert.
#Abstract
Punctate keratosis of the palmes and soles have been historically integrated into a huge group of rare palmoplantar keratoderma with a confusing plethora of distinct entities. They are classified by the age of onset, clinical characteristics and associated syndromes. Missing awareness and knowledge of the distinct entities often delay correct diagnosis. Here we present the case of a clinical very impressive dermatologic feature in an adult male. Due to synopsis of anamnesis, clinical and histopathological findings the case presented herein has been classified as keratosis punctata palmaris et plantaris (syn. Buschke-Fischer-Brauer disease). We discuss relevant differential diagnoses and therapeutic options.
#Einleitung
Es wird über einen 56-jährigen Patienten berichtet, der sich aufgrund eindrucksvoller Hyperkeratosen an Händen und Füßen vorstellte. Motivation zur hautfachärztlichen Konsultation war eine eingeschränkte Gehfähigkeit aufgrund starker Schmerzen, ferner konsekutive Arbeitsunfähigkeit als Fabrikarbeiter.
#Anamnese
Vorgestellt wird ein 56-jähriger Patient, der im Winter 2009 wegen seit zirka 20 Jahren bestehender Hautveränderungen unsere Poliklinik aufsuchte. Der Patient berichtete über zunächst aufgetretene punktförmige Hornperlen palmoplantar bds., welche eine stetige Größenprogredienz zeigten. Keine subjektiven Beschwerden, insbesondere kein Juckreiz. Lediglich Druckdolenz bei Belastung der Fußsohlen. Im Verlauf Konfluenz der Hautveränderungen, welche seit 2003 mehrfache stationäre Aufenthalte zur Folge hatten. Bisherige Therapieversuche umfassten neben topischer Keratolyse auch die systemische Gabe von Acitretin (Neotigason®), welche jedoch durch den Patienten selbstständig beendet wurde. Aufgrund mangelnder Compliance wurden auch die empfohlene externe Therapie sowie die regelmäßigen Vorstellungen beim Podologen nicht fortgeführt. Jedoch erfolgte die Konsultation eines Heilpraktikers, welcher verschiedene Tinkturen und Globuli verabreichte (Präparate unbekannt). Zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme war ein normales Gehen aufgrund starker Schmerzen nicht mehr möglich, auch konnte der Patient seinem Beruf als Fabrikarbeiter nicht nachgehen. Auf Drängen seiner Familie suchte der Patient ärztliche Hilfe. Die weitere dermatologische Eigen- und Familienanamnese war unauffällig. An Vorerkrankungen lagen eine arterielle Hypertonie, eine Hypercholesterinämie, eine Hyperurikämie und eine Adipositas vor.
#Erst-/Aufnahmebefund
Palmar bds. multiple, regellos verteilte, scharf umschriebene Hyperkeratosen mit zentralem kraterartig eingesenktem, zylinderförmigem Hornpfropf, ähnlich Cornua cutanea ([Abb. 1]).
Unterbrochenes Leistenrelief palmar. Plantar an den Fersen massive gelbliche Hyperkeratosen mit teils bis zu 4 cm langen makkaroniförmigen Hornsäulen, welche frei beweglich an der Oberfläche flottieren ([Abb. 1]). Auch plantar nicht mehr erkennbares Leistenrelief. An den Zehenballen blumenkohlartige Hornmassen ([Abb. 1]). Onychodystrophie an allen Finger- und Fußnägeln. Das gesamte übrige Integument, einschließlich Haare, Zähne und hautnaher Schleimhäute war unauffällig. Normhydrose.
#Dermatopathologischer Befund
Die histologische Untersuchung des Hautexzidates vom rechten Thenar zeigte im Zentrum des Exzidates eine napfförmige Einsenkung der Epidermis mit massiver Elongation der Reteleisten ([Abb. 3]).
In diesem Bereich wuchtige Orthohyperkeratose mit schlotförmigem Aufsteigen der Akrosyringiae durch das gesamte Stratum corneum. Ausgeprägte Hypergranulose im gesamten Präparat mit flächigen Ansammlungen von Keratohyalingranula ([Abb. 3]). Molekularbiologische Untersuchungen des Gewebematerials auf Papillomvirus-DNA blieben unauffällig.
