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DOI: 10.1055/s-0030-1255839
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Veränderter Antibiotika-Gebrauch: Auswirkung auf Resistenzentwicklung
Publication History
Publication Date:
30 September 2010 (online)
Nijssen S, Fluit A, van de Vijver D et al. Effects of reducing beta-lactam antibiotic pressure on intestinal colonization of antibiotic-resistant gram-negative bacteria. Intensive Care Med 2010; 36: 512 – 519
Durch zunehmende Antibiotikaresistenzen stellt sich die Frage, ob die individuelle Resistenzentwicklung einer Einrichtung durch die Auswahl der empirischen Antibiotikatherapie beeinflusst werden kann. Dabei spielen sowohl De-novo-Resistenzentwicklung als auch Selektion primär resistenter Klone und die Konversion von Kolonisation zur Infektion eine Rolle.
Nijssen und Mitarbeiter untersuchten die Effekte zweier Antibiotikaregime auf die Entwicklung von cephalosporinresistenten Enterobacteriaceae (CRE) und fluorchinolonresistenten CRE (FCRE). Dabei wurden 2 niederländische Intensivstationen nach einer 8-monatigen Baselinephase in einem Crossover-Design jeweils für 3 Monate einem der beiden Regime (wöchentlicher Wechsel von Ceftriaxon, Amoxicillin/Clavulansäure und Levofloxazin oder Ciprofloxazin vs. Levofloxazin oder Ciprofloxazin als primäres empirisches Antibiotikum) zugeordnet. CRE wurden standardisiert beurteilt und genotypisiert, um Übertragungen festzustellen. Hygienemaßnahmen wurden durch geschulte Beobachter überwacht.
Die Patientencharakteristika in beiden Gruppen waren vergleichbar mit der Baselinephase. Die Compliance mit Händehygienemaßnahmen veränderte sich ebenfalls nicht. Die Patientenkontaktrate war in der Periode mit wöchentlichem Antibiotikawechsel am niedrigsten (2,9/h vs. 4,3/h während der Baselinephase und 4,0/h in der homogenen Antibiotikaphase). Der Gesamtverbrauch von Antibiotika in Daily-Defined-Dosen (DDD) war mit 1380 DDD/1000 Patiententage vergleichbar mit deutschen Intensivstationen.
Während der Baselinephase betrug die Akquiserate von CRE 14/1000 Patiententage und für FRCE 2/1000 Patiententage. In 25% der Fälle wurde eine Übertragung festgestellt.
Die Reduktion von Betalaktam-Antibiotika um 35 – 39 % war nicht mit einer Veränderung der CRE-Akquiserate vergesellschaftet, während die Steigerung des Fluorchinolongebrauches um 243 % eine statistisch signifikante Zunahme der FCRE-Rate (adjustierte Hazard-Ratio 4,1 mit einem Konfidenzintervall von 1,4 – 11,9, p < 0,001) nach sich zog.
Fazit: Die Studie zeichnet sich durch sehr rigides Studiendesign mit gleichzeitiger mikrobiologischer Surveillance und Beobachtung der Hygienemaßnahmen aus. Die Komplexizität von Interventionen im Rahmen des Antibiotikamanagement wird dadurch unterstrichen, dass die einfache Reduktion des Gebrauchs von Betalaktam-Antibiotika keine Reduktion der Betalaktamresistenz bei endemischer Resistenzlage erbrachte, während der gestiegene Fluorchinolongebauch unter nicht endemischen Bedingungen eine deutliche Zunahme der Fluorchinolonresistenz nach sich zog. Besonders Fluorchinolone bewirken offensichtlich einen ausgeprägten Resistenzdruck, wobei evtl. auch zu niedrige Dosierungen, die keine ausreichenden Spitzenspiegel erreichen, eine Rolle spielen könnten.
PD Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner, Karlsruhe