#Therapie und Verlauf
Bei dem vorgestellten Patienten liegt eine Keratosis palmoplantaris maculosa seu papulosa Typ Buschke-Fischer-Brauer (KPMP) vor. Synonym wird die Bezeichnung Keratoma palmare et plantare hereditarium dissipatum verwendet.
Wir führten eine ausdauernde tägliche mechanische Keratolyse durch das Pflegepersonal der Klinik sowie chirugische Abrasion der Keratosen in einer einmaligen Intubationsnarkose in Verbindung mit einer Laserablation (CO2-Laser) durch. Parallel behandelten wir mit initial 60 mg Acitretin p. o. unter engmaschigen Kontrollen des Serum-Lipidprofils. Hierunter konnten wir eine eindrucksvolle und anhaltende Remission der Hautveränderungen erreichen ([Abb. 2]).
#Diskussion
Die Erstbeschreibung der Erkrankung erfolgte in den Jahren 1910 bzw. 1913. Es handelt sich um eine autosomal-dominant vererbte Keratose mit Erkrankungsbeginn im Erwachsenenalter. Kennzeichnend ist das Auftreten symmetrischer stecknadelkopf-kirschkerngroßer, zentral gedellter bzw. mit Hornperlen versehener Papeln. Nach Entfernen der Hornpfröpfe sind krateriforme Hautveränderungen mit erhabenem Randwall zu beobachten [1]. Eine erhebliche inter- und intrafamiliäre Variabilität des klinischen Bildes ist typisch [1]. Der Gendefekt ist nicht bekannt, jedoch konnten Gao u. Mitarb. kürzlich durch Linkageanalyse den Genort bis auf 5,06 cM im Bereich des Chromosoms 15 eingrenzen (15q22.2 – 15q22.31) [3].
Klinische Differenzialdiagnosen umfassen v. a. Viruswarzen, Arsenkeratosen sowie paraneoplastische Keratosen. Histopathologisch wird eine Orthohyperkeratose mit fokaler bzw. schlotförmiger Parakeratose sowie Akanthopapillomatose der Epidermis beobachtet [1]. Typischerweise ist die klinisch beobachtete Kraterbildung feingeweblich in Form von Einsenkungen der Epidermis nachvollziehbar. Ultrastrukturell zeigen sich Verklumpung von Tonofilamenten, Vermehrung von Desmosomen, partieller Verlust der Desmosomen-Tonofilament-Verbindung, intrazelluläre Vesikel sowie eine reduzierte Zahl verkleinerter Keratohyalingranula, die insgesamt eine primäre epidermale Störung am Tonofilament-Desmosomen-System vermuten lassen [1].
Die Therapie der ersten Wahl ist eine wiederholte mechanische Keratolyse; bei ausgeprägten Befunden kann auch eine operative Sanierung mittels scharfer Abrasion oder ablativen Lasersystemen (CO2-Laser) notwendig werden. Eine systemische Therapie ist mit Acitretin möglich. Spontane Remissionen werden in der Regel nicht beobachtet.
Die KPMP wird den hereditären Palmoplantarkeratosen zugeordnet, welche in der überwiegenden Zahl Genodermatosen darstellen. Die klinische Einteilung dieser Erkrankungen erfolgt aufgrund der Morphe und des Verteilungsmusters der Hautbefunde. Zudem müssen assoziierte Symptome, Erstmanifestationsalter und Familienanamnese beachtet werden [2]. Eine Übersicht über die Palmoplantarkeratosen gibt [Tab. 1]. Klinisch unserem Fall ähnliche Bilder mit palmoplantaren Papeln und Knoten werden u. a. bei der Akrokeratoelastoidosis Costa, Keratosis palmoplantaris Hanhart mit Lipomen und dem Schöpf-Schulz-Passarge-Syndrom beobachtet, welche jedoch differenzialdiagnostisch aufgrund des Manifestationsalters sowie assoziierter Symptome ausgeschlossen werden können [1]. Bei den spätmanifesten Palmoplantarkeratosen muss differenzialdiagnostisch an ein paraneoplastisches Syndrom gedacht werden.
Keratosis extremitatum hereditaria transgrediens et progrediens (Greither) | Keratosis palmoplantaris diffusa circumscripta (Unna Thost) | Keratosis palmoplantaris cum degeneratione granulosa (Vörner) | Keratosis palmoplantaris transgrediens (Mal de Meleda) |
|
Manifestation und Vererbung | Nach dem 2. Lj. Autosomal-dominant | Vor dem 2. Lj. Autosomal-dominant | Vor dem 2. Lj. Autosomal-dominant | Vor dem 2. Lj. Autosomal-rezessiv |
Hyperhidrose | Ja | Ja | Ja | Ja |
Nagelbeteiligung | Selten | Selten | Selten | Häufig |
Epidermolytische Hyperkeratose | Nein | Nein | Ja | Nein |
Involution | Selten, nach der 5. Lebensdekade | Nein | Nein | Nein |
Genetische Abnormalität | Nicht bekannt | Keratin-1-Mutation ist in einigen Familien beschrieben | Keratin-9-Mutationen | Nicht bekannt |
Therapiegrundsätze |
Grundsätzlich:
Berufswahl beachten, keine Berufe mit mechanischer Belastung der Hände und Füße Topisch: Symptomatisch: desinfizierend, antimykotisch, intensive und konsequente Pflege mit Salizylsäure-haltigen oder Harnstoff-haltigen Salben Ergänzend: Mechanische Entfernung, Aufweichung und Ablösung mittels physikalischer und chemischer Methoden (Schmierseifen-Bäder, Hobel, Salizyl-haltige Externa) Systemisch: Retinoide wie Acitretin in einer Dosiserung von 0,5 bis 1,0 mg/kg KG |
Danksagung
Besonderer Dank gilt unserer leitenden MTA der dermatohistologischen Abteilung Frau Anne Kerber für die vorzüglichen Schnittpräparate sowie dem Pflegepersonal der Station D-04 unserer Klinik für die außerordentlich engagierte pflegerische Behandlung des Patienten im Rahmen des stationären Aufenthaltes.
#Literatur
- 1 Schreiber D, Stücker M, Hoffmann K et al. Keratosis palmoplantaris maculosa seu papulosa (Davies-Colley) simulating multiple cornua cutanea. Hautarzt. 1997; 48 577-580
- 2 Lucker G P, Van de Kerkhof P C, Steijlen P M. The hereditary palmoplantar keratoses: an updated review and classification. Br J Dermatol. 1994; 131 1-14
- 3 Gao M, Yang S, Li M et al. Refined localization of a punctate palmoplantar keratoderma gene to a 5.06-cM region at 15q22.2 – 15q22.31. Br J Dermatol. 2005; 152 874-878
- 4 Altmeyer P. Therapielexikon Dermatologie und Allergologie. 2. Auflage.. Heidelberg: Springer; 2004: 455ff
Dr. med. Cornelia S. L. Müller
Universitätsklinikum des Saarlandes
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Kirrberger Str. 1
66421 Homburg/Saar
Email: cornelia.mueller@uks.eu
Literatur
- 1 Schreiber D, Stücker M, Hoffmann K et al. Keratosis palmoplantaris maculosa seu papulosa (Davies-Colley) simulating multiple cornua cutanea. Hautarzt. 1997; 48 577-580
- 2 Lucker G P, Van de Kerkhof P C, Steijlen P M. The hereditary palmoplantar keratoses: an updated review and classification. Br J Dermatol. 1994; 131 1-14
- 3 Gao M, Yang S, Li M et al. Refined localization of a punctate palmoplantar keratoderma gene to a 5.06-cM region at 15q22.2 – 15q22.31. Br J Dermatol. 2005; 152 874-878
- 4 Altmeyer P. Therapielexikon Dermatologie und Allergologie. 2. Auflage.. Heidelberg: Springer; 2004: 455ff
Dr. med. Cornelia S. L. Müller
Universitätsklinikum des Saarlandes
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Kirrberger Str. 1
66421 Homburg/Saar
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